Ein Bach-Pokal Von Conrad Freyse (Eisenach) Uner den Neuerwerbungen, die in den letzten Jahren für das Eisenacher Bach-Museum gemacht worden sind, nimmt ein gläserner Pokal eine besondere Stellung ein. Er gehört vermutlich zu den wenigen Stücken, die aus dem Nachlaß Joh. Seb. Bachs auf unsere Zeit gekommen sind. Im nachfolgenden soll die Echtheit dieses Pokals untersucht werden, wobei sich Herausstellen wird, daß diese Bach-Reliquie ebenso rätselvoll wie interessant ist. Durch Unterstützung der Höfe hatte die Glasherstellung in Deutschland seit dem 15. Jahrhundert einen starken Aufschwung genommen, so daß vom 16. Jahrhundert ab Kunstgläser zu den üblichen Geschenk- und Erinnerungsgegensiänden gehörten. Ein wichtiger Platz für Glasfabrikation bildete damals das böhmisch sächsische Gebiet. Auch die Entstehung des Bach-Pokals ist in diese Gegend zu verlegen. Er stammt aus der Blütezeit des Tiefschnittes, dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, und darf in Form, Schnitt und Schliff durchaus als Kunstwerk gelten, das auch ohne Geschichte und geistiges Fluidum künstlerischen Wert besitzt. Es handelt sich um einen Deckelpokal, doch erwies sich der aufgefundene Deckel als spätere Ergänzung aus der Biedermeierzeit. Weiß man aber, daß solche Deckel schon in alter Zeit häufig vertauscht worden sind, bei allen Gläsern dieser Art aber die Deckelbekrönung genau dem Schaft- schema entspricht, so liegt die Auffindung des Originaldeckels nicht im Bereiche des Unmöglichen. In unserem Falle kommt selbstver ständlich nur der deckellose Pokal in Frage. Fuß, Schaft und Kuppa verbinden sich zu einer fein gezeichneten Form von schönen Propor tionen. Der Fuß ist flach und steigt in leichter Wölbung zum Rande