Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge zum Fragment aus der "Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach und Praktische Anwendung der im Studium der "Kunst der Fuge" gewonnenen Erkenntnisse vom perspektivischen (dreidimensionalen) Raume auf die Durchformung der Fuge
72 Bernhard Martin Die Skizze zeigt eine mittlere Phase der Schöpfung. Mit der Stufen folge D-E = I 8 —II 7 (Takt 38-40) verbindet sich eine zwar unsichtbare (die Untersexte fis' tritt störend dazwischen!), aber dennoch sehr wirk same verminderte Quintfalte d"-gis', für deren Auflösung in der /4-moll- Ebene eine Terzfalte a'—c" erforderlich wird. Diese Terzfalte wird auch tatsächlich in Gestalt des zweiten Kontrapunktes bereitgestellt, indem der Sopran mit ihr die perspektivische /4-moII-Ebene durchformt. Die Ab lösung der Z)-moll-Ebene durch die /4-moll-Ebene, der Rahmensatz oktave d" durch die Septe b' im Vordergründe, wird durch Einschaltung eines Schrägstücks angezeigt. So kommt also im Zeichen die dreidimen sionale Raumvorstellung in der Vertikalen, Horizontalen (Raumtiefe) und Diagonalen (Vordergrund) zum Ausdruck. Wegen der erwarteten Terzfalte empfahl es sich nicht, im Sopran das Thema anzubringen, obwohl es einen terzgeführten Raum beansprucht- Die Terzfalte wird vielmehr vom zweiten Kontrapunkt gestellt. So finden wir denn im Sopran den zweiten Kontrapunkt, im Alt einen freien Kontra punkt, im Tenor das Thema und im Baß den ersten Kontrapunkt: An den in der Skizze eingetragenen Stufen I—IV 6 6 V-I und der Terz falte a'—c" erkennt man noch die unterste Phase der perspektivischen Durchformung des vertikalen Terzraumes , welche die ganze Ent wicklung bis in die oberste Phase durchdringt (Gesetz der Abhängigkeit und des Kontinuums). Die Terzfalte a'-h'-c" der ersten Phase wird in der obersten Phase gründlich versteckt dadurch, daß der Durchgang h' (Takt 46) durch ein Kletterfältchen d"-h, der Kopfton des Kletterfält- chens aber durch einen Anstieg gewonnen werden, wie es das Bild einer mittleren Phase zeigt: