218 Kleine Beiträge seit einiger Zeit auch als CD-Aufnahme vorliegt. 5 Daneben erschien zu Be ginn des Jahres 2012 beim Label cpo eine CD in der Serie mit apokryphen Bach-Werken, 6 unter anderem mit dem bis dahin noch nicht auf Tonträger eingespielten Magnificat BWV Anh. 30. Bereits nach dem Anhören der ein leitenden Takte war klar, daß das Werk mit dem mir aus anderem Zusammen hang bekannten Magnificat Torris identisch ist. Der aus Peschiera am Gardasee gebürtige Pietro Torri läßt sich erstmals 1684 als Organist und Kapellmeister am markgräflichen Hof in Bayreuth nach- weisen; ab 1689 wirkte er als Organist am Hof von Kurfürst Maximilian Emanuel in München. 1692 folgte er seinem Dienstherrn nach Brüssel und bekleidete dort die Stelle eines „maitre de chapelle“. In den Jahren nach 1701 wirkte er - bedingt durch die politischen Geschicke des Wittelsbacher Hofes - teils in München, teils in Brüssel. 7 Die Entstehung von Torris Magnificat kann auf die 1690er Jahre angesetzt werden. Das Werk steht eindeutig in der Tradition des von Ercole Bernabei (1622-1687) und seines Schülers Agostino Steffani (1654-1728) gepflegten römischen konzertierenden Kirchenstils. Doch finden sich hier in den einzelnen Sätzen durchaus verschiedene stilisti sche Ebenen: Torri leitet den Eingangschor mit wuchtigen Tutti-Akkorden des Orchesters ein, wie sie auch am Anfang einer venezianischen Oper aus dieser Zeit stehen könnten. Es folgt ein Ostinato-Abschnitt mit zwei kon zertierenden Trompeten, in dem die beiden Soprane unisono auf die Melodie des in langen Notenwerten vorgetragenen 6. Psalmtons die Eingangsworte ,,Magnificat anima mea Dominum“ anstimmen, und schließlich geht der Satz in eine typische monumentale Doppelchörigkeit über. Vier Verse werden als Vokalduette, teils auch mit konzertierenden Instrumenten vertont. Im Zentrum des Werks steht ein ausgedehntes „Et misericordia“ im Stile antico. Torri endet mit einer groß angelegten Fuge, in der sich die drei Soggetti zu den Worten „Sicut erat in principio“, „et in saecula saeculorum“ und „Amen“ immer weiter verdichten. Bachs Abschrift Torris Magnificat wurde von Bach um 1742 in Partitur kopiert und einge richtet, und zwar offensichtlich nicht allein zu Studienzwecken, sondern pri mär für Aufführungen in Leipzig. Dies belegt eine heute bei der Partitur P 195 aufbewahrte autographe Tamburi-Stimme, die vermutlich den Überrest eines 5 Pietro Torri (1650-1737): Le Triomphe de la Paix, Ausführende: Neue Hofkapelle München; Leitung: Christoph Hammer, ORF CD 424 (2006). 6 Apocryphal Bach Masses II, Ausführende: Gesualdo Consort Amsterdam, Aisfelder Vokalensemble, Hannoversche Hofkapelle; Leitung: Wolfgang Helbich, CPO 777 561-2(2012). 7 MGG 2 , Personenteil, Bd. 16 (2006), Sp. 954-975 (N. Dubowy).