02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960225026
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896022502
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896022502
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
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Bei den Filialen und Annahmestellen je eine balde Stunde früher. Anzeigen sind stets an die itrpetztttan zu richten. AnzeigeN'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psss. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4ge- jpaltrn) bO^, vor den Familienaachrtchtt« (6 gespalten) 40 Gröber, Schriften laut unserem V«i«- verzeichniß Tabellarischer und Ztssernfatz nach höherem Tarif. Nedaction und Er-e-ition: LstzanneSgaffe 8. Di» Expedition ist Wochentags ununterbrochen ardfsnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: Dtts Klemm's Sortim. lAlfretz Hahn», Ullioersitütsstrabe 1, LontS Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und KönigSvlatz 7. Srtra-Veiiagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne PostbesSrderung SO-, mit Postbeförderung 70.—. Anzeiger. Ilmlslikall des Ltöniglichen Land- nnd Ämlsgenchles Leipzig, des Aalljes nnd Nolizei-Äinteo der Stadl Leipzig. Bezugs-Preis k» der tzauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zwrimalioer täglicher Zustellung in« Hau« L.bO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich . Dirrcte tägliche Nreuzbandienduag t»A Ausland: monatlich 7.öO. Politische Tagesschau. * Leipzig, 25. Februar. Der Beschluß der Commission für die Vürsenvorlage, das Verbot des Börfentcrminhanvels in Getreide in das Gesetz aufzunehmen, wird einer scharfen hanbelStechnischen Kritik ausgesetzt sein und vor dieser schwerlich bestehen. Eine» andern Standpunkt als Viesen technischen zu seiner Beurthei- lung zu wählen, liegt aber nicht die geringste Veranlassung vor. Die „National-Zeitung" ist anderer Meinung. Sie legt Gewicht auf den Umitand, daß der Antrag auf das Verbot von dem nationalliberalen Abgeordneten Ör. Paasche ge stellt worden ist und mit diesem auch die beiden anderen Vertreter der nationalliberalen Partei in der Com mission auf der Seite erblickt worden sind, „wo die agrarische Feindseligkeit gegen den Handel keine Grenzen kennt". Das Blatt glaubt darauf aufmerksam machen zu müssen, daß durch diese und frühere Abstimmungen der nationalliberalen Mitglieder der Commission für den Börsen gesetzentwurf „weiten Kreisen des HandelSstandes vor den itopf gestoßen werde", und es stellt der Erwägung der national liberalen Fraktion anheim, ob dies ohne ernste Gefahr für die Partei geschehen könne. Was diese letztere Frage betrifft, so wäre sie, wenn sie überhaupt im Zusammenhang mit dem Antrag Paasche aufgeworfen werden müßte, mit dem Hinweise auf den von der nationalliberalen Partei in ihrer ganzen Ver gangenheit festaehaltenen Grundsatz zu beantworten, die gesetz geberischen Entschließungen nickt von Rücksichten aus die Popu larität beeinflussen zu lassen. Was die Partei als solche sich zum Gesetze gemacht hat, kann sie ihren einzelnen Mitgliedern am allerwenigsten dort verwehren wollen, wo es sich um An gelegenheiten handelt, in denen ja nach einem gleichfalls alten Grundsatz Freiheit der Abstimmung herrschen soll. Daß die Frage des Terminhanbels in Getreide zu diesen Angelegenheiten gerechnet wird, ist zufällig ausdrücklich erklärt worben. Der Redner der Fraktion in der ersten Lesung der Börsenvorlage hat bemerkt: „Ein Theil meiner Freunde hat namentlich die Ansicht, daß es sich empfehlen würde, den Börsenterminbanvel in Getreide ganz und gar zu unterdrücken. Das ist ja nun eine Ansicht, über die sich streiten läßt. Von anderer Seite innerhalb des Kreises meiner politischen Freunde wird die Ansicht nicht gelheitl." Die Abstimmung in der Börsencommissivn rechtfertigt über dies keineswegs die Besorgniß einer Entfremdung des der nationalliberalen Partei befreundeten Theileü des Handels- standeS, denn in diesem streitet mau bekanntlich auch über die Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit des Terminhanbels. Diejenige Richtung, die durch den Antrag Paasche „vor den Kopf gestoßen wird", war es bereits durch die Regierungsvorlage, wie aus dem von den Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft dem Reichskanzler soeben über reichten Schreiben hervorgeht, in dem es heißt: „Ew. Durch laucht dürften noch kein getreues Bild davon erhallen haben, wie sehr sich der deutsche Hanrelsstand in ferner Ehre und seinem wohlderechtigten Selbstgefühl verletzt fühlt durch das Mißtrauen gegen seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit, welches den Grundton der vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen abgiebt." Auf den Boden der hier als Kränkung empfundenen Regie rungsvorlage hat sich aber — unter dem Vorbehalt von Aenberungen, die nicht al« Milderungen angekündigt worben sind — in der ReichslagSsitzung vom 10. Januar die gesammte nationalliberale Fraktion gestellt, die Be schwerde der „National-Zeitung" ist demnach ebenso wohl unrichtig adressirt, wie sie verspätet vorgedracht ist. Gegner des Börsen-Terminhandels in Maaren und besonders in Getreide sind unter den von der Börsenunlersuchungs- commission vernommenen Kaufleuten hervorgetreten; die oberbayerische Handelskammer Hal sich unler Führung ihres freisinnigen Mitgliedes Maison geweigert, zu dein die Auswüchse des Börsenterminhandels behan delnden Abschnitt des Gesetzentwnrfs einen Beschluß zn fassen, „da im Schoße der Kammer Meinungsverschieden heiten darüber zu Tage getreten seien"; Preßorgane, die der Börse nichts weniger als feindselig gesinnt, haben den Anspruch der Berliner Handelskammer, als Vertreterin der deutschen Handelswelt zu gelten, entschieden zurückgewicsen — es ist also, auch abgesehen von der principiellen Seile der Frage, kein Grund vorbanden, im Interesse der Beliebt heit der Partei beim Handelsstanve nach der FractionS- polizei zu rufen. Ebensowemg wegen der Gesellschaft, in der sich die nationalliberalen Mitglieder der Börsenkommission bei ihrer Abstimmung über den Terminbandel befunden haben. Die Mannheimer Kaufleute wollen von dem Terminhandel nichts wissen, die badstchen Agrarier sind seine Freunde. Abg. Paasche kann sich demnach ebenso gut auf agrarische Gegner schaft und Zustimmung aus dem Hankelsstanbe berufen, wie die freisinnigen und süddeutschen Commissionsinilglieder. Dem politischen Momente fällt überhaupt keine Rolle in dieser Frage zu, die ein wissenschaftliches Problem ist und eben deshalb allerdings den Boden für eine gesetz geberische Lösung zur Zeit noch nicht bereit bält. Mil dem Verbot des Getreideterminhandels an den Börsen würde er nicht zu existiren aufhören, sondern außerhalb der staatlich organisirten Märkte eine noch wildere, weil gänzlich un- conlrolirte Spekulation entfesseln. Und, waS zur Zeit am schwersten ins Gewicht fällt, ein Börsengesetz mit dem Verbot des Terminhandcls in Getreide bat kaum Aussicht auf Annahme durch die Regierungen. Der Antrag Paasche gefährdet also das Zustandekommen der Börsenreform über haupt, und mit diesem Risiko steht sein Inhalt doch sicher in keinem Verhäliniß. Denn der Commissionsbeschluß ent hält, indem