110 Heinrich Miesner mit vielen italienischen Sängerinnen bekannt wurde, deren eine ihn beredete, mit ihr nach Italien zu gehen*). Dieses geschah, nachdem er sich nur wenige Jahre in Berlin aufgehalten hatte?). Er gieng also nach Moyland, wo er nach einem kurzen Aufcnt- balte an einer dasigen Kirche Kapellmeister wurde?). Im Jahre 1759, also schon ungefähr in seinem 24sten Jahre, als Händel in England starb, gieng er nach London^), wo er sich bis an sein Ende ununterbrochen aufgehaltcn hat und sich ansehnliche Rcichthümcr erworben haben soll. Als ein Mann von Weltkenntniß hat er geglaubt in seinen musikalischen Arbeiten von der seiner Familie eigenen musikalischen Bahn abgehen zu müssen. Er hat also eine ziemlich allgemein betretene Straße erwählt, und dadurch sich zwar des ächten grossen Bachischen Geistes verlustig, auf einer andern Seite aber anderer Vortheile theilhaftig gemacht. Des großen Unterschiedes unter seiner Music und der Händelschcn un geachtet, ist er doch eben sowohl als dieser der Liebling der Eng länder geworden." (Diesem Nachruf folgt eine Aufzählung der Werke I. Ckw. Bachs.) Christian Bach starb am 1. Januar 1782 und wurde am Sonn tag, dem 6. Januar, auf dem St. Pankratius-Friedhöfe bestattet. ') Höchstwahrscheinlich war es die Kontraaltistin Anna Lorio di Campo Lungo. Vgl. des Verfassers „Eine Anmerkung zu CH. S. Terry's I. Ehr. Bach" in der Zeitschr. f. Musikwiff., 1932, S. 226, wozu ergänzend bemerkt sei, daß auch die Haube und Spenersche Zeitung vom Jahre 1754 nach Angabe Ledeburs im Tonkünstlcrlexikon (S. 84) berichtet: „Die Wittwe Lorio Canipo Longo wird in Kurzem nach Italien zurückreisen." ?) Nach Cm. Bachs Genealogie im Jahre 1754. Johannes Wolf glaubt im Hinblick aus diese Tatsache, daß die aus dem Porträt I. Chr. Bachs von Chr. v. Matthieu überlieferte Jahreszahl 1774 in 1754 geändert werden müßte. (Terry, I. Chr. Bach S. VIII.) Ich möchte aber die Frage aufwerfen: Stellt das Porträt den Jüngling oder den Mann dar? Die Familie Matthieu lebte seit 1764 in Braunschweig. Wenn nicht alles täuscht, hat auch Christian Bach sich dort zeitweilig ausgehalten. Sein Trio c>p. 2 widmete er der Crbprinzessin Augusta von Braunschwcig-Lüneburg; 1766 und 1768 wurde sein „Cato" in Braunscbweig aufgeführt. Ferdinand von Braunschweig setzte ihm eine lebenslängliche Pension aus. Wenn auch 1830 viele Braunschwcigcr Schloßakten, die reden könnten, ver brannt sind, sollten doch diese in der Literatur überlieferten Tatsachen im Auge behalten werden. Vgl. Carl G. W. Schiller, Braunschweigs schöne Literatur in den Jahren 1745—1800 (Wolfenbüttel 1845), S. 253, 254, 258. ?) Er wurde dort 1760 Domorganist, Kapellmeister war Fioroni. Vorher war Bach zur katholischen Kirche übcrgctreten; wann und wo das geschehen ist, hat die Forschung noch nicht ermittelt. 0 Cs war jedoch erst 1762. Auch Forkel und Gerber nehmen irrtümlicher weise das Jahr 1759 an.