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Sächsische Staatszeitung : 28.01.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-01-28
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192401284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19240128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19240128
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1924
- Monat1924-01
- Tag1924-01-28
- Monat1924-01
- Jahr1924
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 28.01.1924
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Protesten oder Störungen gekommen wäre. Aller dings hat man in Leipzig das Werk nicht unter dem Originaltitel „Der deutsche Hinkemann", sondern aus des Dichters besonderen Wunsch unter dem Titel „Hinkemann" aufgeführt. Wenn nun auch der Dichter in dem Kriegsver- stümmelten Hinkemann das durch den Krieg ebenfalls verstümmelte und ohnmächtig gewordene Deutsch, land symbolisieren wollte, so kann doch allein darin kaum eine „Kulturschaude" oder eine „Verhöhnung jedes nationalen Gedankens" erblickt werden. Also eine Abfuhr für Herrn Ziller, wie fie schärfer nicht gedacht werden kann —. Der allgemein menschliche Kern des Dramas aber, die Vernichtung der Mannbarkeit eines Menschen durch eine Kriegsverletzung und die daraus ent springende Zerstörung seines Familien- und Lcbens- glückes ist eine erschütternde Tragödie, die man un möglich als „Schmutzstück" bezeichnen kann. (Lebhaftes Sehr richtig!) Die Entrüstung der Protestler ist aber auch sonst schwer verständlich. Eher hätte man solchen Lärm von sozialistischer oder linksradikaler Seite erwarten können, (Sehr gut! bei den Soz.) denen der Dichter gerade in diesem Stück sehr bittere Wahrheiten sagt. Die Figur des Michel Unbeschwert ist das personifizierte sozialdemokratische Partei programm, und diese Figur spielt in dem Stück eine keineswegs rühmliche Stolle. Ich habe das absichtlich zitiert, weil ich zeigen will und gezeigt zu haben glaube, daß hier von allen Seiten in unvoreingenommener Weise eins seststeht: Es han delt sich um das Werk eines Dichters. Ich darf jetzt, nachdem ich die Kritiken Ihnen verlesen habe, von mir aus sagen, gewiß spricht der Dichter hart und scharf, vielleicht wünscht manches Ohr manchen Ausdruck ge- milderr. Vielleicht ist zu sagen, da» der Dichter allzu sehr an dem haftet, was lastend und schwer auf der Seele liegt. Aber wir haben nicht darüber zu richten. Nun halte man dagegen, was von Herrn Ziller ge sagt worden ist, halte man dagegen die Art und Form des Angriffes gegen Herrn P. Wiecke. Es ist außerordentlich schwer, hier mit scharfen Worten zurückzuhaltcn. (Sehr richtig!) Ich will mich aber bemühen, es doch zu tun, und ich stelle fest, für jeden, der der Aufführung des Stückes beigewohnt hat, kann es keinem Zweifel unter liegen, daß cs sich hier nicht darum handelt, aus spon taner Erregung heraus die im Theater berechtigte künst lerische Wertung des Stückes in der im Theater ge wöhnlichen Form zum Ausdruck zu bringen. Es war absolut bestellte und vorbereitete Mache. (Lebhaftes Sehr richtig!) Es war eine vorbereitete Kraftprobe, die durchgeführt werden sollte, eine Kraftprobe, bei der wir dafür zu sorgen haben, daß sie ohne Erfolg bleibt. ES ist kein Stück für Konfirmanden. Es ist kein Stück für junge Leute (Zuruf links: Aber man hat sie hereingeschleppt!). Es ist ein Stück für reife Leute. Ich erkläre jetzt schon, wenn es geschahen ist, daß man zu Haufen junge Leute in das Stuck hineinschlevpte und sich dann über das Stück beschwert, dann tut man etwas, was man außerordentlich schwer verantworten kann. Mit den Argumenten, mit denen Herr Ziller hier kommt, hätte er eine ganze Reihe von andere': Stücken, die ihm bekannt sein dürften, ebenfalls nicdcrbrüllen lassen können. (Sehr richtig!) Dieselbe Sprache, die hier gesprochen wurde, dieses schonungslose Aufdecken des Jammers und Elendes findet man bei Männern wie Ibsen, Grabbe, Tolstoi u. a, und ich frage, ob nicht die „Räuber", „Kabale und Liebe" seinerzeit mindestens ebenso revolutionär gewirkt haben, wie heute dieses Stück hier. Ich frage, ob man nicht auch den „Faust" noch zu einem Schmutzstück machen will. Die Sache war organisiert, sie war aber zum Teil nicht gut organisiert, denn wer es mit erlebt hat, der weiß, wie dieser wüste Lärm oft an der fahchen Stelle losgegangen ist. Ich will weiter sagen: Es war ein Versuch, den verhaßten Kultusminister der großen Koalition und da- nnt der großen Koalition selbst einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Wenn dort diese Menschen in den Lärm hinein das Deutschlandlied singen, da halte ich aufrecht und wiederhole, was ich ihnen do>t zugerufen habe: Sie schänden dieses Lied! Und was waren es denn nun für Leute? Ich habe mir selbst die Studen ten angesehen, die revoltiert haben. Es kam einer die Treppe heruntergelaufen und schrie: „Mich haben sie dreimal ausgeschrieben." Vom Stück will ich nicht »veiler sprechen. Viele meinten, das, was sie gegen das Stück vorbringen, richte sich gegen die Art, wie es aufgeführt ist Wenn die Lektüre des Stückes den Eindruck der Kraßheit erweckt, so muß man Dank wissen dem künstlerischen Leiter des Schauspielhauses für die dezente, vornehme nnd ab getönte Art, dieses Stück aufzuführen, wie er überhaupt Kraßl citen zu vermeiden versucht hat. Statt dessen benutzte man cs zum Angriff gegen Herrn P. Wiecke, einen Mann von menschlicher und künstlerischer Bedeu tung. Diesen Mann wagte Herr Ziller vor offenem Theater in der Weise abzukanzeln, daß er in einer Zwischenpause an Herrn Wiecke herangetreten ist und gesagt hat: „Ich bin der Landtagsabgeordnete Ziller, Eie werden cs zu büßen haben!" (Heiterkeit.) Kehrt ab! Die „Dresdner Neuesten Nachrichten" haben dem gegenüber eine Aktion für Wiecke durchgefühn, nnd ich möchte feststellen, daß 400 zustimmende Erklärungen bei uns eingegangen sind. Ich habe dann hier den bekannten Ausruf der, tapfer wie immer, unterschrieben ist „Nationalgefinnte Kreise", der eine Reihe von Szenen bringt, von denen zwei Drittel bei der Auffahrung gestrichen waren, die Wiecke von sich aus gestrichen hat (Hört, hört!) und die in Leipzig aufgcführt worden sind, ohne daß cs dort besonders zn Schwierigkeiten gekommen wäre. Was hat man weiter genracht? Man ist gegen diel Künstler vorgegangen, die die Rollen gespielt haben. Nair hat sich gegen einen Mann im ersten Akt gewendet, >er sagte: ,Lch bin Atheist!" Das hat man nicht ver landen, daß hier ein Gegenspieler dastcht gegenüber >er gläubigen Frau, daß er ihrem Glauben gegenüber sagte: Ich bin Atheist. Man spricht von der Ehe. Es gibt gar nichts Erschütternderes in der Literatur als die Ehelragödie, die hier beschrieben worden ist: die Frau, die sich vergißt und dem Verführer anheimfällt und dann den Weg zu ihrem Manne findet. Wem da die Tränen nicht kommen, wo die Frau wiederkommt, rührend heimkommt und um die Liebe des Mannes wieder wirbt, den verstehe ich nicht, der soll aber auch nicht mitreden. Ich könnte diese Beispiele verzehnfachen, ich will cS nicht tun. Ich mache auch den jungen Leuten nicht den Vorwurf, die dort gebrüllt haben, sondern denen, die sie dazu verführt haben und die, wenn sie reife Männer geworden sind, einst die Hand gegen ihre Verführer erheben und sagen werden: Was habt Ihr mit unserer Jugend, mit unserer ehrlichen Begeisterung gemacht? Die habt Ihr mißgeleitet, wir ziehen Euch zur Bcr- antwortung. (Lebhaftes Sehr richtig!) Was erwächst auf diesem Boden? Sie wissen, daß ein Theaterbesucher vor Aufregung einen Schlag be kommen hat und gestorben ist. Dieser Todesfall auf dem ersten Rang hat die Sache nicht nnterbrochen. Es ist mir versichert worden, daß man sich über den Mann gebeugt und gesagt hat: Der Kerl hat ja eine Haken nase, um den ist es nicht schade. (Zurufe: Pfui!) Ich habe weiter einen Brief, der auch anonym dem Theater zugegangen ist: Warn ung! Ist Euch der gestrige Theaterskandal noch nicht Warnung genug, daß Ihr Lümmels Euch erfrecht, das von einem hergelaufenen bolschewistischen Ver brecher, der an den Galgen gehörte anstatt ins Schau spielhaus, verfaßte jüdische Machwerk dem anständi gen deutschen Publikum nochmals aufzudrängen? Wenn Euch Eure Kunst nichts anderes ist als der Abort Eures perversen seelischen Empfindens, als dessen Protistuierte Ihr Euch zu betrachten scheint so ist derartiges geschmacklose Gebaren schließlich Eure Sache, soweit es auf Eure kranken Gehirne beschränkt bleibt. Diese perverse Schamlosigkeit findet aber eine Grenze in dem Momente, wo sie sich öffentlich als fecke Dirne zur Schau stellt — frech und zynisch just in den Tagen der Reichsgründung. Wollt Ihr Euch damit zugleich bei der Republik ansch — oder sie überall im Volke kompromittieren? Tas Theater ist ein öffentliches Institut und ge hört den: Volle! Es ist kein Hurenhaus, wo körper lich oder geistig Entmannte, Klosettkünstler oder Ver brecher ihre Orgien feiern dürfen — ungestraft. Kurz gesagt: Sollte morgen oder fpätxr das Miststück wieder im Repertoire erscheinen, wird einer oder mehrere von Euch durch ein paar wohlgezielte Browningschüsse aus dem Zuschauerraunt — „gehinkelmannt"! Tiefe Warnung geht abschriftlich dem Polizei präsidium und Wehrkreiskommando zu, um es der Behörde zu überlassen, ob sie vorher die Schweinerei zu verbieten gedenkt. (Pfuirufe. — Abg. Menke: Tas ist deutschnationale Jugend! -- Zuruf bei den Kom.: Ter Erfolg derl Ciegertschcn Erziehung!) Ich weiß, daß auch Herr Ziller das mißbilligt. Selbstverständlich mißbilligt er das, denn er wäre j« ein Tor, wenn er das nicht täte. (Große Unruhe links) Nach alledem erscheint es mir nötig, daß von feiten der Regierung die dunklen Hintergründe der Aktion bis in die letzten Fasern verfolgt werden. So hat man einen Menschen behandelt, der in die Hölle geschaut hat, der tiefstes Erleben — vielleicht nicht mit letzter künstlerischer Vollendung, darüber ist kein Zweifel, die Literatur wird auch über Herrn Toller hinweggehen—, aber mit Ehrlichkeit zum Ausdruck gebracht hat. Mit Blut sind die Zeilen geschrieben, und vor ehrlichem Leid soll jeder Mensch Respekt haben. Hier ist ein Mensch ein Dichter, der uns tiefstes Leiden erleben läßt. Wir sollen »hm dankbar sein für das Erleben und versuchen, daß das Wort Wahrheit wird, daß uns das Leiden Wille wird. (Lebhaftes Bravo! bei den Tenr.) Abg. I^r Kretschmar (Ttschnat): Die Anfrage, die meine Parteifreunde Hofmann und Frau Bültmann mit mir eingebracht haben, lautet: Trotz der sich täglich steigernden Enrpörung, die die Ausführung des Tollerschen Stückes „Hinkemann" im Schauspielhaus ausgelöst hat, wurde nach vor läufiger Absetzung des Stückes vom Spielplan für Donnerstag, den 24. Januar, in Übereinstimmung mit dem Ministerium für Volksbildung eine zweite Ausführung mit besonderen Bedingungen für die Kartenentuahme eingesetzt. Ob das Tollersche Stück künstlerischen Wert hat, kann hier zunächst unerörtert bleiben; auch nach dein Urteil solcher Kritiker, die dem Verfasser weilgchen- des Verständnis entgegenbringcn, ist dieser Wert jedenfalls nicht derart, daß er eine Aufführung des Stückes forderte. Außer Frage aber steht, daß das Stück an vielen Stellen jedem sittlichen und jedem vaterländischen Empfinden ins Gesicht schlägt. Szenen, wie z. B> die dritte im zweiten Akt, sind für alle, die solchen Empfindens noch fähig sind, schlechthin unerträglich. Die Ansetzung der Erstausführung auf den 18. Januar, den Gedenktag der Reichsgründung, bedeutete entweder bewußte und gewollte Beihöhnung oder einen vollkommenen Mangel an Verständnis für das, was deutsche Ehre gerade heute fordert oder verbietet. Wir fragen die Regierung: I. Ist die Neueinfetzung deS Stückes in den Spiel- plan für Donnerstag, den 24. Januar, tatsächlich im Einve»ständnis mit dem Ministerium für Volks bildung erfolgt? 2. Witt die Regierung sofort die notwendigen Maß nahmen treffen, daß diese wie jede weitere Auf führung des Stückes unterbleibt? Auch Tresden hat am 17. Januar einen Theater* skandal erlebt (Zuruf bei den Soz.: Deutsche Flegel!), wie er in Deutschland nicht alltäglich und in Dresden wohl kaum vorgekommen ist. (Abg. Dr. Seyfert: Eine Schande!) Daß er vorkommen konnte, halte auch ich für eine Schande, nur daß ich den Grund dafür wo anders suche als der Herr Abg. Seyfert. (Sehr richtig! bei den Dtschnat.) Daß wir an dieser Stelle zu einer Verständigung über den Fall Hinkemann kommen, er scheint mir ausgeschlossen, insbesondere nach den Aus führungen, die der Herr. vr. Kastner gemacht hat. Er erblickt in dem Stück Totters ein Kunstwerk von einem Werte, der seine Ausführung unter allen Umständen mindestens rechtfertigte. Wir sehen in diesem Stück kein solches Kunstwerk. Selbst aber — und das möchte ich hier ausdrücklich und in bewußten: Gegensatz zu dem Herrn Vorredner feststellen —, wenn es hohen künst lerischen Wert hätte, so würden uns solche Szene»:, wie sie das Stück massenhaft enthält, Szenen von unglaublickter Roheit, Kraßheit und Verhöhnung jedes religiöse»:, sitt liche»: und vaterländischen Empfindens genügend er scheinen (Abg. Dr. Kastner: Welche denn?), um das Stück als unmöglich für die Ausführung erscheine»: zu lassen. (Abg. Ur. Kastner: Haben Sie es gesehen?) Nein, aber ich habe es sehr sorgfältig gelesen. Herr Dr. Kastner hat sich immer daraus berufen, wie das Stück in Tresden aufgeführt worden ist. (Abg. Or. Kastner: Tarauf kommt es doch an!) Nein, es kommt nicht bloß darauf an, wie das Stück hier ausgefuhrt worden ist, sonder»: darauf, was das Stück enthält (Sehr richtig! bei den Ttschnat.), und das erklärt und rechtfertigt auch die Einstellung zu dvm Stück von vornherein. (Sehr richtig! bei den Ttschnat. — Zuruf bei den Ten:.: Te»: vorbereitete»: Skandal?) Ich er kläre, daß ich in dein Bemühen, ein solches Stück nicht über die Bühne gehe»: zu lasse»:, ein gesundes deutsches Empfinden sehe, und ich begrüße es als eii: vaterlän disches und völkisches Erwache»: (Lachen links), das nicht mehr gewillt ist, sich alles und jedes bieten zu lasse»:. (Sehr richtig! bei den Ttschnat.) Und