Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504071
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-07
- Monat1885-04
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1885
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Erscheint täglich srüh S'/.UHr. Krdactiou unß Lrp^itisu , JodaaueSaassr k. öprkchssillissr» der Bormiitag« 10—13 llhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. Alle d«e Nu«»»», rm,«c,n»t«r Vtanui-i-»«, »»ch« gch »n «t»»cu»» »ichl »«dt» ach. Annahme »«r fßr »ie »4chftf»l,e»»e Nummer »«stimmten Inserate a» Wochruta,e« R« 5 N»r Nachmittags, an So««-nn» Kefttngr« fr»» bis '/,t Uhr. 3n den Filialen für 3ns.-Aunall«e: Ott« Ktemm, Uui»erfitit«straße 1. Laut« Lüsche, Katharinenstr. 23, p. anr »t» '/,» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage L8,ttL« Abonnemealvprri» vierrelj. 4'/, Klk. inrl. Bringerlotm 5 Mt., durch dir Post bezogen 6 Mi. Jede eiozelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar 10 Pi. Gebübreu für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gefalzt) «tzne PoftdefSrderur.g 39 Mb mit Postdeförderilug 4ö Mt. Inserate Sgeipaltene Pentzeile SO Pf. Größere Lchrifte» laut uni. Preieverzeichniß. Tadellarijcher ». Zisserniatz nach hüherm Tarij. llerlamen «ater dem Redartioasftrich di«4gesoalt. ZeilebOPf..„rdea Aamiliennachrichten die Sgefpaltene Zeile «1 Pf. Iuierat» stad stell aa die Exprsitlan z» seavea. — Rabatt wird »>cht gegeben. Zahlung pra«nuu>er»oäv oder durch Psst- »achuahme. 97. Dienstag ven 7. April 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. In den hießren Volksschulen findet die Aaf««h«,e der »euetazusithrendea Kinder Donnerstag »ach Oster», also de» K. April, statt und zwar um v Uhrr t, de, ».. 4., ».. 4. and 7. BUrzer- schule, in der 1., 8., 4., ll., 7. und 8. Bezirksschul« und in der 8. vezirksschule für -naben; um tO Uhr: in der 1. Bürgerschule für Knaben und 2. Bürgerschule; um S Uhr: in der 1. Bürgerschule für Mädchen. in der Bereinigten Freischule «nd in der 4. Vezirksschule für Mädchen. Der Unterricht beginnt in allen Classen Freitag den 10. April. Die Direktoren der Leipziger Volksschule». Nachvrui 9'j, Uhr. Mere Schule skr Mdchen. mfuog «ad Prüsuaa AuSwärtiaer Montag, den 13. vr. W. «S>»e April S. «Sl»eke. Sukmisstou. Die Tischlerarbeiten für »eu Nendn» de« Rathhanse- in Lätze« solle» üu Weg« der üsfearliche» Submission vergebe» werden. Die Zeichnungen and Vedingavgen liegen tm Magistratsbnrea» »u Lützen täglich voa S-1S und 2—6 Uhr au«. Lopien der Lcyterea kSnnen gegen Lrstattung der ven>ielfSlti>iuna«kosten dort entnommen werden. Offerten fi»d an da« genannte Bureau, der» sieaelt und portofrei mit der Aufschrift: „Offerte aus Tischlerarbeiten für den »attzdanAtza« in Lützen" b>« zum M»ntng. »eu il. April, vnrmtttng« 1t Uhr euizusenden, um welche Zeit sie dort in Gegenwart der erschienene» Submittenten geöffnet werden solle». Lützen, de« 4. April 188». Her «agtftrat. Nichtamtlicher Theil. Viel Lärm m» Vichts. Nachdem da» Ministerium gestürzt ist und Frankreich eine Leit der verderblichsten Aufregung durchaemacht hat. wird bekannt, dag die Räumung Langsons nicht di« Folge einer schweren Niederlage, sondern der Verwundung de« General- Negrier gewesen ist. Al- die Truppe» ihren Anführer fallen sabcn, verloren sie die Besonnenheit und traten Ven Rückzug ohne jeden zwingenden Grund aa. Bei dem ganzen Kamp; sollen die Franzosen nur L Todte und 40 Verwundete gehabt haben. Tre schleunige Räumung von Tongson vermag sich General Britzre gar nicht zu erklären. Man sieht au» den widersprechenden Depeschen diese- General-, daß die Sache der Franzosen in Tonkin nicht von den geeigneten Persönlich keiten geführt wird; eS herrscht vollständige Verwirrung, der Obergeneral ist über die Unternehmungen der Unterbesehl». Haber nicht unterrichtet und giebt der eigenen Rathlosigkeit durch die seltsamsten Berichte Ausdruck. General Lewa! hat jetzt gut reden, daß der ganze Lärm unnvthig war, er würde, wenn er am 30. März zu Worte gekommen wäre, da- Land beruhigt haben. Wenn die Lage ihm damals wirklich so ungefährlich erschien, we-halb gab er denn seine Zustimmung zu 'der außerordentlichen Maßregel» bei der Kammer einen Credit von 200 Millionen für den Krieg gegen China zu beantragen? Der Krieg-minister war an jenem Tage nicht epescheu 1st"e^ sämmtlick unter dem Einfluß einer Täuschung, welche Briöre de L'I-le durch seine Depeschen hervorgebracht hatte. Zwei Dinge sind nur möglich: Entweder waren die ersten Meldungen inchtig und die letzten falsch, oder umgekehrt. Wegen eine» unbedeutenden Scharmützel- pflegt man aber nicht wichtige Plätze zu räumen, derer» Eroberung grone Opfer an Zeit, Geld und Blut gekostet hat, also wird wohl der Kamps vom 29. März einen ernsteren Hintergrund ge habt haben, al» General Bri-re in seinen letzten Depc' zugcsteht. Eia General, der sich die Räumung eine- dn'rch einen seiner Untergebenen nicht zu erklären weiß, so ungewöhnliche Erscheinung, daß man vergeblich nach einem Seitenstück dazu sucht. Da- Nächstliegende ist doch in einem solchen Falle, daß der Höcbstcommaadirende Oflieiere, die ohne zwingend« Gründe feste Plätze räumen, vor «in Kriegsgericht stellt. Do» Oberst Herbinger, welcher den Befehl über die Brigade Negrier übernahm, nachdem dieser verwundet »ar, schrveraen die letzten Depe'cken de» Generals Bri-re; den Befehl über die Trupven in Chu hat jetzt Oberst DesbordeS übernommen. Die Chinesen, die zuerst in ganz erdrückender Zahl gegen da- Delta de- Rothen Flusse» heranrücken sollten, halten sich jetzt plötzlich in achtungsvoller Fern« und beschränken sich aus die Besetzung der Stellungen, welch« si« früh«r inne hatten. Für alle diese Widersprüche giebt es nur eine Er klärung und da« ist di«, daß es in Tonkin an einer einheit lichen und sachverständigen Kriegsbeitimg fehlt. Dafür ist aber nicht Ferry verantwortlich zn machen, sondern der Krieg-minister, welcher den General Bri-re nach Tonstn sandte und dieser General selbst. Ftrry ist kein Sol dat, sondern eia Staatsmann. Die Leitung des Kriegs- winistirium« befand sich in den Händen voa Thibaudin, später von Eampenon und zuletzt von Lewal. Diese Generäle hatten für Auswahl der geeigneten Persönlichkeiten, für Lei» tung de- Kriege» in Tonkin Sorge zu tragen. Erweisen sich diese al» unfähig, so müssen sie durch ander« ersetzt werden, aber es ist abgeschmackt, dasür den Ministerpräsidenten Ver antwortlich zu machen. Mit demselben Rechte müßten jetzt die Abgeordneten in Anklageznstand versetzt werden, die bas Ministerium aus Grund falscher Nachrichten ««stürzt und das Land dadurch in die schlimmste Lage versetzt haben. Kaan man sich etwa« Tolleres denken, al- ein« Kammer, welche ein Ministerium zum Rücktritt zwingt, weil mehrere tausend Meilen vou Pari» entfernt ei» französischer Genrral rine Niederlage meldet, dx sich nachträglich als nicht