Diesen dem aecusatorischen Principe fremden Grundgedanken hat die Re gierung, wie auch die Motiven besagen, bei dem vorliegenden Entwürfe fest gehalten. Waö nun die Mündlichkeit im Strafverfahren betrifft, so versteht man darunter die unmittelbare Verhandlung der Untersuchung vor dem erken nenden Richter, weshalb man sie auch Unmittelbarkeit nennt. Diese münd liche oder unmittelbare Verhandlung der Sacke hat den Zweck, daß der Richter, welcher über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu erkennen hat, den Angeklagten sowohl als die Zeugen und Sachverständigen selbst befragt und ihre Aussagen selbst vernimmt, auf diese Weise also eine unmittelbare Kennt- niß von den für oder wider den Angeklagten vorliegenden Beweisen erhält, während nach dem bisherigen schriftlichen Verfahren der erkennende Richter sein Erkenntniß aus den von einem Andern, dem Untersuchungsrichter, aufgenom menen Protokollen schöpfen muß. Auch der Angeklagte kann die Richter auf alles aufmerksam machen, was zu seinen Gunsten spricht und in seinem Zntcrefse Vervollständigung der Verhandlung verlangen, wie denn auch die Zeugen gegenseitig, sei es auf Anregung der Staatsanwaltschaft, des Richters, des Angeklagten oder auch aus eigener Bewegung sofort ihre Aussagen berichtigen und ergänzen können. „Und so ist cs möglich, !>r. Fr. Schwarze, Grundzüge des Entwurfs der Strafproceßordnung für das Königreich Sachsen, Dresden, 1853, S. 7. daß der Beweis in einer Vollständigkeit und mit einer Genauigkeit und Treue ausgenommen wird, wie es außerdem kaum zu erreichen ist und nicht nur die sämmtlichen Richter aus eigener Anschauung ein treues und vollständiges Bild der ganzen Sachlage erhalten, sondern auch der Angeklagte sich selbst überzeugt, daß alles mit Gründlichkeit und Unparteilichkeit ermittelt und insbesondere nichts, was zu seinen Gunsten spricht, übersehen wird." Hat die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person den Antrag auf Einleitung der Untersuchung gestellt, der Untersuchungsrichter (Instructions richter) den Thatbestaud erhoben und die sowohl zur Ucberführung als auch zur Entlastung des Angeschuldigten dienenden Beweismittel gesammelt, und ist auf Verweisung der Uutersuchungssache zur mündlichen Verhandlung (Haupt verhandlung) erkannt, so erfolgt die Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht in der Regel, soweit nicht Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Verletzung des Schaamgefühls zu befürchten ist, oder sonst das Interesse des Staats den Ausschluß dcrOeffcntlichkeiträthlich macht, in öffentlicher Sitzung.