E S werden jetzt Produktionen möglich, die Null sind, ohne schlecht zu sein. Null, weil sie keinen Gehalt haben; nicht schlecht, weil eine allgemeine Form guter Muster den Verfassern vorschwebt.“ Mit diesen Worten hat Goethe vor hundert Jahren das Bild der Dichtkunst seiner Epoche gezeichnet; mit denselben Worten könnte man die Entwicklungsstufe umschreiben, auf der die deutsche bildende Kunst um die letzte Jahrhundertwende mit der vollen Reife des impressionistischen Stiles angelangt war. An statt entschieden fortzuströmen, begannen die Fluten des Kunst stromes sich verflachend auszubreiten. Ohne es zu wollen, ja im Grunde ohne es selbst zu ahnen, ist Emil Nolde in diesem bedeutsamen Augenblick ein Erneuerer der deutschen Malerei geworden. In seinen Händen liegt auch heute noch das Schicksal der deutschen Kunst in der bis in ihre letzten Tiefen aufgeregten Epoche der Umgestaltung unseres gesamten Daseins. Rätselhaft mutet dabei nur das eine an, daß dieser Er neuerer der deutschen Kunst nicht eigentlich aus dem breiten Strom ihrer Entwicklung selbst hervorgewachsen ist, daß er viel mehr scheinbar von außen her die Richtung ihres Weges umge lenkt hat. Aber wir haben ja auch sonst schon oftmals die Erfahrung gemacht, daß auf den Gebieten menschlicher Tätigkeit, bei denen Ursprung- 2 9