da überwog der Schmerz über den Verlust die Freude über die endliche, späte Anerkennung, ja im Grunde, glaube ich, betrachtet Nolde auch die Bilder, die nicht mehr in seinem Besitze sind, immer noch als sein eigentliches Eigentum. Der amerikanische Paläontologe Edw. Cope macht in seinen Untersuchungen über die Grundfaktoren der organischen Ent wicklung die Bemerkung, daß die Ausgangspunkte der fortschritt lichen Reihen eines Zeitabschnittes nicht die Endformen vorher gehender Zeitalter sind, sondern weiter zurückhegende Punkte derselben Reihe. Das gleiche Gesetz beherrscht die geistige Entwicklung. Auch die letzte Form des Impressionismus, die Form äußerster Ver feinerung und Verdünnung der Anschauung war einer natürlichen Weiterbildung nicht mehr fähig. Überall knüpft die neue Gene ration darum an frühere, dem eigenen Empfinden näher liegende Formen an, ähnlich wie sie es mehr als ein Jahrhundert früher, als das Rokoko sich ausgelebt hatte, getan hatte. Solch Wiederanknüpfen an Vergangenes und scheinbar weit Ent legenes kann bewußt geschehen, und geschieht, heute wie damals, in der Mehrzahl der Fälle gewiß bewußt. Es kann aber auch rein aus dem Instinkt für das Künstlerische geschehen, aus einem tiefen Gefühl heimlicher Wahlverwandtschaft, über die sich der Ver stand keine Rechenschaft zu geben vermag. So ist es in Noldes Fall von Anfang an gewesen. Er selbst hat die zahlreichen Stilleben, zu denen vor allem die „exotischen Figuren“ gehören, gelegentlich als Erholungsar beiten bezeichnet, mit denen er, der reinen sinnlichen Gestaltungs lust des Malens, der vollen und gesunden Freude an der Schön heit der Farbe hingegeben, die Pausen zwischen den alle seelischen Kräfte aufs Äußerste anspannenden biblischen Bildern ausgefüllt habe. Mit ihnen hat er sich aus der Weltentrücktheit gewisser maßen immer wieder zum Leben und zur Wirklichkeit des Daseins zurückgefühlt. 54