geschehen erweist? Ferry hat sofort die umsaffendsten Maßregeln er- griffen, um die scheinbar versetzte französische Waffenehre wiederherzustellen und dasür wird er mit*den heftigsten Schmähungen überhäuft; Caffagnac nennt die Tribüne, aus welcher sich der unglückliche Ferry befindet, den Galgen; die Menge spannt Rochefort die Pserdd au» und trägt ihn im ihr Leben eingebüßt haben! Wahrlich an der Zukunft eine» Volkes. dessen Vertreter sich so grbrrdea, hat man alle Ursache zu verzweifeln. Inzwischen haken die Parteiverhältniff«, welche unter der geschickten Führung Ferry's bereit- in gesundere Bahnen ein- «elenkt waren, eine so schroffe Gestalt angenommen, daß Freycinet darauf verzichten mußte, ein Ministerium zu bilden und daß selbst Constans ein sogenannte- Gefchäst-ministerium nicht zusammenbringen konnte. AuS der ganzen Sachlage gebt hervor, daß die Franzosen rinzusehen beginnen, wie kopslo- die Handlungsweise der Mehrheit der Kammer am 30. März gewesen ist. Darüber ist man im Klaren, daß ein General, der solche Verwirrung gestiftet hat. wie Bri-re. nickt länger den Oberbefehl behalten kann; e« soll deshalb General Boulanger nach Tonkin gesandt werden, um an seiner Statt das Eommando zu übernehmen. Die Nachricht vrS „Pari-" von den Frieden-Verhand lungen mit China scheint in der That nickt unbegründet zu sein, aber bei der gänzlich veränderten Sachlage werden die Chinesen schwerlich an den Vorschlägen sesthallen, welche zu einer Zeit gemacht wurden, al- Langson noch in den Händen nicht annähernd ermessen, nur so viel steht fest, daß Frank reich langer Zeit und vielen Gelbe» bedürfen wird, um wieder aus den Punct zu gelangen, auf welchem e» vor dem Sturze de» Ministeriums Ferry stand. Tie Wiederherstellung diese» Ministerium» wäre offenbar da» Vernünftigste und Beste. waS die Kammern thun könnten, aber dazu werben sie sich nickt so schnell entschließen, abgesehen davon, daß auch Ferry Bedenken tragen würde, mit einer so wankelmüthigen Mehr heit wieder m da- alte Lerhältniß zurückzutreten. Eine glänzendere Genugthuung könnte ihm allerdings nicht zu Theil werden, al« wenn dieselbe Kammer, di« ihn am 30. März stürzte, ihn wenige Wochen daraus wieder auf seinen alten Platz zurückriesen. Prinz Napoleon hat bereit- wieder das Wort ergriffen, um vor der Wiederherstellung de» Königtbum» zu warnen. So weil ist es noch nicht, aber wenn die Fran zosen sich noch oster so kopflos ihrer Leidenschaft überlassen, wie am 30. März, dann kann es allerdings bald mit der Republik zu Ende sein. ^ * Leipzig, 7. April 1885. * Ostern hat in Bezug auf die Bi schoss fragen keine Erledigung gebracht. Dorläusia nimmt man nur an, daß Bischof Kremcntz von Crmeland der Nachfolger Melcher» in Köln sein wird. Herrn Melcher» dürste viel leicht der Cardinal-Hut verliehen werden. Somit würde die Kölnische Bischofsfrage eher erledigt werden, al- die Posener, deren Lösung durch die Ernennung Ledockow-ki'S zu einem hohen geistlichen Amte in Rom eher erwartet wurde. Ist nun aus der einen Seite eine befriedigende Lösung zu er warten, so kriselt es auf der anderen wieder. Es kann nicht mehr in Abrede gestellt werden, daß in den leitenden ultra montanen Kreisen gegen den erst seit 3'/« Jahren in Futda eingezogenen Bischof vr. Georg Ko pp eine große Miß stimmung platzgegnsfen hat, welche sich bereit» über die cber- hirtlicke Autorität yinwegsetzt und in Rom mit allen Mitteln eine förmliche De<avouirung diese« Prälaten zu erreichen sucht. Diese aggressive Haltung ist nicht etwa durch da» bekannte Vor gehen KoPp'S in der Frage der Gründung einer speeifisch katho lischen Universität (Fulda gegen Salzburg) erst hervorgerufen, sondern hierdurch nur genährt und an die Oberfläche gebracht worden, wie denn auch die extrem-ultramontane Presse diesen Anlaß mit sichtbarem Behagen dazu benutzte, um ihrem lange unterdrückten Grolle gegen den „Staats-Bischof" Luft za machen. Ja dem Bischof vr. Kopp sieht der UltramontaniSmu», wie er von den rheinisch-westfälischen Centrumssührern cultivirt wird, die Personification jene-Prine "t. welche- den Frieden zwischen Staat und Kirche aus der Grui^.age eine« Au»gleichcS hergestellt wissen will, der die Gleichberechtigung beider Factoren anerkennt unv auch „dem Kaiser giebt. waS de- Kaiser« ist". Daß man dies sowohl in Rom wie innerhalb der Leitung der Centrums partei mrd deren Presse nicht will — darüber ist kein Wort zu verlieren. Hiezu kommt noch, daß man Herrn vr. Kopp manche öffentliche Kundgebungen während seiner di-herigrn Amt-rauer ebensowenig verzeihen kann, wie die Thatsachr, daß er in Berlin nicht nur am Hose, sondern auch — in der Wilhelmstraße pvroooa gratiooim» ist. Freilich» mit einem Bischof läßt sich nicht eia gleich kurzer Proceß machen wie mit einem der StaatSfreunv- lichkeit verdächtigen Caplan oder Dorspsarrrr, we-halb hier vor sichtiger und versteckter operirt werden muß, um in Rom allen Einflüssen ans dem Palais am Michel-berge hier den Weg »u versperren. Trotzdem kann man nack der Lage der Sache kau« daran zweifeln, daß Bischof vr. Kopp sehr bald isolirt sein und dem päpstlichen Macktspruche sich wird fügen müssen, der ihn über die FriedenS-Präliminarien zwischen Berlin unv Rom in »unfehlbarer" Forrnulirung gründlich belehrt. * In einer geaen den Reich-tag-abgeordneten L. Viereck schwebenden Straflache »egen Verbreitung socialistischer Schrif ten, die bi» aus Weitere» dadurch erledigt ist, baß Herr Viereck al» Mitglied »es Reichstage« gegen die ihm zugeganqene Ladung Protest eingelegt hat, ist da» gesammte Geschäsl»- personal Viereck'» »egen Theilnahm« rmt angeklagt worden. » * » * Bis zur Stunde liegt keinerlei osstcielle Verlautbarung darüber vor, ob die österreichische Regierung gewillt sei. da« Abgeordnetenhaus »ach den Osterferien zur Wieder aufnahme seiner Thätigkrit und insbesondere zur Erledigung der Zollnovell« einzuberusen. Daraus ergiebt sich wohl bei dem vorgerückten Zeitpunkte, daß die Regierung entschlossen ist. nicht nochmal« die Solidarität der Frartionen der Rechte« aus eine gefährlich« Prob« zn sielen. In allen der Regierung nabestehenden Kreisen sreht vielmehr die Ansicht fest, daß da« Abgeordnetenhaus nur noch zu einer formalen Sitzung ein- berrrfen wird, um von der Zustimmung des Herrenhauses zu den letzten Beschlüssen de- Abgeordnetenhauses, vor nehmlich zu jenen Beschlüssen, di« das Nebereinkommen mit der Nordbabn betresfen, verständigt zu werden und zur Ver lautbarung der üblichen Zuschrift des Minister-Präsidenten an die beiden Häuser des Reichsrat he-, mit welcher die Mit glieder de- Parlament- eingeladen werden, dem feierlichen Schluffe de- RcichZratheS durch Verkündigung der Thronrede in der Hofburg beizuwohnen. In den bezrickneten Kreisen hält man auch an der Ansicht fest, daß die Negierung gewillt sei» die Zollnovelle mit Berufung auf den 8-14 St. G. G. im Weae einer Verordnung