wen»: hier gesagt worden ist, daß das in der Hauptsache nur von verführter od dazu bestellter irregeleiteter Jugend geschehen sei, ) ist das durch aus nicht zutrefiend. Es ist bei we em nicht nur die (Jugend gewesen, die in: Theater demonstriert hat. Das beweist auch die ausführliche Erklärung, die gegen das Stück ergangen und, wie aus den „Dresdner Nach richten" von: 23. Januar zu erichei: ist, von 22 Ver bänden und Vereinen unterzeichnet worden ist. Diese Vereinigungen enthalte»: das vielmehr als Zehnsache von dein, was die von Herrn Kastner vorhin als bei den „Dresdner Neueste,: Nachrichten" gesammelt an gegeben hat. (Lebhafte Zurufe bei den Dem. — Hammer des Präsidenten.) Ich möchte weiter erklären, wenn es wirklich die Jugend gewesen wäre, die sich gegen bas Stück erklärt hat, dann wäre es wahrhaftig lein schlechtes Zeichen für unsere Jugend, wen»: sie sich bis aufs letzte gegen eine solche Vergiftung unseres Volksgefühls wehrt. (Sehr richtig? bei de,: Tychnat. — Zurufe bei den Kom.) Nber künstlerischen Wert hier zu streiten, ist, »oie gesagt, zwecklos, wo wir von Haus aus so grundver schieden eingestellt sind und von so grünt verschiedenen Voraussetzungen ausgehen. Daß aber der künstlernche Wert an sich nickt ausschlaggebend sein dürfte, bestätigt auch die Kritik, von deren Ausführungen Herr Kastner in so reichlichem Maße Gebrauch gewacht hat. Es kommt nämlich ganz darauf an, wo man Beweise her nimmt und wie man sie zusammenstellt. Ich möchte mich auch hier aus die öffentliche Kritik berufen, und wenn der Herr Kastner mit großer Betonung z. P. die erste kurze 'Kritik aus dein „Dresdner Anzeiger" an geführt hat, so hat er sehr klugerweise unterlassen, die ausführliche Kritik des nächsten Tages zu bringe,: und auch die Kritiken, die bis heute in diese in selber: Blatte namentlich über die Neuanletzung des Stückes hinterher ! gekommen find. Eine Kritik, die dem Verfasser sehr weit entgcgenkommt, hebt ausdrücklich lfervor, daß die Kraßheiten und Roheiten des Stückes außerordentlich sind, daß es kein Werk von lichter Schönheit, kein reines, kein geläutertes Werk, kein wirkliches Kunstwerk sei (Hört, hört! bei den Ttschnat.): daß cs ein Werk sei, belastet mit Rohheiten und Gemeinheiten und aller Glut animalischer Instinkte (Hört, hört! bei den Ttschnat.), ein Werk, in den: das Gefühl des Hasses und der Rache an der bestehenden Ordnung, der AuS- biuch eroti'cher Triebe vorherrsche; ein Stück, in dein anzucrkennendc Stellen verkrustet sind unter Häßlichkeit, Satire und Sadismus. Das schreibt eine Theaterkritik, die dem Verfasser weitgehendes Verständnis entgcgen- bringt. Diese Kritik deckt sich vollkommen nnt meiner und, ich darf wohl sagen, mit unserer Auffassung. Darüber hinaus möchte ich aber, nachdem vorhin Herr Kastner reichlich Gebrauch davon gemacht hat, die Schönheiten des Stückes vorzuführeu, auch an die unglaublichen Einzelheiten erinnern, die jeden: sittlichen, national- vaterländischen, völkischen, ^urz jedem deutschen Emp finden ins Gesicht schl:gen, die zum größten Teil jeder inneren Notwendigkeit cntbeh'en, ja den Eindruck er wecken müssen, als seien sie einfach um der Gemeinheit willen geschrieben worden. Ich sehe von: Atheismus ganz ab und möchte zunächst einmal betreffs des sitt lichen Gefühls auf einiges Hinweisen. Ich komme da zunächst auf die Szene, wo Großhahn so weit ist, daß ssich Frau Hmkemann ihm hmgibt. „Armer Kerl eigentlich" I— sagt da Großhahn —
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