120 Hellmuth Christian Wolff Eindeutigkeit und Wirkung verlieren würde, bildet die Synkope doch bei Bach, wie auch sonst im allgemeinen, eines der wichtigsten rhyth mischen Gestaltungselemente. Das zuletzt angeführte Notenbeispiel stellt einen „verunklärten" Übergang dar zur Wiederkehr der streng im vor gezeichneten Takt stehenden Rhythmik des Anfangs. Streng beachtet werden die Taktstriche auch am Beginn des e-moll- Präludiums: fHh. . r r-r r t. **=“=*=■=?= my 4 ^ V Manuale / X fl , =L=— — J i , - — 1 UV jt — - - i 1: 4* - V f Pedal ^ 1 r ■ • l- p- ß — # * # M • M IP- )&♦ J i =^= —r f i=i—r f Um ■ , > =5=4 ^ 'T ^ 1 i r i *=l Das erste Viertel jedes Taktes wird deutlich hervorgehoben 1 ), beson ders durch die unteren Stimmen. Die Oberstimme berührt die Anfangs schwerpunkte dagegen immer nur kurz und läßt dann eine Synkope folgen, welche jedem Takt eine reizvolle „Innenspannung" verleiht. Die Taktgrenzen werden jedoch nicht von den Synkopen überschnitten, so daß keine Taktwechsel eintreten. Im Gegensatz zu den rhythmisch „ver- unklärten" und in kleinen Notenwerten dahinstürmenden Anfängen Bachscher Frühwerke ist in diesem späten e-moll-Präludium eine strenge Bindung an den vorgezeichneten Takt zu finden, ferner eine große Klar heit (infolge der Wiederholung gleicher rhythmischer Gruppen) und zu gleich eine Spannung, der man eine gewisse Grazie nicht absprechen kann. Hier sind zweifellos Stilmerkmale des späten Bach zu sehen, auf die auch bereits am Schluß des A-moll-Präludiums hingewiesen wurde. Es dürfte deutlich geworden sein, daß der Rhythmus bei Johann Se bastian Bach eine ungemein große Rolle spielt, insbesondere infolge der *) Auch Langer weist darauf hin, daß hier das „rhythmische Grundgerüst“ von vorn herein stabilisiert wird (S. 74).