de- Gesammt-Ministerium- »ur Durchführung zu bringen. Man erklärt übrigen« die Mög lichkeit noch nicht für auSgeschtossrn, die Beratyung der Zoll nopelle dr» in den Herbst zu vertagen. * Die heutige österreichische Mikitair-Zritung giebt aus Grunb der kompetentesten Ort» eingezogenen Er« runvigiing bekannt, daß allerdings einzelne Theile der Correlpondenz de» verbasteten Z^auptmann- Polier Veranlassung znm gerichtlichen Einschreiten gegeben Kälten. Die Annahme, daß mit dienstlich secrrlcn Actenmaterial Miß brauch getrieben wurde, dürfe somit al- gerechtfertigt an gesehen werden. Alle- Über die Motive und den Umfang ve» Mißbrauch- in die Oeffentlicbkeit Gelangte beruhe indeß aus Combinalion oder willkürlicher Annahme. Bon Aus lieferung von Festung-Plänen oder MobilisirungSdaten in einem solchen Umfange, daß der Werth ganzer Festungswerke in Frage gestellt oder Theite des Mobilisirungsplanes ernstlich gefährdet seien, könne keine Rede sein. * In Paris bat nun auch ConstanS aus die Cabinets- bildung verrichtet unv den Präsidenten Grevy veranlaßt, dieselbe Brisson zu übertrage», da derselbe jedenfalls der Deputirtenkammer am genehmsten sein würde. Brisson hat nunmehr mit Grevy am ersten Feiertage längere Zeit con- serirt und den Auftrag, ein neues Cabinet zu bilden, ange nommen. Brisson, rabical, ist ein ausgesprochener Feind Ferry'S. * In Irland nehmen die Agrarverbrechen wieder zu. Nächtliche Ueberfalle iu Häusern von Pächtern, welche gegen die drakonischen R^eln der Landliga verstoßen, Biehver- stümmelungen und Brandstiftungen sind seit Kurzem wieder aa der Tagesordnung. * Die Kammern in Holland werden in nächster Zeit wichtige Verfassungsänderungen in Berathung nehmen, welche die Regierung beantragt hat. Daß die Regierungs vorlage DaS Uaterrrcktswefen nicht berührt, die Staats- schultz Vielmehr erhalten bleiben soll, ist schon erwähnt. Die anderen weitgehenden Reformen sind nach der „A Z." folgend«: Dir Bedingungen zur Belhelligung bei den Wahlen zur zweiten Kammer erfahren eine vollständige Umänderung. Nach der jetzt zu Rech» besteh »den Verfassung hängt diese Betdeiligung nameutlich davon ob. das, der betrrffende großjährige Bürger, je nach den localen Verhältnissen, einen Betrag von 20 bi« 160 G. an directeu Steuern entrichte. Dagegen wird nun beantragt, daß brr Mielb«. zinS die Grundlage der Wahlberechtigung bilden soll, und zwar wird da« Gesetz den Betrag desselben für jede Ge- melnde de« Lande- feststellen. doch wird dieser Betrag in keinem Falle niedriger al- SO Gulden sein dürfen. Wie die Re- gierung veranschlagt, wird dadurch die Anzahl der Wahl berechtigten voa 129,000 aus 252,000 oder von 3'/, Procent aus 6 Droceat der Bevölkerung de- Landes steigen. Die jetzige Verfassung bestimmt, daß aus 45,000 Einwohner le ein Ab- geordneter kommen soll. Die Regierung beantragt dagegen, die Anzahl der BolkSvrrtreter, unabhängig von der Stärke der Be völkerung. aus 100 zu bringen und somit um 25 zu erhöhen. Nach dem jetzigen Wahlmodu« tritt jedeSmal nach zwei Jahren die Hälfte der gelammten Abgeordnetenzahl zurück Dagegen verlangt die Re- gierung, daß titnstig jedeSmal nach Ablauf einer vierjährigen Frist lämmtliche Abgeordnete zurücktreten. Die Mitglieder der Ersten Kammer, welche seiten- der Provinzialstände gewählt werden, sind kraft der heutige» Verfassung 39 an der Zahl. Dieser Wahlmodu« soll künftig vollständig ausrecht erhalten bleiben, dagegen die Mit- gliederzahl um 11 