Suche löschen...
Verhandlungen der Sächsischen Volkskammer
- Bandzählung
- 1919/20,3
- Erscheinungsdatum
- 1919
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Hist.Sax.I.118.b-V.1919/20,3
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id20086461Z9
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id20086461Z
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-20086461Z
- Sammlungen
- Saxonica
- Sächsische Landtagsprotokolle
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- 1919 - 1933
- Wahlperiode
- 1919-02-25 - 1920-10-28
- Titel
- 72. Sitzung
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Protokoll
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Datum - Sitzung
- 1919-12-11
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftVerhandlungen der Sächsischen Volkskammer
- BandBand 1919/20,3 -
- TitelblattTitelblatt -
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis -
- Protokoll59. Sitzung 2041
- Protokoll60. Sitzung 2073
- Protokoll61. Sitzung 2081
- Protokoll62. Sitzung 2115
- Protokoll63. Sitzung 2181
- Protokoll64. Sitzung 2249
- Protokoll65. Sitzung 2253
- Protokoll66. Sitzung 2279
- Protokoll67. Sitzung 2305
- Protokoll68. Sitzung 2327
- Protokoll69. Sitzung 2335
- Protokoll70. Sitzung 2363
- Protokoll71. Sitzung 2379
- Protokoll72. Sitzung 2387
- Protokoll73. Sitzung 2445
- Protokoll74. Sitzung 2517
- Protokoll75. Sitzung 2569
- Protokoll76. Sitzung 2621
- Protokoll77. Sitzung 2637
- Protokoll78. Sitzung 2687
- Protokoll79. Sitzung 2697
- Protokoll80. Sitzung 2729
- Protokoll81. Sitzung 2791
- Protokoll82. Sitzung 2843
- Protokoll83. Sitzung 2879
- Protokoll84. Sitzung 2919
- BandBand 1919/20,3 -
- Titel
- Verhandlungen der Sächsischen Volkskammer
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
72. Sitzung. Donnerstag, den 11. Dezember 1919. 2413 (Abgeordneter Meitzner.) (L) zogen werden und in Zukunft nicht wieder so verfahren wird, wie eS in diesem Falle geschehen ist. Der 23V->jährige Metallarbeiter Jährig, der vier Jahre im Felde gestanden hat, dort herzleidend wurde, jetzt sich in Mügeln aufhielt, war arbeitslos. Als er Arbeitslosen unterstützung beanspruchte, ist ihm zunächst die Unter stützung verweigert worden. Die Arbeitslosen im Bezirke waren überhaupt etwas erregt und aufgebracht, weil der dortige Gemeindevorstand einen Teil der Arbeitslosen als arbeitsscheu bezeichnet hatte. Alle diese Vorgänge riefen große Erregung hervor. Die Erregung Pflanzte sich in Versammlungen fort. Es kam zu Aufläufen, es zogen etwa 300 Mann nach einer solchen Versammlung vor das Rathaus in Mügeln. Davon gingen 30 bis 40 Mann zu dem Gemeindevorstand und versuchten energisch gegen den Gemeindevorstand vorzugehen, und da ist allerdings etwas passiert, was nicht gebilligt werden kann. Der Gemeindevorstand ist die Treppe heruntergezerrt worden. Es ist aber vor Gericht festgestellt worden, daß er weder geschlagen noch irgendwie verletzt worden ist. Es war eben eine erregte Menge, die sich aus der Situation heraus dazu verleiten ließ, so gegen den Gemeindevor stand vorzugehen. Kurz und gut, ich billige die Vor gänge nicht, ich verurteile sie. Aber nun die Folge! Ans jenen 30 wurde der genannte Arbeiter Jährig heraus- genommen, angeklagt, vor Gericht gestellt und nun zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Unabhängigen.) Dem Manne wurden sogar die mildernden Umstände versagt, obwohl der Staatsanwalt sie in das Belieben des Gerichtes gestellt hatte. (Zuruf: Schwurgericht!) Gewiß, der Mann stand vor einem Schwurgericht. Das will ich eben feststellen. Aber nnn weiter: das Schwur gericht war zusammengesetzt aus 11 bürgerlichen Ver tretern und einem Arbeiter. (Hört, hört! bei den Unabhängigen.) Ich bin der festen Überzeugung, wäre die Zusammen setzung des Schwurgerichtes umgekehrt gewesen, so wäre es nicht möglich gewesen, daß dieser Arbeiter zu dieser ungeheuerlichen Strafe verurteilt werden konnte, denn ein Arbeiter kann sich in die Psyche eines solchen Menschen hineinversetzen, es ist Blut von seinem Blute, er kennt die Verhältnisse, er vermag ein objektiveres Urteil zu fällen, als es Bürgerlichen in solchen Situationen mög lich ist. Und gerade hier hat man die Empfindung, daß man sich durch ein Urteil rächen wollte für das, was vorher in dem Bezirke vor sich gegangen war. Ein (6) Racheurteil, ein Tendenzurteil, ein Klassenurteil schlimmster Art! Ich möchte nur sagen, was z. B. der Rechtsanwalt, der ein Gnadengesuch eingereicht hat — Herr vr. Harnisch, ich bitte Sie, diesen Fall besonders zu berücksichtigen und darauf zu achten —, zur Ver teidigung des Angeklagten festgestellt hat. Er fagt unter anderem: Der Angeklagte ist geradezu die Personifikation der mildernden Umstände: Jung, unbescholten, gut, selbst von seinem politischen Feind dem Gemeindevorstand, gut beleumdet, noch niemals bestraft, von offenen, ehrlichen Zügen, Soldat in den furchtbarsten Schlachten (Somme, Verdun) von Anfang bis Kriegsende ge- tvesen, wiederholt verwundet, zuletzt im Trommelfeuer einen Nervenzusammenbruch und eine Gasvergiftung erlitten, im Krieg ausgezeichnet, Arbeiter, aus Scheu, seinem alten Vater zur Last zu fallen, Arbeitslosen unterstützung erbittend, zu Unrecht verhöhnt und ab gewiesen, schließlich doch aber unterstützt, von jammern den Frauen zur Tat angestachelt vor den Schranken des Gerichts — der einzige Mittäter von 300, von seinen Freunden im Such gelassen, krank an Leib und Seele, vor innerer Aufregung sich bäumend vor den sich auftuenden Toren des Zuchthauses —, zuletzt ohn mächtig unter der Erkenntnis der Dinge vor den Ge schworenen zusammenbrechend, sich mit übermenschlicher Kraft, trotz seiner zerstörten Nerven wieder aufraffend und mit einem Verzweiflungsausschrei der Seele das D) harte Urteil hinnehmend. Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist die Psychologie jenes Menschen, den diese 11 Bürgerlichen zu einer schweren Zuchthausstrafe verurteilten. Ich muß fagen, wenn mich jemals ein Urteil erschüttert hat, dann ist cs dieses gewesen. Solange solche Urteile noch mög lich sind, müssen wir behaupten, daß wir heute eine Klassenjustiz der allerschlimmsten Art haben, die sich wirk lich der allerschlimmsten früheren Zeit anpaßt. (Sehr richtig! und Zuruf bei den Unabhängigen: Die Mörder läßt man laufen!) Ich möchte auch hinzufügen, um kein Mißverständnis aufkommen zu lasten, daß vom Staatsanwalt in der An klageschrift diesem Arbeiter gegenüber ausdrücklich fest gestellt worden ist, daß er nicht etwa „Rädelsführer" gewesen ist, sondern geschoben worden ist und im kriti schen Augenblick allerdings der Wortführer war und etwas tat, was an sich nicht richtig, was aber aus der Er- regung heraus begreiflich ist, was manch anderer auch getan hätte, weil es eben menschlich ist, wenn er in der gleichen Lage gewesen wäre. Der Staatsanwalt stellte, wie gesagt, die Anrechnung der mildernden Umstände in das Ermessen des Gerichtes. Dieses Laieugericht der 343*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder