3811 Fahrgeld abgezählt erbeten Zwei Hände unter Grund. Heute hat die fleißige Kollegin Dienst, die ihre Zeit zwischen zwei Fahrscheine kaufenden Kunden zum Sticken und Nähen ausnützt. Seit 21 Wochen kenne ich diese an den Finger spitzen zerstochenen Hände, die so sorgsam die vier Fünfpfennigstücke prüfend ausein anderschieben. Heut abend auf der Rückfahrt werden die anderen Hände da sein, die gut manikürten, die immer erst von einem Buch lässig sich erheben, wenn das Geld auf dem Schalterbrett klirrt. Ich kenne nur die Händeder beidenMädchen und doch könnte ich vor Gericht unter Eid eine genaue Schil derung ihres Charakters und Wesens geben. Mutter Grün. Sie heißt bestimmt nicht „Mutter Grün“, aber wie sollte sie eigentlich anders heißen, die Blumenfrau an der Ecke, die mit ihrer behaglich umfangreichen Figur im dunkeln Kleid einen raffinierten Hintergrund für ihre Blumen-Farbenpracht abgibt. Sie weiß auf meinem Gesicht zu lesen, ob ich direkt ins Büro fahre und deshalb keine Blumen brauche, oder ob ich vorher noch schnell bei „ihr“ vorbeispringe. Sie weiß stets, ob Veilchen oder Rosen, Chrysanthemen oder Nelken notwendig sind. Nur neulich habe ich sie mit ihrer ganzen Menschen kenntnis aus der Fassung gebracht. Ich raste eilig ins Büro und wollte dennoch Blumen von ihr. Vorwurfsvoll erstaunt sah sie mich an. Morgen werde ich ihr das Ge heimnis erklären. Sie wird ja bald erraten, daß ich eine neue bildschöne Kollegin habe. Bilder von Photo -Reporter Ihlfchann ic Text von Walter Oehme