14 Hans-Joachim Schulze am 16. Dezember 1718 eine Zahlung von 4 Talern „Vor die Von M. Strieborn [?] verfertigte Carmina“. „Carmina“ können auch Kantatentexte bedeuten, und so stellt sich die Frage, ob die Notiz etwa auf einen bisher unbekannten für Johann Sebastian Bach tätigen Librettisten zielt. Vorab ist bei der - von Alfred Dürr vorsorglich mit einem Fragezeichen versehenen - Archivmitteilung ein Übertragungsfehler zu berichtigen: In den Köthener Kammerrechnungen lau tet der Name des Reimschmieds eindeutig „Steinbom". Einen Engelbert Stein born, allerdings ohne Magistergrad, nennen die Universitätsmatrikeln von Halle/S. und Jena mit Inskriptionsdaten vom 25. Oktober 1721 beziehungs weise 4. Januar 1723. Als Herkunftsort ist in beiden Fällen Trier angegeben. Zweifel bezüglich der Zuordnung lassen sich mittels einschlägiger Biblio theksbestände“ beheben: Zwischen 1714 und 1727 sind unter dem Namen Engelbert Steinborn mehrere Glückwunschgedichte nachzuweisen, 12 die sich bevorzugt an die Potentaten des Weimarer Hofes (Wilhelm Ernst, Emst August, auch Eleonore Wilhelmine) richten und als „Freuden-Opfer", „Glück wünschender Danck-Altar“, oder „Erfreuliches und Höchst-vergnügtes Vivat“ deklariert sind. Als Druckort erscheint 1718 und 1721 Halle/S., der Verfasser nennt sich 1717 „Engelbertus Steinborn, Conversus Monachus“ und 1721 „M. Engelbert Steinborn, Proselytus“ sowie „Engelbert Steinborn, Theol. Cul- tor“. Mithin handelt es sich um einen entlaufenen und konvertierten Mönch - offenbar aus der Gegend um Trier -, der zur Schar der sogenannten Gratu lanten gehörte. Diese - zumeist Studienabbrecher oder anderweitig stellungs lose Akademiker - suchten vor allem die zahlreichen Höfe heim und erhofften sich als Gegenleistung für ihre Huldigungsgedichte ein Douceur oder wenigs tens ein Viaticum. Ob Johann Sebastian Bach im Dezember 1718 den Auftritt des Gratulanten Steinbom miterlebte, sich vielleicht sogar den Vortrag von dessen sicherlich nicht gerade kurz geratenem Gedicht anhören mußte, wissen wir nicht. Mit Kantaten und zugehörigen Textdichtungen hat „M. Steinborn“ jedenfalls nichts zu tun. 1728 - Johann Heinrich Wolff Bei der Edition des Kantatenfragments „Vergnügte Pleißenstadt“ (BWV 216; BC G 43) stand der Herausgeber vor einer „prekären Quellensituation“, 11 da die einzig überlieferten, angeblich autographen, in Wirklichkeit von Christian Gottlob Meißner geschriebenen Singstimmen Canto und Alto sich seit 1926 nicht mehr nachweisen ließen. Etwas angestrengt befaßt sich der zuständige 11 Zu nennen sind hier die Bibliotheken von Halle/S.. Rostock und Weimar. 12 Eine Gratulation zum Namenstag des Arztes Christoph Jacob Treu (1695-1769) am 1. Mai 1746 nennt als Verfasser Cornelius Engelbert Steinborn. Möglicherweise ist dieser mit dem Vorgenannten identisch. 13 NBA 1/40 Krit. Bericht (W. Neumann, 1970), S. 30.