Zfchopauer Wochenblatt. Gemeinnützige und angenehm unterhaltende Mittheilungen für den Bürger und Lan-mamr. Mit allergnädivsteo Rönigl. Sächsischer Loncession. 30. Sonlrabends, den 25. Juli 1846. Mottor Vernunft fängt wieder all zu sprechen Und Hoffnung wieder aufznblüh»; Man sehnt sich nach de« Lebens Bächen, Ach, nach deS Lebens Quelle hin. I. Göttlichkeit -er römischen Kirche i. Ihr Römlinge, ihr wollt der Welt beweisen, Weil in Europa vierzig Millionen Der Eure» mehr als Protestanten wohnen, Sei „göttlich" Cure Kirche nur zu preisen? O tretet nicht aus deS Verstandes Gleisen, Und wollet Ihr durchaus, daß wir Euch frohncn Und euch mit Sreptern schmüekeu und »ckt Kronen, So mögt Ihr bessern Grundes Euch befleißen. Wer weiß nicht, daß zu vielen tausend Malen Machtvoller Laster sich als Tugend künde, Berechnet man sie beide nur »ach Zahlen. Doch wer ist'S, der darauf den Schluß begründe: DaS Laster muß deshalb auch Heller strahlen, Und „göttlicher" als Tugend sein die Sünde? N. Zweitansend Jahr' hat Petri Stuhl gestanden, Erhaben über allen Fürstenstühlen, Die Zeit und Volkskraft ewig unterwühlen, Und jähen Stürz und Untergang oft fanden. Und kämen Millionen FeindcSbanden, Den Much an unsrer Kirche sich zu kühlen, Sie würde sich doch stets als Sicg'rin fühlen, Und machen jedes Fallstricks Kraft zu schänden! Nur Thorheit wähnt die« Zeugnifi unverdächtig! Trotz aller Lichts- und Rechts- und Wahrheitskämpfe Ist auch die Lüge heut' noch stark und mächtig. Die Kirche nur bleibt ohne TodeSkrämpfe In der Vernunft und Schrift stehn hoch und prächtig, Und Wahrheit hilft, daß FeindeSwuth sich dampfe. II. Luthers Verhältnis» zur geistigen und politischen Freiheit. Die Reformation betraf nicht die Glaubens lehre allein, ihr lag ein allgemeines Princip, das der geistigen Freiheit zum Grunde. Gei stes- und politische Freiheit bezweckt die Refor mation; sie enthielt ein Princip und war eine Thatfache. Als Thatsache unterlag sie den Bedingungen der Zeit. Luther konnte anfangs nicht zugleich den doppelten Kampf gegen welt liche und geistliche Macht wagen; deshalb mußte er die Regungen politischer Freiheit als voreilig zurückweisen, und die ihm mehrfach angebotene politische Bundesgenossenschaft ausschlagen; er vermachte sie in seinem Princip der Zukunft. So erstreckte sich die Reformation nicht blos auf das kirchliche und religiöse Leben, sondern ihre Bedeutung war universal, sich auf alle Ge sellschaftszustände erstreckend. Sie war gleich sam eine Ehrensühne, welche Deutschland dafür, daß es seine geistreichen Kaiser gegen eine Macht verlassen hatte, deren Ziel die Vernichtung jeder freien, politischen und moralischen Existenz war,