02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920830024
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892083002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
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August. „Es lebe die Jntcrnationalität der Arbeiter!" „Alle Arbeiter sind Brüder!" „Stehen wir zu sammen. welche Sprache wir auch sprechen, welcher Nation wir auch angeboren, so verbürgen wir Arbeiter den Welt frieden, ein Krieg wird ferner unmöglich sein, ein Hoch der internationalen Gemeinschaft aller Arbeiter!" — Wie oft haben wir in socialistischen Versammlungen gerade in Frank reich diese und ähnliche Schlagwortc vernommen, wie priesen in flammenden Reden die Socialistenführer den künftigen Weltfrieden, der Dank dem cinmüthigen Zusammenhalten aller Arbeiter bald anbrechen würde, wie häufig vernahm man begeisterte Ausführungen, daß die Arbeiter kein Vater land kennen, Laß sie fernerhin nicht mehr den Ofsiciercn und der Fahne folgen würden, um gegen einander zu kämpfen, da sie ja alle verbrüdert seien, wie stimmten die Zuhörer in die Hochrufe auf die Interessengemeinschaft der Arbeiter aller Länder, auf ihr internationales Zusammenhalten jubelnd ein! — Gewiß, dieses rosenrotbe AuSmalen des durch den „vierten Stand" herbcigeführten Weltfriedens hatte selbst für Die, welche durchaus nicht von socialistischen Ideen durch drungen waren, viel Verlockendes und Bestechendes, vor Allem schien es auch den Kern einer allerdings noch in weiter Ferne schimmernden Möglichkeit der Verwirklichung dieser hoch- fliegenden Pläne zu enthalten, aber — sehr bald hat die Praxis die Theorie zerstört, sehr rasch ist das so viel versprechend klingende Wort von der „Brüderschaft aller Arbeiter" zur hohlen Phrase geworden. Gerade Frankreich, auf dessen Banner so verheißungsvoll „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit steht, belehrte die anderen Völker, daß spccicll der vierte Stand seine sehr persönlichen nationalen Interessen hat und sich eintretenden Falls den Kuckuck um die Brüder- lichkeitsbetheucrungen der socialistischen Versammlungen scheert! In den nicht weit von der belgischen Grenze liegenden französischen Bergwerken Lens und Liövin waren zahlreiche belgische Grubenarbeiter beschäftigt, die, ebenso wie ihre französischen Kameraden, mit Vorliebe die in jener Gegend häufig stattfindenden socialistischen Versammlungen besuchten und dort bei den Hochs auf Belgien und Frankreick, sowie auf die Jntcrnationalität der Arbeiter mit einander sraterni- sirten; dieselbe Sprache sprechend, dieselbe Arbeit gemein schaftlich jahrelang vollfübrend, in vielen Fällen auch durch Familienverbindungen verknüpft, nicht zuletzt durch jene so oft von den Rednern auSposaunte „Internationalität" scheinbar eng verbunden, fühlten sich die Belgier vollständig in Frankreich zu Hause und dachten gar nicht daran, daß je einmal zwischen ihnen und ihren französischen Gefährten die Frage der Nationalität aufgeworfen werden könnte. Die letzten Tage aber sollten sie eines Besseren belehren. Von den angeführten beiden Grubenverwaltungen waren aus irgend welchen Gründen mehrere französische Arbeiter ent lassen und durck belgische ersetzt worden, welch' letztere im Allgemeinen besser arbeiten und mit einem geringeren Lohn — obwohl diese Behauptung noch nicht nachgewicsen ist — zufrieden sein sollen. Mit einem Schlage flammte da unter den entlassenen Franzosen wie unter ihren noch in Arbeit befindlichen Landsleuten die NationalitätS-Frage auf: was, hieß es, wir wollen uns durch Fremde unsere Arbeit verkümmern, unser Brod schmälern lassen? Nieder mit den Belgiern, fort mit ihnen aus unserem Lande, ihr Grubenverwaltungen entlaßt sofort alle Belgier oder wir proclamiren den General-Ausstand! — Und es blieb nicht bei Worten; vorgestern und gestern durchzogen unter den Rufen: „Nieder mit den Belgiern!" erregte Rotten Ausständischcr die Orte und zertrümmerten die Fensterscheiben von siebzig Häusern, in denen belgische Grubenarbeiter wohnten, zerschlugen Vieles und ließen dabei Manches mit sich gehen, kurz, voll führten einen derartigen Tumult, daß Militair einschreiten mußte. An den Abenden fanden große Versammlungen statt, in denen die Socialistenführer, dieselben, die stets von der „Arbeiterbrüderschast" gesprochen, zur Rübe mahnten, aber fortwährend durch die Rufe: „Nieder mit den Belgiern!" unterbrochen wurden. In ihrer Habe und ihrem Leben be droht, verlassen die belgischen Arbeiter in Schaaren den fran zösischen Boden, sie werden jenseits der Grenze ein Lied zu Feuilleton. Schloß Fenelrange. Ein Roman aus den Vogesen. L5f Von O. Elster. Nachdruck vcrdoicu. (Fortsetzung.) Drinnen im Krankenzimmer stöhnte der Verwundete laut auf. Die alte Wirthschafterin trat zu dem Maire und sagte schluchzend: „Ach, Monsieur, mit dem armen Monsieur Bourgeois geht'S zu Ende. Er verlangt nach dem Herrn Pfarrer." „So holt ihn." Nach wenigen Minuten trat der Pfarrer, ein würdiger Mann mit silberweißem Haar und mildem Ausdruck in dem Antlitz, ein und begab sich zu dem Verletzten. „Ach, hlonsiour Is cvrs!" rief ausathmend der Kranke dem Geistlichen entgegen. „Gott sei gelobt, daß Sie kommen, oh, ich bin sehr unglücklich!" Der Pfarrer nabm an dem Bett Platz und legte seine kühle, weiße Hand auf die fiebernde Stirn Bourgeois'. „AiS Sie gesund waren, Monsieur Bourgeois, sprach er ernst, „da getackten Sie nicht Gottes und seiner heiligen Kirche." „Ach, verzeihen Sie mir, ich wußte nicht, waS ich that!" „Sie haben die Kirche oft geschmäht, Monsieur Bourgeois. Doch einerlei, nickt zu richten bin ich bergekommen, sondern mit Ihnen zu beten und Ihnen Trost zu spenden. Gott freut sich des reuigen SüntcrS, und zur Neue ist cs niemals zu spät." Der Verwundete umklammerte die Hand des Geistlichen in verzweiflnngSvoller Angst. singen wissen von der französischen Gastfreundschaft und von der dortigen Ausübung des Wortes, daß „alle Arbeiter Brüder seien!" In den Gruben selbst verlangen nun die französischen Arbeiter, daß die Plätze der auswandernden Belgier nur durch Franzosen, und zwar in erster Linie durch ihre entlassenen Kameraden besetzt werden sollen, geschieht dies nicht, dann allgemeiner Ausstand! Eine charakteristische Illustration zu der internationalen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!" Politische Tngesschau. * Leipzig, 30. August. In der letzten Zeit sind die Stimmen immer zahlreicher ge worden, welche der Bcsorguiß Ausdruck gaben, daß die RcichSrcgierung im Fahrwasser des Cent rums schwimme oder in dasselbe einzulenkcu im Begriffe siebe. Besonders unbequem mußten diese Befürchtungen der Regierung im gegenwärtigen Augenblicke sein, wo die Abhaltung der Generalversammlung der Katholiken Deutsch lands die übliche Entfaltung ultramoutaner Anmaßung in sichere Aussicht stellte. Begreiflich daher, wenn die Regie rung durch die „Nordd. Mg. Zeit." den Klcrikalismiiö zur Mäßigung mahnt. Die verschämte Art und Weise, in welcher das geschieht, ist aber nickt darnach augethan, diejenigen, welche eine dominirende Stellung des Eeutrums bekämpfen, sorgloser zu stimmen. Das officwse Blatt ver sichert, es stehe ihm nicht an, „dem Beispiele voreingenom mener Blätter folgend, schon jetzt, etwa auf Grund vor läufiger ultramontaner Preßäußerungen, ein meritorifches llrlheil über die gegenwärtigen Verhandlungen abzugcben." Der „N. A. Z." ist es auch „durchaus wahrscheinlich, daß die Aufhebung des JcsuitengesetzeS, die Stellungnahme zu dem Fall des VolkSschulgcsetzcö in Preußen, die Frage der Sonntagsruhe, sowie namentlich die völkerrechtliche Stellung des heiligen Stuhls, die ColumbuS-Feier und vielleicht wobt auch die Kirckcnnoth in Berlin mit besonderem Interesse vom katholischen Standpunct behandelt werden." Denn „in diesen und anderen naheliegenden Fragen ihrer Stellung zweifellosen Ausdruck zu geben, hat die Mainzer Versamm lung in Anbetracht der welthistorischen Stellung der katho lischen Kirchengemeinschaft ein Recht, das wir am Aller letzten geneigt sein wüxden, irgendwie verkümmern zu wollen." Indessen bezweifelt das ofsiciöse Blatt doch, „daß eö wohl- gethan war, zu Versammlungen, wie sie hier in Rede stehen, die Stimmung der Versammlung von vornherein in einer, wir möchten sagen (!), zelotischen Weise an- und aufzuregc», wie eS beispielsweise von der „Germania" . . . geschah". Und nun schwingt sich mit Bezug auf den Hctzartikel de» Centrumsblattes, den wir kürzlich an dieser Stelle mit theilten, die „N. A. Z." zu folgender Mahnung auf: „Dem gegenüber können wir, und zwar vom Stand- punct der Kirche nicht minder wie dem des Staates, nur aufs Dringendste wünschen, daß die gegenwärtige Katholikenversammlung bei ihren Verhandlungen es in keinem Puncte an Weiser Mäßigung wie an wahrem Verständnis) der großen slaalScrhallcndcn Aufgaben fehlen lassen möge, welche dem Reiche und den Einzel- staatcn obliegen, um ihren Angehörigen nickt blos ein möglichst erträgliches Dasein auf den Wandelgängcn des wirthschaftlichen Lebens zu bereiten, sondern den selben namentlich auch, sofern sie im Glauben getrennt sind, ein friedliches Nebeneinanderwobneu zu ermöglichen. Und zwar das Alles zur Ebre Gottes und zum wahren Heile des geeinten Vaterlandes, — dem ja Alle ohne Unterschied des Glaubens treu sind und bleiben wollen!" Das klingt recht pfäfsisch! In Bern ist in diesen Tagen, nachdem der sogenannte „Friedenskongreß" sich in alle Winde zerstreut hat. auch die „interparlamentarische Friedens- und Schicds- gerichts-Confercnz", welche bekanntlich im vorigen Jahr in Rom tagte, wieder zusammen getreten. Wie früher, wird es auch bei dieser Conferen; über schöne Reden und eitle Selbstberäucherung nicht hinauSkommen. Interessant war, „O, mein Vater, ich habe viele Sünden auf meiner Seele." „Erleichtern Sie Ihr schwerbeladenes Gewissen und Gott wird Ihnen verzeihen." „ Ja, ja, ich will Ihnen Alles gestehen, ich will Ihnen Alles beichten." In fieberhafter Hast erzählte der Verwundete dem Geist lichen sein ganzes verbrecherisches Leben. „Sie werden mich