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Zwönitztaler Anzeiger : 02.02.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-02-02
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-193102024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-19310202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-19310202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1931
- Monat1931-02
- Tag1931-02-02
- Monat1931-02
- Jahr1931
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 02.02.1931
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Die Abstimmung im Landtag Die ablehnende Haltung der deutschnationalen Landtags- fraktion gegen den 'Anirng auf Widerruf des über einen nationalsozialistischen Abgeordneten verhängten Ausschlusses von fünf Sitzungen hat nicht nur im nationalsozialistischen, sondern auch im deutschnativnalen Lager Anssehen erregt. Ueber die Gründe dieses Verhaltens wird sich die Frakirrn gewiß noch äußern. Wir können heute jedenfalls unser Be dauern darüber nicht verhehlen, daß die dringend notwen dige Aufklärung nicht sofort erfolgt ist- In iveiten Kreisen herrscht zweifellos der verstimmende Eindruck, daß die Frak tion sich gegen einen Kampfgefährten aus der nationalen Front entschieden und auf die Seite des marxistischen Land tagspräsidenten geschlagen hat, dessen bloße Existenz von der nationalen Bevölkerung überaus peinlich empfunden wird. Wird die Rechnung stimmen? Der Haushaltplan der Arbeitslosenversicherung Berlin, 30. Januar. Der Verwaltungsrat der Reichs anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat den Haushalt für das Geschäftsjahr llM verabschiedet. Der Haushalt geht von der Annahme aus, daß die Reichs anstalt ihre Einnahmen und Ausgaben ohne Stützung durch Reichsmittel auSgleichen muß, und zwar bei Fortbestehen des jetzigen Beitragssatzes von 6,ö v. H. Die Einnahmen werden auf 1680 Millionen Mark geschäht. Die wichtigsten Punkte auf der Ausgabenseite sind die Mittel für die Ar beitslosenunterstützung in Höhe von 1478 Millionen Mark. Mit diesem Betrag ist die Unterstützung von rund 1 750000 Hauptuntcrstützungscmpsängern nn Jahresdurchschnitt gesi chert, wobei von einem durchschnittlichen Kopfsotz Von 70,50 Mark für den Monat ausgegangen ist. 45 Millionen Mark sind für Unterstützung der Kurzarbeiter und 40 Millionen Mark für die wcrtschaffende Mrbeitslosenfürsorge eingesetzt. Revision oder Zusammenbruch Hitler über den Fluch des herrschenden Systems München, 80. Januar. In einer überfüllt-» Versamm lung der NSDAP., Bezirk München-Ost, sprach am Donners tag abend im Bürgerbräu-Keller Adolf Hitler zur Nevc- sionsfrage. Er erklärte zunächst, man müsse feststellen, daß der Noung- Plan sowie die Sanierungsaktion gescheitert seien. Niemand, auch nicht die Väter des Noungplanes, stünden heute noch zu diesem Plane.. Wieder sei fast eine Milliarde Fehlbetrag zu verzeichnen. Die Wlrtschaftskatastrophe sei durch die Maß nahmen der Regierung nur gefördert worden. Da der Zu sammenbruch unserer allgemeinen Finanzen und unserer F>- nanzwirtschaft drohe, könne die Notwendigkeit einer Revision des Noungplanes nicht nkehr geleugnet werden. Tas Volk müsse zuerst politisch saniert werden, um wirtschaftlich be stehen zu können. Hitler umriß dann die engen Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Politik und erklärte, wenn die Wirtschaft ver sage, dann müsse die politische Machk eines Volkes diesem neue Existenzgrundlagen schaffen. Wer glaube, durch Aus fuhr in die Welt das deutsche Volk erneuern zu