99 Zur zeitgenössischen Verbreitung von Bachs Vokalwerken einen sämtlichen Hoch= und WohlEdl. [...] Raths Collegio bey Antritt meines Dienstes benebst dem ordentl. Salario auch obige 10 fl. gütigst versprochen, und in der erhal tenen Vocation ebenfalls angewiesen, auch nochmahls von Ew. Hochlöbl. Consistorio darauff confirmiret worden, derselben aber biß anhero schmerzlich verlustig seyn müßen. Ohnerachtet auff Correspondenz und Copien derer nach heutiger Art com- ponirten Kirchen=Stücke bißanhero viele Unkosten auffgewendet. Allermaßen ja bekannt, daß. wie alle Künste biß anhero in der Welt hoch gestiegen, auch besonders die Music durch kunstreicher Männer Fleiß und Bemühung einen vor vielen Künsten und Wissenschaften hohen Siz erhalten. Dahero auch mit weit mehrem Kosten geschulter und berühmter Männer Arbeit anzuschaffen ist. Und hingegen meines Orts empfinden müssen, daß, wegen grossen Armuths und schlechter Nahrung derer Bürger und HandwercksLeuthe die Accidentia sich biß anhero sehr geschmählert [,..].“ 15 Die Eingabe macht deutlich, wie intensiv Wagner in den ersten Berufsjahren mit dem Aufbau einer eigenen Notenbibliothek beschäftigt gewesen sein muß. Sein Vorgänger Victorinus Irmisch war immerhin seit 1688 im Amt gewesen, und aus dem Schreiben ist leicht herauszulesen, daß dessen hinterlassene Mu sikalien geschmacklich in etwa um die Jahrhundertwende stehen geblieben sein dürften, mithin um 1728 also „nicht mehr zu gebrauchen“ waren. Auch wenn Wagner nach längeren Verhandlungen die ehemals Irmisch jährlich ge währten 10 Gulden ebenfalls ausgezahlt worden sind, so läßt sich trotz eines insgesamt hervorragend überlieferten Ratsarchives nicht mehr rekonstruieren, welcher „kunstreicher Männer“ Werke Wagner in den ersten Jahren seiner Tätigkeit erworben hatte. Aufgrund des fixen Entschädigungsbetrags entfiel die Notwendigkeit detaillierter Belege über seine musikalische Korrespon denz; ein Inventar seines Besitzes oder Textjahrgänge zur Plauener Kirchen musik lassen sich ebenfalls nicht mehr auffinden. Daß es für Wagner jedoch nahe lag. Bach, als seinen ehemaligen Director musices, und dessen Noten bibliothek hierbei als Quelle heranzuziehen, erscheint sehr plausibel. 2. Johann Tobias Krebs d. Ä. Nicht nur als Weimarer Schüler Bachs, sondern auch als Vater von drei unter Bach ausgebildeten Thomanern - darunter mit Johann Ludwig Krebs einer der prominentesten - befand sich der Buttelstedter Kantor (bis 1721) und spätere Buttstädter Organist (1721-1760) ein Leben lang im unmittelbaren 15 Abschriftlich in Stadtarchiv Plauen. Rep. I Kap. IV Sekt. I D Nr. 1 (Acta die nach seel. Absterben des Cantoris allhier zu Plauen Herrn Vtctorini Irmischens Wieder ersetzung des Cantorats betr. Ergangen vom Rath zu Plauen Anno 1726), fol. 99; Originalschreiben in der Schulkastenrechnung dieses Jahres. Rechnungs Reperto rium, Kap. XIV, Nr. 16.