164 Andreas Glöckner tag, am 1. Ostertag, am 1. Pfingstfeiertag sowie zum Reformationsfest (am 31. Oktober) zuständig. Görner dirigierte die „Music“ fortan im sogenannten „Neuen Gottesdienst“, mithin an den übrigen Sonn- und Feiertagen. Bachs Versuche, diese Neuregelung revidieren zu lassen, blieben erfolglos. Die Kir chenmusik im „Alten Gottesdienst“ bestellten fortan ausschließlich Studenten und einige der Stadtpfeifer und Kunstgeiger oft (oder zumeist) unter der Lei tung eines dafür bestimmten Präfekten. Bach hat die Aufführungen wohl nur selten dirigiert. Die Frage nach der von Stieglitz erwähnten fünften Kirche läßt sich durch einen alljährlich wiederkehrenden Eintrag in den Rechnungsbüchern des Hos- pitals zu St. Johannis leicht beantworten. Unter der Rubrik „Ausgabe Auf Austheilung, so wohl unter die Incorporirten, als auch denen Schülern zu St. Thomce nebst andern Unkosten den alten Herkommen nach" heißt es 1720: 15 fl. — Seind an H. Vorsteher der Schulen zu St. Thomce H. Bau Mstr. Lehmann, vor die an denen 3. hohen Fest-Tagen denen Schülern sonst gegebenen Speisen und Kuchen, dafür dieselben die Music in der Johannis Kirche zu machen haben, auf das 1720 1£ Jahr bezahlt worden, lt der Verord. von 31. May. 1720. und Qriti. 4 In einer Beilage zu diesem Rechnungsbuch quittiert der Thomasschulvorsteher Gottfried Conrad Lehmann den Empfang von 15 Florin folgendermaßen: Demnach vermöge E. E. Hochweisen Raths alhier ergangenen Verordnung, suh dato den 31. May. 1720. denen Schülern zu St. Thomas, für die abwartung des Gottes dien- stes bey der Kirchen zu St. Johannis, an denen dreyen Hohen Fest-Tagen, an statt der vormahligen genoßenen Speisung und Kuchen, jährlich fünffzehn Gülden dem Vor steher berührter Schulen dargegen zu entrichten, ausgemachet worden, und Herr Johan Georg Sieber, als ietziger Zeit Vorsteher des Hospitals zu St. Johannis, mir endes unterschriebenem, wegen der drey Hohen Fest-Tage. Ostern. Pfingsten und Weynach ten dieses 1720'“ Jahres Fünzehn Gülden baar ausgezahlet. als wird solches nicht alleine hiermit bekennet, sondern auch über den empfang gebührend qvittiret. So ge schehen Leipzig den 26. Novemhr. 1720. Gottfried Conrad Lehmann Vorsteher der Schulen zu St. Thomas, 5 4 Stadtarchiv Leipzig, Rechnung Des Hospitals zu St. Johannis vor Leipzig von I Jan- uary bis 31. Decembr. A“: 1720, S. 53. Christine Fröde (t 2008) hatte mir gegenüber schon in den 1980er Jahren einen solchen oder ähnlichen Eintrag gesprächsweise er wähnt. Sie ist jedoch nicht dazu gekommen, ihre Erkenntnisse in einem entsprechen den Beitrag zu publizieren. Das Singen von Thomasschülern in der Kirche St. Johan nis hat zuvor offenbar nur Arnold Schering angemerkt (Musikgeschichte Leipzigs in drei Bänden, 2. Bd.: Von 1650bis 1723, Leipzig 1926. S. 123). Dieser Hinweis ist von der späteren Bach-Forschung nicht aufgegriffen worden. 5 Stadtarchiv Leipzig, ebenda, S.79.