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Dresdner Nachrichten : 22.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192303225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19230322
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19230322
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1923
- Monat1923-03
- Tag1923-03-22
- Monat1923-03
- Jahr1923
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- Dresdner Nachrichten : 22.03.1923
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87. Jahrgang. AL 80 Gegründet 1838 «rabk-nschrtzlr ««chrlchk» Lr,,»«. gern>pr«cher - Sammelnummer SS 2X1 Nur lür Dachl,»I».1ck»: SO c>11. .crz„l,,",c>„ d»I lichlich« guiraauna in Tr»«d»n »d,r durch di» Pa, mnnaliich v> 4200,—. Tz^äkZs-IVLVili)! Elnzilaummer 2N. LOS,—, Sountag.au.zab» 2K. 2?D,—. . , , „ ,. 4>>»>Ipall>g« «mm dr«U» gell» AI.IM,—. auperd.Nd EachI»n»M.SM,-. FamEven- VlNtztzlOON-lilklltz. «n,»>,rn und SI»U»»a,'uch» unl«r Wealall irdrn w»U»rcu rtalact» M. Iw,—. 0 <- l'' I Porz»L»i>li>d» laut 2dr». iiuawLrIig» Au lrii,« Dcrau»deca0l»n,. Donnerstag. 22. MLrz 1923 Nachdruck nur in» dauMcher vu»ll»nan"ad, >.Dr»»dn»r Tlackr.-^ -u»i>N-,. - Unv»r>an>>l» SchriUINIck» w»rd»n n>ch auldrwadri. SchrkfN'lwna und ^am»ka»IchllN»I>«ll« warlenllrad» 3S/40. Druck u V»r!aq von Llrpsch ck 21 »Ichardi in Draadan. PoMch«ck.«°nl° 10SS Lritde». Zcliseibmaseliinen fOr Süro unct 5?si'ss SetiuIgutstrslZs 1 l'.I. 1-133O -r.I. 14S2S Dr. Zeigner sächsischer Miniskerpräsiöenl. Dke neue Lage ln Sachsen. Der neue Ministerpräsident, den die sächsische Volkskammer nun endlich nach langem Hangen und Bannen in schwebender Pein gekürt hat. erklärte einmal Im banse seiner instizmtnifte- riellrn Tätigkeit, die Rechtspflege müsse in sozial versöhnen dem Geiste gehandhabt werden. I», Interesse des inneren Friedens Sachsen» ist sehr zu hoffen und zu wünschen, das, Dr. Zeigner diese von ihm selbst ausgestellte bcgrnstcnSmerte Richtlinie der Versöhnlichkeit auch in der Politik, in der er nunmehr eine verantwortliche leitende Stelle innchat, mit richtigem Verständnis für die Notwendigkeiten der Stärkung de» EtaatSgcdanken» durch Zusammenhalt aller seiner Verteidiger und Vertreter befolgen und betätigen möge. Wie dringend nötig die Vermeidung aller Briiökiernngen nach der bürgerlichen Seite hin ist. zeigt die Entschliestnug de» Dresdner Bürgerrates, in der da» gemeinsame Programm der Sozialisten und Kommunisten als „schnöder VerfassungS» bruch" erklärt und die schärsste Bekämpfung der Negierung zur Pflicht gemacht wird, fall» diese das genannte Programm zur Grundlage ihrer Amtsführung nehmen sollte. Hiernach laut sich auf die Stimmung schlichen, die lebt auf bürgerlicher Seite vorhanden ist, und die auch in der Erklärung der Demokrati schen Partei einen Ausdruck gefunden hat, das, sie mit den Velden anderen bürgerlichen Parteien Hand in Hand gehen müsse in Ausübung der vaterländischen Pflicht, dem letzt an- gesponnenen Verhäng»!» entgegenznwirkcn. Ein Verhäng nis ist ln der Tat Uber unser Sachsenland hercingebrochcn, und eS würde sich mit verdoppelter Wucht auSwirken, wenn von seiten der Negierung nun auch noch Del In da» Feuer der bürgerlichen Erregung gegossen würde, anstatt daß man ver. suchte, dem starken bürgerlichen Element wenigsten» einiger masten seine unendlich schwierige Lage durch eine staatS- Das Wahlergebnis im Landkag. In der Mittwoch-Sitzung des sächsischen Landkages wurde der bisherige Justizminisler Dr. Zeigner mit 4g von 95 abgegebenen Stimmen zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt. Auf Dr. Kaiser (D. Dp.) entfielen 33 Stimmen, auf Dr. Seyserk (Dem.) 8 Stimmen. Im Anschluß an die Wahl wurde sofort die Vereidigung des neuen Ministerpräsidenten vor genommen- >» * Der Slyungsoerlauf. 16. Sitzung. Dresden, den 21. März 1023- AiS einziger Punkt steht auf der Tagesordnung der heutigen Schling die Wahl -es Ministerpräsidenten. Der Andrang zn den Tribünen ist der Wichtigkeit de» in Aus sicht stehenden Aktes entsprechend nusterordrntlich stark. Da die zur Verfügung stehenden Karten bald verar sscn sind, hoben die LandtagSdicncr grvstc Mühe, die Enttäuschten zu be ruhigen. Ans den Gängen und Treppen ist ein Lärmen und Nennen von Personen, die ossenbor noch glauben. Eintritt in den Sani zn erhalten. Schliestltch wird ein starke» Polizei aufgebot lierangezogen. Die Abgeordiieienvlä'i'e bleiben bis 10 Minuten vor 1 Uhr leer. Zuerst betreten mehrere Abgeordnete der beiden NcchtS- pgrteien den Saal. Beim Tönen der Onxe. die ei» Diener in Tätigkeit fct't, füllt sich nun daS HauS schnell. Die Ncgie- rungSplätze sind unbelebt. Jnstizmivisicr Dr. Zeigner, der kommende Man», MirtschaftIminister Fcklisch und Finanzminister 5'e l d t sitzen unter den Abgeordneten. VI Uhr eröffnet Präsident Winkler die Sitzung. Tie Geduld der Tribünenbcsuchcr wird weiter aber ans die Probe männische Mästigung in der Behandlung der kommunistischen l da zunächst Schriftführer Lieb-rasch die Negistrande Ueberbrgehrltchkcit zu erleichtern und e» nicht durch eine! ,'orträgt. was eine ziemlich lange Zeit in An'vrnch nimmt, völlig rücksichtslose Handhabung der GesetzgebnngSmaschine im - Der Präsident tei't mit. dast Nbg. Tr. Herrma n » lD. Vp.i radikalsten Sinne, sowie durch eine unter kommunistischer als erkrankt entschuldigt ist. Darauf aibt er die TaaeSorü- Fuchte, auSgcttbtc Drangsalierung der Beamtenschaft in eine! n'".w für die nächste Sitzung bekannt, die DonnerStcm vorm. -uSschllestllche erbitterte OppositionSstcllnng bedingungsloser! Uhr stattsln'et. In der Osterwoche solle keine L-.tzung ab Art hineinzutreiben, die den inneren Frieden, gerade setzt, wo wir ihn angesichts der bedrohten äusteren Lage ans daS dringendste brauchen, auf daS schwerste gefährden würde. Für die Beurteilung der Entwicklung, welche die Tinge »nmmehr in Sachsen nehmen werden, kommt cS daraus an, wie hoch man die talsächliche Macht der Kommunisten ein schätzt und welchen Wert man den NclbungSnüderständcn bei- mißt, die auf seiten der Vereinigten Sozialdemokratie gegen über dem kommunistischen Nadikalismus vorhanden sind. Für die Gesinnung der Kommunisten ist die Erklärung ihre? Wortführers Böttcher bezeichnend, dast ihre grundsätzliche Haltung gegenüber Demokratie und Parlamentarismus durch die jetzigen Abmachungen nicht berührt werde. DaS heisst mit anderen Worten: Tic Kommunisten halten unentwegt an ihrer Auffassung fest, dast eS für sie eine parlamentarisch demokratische Verfassung in dem Augenblicke nicht mehr gibt, wo sie die Macht haben, ihr den GarauS zu machen »cid ihr ersehntes Ziel, die sowieiistischc Räterepublik, zu verwirk lichen. Sollten die Verhältnisse jemals eine solche Wendung nehmen, so würden die Kommunisten natürlich auchausdicUnte - ftützung der sozialistischen Negierung pfeifen und diese zum Teufel jagen, um selbst die Zügel zu ergreifen. DaS ist die Anschauung der „waschechten" Kommunisten, -er ganz radikalen Richtung, die vorwiegend In Berlin und in Hamburg das Zepter führt. ES gibt aber auch eine Gruppe von mehr revisionistischer Färbung, die insofern daö reine rcvvlutionäre Programm preiSgtbt, als sic eine Berücksichtigung „des man gelnden reuolntionäreil Verständnisses der Angehörigen der gemässtgtcn sozialistischen Nichinngcn", sowie das taktische Rech nen mit der durch die allgemeine politische lind wirtschaftliche Lage geschwächten Kampslrast der eigenen Partei verlangt: diese „Revisionisten" wollen den „demokratischen Illusionen und Vorurteilen eines Teiles der Arbeiterschaft" gewisse Zu- gestänbntssc machen. Auf dem letzten Parteitage der deutschen Kommunisten erzielte die radikale Gruppe etwa ein Drittel der Stimmen. Dieser Gegensatz unter den Kommunisten ist auch bei der Abstimmung über die sächsische NcgierungSk.isc tn die Erscheinung getreten, da der Beschlich Uber das EinigiingSprogramm nicht einmütig, sondern mit 21 gegen 7 Stimmen gcfastt wurde. ES ist daher durchaus nicht von vornherein sicher, das, die Kommunisten nun geschlossen mit der sozialistische» Negie rung durch dick und dünn gehen, sondern die Wahrscheinlich, keit spricht dafür, dast die Radikalen bald wieder anfangen «erden zu wühlen und der Negierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wenn sie nicht ganz und gar nach der Pscife der radikalen Rattenfänger tanzen will. Je mehr sich aber die sächsischen Zustände unter kommunistischem Etnslust der Räterepublik nähern, desto drohender erhebt sich am Horizont die Gefahr einer Einmischung der NcichSgcwalt. Die Etnzelstaatcn sind durch die Ncichsvcrsassucig auf die Ein- Kattung versassungSmäbiger Zustände verpflichtet: die Nät«. > gehalten werden. Am DienStan. den 10. Avril, wird der ! Landtag die Regierungserklärung cnkaeaemiehmen und sie am Donnerstag, den 12. April, non vormittag 10 Mir ab besprechen. Gleichzeitig mit der Aussprache soll eine Rech: von Anfragen »nd Anträgen erledigt werden, die sich mit der Negierung beschäftigen. Der Präsident stellt fest, dast die für die Wahl de» Ministerpräsidenten erforderliche Zahl von Abgeordneten anwesend sei und nunmehr in die Wahl einaetreten werden könne. Aba. Dr. Niethammer lD. Vp.i schlügt als Minister präsidenten den Aba. Tr. Kaiser vor. Abg. Beutler iD.-N.i unterstützt den Vorschlaa und er« klärt, dast seine Fraktion für Dr. Kaiser stimmen werde. Aba. Mirth iSvz.i schlägt den Aba. Dr. Zeigner alS Ministerpräsidenten vor. «Lachen rechts i Abg. Dr. Seccsert iTem.i verliest nun solaende Erklärung der demokrakischen Fraktion: Tie Sozialdemokratie bat sich mit der Kommunistischen Partei geeinigt, ü. h. die Einsicht hat sich der Gewalt, die Führerschaft hat sich der Masse gcbcuat. Die Sozialdemokratie hat sich der Kommunistischen Partei unterworfen. Das ver« össentlichte Proaramm ist ein verkapptes kommnuistisches Diktat. (Oho Ruse links t Durch dicieS wird die Reichs- und Landes» verfass»»«, nach Wort und Sin» auls schwerste verletzt. Wir erheben dagegen Einspruch im Namen öeS Teiles unseres Volkes, der fest aus dem Boden der Verfassung steht. deS Teiles, zu dem auch weite Kreise der Sozialdemokratie ge hören. sllnriihe IlnkS.t Mir bedauern, dast dem kom munistischen Ansturm d c r Teil der Sozialdemokratie unter legen ist, der, wie auch unsere Partei cs fordert, eine Ver ständigung der verfassungstreuen Republikaner erstrebt hat. Wir bekampien die getrossencn Vereinbarnnacn als eine innere Nnmahrhaitiakcit. die darin liegt, dast unüberbrückbare Gegensätze übcrtiincht und verkleistert werden. Noch einmal s-i cS in aller Oeiientlichkeit bezeugt, dast eS unser höchster Ernst gewesen ist mit unserem Bemühen einer Verständigung und dast wir unser Ziel nicht aus dem Auge verlieren werden. Mit den beiden ReckitSparicien wissen wir uns einig in der Besorgnis, dast der »»glückselige Enttchsiis, der Vereinigten Sozialdemokratie dem Lande und Volke znnr täglich schwerer werdenden Verhängnis werden must. Wir wissen uns mit ihnen einig in der Pslicht. die cm Ver hängnis cntgeaenzuwiiken. Wir glauben aber, dieser Pflicht am besten a-nügcn zn können, wenn wir uns trotz geringer Zahl selbständig und unabhängig von anderen Parteien halten. ES folgt durch den Abg Böttcher «Komm.) eine Erklärung 0er kommuttislikcheri Fraktion» die folgenden Wortlaut hat: Tic kommunistische Fraktion des sächsischen Landtages stimmt für den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten ^r. Zeigner. Die grundsätzliche Stellung der Kom munistischen Partei zum bürgerlichen Parlamentarismus bleibt dnrch die Abstimmung nnberübri. Die K. P. D. ist sich mit dem revolutionären Proletariat darin einig, dast die Arbeiterklasse die politische Macht nicht auf dem Wege über den bürgerlichen Pariam ntarismuö, sondern nur über daS Dikta tdcö Proletariats erreichen kann. «Lachen rcchis.i In den poliiischen Vereinbarungen zwischen der K. P. D. und der V. S. P. D. über die Negiericngsbildung er blickt die K. P. D. eine bctcnisame Niederlage der KvalttionS- poliiik. Ter Widerstand der Ai bcitermasscn gegen jedes Paktieren mit der Bourgeoisie hat sich in der Sozialdemo kratischen Partei Sachsens durchgefetzt. Die Bildung der ucuc» sozialdemokratischen Miudcrlrcitsr.gicrung hat unter der republik aber ist gleichbedeutend mit der völligen Verneinung jeder Art von parlamentarisch-demokratischer Versagung, und deshalb kann und darf daS gleich unter keinen Umständen eine derartige Einrichtung in irgendeinem Bundesstaate duMn. Es must vielmehr in solchem Falle daS versafsungSinästig ge gebene äustcrstc Mittel der R e i ch S e r c k u t i o c in An wendung bringen. Man sollte mccnen, da» die gemästigtc» Elemente in der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei die Fährlichkeiten einer derartigen Konstellation, die sich beim haltlosen Fvr.schrectcn auf dem Wege deS komniuncstische» Radikalismus jeden Augenblick ergeben kann, gebührend würdigen und rechtzeitig Vorsorge tressen müssten, um sic nicht zur Vollendung kommen zu lasse». Niemand kann natürlich Voraussagen, was das Ende sein wird. Wenn aber die Kom munisten ihre bisherige Unvernunft sejjcllos weiter zur Schau tragen und auch ihre „Revisionisten" plötzlich die MaSkc ab- cverfcn, sobald sie die Macht fest genug in Händen z» haben glauben, dann mühte doch nach vcrnünnigem nienichlichen Er messen auf seiten der Vereinigten Sozialdemokratie eine Gegenwirkung sich geltend mache» und die Richtung, die tu der Koalition mit bürgerlichen Parteien daS „kleinere Nebel" erblickt, ausö neue Oberwasser cihalle». Auf der sozia listischen Landeskonferenz in Dresden schien cö noch, dast die KoalitivnSfreuude die Mehrheit hätten, und für die - damals herrschende Stimmung mar besonders bezeichnend, dast tic radikale Ehcmnitzcr Richtung die stärkste Mehrheit für die Koalition auf ble Beine brachte. Alle diese Vertreter deü KoalitivnSgedankcns können doch nicht über Nacht ihre bessere llebcrzeugnng dauernd zuin alten Eise» geworfen haben. Man wird vielmehr annehmcn dürfen, dast sic nur einstweilen dnrch daS Kokain der „sozialistischen EinhcitSirviit" in Schlaf ge- lullt worden ist und wieder answacht, wenn daS Gegengift der kominnntstischen Betätigung ln der praktischen Politik seine Wirkung tut. Die Treibereien sind anstcrhalb Sachsens bereits im vollen Gange, und zwar richten sic sich gegen die Gewerk- schäften, aber auch gegen de» Parteivorstand, -er durch so genannte „KontrollanSschttssc" ersetzt werden soll. Der Berliner P a r te i v o r sta n d hat aus diesem Anlast eine scharfe Kundgebung erlassen, tn der cS heisst, er lehne gerade jetzt entschiedener denn je ein Zusammen. Der Partcivorstand oder Funktionäre Dollar (kmtücü): 20900 Im ssr»lv»ei<,j,e «d»nck, S Uiir: LOSSK gehen mit den Kommunisten a b. warnt die Parteigenossen, als Mitglieder der Partei, alS Betriebsrat oder in welcher Funktion cs immer sei, den kommunistischen Gimpclsüngern zn folgern Nur durch die feste Abweisung aller kommunistischen Täu schungsmanöver könnien sic der Partei und der Einheit der Arbeiterbewegung dienen. In diesem Zeichen vollzieht sich in Sachsen die „Einigung". Inzwischen haben freilich die bürgerlichen Parteien die denkbar schwierigste Sicilnng, und es wäre menschlich begreif- lich. wenn sic einen Ekel vor dem ganzen durch den sozia listisch kommunistischen Kuhhandel so schmählich verschandelten Parlamentarismus bekämen. Derartige Empiindungen dürfen aber nicht den Ausschlag geben. Die parlamentarische Idee ist nun einmal da und io fest im allgemeinen Volköbewuht- sein eingewurzelt, dast sie nicht wieder daraus verdrängt werde» kann. Mag daher der heutige Parlamentarismus auch noch so groste Mängel zeigen und nachteilige Wirklingen hcr- vorbringen. wir dürfen uns, wie Gcheimrat Dr. Schelcher in seinen parlamentarischen Abhandlungen «Verlag von I. Mohr in Tübingen! sagt, nicht ans seine bloste Negation beschränken, sondern müssen nach Mitteln suche», ihn zu dem zu machen, was er wirklich sein soll: zu einem Organe wahrer Demokra tie. Dazu aber ist nötig, dast die bürgerlichen Parteien auch unter den jetzigen unleidlichen Vcrüällnisscn alles tun, maS möglich ist. um die Autorität der Regierung gegenüber dem kommunistischen Radikalismus zn stärken. Eine solche Politik wird sehr viel Umsicht, Takt, Geschick und die Beobachtung deS Grundsatzes erfordern, dast der Entschlich daS Mögliche jeder zeit beherzt beim Schöpfe fassen soll, ie nach den Umständen, aber ohne alle G e s ii h l S p o l i t, k, mit Kühle bis anü Herz hinan, unter rascher, zielbewusster Abwägung aller Er- sordcrnisse der jeweiligen Lage. Ob die beiden jetzt geeinten Brüder dauernd beieinander bleiben können, wird sich in nicht allzu langer Frist Herausstellen. Geht eS schief mit der unnatürlichen Gemeinschaft, so gilt eS siir die Bürgerliche», den Scheidungsprozcst nicht durch eine falsche Taktik, durch ein unvorsichtiges, hitziges, übereiltes Eingreifen zu stören. Wenn früher Fehler gemacht worden sind, so dürfen sie keines falls wiederholt werden. Nicht nur taktisches Geschick, auch' Geduld must bei dem Werke sein. Wenn die bürgerlichen Parteien in ihrer künftigen Politik diese Regel beherzigen, so brauchen sic trotz der augenblicklichen verzweifelten Lage nicht die Hoffnung fahren zu lassen, das, der einzig gangbare Ausweg ans de» verfahrene» Verhältnisse», die Koalition. Icklicstltch doch noch gesunden werden wird.
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