erhöht und da- passive Wahlrecht erweitert werden. Gegenwärtig könne» nämlich in jeder Provinz nur Diejenigen zu Miigliedern der Erste» Kammer gewählt werden, welche den höchste» Betrag an direkten vom Staat erhobene» Sieuern entrichten und zwar in dem Verhältnisse von 1: 3000 Seelen. Nach den vorliegenden RevisionSanträaen würde dieses Verbältniß 1: LOOO betragen. Die Verfassung zieht ziemlich enge Schranken om die Verpflichtung zur Betheiliguug bei der Der- tdeidigung de« Lande- und stand somit bis jetzt jeder gründlichen Umänderung de- Heerwesens hindernd im Wege. Freilich ist die Regierung nicht auf da- oft »um Ausdruck gebrachte Verlangen cingegangen. dieselbe möge künftig in die Lage verletzt werden, nStbigenfallS die heimischen Druppen auch in den Toloniea ver- wenden zu dürfen; die »arliegeaden RevisivnSanträge überkussea aber wenigsten- dem Gesetzgeber, die Militairpflichten zu regeln und somit eventuell die Emsühruug der allgemeinen Wehrpflicht u verfügen. Außerdem wird ausdrücklich bestimmt, daß nüthigen- allS die nicht zur Armee oder zur Flotte gehörenden Bürger zur Verteidigung der Lande« herangezoaen werden können. Die aus die Thronfolge bezüglichen BerfassungSbcstimmungcn sollen da- gegen aulrcchterhaltrn bleiben. Nur «hielten dieselben eine dem- lichere Fassung, al« jetzt der Fall. * Netzer einen neue» Mahdi schreibt man der „Poli- tischen Correspoiikenz": Ja jüngster Zeit wurde die Nachricht vom Auktaucken eine« neuen Mahdi im Sudan verbreitet und bald daraus wieder dementlrt. Ein au« Omdurman tm Lager de« Generals Wals». ley ln Korli eingetrvffener Bote hatte zuerst diele Nachricht über- bracht und htnzugesügt, daß der neue Prophet El Enussi beiße. Abgesehen davon, daß den Meldungen solch« eingeborenen Boten erfahrung-gemäß wenig Glauben beizuinesten ist, klingt e» ganz und gar auwahrlchkinlich, daß ein Mitglied der Brüberlchasl Ei Snu'si al- Grgraplätkndent gegen Mohamed Achmet ausgetreten sein lallte. Di» englische Regier, ug soll vielmehr Beweise in Hände» haben, daß die muselmanische Serie, olS deren Hauptches der brkannte bidi Mobamed Ben Ali El Snuss» anerkannt ist, riidirect den Ausständischen tm Sudan alle mögliche Unterstützung leiht. <k« ist nicht lauge her, daß der Proviuzialches dieser Seele in Tanta (Eghpien) eine Botschaft Eid,'« erhielt, i» welcher der Sympathie für die voa den Sudauelen veriheibigte Sache unzweideutiger Au«, druck gegeben wurde. Lbeiff» blieb e« nicht uubrkaant, daß Sidi den johlrrichen, bei ihm erschienenen Deputationen au« DripoliS und der Sahara die Zusage machte, daß er in naher Zukunft an dem Kampfe zur Wiederherstellung der islamitischen Suprematie am Nil theilnehmen »«de. Wa« die Erfüllung dieser Zusage für die Engländer bedeute« würde, kann Jedermann leicht ermessen, dem dir Berichte noch eriunerkich sind, die zu verschiedenen Zette» iu den öffentliche« Or>auen Europa« über die Hroieltztenmacherei, den Neichthmn und dt« mtlitotrffchr Orgaussaiio» dieser wkitperzwei-te, «ohamedauffche« Bruder ich« ft e richte,«, sind. Set« ihre« perhtltniß- mäßig kurzen Bestaub« (sie wurde im Jahre 183? ^grtiadet), »er. mochte sie iu einem weit «»«gedehnte, Gebiete und selbst dort Wurzel zu sassou, wo ihre Lehren ursprünglich streng« »«rpünt waren, wie veispt-l«weise in Mekka und Wedma, seruer i» Egypten, wo sie gegen 1? kl-ster zählt, i« Btlaje» Aogdad, wo der mächtige Stowm S,di Abdel Kader el Ghilaul >br angeh-rt, sowie