Hans Pfeiffer Erinnerung Pawels Rückkehr Von Jean Giraudoux A m Abend jenes Tages befand ich mich in einem Bett des Hospitals zu Chä- teauroux, als es klopfte und ein amerikanischer Pfleger mir einen Brief hinhielt: „Eben sehe ich Ihren Namen auf der Liste Neueingetroffener“, stand zu lesen. „Waren Sie früher Schüler der Pension Kißling in München? Ich bin Pawel Dolgoruki.“ Pawel Dolgoruki! Mein bester Freund aus der Münchener Zeit! Schon an der Bahn trafen wir uns, standen uns dicht gegenüber, waren von Moskau und Paris einander entgegengefahren ... Er hatte seinen Koffer verloren und trug während der ganzen ersten Woche unserer Freundschaft meinen Sonntagsanzug . . . Als er meine Freude sah, brachte der Amerikaner einen Füllfederhalter zum Vorschein, und so schrieb ich denn unter die paar Zeilen mit der gleichen Tinte, (wie deren Übersetzung nahm mein Satz sich aus): „Komm schleunigst. Ich darf mich nicht rühren. Sechzehn Jahre blieb ich ohne Nachricht von Dir, denn Du hast meine Karte aus Besanson nie beantwortet . . .! Wie froh bin ich, Dich wiederzusehen!“ Der Amerikaner kam bald zurück und streckte mir das Blatt entgegen. „Lieber Jean!“ schrieb Pawel, „welches Mißgeschick! Ich kann nicht zu Dir kommen, mein Bein ist übel zugerichtet; morgen um sechs Uhr werde ich nach Bourges gebracht zur Operation. Aber schreib mir, schreiben wir uns, ich schicke Dir Antwort . . .“ Der Mond war schon zur Ruhe gegangen; alles Licht erstorben; nichts Helles fand sich mehr im Hospital, in Chäteauroux — es war dem amerikanischen Pfleger nicht darum zu tun, zu fallen oder sich zu stoßen — außer dem kurzen Weg, der über Treppen und Ecken sich wand, von jedem unserer Zimmer hin zum un erreichbaren Freunde . . . „Lieber Jean! Was hast Du mit Deinem Leben angefangen?“, schrieb mir Pawel. Er entließ den Pfleger mit nur einem einzigen Satz auf die Wanderschaft.