wird der Traum der Jugend in Worten von gesteigerter Anschauungs kraft heraufbeschworen: der scheue Aufblick zu dem Meister, wenn er täglich von den Proben nach Hause eilte- die Begegnungen mit der Witwe Webers, mit einzelnen Künstlern und Menschen der Frühzeit der deutschen Oper mit den Alt-Dresdner Bühnenzuständen. Dann be stimmt das Weber-Erlebnis ganz deutlich auch den Verlauf der eigenen künstlerischen Erfahrung: es hat nach Wagners vielen Zeugnissen überall reinigend, klärend gewirkt. Es hat den Musiker, den Künstler, den Menschen gebildet, hat ihn sehend gemacht, hat ihn auf hohe sittliche Ziele hingewiesen. Der Freischütz insbesondere wird gleichbedeutend mit dem Weberschen Genius. Für den jungen Wagner, der sich imstande dünkte, den Parisern etwas von diesem Eindruck mitzuteilen, ist der Freischütz die „große, rührende Ballade, die das phantasievolle Gemüt leben der deutschen Nation auf das charakteristischeste besingt". Hier meldet sich erstmals die Empfindung der nationalen Eigentümlichkeit der Weberschen Kunst, die dann später in immer neuen Wendungen an klingt. Wagners großartige Artikelleihe über „Deutsche Kunst und deutsche Politik" in der Fröbelschen Süddeutschen Presse vom Jahre 1867 bringt das Schicksal Webers derart in Erinnerung, daß sogar der „königliche Freund", Ludwig II., sich (mindestens äußerlich) an den Kopf griff und schwor, „soviel als nur irgend in meinen Kräften steht, dazu beizutragen, die unverzeihlichen Fehler der deutschen Fürsten wieder gutzumachen". „Wir kennen die langsamen Qualen", — so hatte Wagner gesagt — „unter welchen der so edel volkstümliche deutsche Meister sein Verbrechen der Lützowschen Jäger-Melodie büßte und tod müde dahinsiechte." Vier Jahre vor seinem Tode gibt Richard Wagner den Bayreuther Blättern jenen lapidaren Satz zur Veröffentlichung: „Was wir Deutschen durch den Freischütz erlebt, ist dem Leben weniger Völker zugeteilt worden." Wagner gehl aber noch tiefer in der kulturpsychologischen und geistesgeschichtlichen Deutung Webers. In seinem theoretischen Haupt werk „Oper und Drama" (1832) erkennt er Weber als einzigen Repräsentanten einer Epoche, in der sich der erwachte Freiheitstrieb „in den Völkern als nationalen Massen kundgab". Hier wird der Ein klang der Oper mit der jeweiligen politischen Entwicklung am hervor ragendsten Beispiel festgestellt. Hier äußern sich aber auch Zweifel an