können, der werde erkennen müssen, daß eines Tages die Stunde kom me, in der nicht mehr die wirtschaftliche Kraft, sondern die Politische Macht der Nation entscheidet. Erforderlich sei die Wiederherstellung unseres politischen Machtstandes und der Zusammenschluß aller Deutschen über alle egoistischen Stan- desinteressen hinaus zu einer Kampfgemeinschaft. Der Redner erklärte dann: „Was ihr wollt, nämlich eine Neubelebung der Reparationsidee, ist lächerlich, denn ihr Wollt eine Neuauflage des Dawesplanes, des Noungplanes, eine Atempause für ein Jahr. Was die Nationalsozialisten wollen, ist die ganze Freiheit. Weil sie das größere Ziel auf stellen und größere Einigkeit und ganzen Mut fordern, strö men die besten Elemente des Volkes zu ihren Fahnen." Zum Schluß wandte sich Hitler gegen Hörsing, der gesagt habe, am W. Februar sei das Reichsbanner marschbereit. Die Nationalsozialisten seien, so erklärte Hitler, immer marsch bereit gewesen. Er verwahrte sich dagegen, daß behauptet werde, seine Mutter sei eine Tschechin gewesen. Sie sei eine Deutsche gewesen und habe ihn das Deutsch gelehrt, auf das heute über zehn Millionen Deutsche hörten und das einmal Herrn Hörsing in die Knie zwingen werde. ! Reichslandbund fordert Rücktritt der Reichsregierung Vernichtendes Urteil über Brüning und — Schiele Berlin, 1. Februar. Der Bundesvorstand des Reichs landbundes hat am Sonntag in Berlin getagt und eine Entschließung gefaßt, in der es heißt: Der Herr Reichspräsident hatte in seiner Botschaft vom 18. März 1930 der Reichsregierung d>e Aufgabe gestellt, daß zunächst die Agrarmatznahmen, „die dec gesamten Landwirt schaft zugute kommen sollen, aber für den Osten besonders lebensnotwendig sind, »Nt aller Beschleunigung und in einem Umfange durchaesührt werden, der der.deutschen Land wirtschaft in allen ihren Betrieben, den großen, ivie den bäuerlichen, für die Dauer die Lebensfähigkeit wicdergibt". Seitdem sind zehn Monate vergangen. Die Notlage der Landwirtschaft hat sich gerade in dieser Zeit in einem Aus maße verschärft, das in den letzten 100 Jahren geradezu bei spiellos in der Welt dasteht. Unsere Warnungen sind unge hört verhallt. Die ständig wachsende Zahl der Konkurse in der Gesamtwirtschaft, die über alle Vorstellungen hinaus gewachsene Zahl der Arbeitslosen, sind das sichtbare Er gebnis der Versäumnisse und Fehler deutscher Agrarpolitik der Nachkriegszeit bis zum heutigen Tage. Wenn auch auf einer Reihe von Teilgebieten Maßnahmen, die der Wieder herstellung der landwirtschaftlichen Rentabilität dienen soll ten, getroffen worden sind, so sind die maßgebenden Grund probleme bis heute noch nicht tatkräftig und ausreichend an gepackt Worden. Auf dem Gebiete der Veredelungswirtschaft ist nicht das geringste geschehen. Aber auch in der Frage der Unterbrin gung der durch den deutschen Boden bedingten Roggen- und Kartoffelernten ist trotz praktischer Vorschläge der Land wirtschaft eine Regelung nicht gefunden worden, die der Er haltung dieser größten Produktionszweige gerecht wird. Aber auch die weiteren Einzelgebiete der heimischen Erzeugung aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft, (Mrtnerel, Geknüse-, Obst- und Weinbau, Geflügelhaltung sind in gleicher Weise ver nachlässigt. Dies gilt sowohl für das Gebiet der Zoll- und Handelspolitik und der innerwirtschaftlichen Maßnahmen, als auch der Kredit-, Steuer- und Sozialpolitik und verwandter Belastungen. Durch diese Mißhandlungen sind alle Teile des Landvolkes, alle Betriebsgrößen und Betriebsarten c« ganzen Reiche betroffen. Insbesondere vermissen wir die erforderliche rasche Hilfeleistung für den wirtschaftlich zu-- sammenbrechenden und damit nationalpolltisch gefährdeten deutschen Osten. Die Schuldigen an dieser katastrophalen Entwicklung sind dieselben Kreise einseitig händlerischer und exportindustrieller Interessenten, die die gesamte deutsche Wirtschaft und Po litik schon seit der Vorkriegszeit in verhängnisvoller Weise zum Schaden des deutschen Volkes beeinflußt haben. Die eigennützigen Bestrebungen dieser Kreise unter Einspannung der Marxisten haben es verstanden, die Möglichkeiten des nachrevolütwnären Shstemes für ihre Sonderzwecke auszu nutzen. Geschicktes Ausspielen ihrer politischen Hilfstruppen in den Parlamenten haben es ermöglicht, für ihre Fehl Poli tik den äußeren gesetz- und verfassungsmäßigen Rahmen zu schaffen. Much die gegenwärtige RetchSregierung ist diesen Einflüs sen Schritt für Schritt erlegen und dadurch mitschuldig. Dis sen Gegenkräften hätte eine Reichsregierung nür dann rm Sinne des Hindenburgauftrages erfolgreich begegnen kön nen, ioenn sie sich auf die Kräfte gestützt hätte, die bereit waren, das Tributproblem anzupacken, den Schutz der deut schen Arbeit als sicherste Lcbensgrundlage des deutschen Vol kes aufzurichten und sich von den marxistischen Mächten, die gegenwärtig Preußen und von da aus die Reichspolitik be herrschen, gelöst hätte. Die Reichsregierung hat durch ihr Versagen beim Landvolk tiefstes Mißtrauen erweckt. Die Verhandlungen der letzten Tage über neue Agrarmaßnahmen können an diesem Urteil um so weniger etwas ändern, als die von der Regierung in Aussicht genommene Methode der Durchführung zu Halb heiten und Mißerfolgen führen muß. Tönende Worte und halbe Maßnahmen lehnt die Landwirtschaft ab. S>e yai ein umfassendes Sanierungsprogramm vorgelegt. Der Reichslandbund kämpft um eine Reichslcitung, die sich freimacht Voit den bisherigen schädlichen Einflüssen und Abhängigkeiten, und fordert daher den Rücktritt einer Re gierung, die nicht sofort und ungescharälert diese Forderung zur Tat macht. Goebbels über Kataftrophenpolitik In einer nationalsozialistischen Kundgebung im Berliner Sportpalast sprach am Freitag abend vor 15 000 Personen Reichstagsabgeordneter Dr. Goebbels über das Thema „Wer sind die Katastvophenpolitiker?". Er erklärte, daß es nicht wundcrnehmen könne, wenn die Regierung nervös zu wer den beginne angesichts der Tatsache, daß sich die Prophe zeiungen, die sie an die Annahme des Nvungplanes ge knüpft habe, in das gerade Gegenteil verkehrt hätten. Das Volk werde heute zu einem Opfergang gezwungen, zu dem man in ähnlichem 'Ausmaß niemals eine Nation gezwungen habe. Von dieser Regierung könne das Volk allerdings nicht einen Weg aus der dunklen Gegenwart in eine bessere Zukunft erwarten. Die Erfüllungspölitik habe Deutschland in ein Trümmerfeld verwandelt- Wenn, das Ausland die Kredite zu kündigen beginne, so sei das die Folge einer ge wissenlosen Verdrehungs- und PerhetzungSpolit>k, die das Ausland über das Wesen des Nationalsozialismus irregeführt habe. Die Kreditfähigkeit hätten die vernichtet, die die Korruption straflos gelösten hätten. Bis zum heutigen Tage sei der Kanzler seine angekün digten Enthüllungen über den Nationalsozialismus schuldig geblieben. Kritik sei das gute Recht der Opposition. Wenn das Volk der naäonalsoziallstischen Parole folge, so sei das ein Beweis, daß die Kritik berechtigt scl. Regierungsfähig sei immer der, der die Macht zu erobern verstehe. Unter stür mischem Beifall erklärte der Redner, die nationalsozialistische Bewegung sei legal, aber nur im Wege, nicht im Ziele, denn was sie, an die Macht gelangt, mit der Macht anfänge, sei dann Sache des Volkes. Sie übermäßig hohen französischen Kriegsschäbenforderungen Paris, 31. Januar. Das Berufungsgericht von Nancy hatte sich mit einem Prozeß zu beschäftigen, der auf de» ersten Blick vielleich t sehr uninteressant erscheint, für Deutsch land jedoch zu besonderen Erwägungen Anlaß geben dürfte. Angeklagt war ein Industrieller aus Reims, der der der französischen Kriegsschädenkommlssivn für angebliche Be schädigungen und Vernichtungen in seinem Betriebe während der deutschen Besatzungszelt über sieben Millionen Fran ken zuviel angegeben hatte. In der Berufungsinstanz wurde der 'Angeklagte zu 1 Jahr Gefängnis, 3000 Franken Geld strafe und Zurückerstattung von über 7 Millionen Franken verurteilt, die er vom französischen Staat zuviel erhalten hatte. Die Wiederaufbaukosten der ehemaligen von der deutschen Armee besetzten französischen Gebiete bilden bekanntlich ein besonderes Kapitel im Uoungabkommen. Deutscherseits ist immer wieder auf die ungeheure Höhe der Forderungen Frankreichs aufmerksam gemacht worden, die den durch Zer störungen angerichteten Schaden um ein Vielfaches höher einsetzten, als'dies in Wirklichkeit der Fall war. Das Urteil in Nanch ist der schlagendste Beweis für die Richtigkeit der deutschen These. Der behandelte Fall ist natürlich nür einer Tausender ähnlicher Fälle. Die sieben Millionen Franken, die der Angeklagte zuviel ausgezahlt bekommen hat und die schließlich vom deutschen Bürger aufgebracht worden sind, gehören daher auch eher nach Deutschland zurück, als in den französischen Staatssäckel, der ohnehin bald überläuft. Nomon von oiga ivohlbrück Lopxright dx Nomandi-nN „Vigo", v-rlia vc so 43. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Na also ... laufen Sie, Stavitzky ... laufen Sie zu ihrer Mutter." Sie traten aus der Zelle hinaus. Der Amtsdiener, den Schlüssel in der Hand, fuhr aus dem Schlaf. „Je ... je ... mir treemerte gerade su ..." Und er sog an den Lippen, als läge auf ihnen noch der Geschmack des Doppelkümmels, den er im Traume gerade gekippt hatte. Leo Fabian drückte ihm ein Geldstück in die Hand. Es hatte zu regnen aufgehört. Ganz leiser Nieder stem lag in der nassen Nachtluft, und ein Mondzipfel durchleuchtete zivei schwimmende Wölkchen. Stavitzky, den langen, schwarzen Rock hochgehoben, klatschte mit den Platten, langen Füßen im Sturm lauf die Gasse entlang. Wenn er so weiterlief bis zu seinem Haus, konnte ihn der Herzschlag treffen.. ... Die Diele war noch erfüllt von Licht und Stimmengewirr, als Leo Fabian heimkehrte. Es roch nach Weindunst, und die Worte kamen nur noch gur gelnd und undeutlich aus den verquollenen Kehlen. . Das schöne Tischtuch hatte große Brandlöcher von den Zigarren und breite rote Flecken von vergossenem Wein. Man empfing ihn mit Hallo und grölte Lieder. Aber die Worte, auch die des Gustav Hennig, klangen nur noch wie Lallen. Der trank selten, aber dann herzhaft. Und stand fest auf de» Füßen bis zuletzt. Was man von den Herren der Kommission nicht behaupten konnte. Es war drei Uhr morgens, als Maruschka und Kathinkel gerufen wurden, um die Herren in ihre Stu ben zu schaffen und ihnen beim Auskleiden behilflich zu sein. Um halb Neun ivurden sie mühsam geweckt, und der Kovf war ihnen so schwer, daß nicht mal das aufs Zimmer geschickte, lecker hergerichtete Frühstück ihnen die volle Besinnung wiedergab. Als aber ge