Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge zum Fragment aus der "Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach und Praktische Anwendung der im Studium der "Kunst der Fuge" gewonnenen Erkenntnisse vom perspektivischen (dreidimensionalen) Raume auf die Durchformung der Fuge
Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge usw. 53 Erläuterungen zum zweiten Durchformungsmodus Der Rahmensatz, der dem ersten Versuch zugrunde liegt, ist einer von den möglichen Durchformungsmodi, die in der ersten horizontalen Phase auf dem vertikalen Oktavraum der organischen Grundphase auf ruhen. Für den zweiten Durchformungsversuch wurde ein anderer Modus der determinierten Möglichkeiten gewählt: I IV I V I Dieser Modus des Rahmensatzes zeichnet sich vor dem ersten dadurch aus, daß während des oberen Quartzuges d"—a die Ausgangstonika D der Rahmensatzkadenz festgehalten wird, wodurch die ganzheitliche Struktur des Rahmensatzes besonders zum Ausdruck kommt, ln der aufruhenden zweiten Phase werden die über der Tonika durchgehenden Intervalle mit Unterterzen versehen, die den Durchgängen einen eigenen Satz ermög lichen: 8 7 6 5 j 4 3 2 1 (Der Quintsprung von der Unterstimme in die Mittelstimme ist jene Bewegung, die H. Schenker mit dem Begriff des »Oberquintteilers" be nannt hat 1 ).) Die Durchformung dieses Rahmensatzmodus mit dem Tripelthema zeichnet sich vor dem ersten Versuch dadurch aus, daß die Permuta tionen der Stimmenverknüpfung Eingriffe in die thematische und kontra punktische »Welt" vermeidet. Dieses Ziel war nur auf die Weise zu er reichen, daß der Kontrapunkt nur zwischen Sopran und Alt wählen darf. Für den Sopran bleibt dann die dreifache Möglichkeit, sich für den Kontrapunkt oder für das erste oder zweite Thema zu entscheiden. So *) Die Ober- oder Unterquinte eines Klanges, die springend sich in den Dienst eines Durchganges oder einer Nebennote stellt, nenne ich in II 3 einen Ober- oder Unterquint teiler. Der Teiler ist somit nichts anderes als ein springender Durchgang(II 2, 177 ff.) und der mit durch ihn hervorgebrachte Klang eben nur eine Durchgangs- oder Nebennotenharmo nie (Tonwille, Heft 5, S. 4, Fußnote). - O. Jonas bezeichnet in seinem Buch „Das Wesen des Musikalischen Kunstwerks“ die Quint als das „Gelenk“ des Klanges, das die Abkehr vom Grundton, die Rückkehr zu ihm und damit das Festhalten des Ausgangspunktes er möglicht (S. 71). (Da der Begriff des Teilers aus einer abzulehnenden Aggregatraumvorstellung stammt, wäre der alte Begriff des „springenden Durchgangs“ vorzuziehen. Wir schlagen aber in Anlehnung an Jonas den Terminus „Quintgelenk“ vor.