nicht sterben lassen ohne Vergebung meiner Sünden", flehte er angstvoll. „Die Vergebung Gottes kann ich Ihnen bringen, wenn Sie wahre Reue empfinden. Aber haben Sie mir Alles gesagt, was Ihre Seele bedrückt?" „Alles, mein Vater, nein, nein, dock nicht Alles! O mein Gott, es war ja nicht meine Sckuld, ich wollte sie nicht in den Abgrund stürzen. Nein, nein, ich wollte eS nicht, ich schwöre es Ihnen zu." „Wovon sprechen Sie?" „Von ihr, von der Zigeunerin, die ich den Tenfelssteg binunterstürzte — nein, nickt ick, ick bab's nickt gell,an, sie strauchelte, sie fiel von selbst den Abhang hinunter, o mein Gott, mein Gott!" Seine Worte erstarben in einem leffen Gewimmer. Eine namenlose Angst folterte seine Seele. Seine Hände krampften sich gewaltsam in die Bettdecke fest, seine Zähne schlugen klappernd, alle seine Glieder flogen im Frieder, und ein entsetzliches Stöhnen, dem ein Blutstrom folgte, drang über seine Lippen. Der Geistliche sprang empor, um den Arzt zu rufen. „ES gebt zu Ende", sprach Or. Zimmermann. „Tie Auf regung tödtct ibn. Es ist eine Ader in der Lunge gesprungen, er hat keine halbe Stunde mehr zu leben." Der Geistliche faltete die Hände und sprach ein slilleS Gebet. Plötzlich öffnete der Sterbende nochmals die Augen und sckaute fick mit verzweilsclnken Blich» um. Dann ergriff er die Hände des Geistlichen und flüsterte, diesen zu sich herabziehend: daß der Vorsitzende, der DundeSrath Droz, in seiner Er öffnungsansprache betonte, nicht jede politische Frage sei zur schiedsgerichtlichen Entscheidung geeignet. Die Schweiz würde nie dulden, Fragen ihrer Neutralität einem Schiedsgericht zu unterwerfen, sondern sie würde eS vorziehen, mit den Waffen in der Hand dieselbe zu vertheidizcn. Von deutschen Ab geordneten sind anwesend: Baumbach, Rickert, Barth, Hirsch, Witte, Pflüger, B»ddcberg,Tobrn, Maager. Es sollten noch dazu kommen Dillingcr und beide Haußmann. Hieraus geht hervor und daS ist das Erfreuliche, daß dieses Mal deutsche uationalliberale Abgeordnete sich von der Eonserenz fernhalten. Seit einem Vierteljahrhundert ist das magyarische Volk der unumschränkte Herr in den Ländern der Stefans kröne. Abgesehen von den wenigen gemeinsamen Angelegen heilen, welche die 1867er AuSgleichSgesetzc de» Vereinbarungen beider RcichShälstcn in den Delegationen Vorbehalten haben, kommt in Ungar» auf dem weite» Gebiet der Inncrpolitik ausschließlich der Wille des magyarischen Volkes zur Geltung. Sowohl die Gesetzgebung in beiden Häusern des Reichstages, als auch die Regierungen haben sich als die dienstbeflissenen Organe dieses VolkSwillens erwiesen, denn im ungarischen Reichstage wie im Oberhaus sind, obwohl die nicktinagyarischc Bevölkerung die Mehrheit auSmacht, fast ausnahmslos die Söhne des magyarischen Stammes vertreten nnd die Ncgicrungenwarcu stets ausnahmslos aus Männern dcö herrschenden Stammes ge bildet. Wahrlich, die Gesetzgebung und die Regierungen Ungarns haben es bisher an der vollen Geltendmachung ver wirklichen oder vermeintlichen Interessen de« magyarischen Stammes nickt fehlen lassen. Rühmen doch oft genug magya rische Zeitungen den staunenöwerthen Fortschritt Ungarns seit der Wiederherstellung seiner Verfassung; man weist frohlockend auf die Zunahme der magyarischen Bevölkerung hin, die sich in diesem Zeiträume von 5 auf 7 — 8 Millionen gehoben habe. Man