Bachs Markus-Passion 35 Werk nachträglich zerstört hätte; die Passions-Kantate ist zudem ein rein hypothetisches Gebilde, für das jede Spur eines quellenmäßigen Beleges fehlt. 1 ) Allein unter Beibehaltung der Rust-Spittaschen Forscher ergebnisse ist es verständlich, das Picander zuerst (1729) den Text der Matthäus-Passion, danach erst (1732) den der Köthener Trauer-Musik veröffentlichte. 2 ) Nicht ohne Gewicht ist dabei die Schilderung von Bachs Wirken in der bekannten Stellein Gesners Quinctilian-Kommentar. Wie ich im 2. Heft meiner Schriftenreihe über Bachs Kirchen-Kantaten (S. 17) gezeigt habe, ist während Gesners Amtszeit in Leipzig die Matthäus-Passion nicht aufgeführt worden. Wenn schließlich der Nekrolog von 1754 von fünf Passionen Bachs spricht, so kann dies nur in dem Sinne verstanden werden, daß bei seinem Tode fünf echte Passionsvertonungen des Meisters Vorlagen. Daß C. P. E. Bach die unechte Lukas-Passion als ein Werk seines Vaters angesehen haben soll, wie Schering sagt, ist nach den bis heute maßgebenden Forschungsergebnissen Max Schneiders zu diesem Werk ausgeschlossen. An der soeben bezeichneten Stelle (Heft 2 meiner Schriftenreihe) habe ich die Frage, welche biblischen Texte den fünf Passionen Bachs zugrunde lagen, in dem Sinne beantwortet, daß die Passionsberichte der vier Evangelien jeweils in einer einchörig-vier- stimmigen Musik vertont waren, der Matthäus-Text daneben in Gestalt eines doppelchörigen Werkes. Schließlich sei mir erlaubt, auf folgendes hinzuweisen: ln der hier abgedruckten Studie aus dem Jahre 1940 habe ich nur sehr gelegentlich und andeutungsweise von Bachs Zahlen-Symbolik gesprochen. Dieser Gegenstand hat inzwischen im 3. und 4. Heft der mehrfach erwähnten Reihe über Bachs Kirchen-Kantaten eine zusammenhängende Dar stellung gefunden. *) Scherings Darstellung von Bachs Inanspruchnahme im Frühjahr 1729 wirkt zunächst bestechend. Man übersieht dabei aber sehr leicht, daß auch hier vieles, z. B. die Datierungen der Reisen, reine Hypothese ist. *) Scherings Argumentation, Picander habe den Passions- und den Trauer-Text nicht im gleichen Bande seiner Gedichte veröffentlicht, um den Parodiecharakter der einen der beiden Dichtungen nicht erkennen zu lassen, ist hinfällig. Im 1. Bande seiner Gedichte, nur durch wenige Seiten getrennt, stehen die Texte “der Weißenfelser Tafelmusik vom 23. Februar 1725 und der Serenade ,,Die Feier des Genius“ vom 25. August 1726, deren zweite eindeutig als Parodie der ersten zu erkennen ist.