Johann Sebastian Bach und die Trost-Orgel zu Altenburg 105 in Mühlhausen (Divi Blasii 20 ) und Bad Berka 21 . Die erstgenannte Disposition ist für alle Untersuchungen über die „Bach-Orgel“ von entscheidender Bedeu tung. Die andere, Bach zugeschriebene, aber nur in einer peripheren Quelle überliefert, zeigt ebenfalls eine überraschende Übereinstimmung mit der etwas größeren zweimanualigen Trost-Orgel in Altenburg. Zusätzlich anführen ließe sich ein drittes Instrument, die von Johann Scheibe in der Leipziger Pauliner- kirche erbaute Orgel. 22 Mit der aus den überlieferten Dokumenten zu erschließenden Klangvorstellung Bachs stimmt die Altenburger Trost-Orgel in folgenden wesentlichen Punkten überein: 1. Jedes Werk ist plenumfähig. 2. Jedes Werk ist verschmelzungsfähig. 3. Prinzipal-, Flöten- und Streicherchöre sind völlig ausgebaut und damit stark ausgeprägt. 4. Die von Bach ausdrücklich geforderten Stimmen Glockenspiel, Viola di Gamba 8', Flaute douce 4', Nasat 3' sowie Sesquialtera sind vorhanden. 5. Die Gravität des Pedals ist durch die drei Zungenstimmen Posaune 32', Posaune 16' und Trompete 8' sowie den Principal 16' in hohem Maße ge währleistet. 6. Das Hauptwerk basiert auf zwei labialen i6'-Registern, die dem Organo pleno zusammen mit dem 32' im Pedal ebenfalls Gravität verleihen. 7. Als typisch thüringische Klangeigenschaft sind Terzmixturen vorhanden. Dazu käme die Stimmung der Trost-Orgel nach Neidhardt, die einer gleich schwebend temperierten Stimmung sehr angenähert ist. Bei der Restaurierung konnte diese Stimmung dem reichhaltigen Aktenmaterial in allen Einzelheiten entnommen und wiederhergestellt werden. Andererseits beschreitet Trost in Altenburg auch Wege, die durchaus nicht im Einklang mit Bachs Auffassungen stehen. Es handelt sich um folgendes: 1. Die Zungenstimmen sind prozentual relativ schwach vertreten. Im Manual fehlt eine i6'-Zungenstimme wie auch eine Schalmey oder ein Krummhorn. 2. Das Pedal enthält kein labiales 32'-Register. 3. Das Pedal besitzt fast ausschließlich Baßfunktion. Es wird durch die für Trost typischen Transmissionsregister lediglich verselbständigt. Als Cantus- firmus-Stimme im 4'- und 2'-Bereich ist es kaum oder gar nicht geeignet. Außerdem sind der Größe der Trost-Orgel durch den Raum beziehungsweise das Platzangebot auf der Nordempore der Schloßkirche von vornherein Gren zen gesetzt gewesen. Hier bietet sich zu weitergehenden Beobachtungen die größere, dreimanualige Trost-Orgel in Waltershausen (Thüringen) an. Die Bedeutung der Trost-Orgel als Bach-Instrument deutlich unterstreichend, fällt dieser Vergleich insgesamt in gravierender Weise zugunsten Trosts aus. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, was Trost selbst über die An wendung einiger Register seiner Altenburger Orgel geschrieben hat, 23 so zu 20 Vgl. DokI, S. 152 f. 21 Vgl. Dok II, S. 406. 22 Vgl. DokI, S. 163 ff. 23 Repos. F. VIII. 7 (vgl. Fußnote 6), Bl. 45 ff. 8 5366