jubelt über die ganze oder wenigstens halbe Magyarisirung der deutschen, slowakischen und rumänischen Volksschulen, über die fast durchgcfübrte Beseitigung der nichtmagyanschen Mittelschulen und über die Zwangs-Kindcrbewahranstalten, in denen bereits die drei- bis sechsjährigen Kinder der Deutschen. Slawen und Rumänen Magyarisch lernen müssen. Man giebt fick einer fast kindischen Freude darüber hin, daß die Staalssprachc die fast ausschließliche Sprache der Gerichts-, VerwaltungS- und VerkehrSbchörden geworden ist. Haird in Hand mit der Arbeit des Staates geht eine nickt minder weit ausgreifende, dasselbe Ziel verfolgende Propaganda der magyarischen Ge sellschaft. Ein Netz von Magyarisirungsvereine», von Preß- burg bis Kronstadt, von Kaschan bis Neusatz, bedeckt daS ganze Land. Diese sogenannten Eulturvereine wollen die magyarische Sprache unter den Nichlmagyarcn verbreiten und die ungarische Staatsidee kräftigen; große Erfolge haben sie bereits errungen. Bei dieser gemeinsamen Arbeit von Staat und Gesellschaft, die von keiner anderen Macht gehindert oder auch nur irgendwie beschränkt wird, haben eS die Magyaren zu einer unbedingt herrschenden Stellung im Lande gebracht. Zu keiner Zeit war der Magyarismus stärker und einflußreicher; noch vor einem Menscbcnallcr hätten die kühnsten Patrioten die Erklimmung einer solchen Machtstufc in daS Reich der Träume verwiesen. Und doch sind in Ungarn die Unzufriedenen — die Magvarcn, die seit 25 Jahren unausgesetzt an der Befriedigung ihrer nationalen Bestrebungen und Gelüste arbeiten konnten. Die erreichten, ungeahnten Erfolge genügen ihnen noch lange nicht, sie wollen mehr, sie wollen die Einschmclzung der Deutschen, Rumänen und Slawen in das Magyarenthum so bald als möglich bewirken. Mit einer Hast, die beispiellos ist, sucht man die sprachlich gemischten Schulen rein magyarisch zu macken, den Gottesdienst in römisch katholischen wie evangelischen Kirchen zu magyarisiren. Tausende von deutschen, slawischen und rumänischen Ortsnamen durch magyarische Namen zu ersehen und in Städten, die nur zum Thcil erst magvarisck sind, dem Magyarenthum zur Herrschaft zu verhelfen. Gelingt eö den Magyaren nock ein halbes Jahrhundert, diese Ent- nationalisirungsarbcit ungestört sorlzusetzcn, so wird aller dings ihr Sprachgebiet bedeutend erweitert, das der Deutschen und Slawen bedeutend vermindert sein. Die Rumänen mögen, „Ja, ja, ich hab's gethan, ick wollte sie tödten, damit sie mich «jcht verrathcn konnte. Ter Teufel flüsterte mir den Ratb zu: stürze sie vom Felsen hinab, dann hast Tu Ruhe, und da erhob ich die Hand, und ehe ich wußte, wie eS ge kommen, lag sie drunten mit zerschmettertem Leib. O mein Gott, mein Gott, verzeihe mir nur diese eine That!" „Sie stehen am Rande der Ewigkeit", sprach ernst der Geist liche. „Binnen wenigen Minuten treten Sie vor Ihren höchsten Richter, er wird Ihr Herz prüfen und Ihnen ver zeihen ! Aber werden Sie auch dem irdischen Richter gereckt und gestehen Sie frcimiithig Ihr Verbrechen; dort oben wird Ihnen um so eher Vergebung, und Sie werden Ruhe finden." „Ja, ja, ich will Alles gestehen, Alles, Alles." Ter Pfarrer winkle den Arzt, den Maire und den Lbcrstcuer- controleur an das Bett teS Sterbenden, und mit zitternden Lippe» und slie>en Blickes gab der mit dem Tode Ringende ein Geständniß seiner Schuld, unterstützt von dem Geistlichen, der die Arme um seine Schultern geschlungen hatte. „Nun wißt Ihr Alles, Alle», ich kann — nicht — mehr — Verzeihung, o mein Gott!" Kraftlos sank er in die Kissen zurück. Ter Arzt beugte sich über ibn. „DaS Leben schwindet", flüsterte er und drückte dem Sterbenden die schon verglasten Augen zu. Tie Beamten zogen sich zurück. Der Geistliche kniete am Bett nieder, die Stcrbcgcbete sprechend, nachdem er dem Sterbenden das Kreuz, daS er an der Seile trug, auf die Brust gelegt batte. Nock einmal bäumte sich Bourgeois empor. Die Hände faßten in der Luit unibcr, als wollten sie einen Gegner ab wehren, der Geistliche drückte ihm das Kreuz in die Hände, ächzend sanl der Sterbende zurück, ein Schauder rieselte durch seine Glieder, ein tiefer Seufzer — dann war Alles da sie ein stark entwickeltes Nationalgefühl besitzen, ihr Gebiet vohl ziemlich gut behaupten. Die russische Presse nimmt hinsichtlich der deutsch- russischen Verhandlungen wegen Abschließung eines Handelsvertrages vielfach eine offen ablehnende Hal tung ei». So schreibt der „Grasdanin": „Es gehen Mel dungen durch die Blätter über einen in Aussicht genommenen Handelsvertrag mit Deutschland auf der Grundlage gegen seitiger Zugeständnisse hinsichtlich der Zölle. Seitens aller Derer, denen die nationalen und ökonomischen Interessen unseres Landes theuer sind, werden Befürchtungen laut, eS könnte abgewicken werden von dem Wege der strengen Wahrung dieser Interessen, nachdem es uns seit einer Reibe von Jahren gelungen, allmälia der erniedrigenden Abhängigkeit von der ausländischen Börse und dem aus ländischen Markte zu entgehen Durch den Abschluß eines Handelsvertrages auf Grund gegenseitiger Zugeständ nisse werden zwar die landwirthschaftlichen Interessen Oester reichs geschädigt, wir aber gewinnen nichts dabei, Deutsch land dagegen gewinnt sehr viel, namentlich auch durch die Erweiterung seiner Ausfuhr nach Rußland Mit einem Worte, vom Gesichtspniicte der landwirthschaftlichen Interessen ist ein Handelsvertrag mit Deutschland für uns völlig werthloS." Ter französische Botschafter in London, Herr Wadding ton, dessen Abberufung dieser Tage in der Presse irrthüm- lick gemeldet wurde, hak bei einem Banket deS GencralratheS der AiSne, dessen Vorsitzender er ist, eine große politische Rede gehalten. Er stimmte darin daS Lob deS Bündnisses mit Rußland und deS Papstes an: „DaS große Ercigniß deS Jahres", sagte er im Wesentlichen, „ist der zniiehmende An schluß der sogenannten alten Parteien an die Republik. Die Thatsache ist offenkundig, unleugbar. Es wäre interessant, ihre Ursachen zu prüfen. Sie liegen zunächst in dem patrio tischen Gefühl und dem Vertrauen, welches durch die starke und glänzende Armee, sowie durch ein großes, ebenso festes wie populäres Bündnis; cingeflößt wird. Frankreich ist einer der wichtigsten Factoreu geworden, welche Europa die Erhaltung der nnvcrgleichlichen Wohlthat des Friedens sichern. Tie Mitwirkung des Heiligen Stuhles kann nicht mit Schweigen übergangen werden. Indem der Papst ent schieden und deutlich erklärte, daß die Interessen der Religion nicht an die RcgicrungSform gebunden sind, hat er die auf richtigen und frommen Seelen, welche der Republik noch mißtraute», beruhigt und den Parteien ihre gefährlichste Waffe abgcuommen. Tie Republik muß ibni dafür dankbar sein. Wenn