i» der lybffchen Nüftr »nd Sobara. Die Franzosen haben bekonnllich wiederholt zu ersahren Gelegenheit gehabt, von welchem auversähnlichen Hasse gegen die ttzrißen diese Bruderschaft erfüllt ist, derru Mitglieder mit Lhristeu und Juden gar nicht sprechen dürfen. E« ist mit Gewißheit anzu- nehm-n, dag von de», Meiropolüauklofter und Muiteihause ,n Jerhboub entsendete zahlreiche wohlequipirte Brüder schon heute iin mahdistischen Lager tonangebend w rken. ander« Emissäre die zögern- d,»i Stamme sanatisiren und Waffensendungen vermitteln, kurz einen Widerstand oraanisiren, den die geschicktesten englischen Heeisührer mit den tapfersten Truppen nicht so bald zu bewältigen un Siai.de Inn dürsten. Früher oder später wird man sich in London ent schließen müssen, mit der Pforte ernstlich darüber zu verhandeln, daß der Sultan sei»« Autorität gegen diese« iuearuirten Fanatismus au-spiele. Die türkischen Staatsmänner scheinen mit Bestimmtheit daraus zu rechnen, daß dieser Zeitpuuct endlich einmal einiritt, und sie werden nicht verfehlen, ihre Bedingungen an die Gewährung ihrer Hilse zu knüpfen. * Die B sprechungen zwischen dem Emir von Afgha nistan und dem Vicetönig dauern fort. Tie Truppen werden nicht eher Vvrrllcken, al» bi« der Befehl dazu auS England eintrifft. Fortwährend lausen von Seiten ver Fürsten au» dem Pendschab, auS Radschputana. au- Centralmbien, au- Kaschmir, au» Heideraba» und au« Nepal neue Anerbietungen, Beistand zu leisten, ein. Im Hinblick aus eventuelle Ver wicklungen mit Rußland stellen viele indisch' Plivatperfonen (Eingeborene) in liberaler Weise Geld und ihren persönlichen Einfluß zur Verfügung und begleiten diese Anerbietungen mit Ausdrücken der wärmsten Treue und Ergebenheit gegen die Königin, — so versichern englische Blätter. * Wenn die neuesten Telegramme aus Rew-Pork richtig sind, so ist der Traum, eine einzige starke centralamerika nische Republik zu gründen, äu». Die jetzt al« Thatsache anzllsehcntc Niederlage der Truppen Guatemala- bei dem Kampfe mit Ven Truppen San Salvador» hat zu einem ein monatigen Waffenstillstand geführt. Die Legislative von Guatemala soll da« vom Präsidenten Barrio» wegen Bildung einer einzigen centralamenkanischen Republik am 24. Februar e. erlassene Dekret annullirt haben, lieber den Kampf werden verschiedene Lesarten mitgeltzeilt. Es soll auch der Degen Barrio'» zerbrochen auf dem Schlachtsilbe gesunden worden sein. Barrio« selbst, meldet eine letzte Depesche, sei todt. Die Mexikaner, welche schnell durch den Mund ihre- Präsidenten Porfirio Diaz Drohungen gegen Guatemala auSsiießen, brauche» sie nun nicht wahr zu machen. Die cenlralamerikanische lluisiruüousbtwe-u«-. * Ueber die Wirren in Centralamerika schreibt die Mün chener „Allgemeine Zeitung": Da- JsthmuSland zwischen dem Parifischen und Atlan tischen Ocean, durch da» die beiden amerikanischen Welttheile miteinander znsammcngcwacksen sind, will nicht aushören, un» in Spannung zu erhalten. Erst war e- Panama, da» durch die große Unternehmung de- Franzosen Lesseps Aller Augen auf'sich zog, dann bewirkte Nicaragua durch seine» seltsamen Vertrag mit der nordamerikanischen Union ganz AchnlichcS, und jetzt folgt diesem Guatemala mit seiner centralamerikanischen UnificationSbewegung. b'iuotns in simpulol möchte man ja nun wohl au-rusen, wenn man das Land, um das e» sich handelt, in seiner Aus dehnung aus der Erdkarte mustert. Da- wäre aber doch eine sehr oberflächliche Beurthcilung der Sache. Die Plaoeten- slelle zwischen den beiden Weltmeeren und den beiden Cou- tincnten hat eine gar zu aroße Aehnlichkeit mit derjenigen bei Suez, und dieselbe dürste in der allernächsten Zukunft leicht eine noch viel größere Aebnlichkeit damit gewinnen, sei es durch die Fertigstellung de« LcssepS'schcn Panama-Canal-, sei es durch die künstliche Bahnung irgend einer anderen lntercontineutalcn und interoceanischen WeltverkehrSstraße, zu der eS einlädt. Sehen wir nun etwa die egyptischen Angelegenheiten in Europa mit Gleichgiltigkeit an? Und waS Deutschland an belangt, so hat dasselbe sicherlich in Mittclamerika viel ge waltigere dirccte Interessen aus dem Spiele al» in Egypten, unv »seine Staatsangehörigen haben in dem Handel und Wandel der Gegend eine viel größere Rolle inne, als man daheim gewöhnlich glaubt. CS dürste sich also für un- Deutsche so gut wie für die Nordamerikaner unv Engländer gar wohl lohnen, da» JsthmuSland mit Rücksicht aus die daselbst ausgrtauchte Fruge etwas genauer zu betrachten. Don Natur erscheinen die süns centralamerikanischen Zwerg- republiken aus den ersten Blick viel mehr dazu bestimmt, zu sammen einen Einheitsstaat zu bilden, al» jede sür sich «hr unbedeutende» Dasein zu snsten und jede für sich einen leichten Spietball abzugeden sür alle möglichen pplilischen Winde an» Nordainerika, au» England oder aus irgend einer anderen Deltgegend. Der Ocean umschließt sie alle, unv die KebicgS- gliederung de» Landes, so mannigfaltig dieselbe auch ist, b'etet keiner einzigen eine feste Naturgrenre gegen die ankere. Der Boden aller steigt au» dem Atlantischen Oeean aklmäliq aus. ihren östlichen, mit Lagunen und Sümpfen bedeckten Küssen- ebenen solgen nach Weste» zu in allen glnchmäßi«, höhere un» höhere Plalcaustusen do» eminent vulranil-«-:- Natur, un» diese stürzen endlich in allen ebenso gleichmäßig rasch zum Pacifischen Ocean wieder hinab. Ihr nilturgeograpdische» Antlitz wenden im Grund« genommen alle süns nach Wessen, dem zuletzt genannten Ocean zu. da sie dort ihre zugäng lichsten Hasenbuchten haben— deiinders »ie prächtigen Buchten von Fonseca und N,e»ya — un» »« zugleich auch die vm, d»rt au» viel rascher erreichten Plaleaustuseic in Falge ihre« milderen Ktima« dem Gedeihen einer höheren Civiiisation viel sreund- ltchrr sind, als va« heiße Küstenland. Diese Thaisache steht in einem merkwürdigen Widerspruche zu de« Laus ihrer be deutendste« Fiüsse: de« Sa» Juan, des Ri» Grande uu» »es Ri» Eoco in Nicaragua, des Ri» Patuca und de» Rio Ulea in Honduras und des Ri» Motagua, des Rio Potochic und des Rio Usamacinto in Guatemala, »ie wieder in v»ll- kommener Uebere>nsti«m«»> mit ei» »der raschen Lause« ou» v,n den tropischen Regengüssen keriodisch geschwellt zum Atlantischen Ocean eilen, um d,rt au ihren Mündungen mächtige Barren auszubanen, hie den Seeschiffen da- Ein- »ringen in sie fast zur Unmöglichkeit machen. Daß die selbe trppische Sonne ans alle fünf Hera» brennt, ist zu bekannt, al» daß wir nvthig hätten, auf sie al- auf ein natürliche« Unificatipnsmpment binzuweisen, »nd ebens» be kannt iß es auch, daß diese Trrpenlonne nur in den Küsten- ebenen »es Ostens — in »er sogenannten tiarr» oaliant« — zur vollen Geltung kommt, wshrrnd st« aus den centralen und westlichen Plateaux — der sogenannten tierr» t»mz,Iack» — durch deren vrrticate Erhebung, die in Guatemala über
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