rade ein lichterer Moment einsetzen wollte, da knallte der Postkutscher mit der Peitsche, und sie mutzten holterdipolter herunter. Leo Fabian sowie die bei den Prinzipale geleiteten sie zum Wagen und halfen ihnen einsteigen. Mit vielem Händeschütteln und gegen- seifigen Komplimenten. Noch halb im Schwiemel ratterten die Herren der Kommission durch das „Lausenest" — vorbei an dem blitzblanken Häuschen der Granat und an den aus runden Balken zusammengezimmerten windschiefen Häusern der Judengasse, mit den großen rohgemalten Schildern, die bildhaft den Beruf ihres Eigentümers illustrierten. Als sie an einem Schilde vorbeikamen, das unter dem weitzgemalten Namen Stavitzky einen grünen Frack mit gelben Knöpfen zeigte, da lachten sie ein letztes Mal kräftig auf, ohne sich Gedanken darüber zu machen, warum die kleinen Fensterläden jetzt, da die Betriebsamkeit der Gasse den vollen Puls schlag erreicht hatte, noch oder schon so fest geschlossen waren. Sie wußten ja nicht, daß Stavitzky, als er mit hän gender Zunge, in vollem Lauf aus der Untersuchungs haft heimgekekrt war, seine Mutter allerdings, wie er erwartet, in der Wohnstube vorgefunden hatte. Aber nicht auf ihrem Platz am Tisch. Sondern als Leiche am Türposten. Sie hatte einen Zettel an ihre Brust gesteckt, der in steifer Schrift die Worte enthielt: „Jech Pin es gewest, die den Schendarmen mit eenem Schtein tot gemacht hat, dehn iech ihm an den Schce- del geforfen Hap. Es war nich meine Apsicht das er tot wurde, nur Zorn von wegen dem Walerien-Haus Schpektakel. Den ahles was som Burkaus kummt, is verflischt. Seine Klaihder habe ich nich genommen. Sarah Stavitzky." Stavitzky war neben der hängenden Leiche sitzenge blieben, die brennenden, trockenen Augen auf das Blatt Papier gerichtet, bis der Osten sich blutrot färbte. Da erst hatte er den Strick durchgeschnitten, die Leiche auf den Estrich gelegt und in ein Laken ein geschlagen. Dann hatte er die Klageweiber holen wol len. Im letzten Augenblick jedoch war er umgekehrt und hatte den Zettel in seiner fettigen Brieftasche aus derbem Leder geborgen. Erst als die gelbe Postkutsche mit den Herren der Kommission an seinem Häuschen, das eines der letz ten von Troplowitz war,' vorbeigerattert, erhob er sich mit schmerzenden Gliedern vom Boden, auf dem er so lange Stunden neben der toten Mutter gewacht und gedacht. Dann ging er zu den Nachbarn. Auf ihr Schweigen konnte er sich verlassen. Ebenso wie auf den Dukaten, den er dem Leichenbeschauer zugedacht hatte. Leo Fabian stand wieder reisebereit in der großen gewölbten Wohnstube. Er hatte dem Stavitzky drei Tage Zeit gegeben zur Beerdigung seiner Mutter und zur Ordnung einiger Angelegenheiten. Aber er hatte die Stunden gezählt. Inzwischen mit Siegmund Cappel mehrere Artikel besprochen, die auf die Notwendig keit einer Gartenanlage des Städtchens hirttveisen sollten. „Geschenke müssen vorbereitet werden, damit sie Wert haben." Cappel nickte. „Gewiß, Herr Fabian. Sie müssen aber auch gefor dert werden." „Wie meinen <Äe das? . . ." „Ich meine, man mutz schenken, was der andere haben, nicht aber, was man selbst geben möchte." „Der Burgplatz soll doch in drei Teile parzelliert werden: Anlage, Stavitzky ..." „Na und ..." „Da wären die .Nachrichten' als dritte im Bunde an richtiger Stelle." Leo Fabian lachte laut auf. „Verrückt." Cappels Faungesicht lag verborgen hinter dem blauen Gewölk einer guten Burghauszigarre. „Verrückt," wiederholte Leo Fabian. (Fortsetzung folgt.)
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