123 Über Geist und Wesen von Bachs d-moll-Meffe ständigen Jnftruinentalpart neben dem Vokalchor ausführen. So erscheint das zweite Kvrio rein klanglich als eine ungeheuere Zu sammenballung der instrumentalen und vokalen Klangcharaktere. Wie sich hier in den beiden KFile-Sätzen Form und Klangbild decken und ergänzen, so ist dies auch in dem cingeschlossenen Christe der Fall. Ist dessen Form spielerisch-gefällig, so ist sein Klangbild heiter, anmutig, lichtumflossen. Das volle espressivo der Violine, die hier im Orchesterpart unumschränkt herrscht, gesellt sich zu dem strahlenden Glanz der duellierenden Sopranstimmen — bezeichnender weise sind es hohe Frauenstimmen. Das Ganze ist in eine Fülle von Licht getaucht und hebt sich infolgedessen über die düsteren Rahmengliedcr des Xzn-ie-Kompleres heraus. Schließlich sei noch der Tonartenordnung der drei Teile gedacht. Auch hier finden sich die soeben hervorgehobenen Gemeinsamkeiten und Gegensätzlichkeiten. Die Ecksätze entwickeln sich in düsteren Molltonarten: ll-moll und üs-moll, während das eingeschlossenc Eliriste in einem warmen O-dur erstrahlt, das auch im Tonrauni genau die Mitte zwischen den beiden Molltonarten einnimmt. Formbehandlung, Klangstruktur, Tonalität innerhalb der drei Teile des I<vrie-KomplercS ergeben somit ein ganz bestimmtes Bild, dessen Einzelzüge eine Deutung im Hinblick auf den Vorftellungs- und Gefühlsgehalt des Textes schon ermöglichen könnten. Eine solche Deutung wird aber erst dann vollkommen zwingend sein, wenn auch die Eigenart der musikalischen Sprache, mit der Bach die drei Sätze erfüllt, erläutert worden ist. Die melodische Qualität, der affektive Gehalt der Thematik, aus der die einzelnen Sätze herauswachsen, soll daher in Kürze noch erörtert werden. Das erste Xzaüe beginnt bekanntermaßen nicht sogleich mit der erwähnten Fuge, sondern mit einer viertaktigen Introduktion, in der sich der vokale und instrumentale Klangapparat sogleich und durchgehende zu einer einheitlichen, hoch aufgetürmten Masse zu sammenschließt. Die Art und Weise, wie sich hier die Melodik der Singftimmen, insbesondere der beiden Außenstimmen (1. Dis kant und Baß) entfaltet, ist paradigmatisch. DaS folgende Fugen thema ist bei näherer Betrachtung eine höchst differenzierte und intensivierte Ausweitung dieser viertaktigen lapidaren Ausstellung: