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Das Schiff
- Bandzählung
- 1927
- Erscheinungsdatum
- 1927
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-24.1927
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192700006
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19270000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19270000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 1, Januar
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
- Autor
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GEDANKEN ZUR GESCHICHTE DER WISSENSCHAFT UND DER KUNST Die Arbeiterklaffe ift berufen, den Fortfehritt des Menfchengefchlechts zu verwirklichen. Nur indem das Proletariat fich von der Ausbeutung befreit und die kapitaliftifche Wirtfchaft in eine höhere Organifation der Arbeit hinüberleitet, wird die Menfchheit einen Schritt weiter ge langen auf der Bahn der Geüttung und Ver vollkommnung. Zu diefer ihrer weltgefchichtlichen Aufgabe bedarf die Arbeiterfchaft dringend des Wiffens und der Bildung. Gerade die aber wird ihr ver weigert; abfichtlich wird der Volksfchüler mit feinem Wiffen in einem weiten Abftand zurück gehalten hinter dem fogenannten »höheren« Schüler, und nur wenigen Proletariern gelingt es mit einem gewaltigen Aufwande von Energie, fich in fpäteren Lebensjahren einen Teil des jenigen Wiffens zu verfdiaffen, das dem Be- fitzenden in der Jugend geboten wird. Unentbehrlich unter den Kenntniffen, die der Proletarier braucht, ift namentlich die Gefchichte: wie alles in der Vergangenheit geworden ift, wie es fich bis zum heutigen Stande entwickelt hat, das muß man wiffen, um es mit Verftändnis weiterführen zu können. Nur der kann die Probleme der Gegenwart richtig beurteilen, der weiß, mit welchen Problemen die Menfchen in der Vergangenheit gerungen haben, wieweit und mit welchen Mitteln ihnen die Löfung gelungen ift. Das dürfte unbeftritten fein. Nicht ebenfo felbftverftändlich dagegen wird es vielen erfcheinen, daß zur Gefchichte ganz notwendig auch die Gefchichte von Kunft und Wiffenfchaft gehört. Das liegt jedoch nur an der verkehrten Art, wie diefe meift gelehrt und betrieben wird. Nimmt man z. B. ein Buch zur Hand, das Kunft- oder Literaturgefchichte behandelt — was findet man darin? In der Regel nichts weiter als eine Aufzählungund Befchreibung von hervorragen den Werken, nebft Daten über den Lebens lauf ihrer Schöpfer. Es ift wirklich nicht über trieben, wenn kürzlich ein Spötter diefe Art von kunftgefchichtlichen Werken »Bilderbücher für Erwachfene« genannt hat. Keineswegs ver- fchließe ich mich der Erkenntnis, daß hierin in den letzten Jahrzehnten mancher Wandel ein getreten ift. Man begnügt fich nicht mehr mit der bloßen Aufzählung, man ift bemüht, den Zu- fammenhang, dasHervorwachfen des Späteren aus dem Alteren aufzuzeigen. Aber mit all dem * ift man doch nur erft zu einer Stilgefchichte, einer Gefchichte der einzelnen Formgattungen gelangt, und das reicht noch nicht dorthin, wo mir das Wefen, die Seele einer Gefchichte der Kunft und der Wiffenfchaft zu fitzen fcheint. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß das Geiftesleben eines Volkes in all feinen verfchiedenen Erfcheinungsformen, alfo Kunft, Wiffenfchaft und Religionen engemZufammen- hang lieht mit den fozialen Zuftänden derZeit. Ich will mich an einem Beifpiel zu erklären verfuchen. Der letzte und ärmfte Bauernknecht in Hinterpommern, der fein Leben lang kein Theater lieht, kein Buch lieft, nie in eine große Stadt kommt, unterliegt dennoch den Einflüffen der Kunft und Wiffenfchaft feiner Zeit. Sein einförmiges Leben wäre anders geftaltet, würde anders verlaufen, wenn Kunft und Wiffenfchaft anders wären. Bei der Wiffenfchaft mit ihren Einwirkungen auf Technik ufw. ift das ja ohne weiteres klar. Es genügt, an Eifenbahn, Poll, Telegraphen zu erinnern, an die Vervollkomm nung landwirtfchaftlicher Werkzeuge, an die Möglichkeit der Verwertung landwirtfchaft licher Produkte ufw. Das alles hinterläßt ohne Frage feine Spuren in derLebensgeftaltungdes Bauernknechtes, auch wenn es ihm nicht zum Bewußtfein kommt. Er lebt anders als z B. feine Großeltern, weil die Wiffenfchaft inzwifchen eine andre geworden ift. Bei der Kunft find diefe Einwirkungen weniger fichtbar, aber fie find gleichwohl ebenfalls vorhanden. Um nur eines zu erwähnen: die ganzeDenk-und Anfchauungs- weife einer Zeit, die Anfichten über das, was fchön und häßlich, was gut und böfe ift, mit einem Wort: die fog. »öffentliche Meinung« wird leb haft von der jeweils erreichten Entw'icklungs- ftufe der Kunft beeinflußt. Und das fetzt fich fort bis ins letzte Kreisblatt, beftimmt die allgemeine Stimmung und färbt ab felbft auf den Land bewohner, der nicht einmal das Kreisblatt lieft. Doch die Wirkungen find wechfelfeitig. Ihrer- feits werden Kunft und Wiffenfchaft beeinflußt durch die fozialen Zuftände der Zeit und die von ihnen bedingte Lebenshaltung der Volks- gefamtheit. Niemand wird gerade auf diefen Gebieten die Bedeutung der Perfönlichkeit und ihrer Leiftung leugnen. Aber womit und worauf hin arbeitet die Perfönlichkeit des Gelehrten und des Künftlers? Wiederum ift bei der Wiffen-
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