Jemand zu dieser glücklichen Wendung der Dinge beigetragcn hat, so ist eS der Präsident der Republik, die höchste Verkörperung des Vaterlandes, der von Frankreich geliebt und geachtet und von ganz Europa geachtet und geehrt wird. Ihm auch haben wir von Neuem den Tribut unserer Zuneigung und Dankbarkeit zu spenden." In Betreff des afghanischen Zwischenfalles ist, wie jetzt amtlich aus Petersburg bestätigt wird, der russische Botschafter in Londou mit dem Staatösccretair des Aus wärtigen, Lord Rosebery, in einen Meinungsaustausch ein- getretcn, der, wie man erwartet, zu einer befriedigenden Auf klärung führen dürfte. Inzwilchen ist der britischen Regierung ein Bundesgenosse in China erwachsen. Wie der „Köln. Ztg." aus Berlin gemeldet wird, hat der chinesische Gesandte den Auftrag erhalten, unverzüglich nach Petersburg abzureisen und dort persönlich die Räu mung des Pamirs zu fordern. Diese Aufforderung sei nur durch die Saumseligkeit deS Tsung-li-Bamen so lange verzögert worden, denn daS von den Russen jetzt besetzte Gebiet gehöre nach ihren eigene» Angaben zu China. Die chinesische Regierung bat aber die bestimmte Nachricht er halte», daß die Begleitung deS Obersten Ionow nicht au» ioo, sondern a»S 2ooo Mann besteht, und sie glaubt, daß die Russe» trotz ihrer Klagen über die Unwirthlichkeit des Pamirs geschützte Plätze finden und dort überwintern werten. Daß Samatasch, wo die Russen mit den Afghanen zusamniengestoßen sind, chinesisches Gebiet ist, gehe schon still, todtenslill, das Leben war entflohen, der Verbrecher stand vor seinem himmlischen Richter. » » ch Strablend brach der junge Tag an. Der heftige Wind in der Nacht batte den Himmel von den grauen Wolken rein gefegt, daß er im lichtesten Blau des Frühlings erglänzte. Die Sonne vergoldete die im lickten Grün schimmernden Wälder, ans denen bereits der lustige Schlag der Finken und der lockende Pfiff der Drossel erklangen, während aus dem feuchten Gras der Wiesen und der jungen Saaten sich die Lerchen emporschwangcn, um mit jubelndem Triller der Sonne entgegen ;n fliegen. Alles atbmcte Lust und Freude an dem wiedererwackenten Leben der Natur. Nur die früh zeitigen Wanderer, welche den Waldweg zur alten Grcnzeiche entlang zogen, schienen von dieser Lust und Freude nickts zu bemerken; ibre Gesichter zeigten einen ernsten Ausdruck, und nur zuweilen wechselten sie ein gleickgiltigeS Wort. Sic be fanden sich auch nickt auf einem erfrischenden Morgcn- spaziergang, sondern sie gingen einem ernsten Kampfe ent gegen, der leicht einen blutigen AuSgang nehmen konnte. E- waren Lieutenant von Usedom, seine Secundantcn und der Doctor Zimmermann. Nach wenigen Minuten war man an der Grenzeiche an gelangt. „Noch Niemand hier?" „Wir sind eine Viertelstunde zu früh gekommen' „Um so besser; so können Sie sich auSrubcn, llscdom, und haben nachher eine sickere Hand und ruhiges Blut" „O, unbesorgt! Ich bin vollkommen ruhig." „Es ist immerhin gut, daß Sic nicht sofort die Waffe zu ergrestcn brauchen." Lientcuanl von Wilkenberg und Lieutenant von Raumer prüften neck einmal die Pistole», welche in einem schwarzen Kästchen lagen und ans deren blanken Läufen die Morgensrnne flimmerte. D octor Zimmermann legte sein Verbandzeug zurcchl, während Kurt «-mige Schritte vertrat, um das zu seine«
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