er die Bestimmung des Zeitpunktes für das Inkraft treten deS Verbots dem Bundesraih anbeimgiebt, lhatsäch- li ch nichts weiter als eine Vollmacht für die Regierungen, wie sie die Regierungsvorlage selbst in ihrem tz 46 ertheilt, der be sagt: „Der Bundcsrath ist befugt, den Börsrntcrminhandei von Bedingungen abhängig zu machen oder in bestimmten Maaren oder Wertbpapieren zu untersagen." Der Bundesrath kann also schon nach seinem eigenen Entwurf das Börsenzeitgeschäft in Getreide untersagen und er muß es nicht in absehbarer Zeit nach dein Beschlüsse der Reichs- tagscommission. Die ReichstagScommission für das Margarinegesetz bat, wie seiner Zeit berichtet wurde, das in der ersten Lesung be schlossene Verbot des Margarinekäses in der zweiten wieder aufgehoben, nachdem Staalssecrelair von Boetticher dies nachdrücklich verlangt halte. In der agrarischen Presse wird nun darauf hingewiesen, daß der Landwirtbschafts- minister Freiherr von Hammerstein bei der ersten Lesung im Plenum geäußert habe, er würde von seinem speciellen landwirthsckaftlichen Standpunkt aus bereit sein, für das Verbot einzutreten; eS wird angedeutet, daß somit ein Conflict bestehe, als dessen Ergebniß die agrarischen Blätter den Rücktritt des ihnen so verhaßten Landwirthsckafts- ministerS in allerlei versteckten Andeutungen prophezeien. Natürlich ist hier der Wunsch der Vater des Gedankens. Die Herren, die ihn hegen, übersehen, daß Herr v. Hammer stein bei seiner Aeußerung über die Zulässigkeit eines Verbots deS Margarinekäses ausdrücklich diese Zulässigkeit auf den speciell landwirthschaftlicken Gesichtspunkt ein geschränkt hatte. Der Sinn seiner Aeußerung nach dem Zu sammenhang seiner Rede war einfach der: Ein Verbot der Margarine als solcke ist auch vom rein landwirthschaftlicken Standpunkt aus nicht zulässig, weil die Landwirthschast außer Stande ist, an Stelle der Margarine eine gleich ge sunde und nahrhafte Butter ebenso billig zn liefern; das Verbot der Margarine würde also den ärmeren Classcn die Ernährung verlbeuern, was die Verbündeten Regie rungen unbedingt vermieden wissen wollen. Dagegen wäre eine solche Veriheuerung der Volksernährunt, von einem Ver bot des Margarinetäscs nicht zu besorgen, weil die Landwirth- schaft einen Milchkäse von gleicher Güte wie der Margarine käse ebenso billig wie diesen herzustellen vermag. Herr v. Hammerstein hatte also über das vorher in der Debatte angeregte Verbot lediglich als Fach Minister eine Art tech nischen Gutachtens abgegeben. Als St aal sm in ist er an Vieser Stelle über das Verbot zu sprechen, hatte er sich nicht veranlaßt gesehen. Uebrigens ist es weder ein seltenes noch ein sensationelles Ereigniß, daß ein Minister im Staats ministerium überstimmt wird. Ans solchen Vorkommnissen kann Capital am wenigsten dann geschlagen werden, wenn der betreffende Minister in seinen Aeußcrungen vor dem Parlament Vorsicht walten läßt. Der Eindruck, daß die verwickelte österreichische Wabl- reformfrage mit der Vorlage des CabinetS Badeni auf gute Wege geleitet ist, wurde durch die erste Lesung be kräftigt. Ganz ablehnend verhielten sich nur die Jungtsckecken, denen die Reform zu wenig volksfreundlich ist. Die anderen Parteien sprachen sich, allerdings mit unterschiedlichen Vor behalten, zustimmend auS. Man hält dafür, daß die Vorlage ohne erhebliche Aenberungen den Ausschuß passiren wird, weil die Vorbehalte der Parteien fick gegenseitig ausschließen und zuletzt doch jede eher auf ihre Sonderwünscbe verzichten, als die Verantwortung für die Ablehnung der Reform ans sich nehmen wird. Die socialdemokratische Partei hat letzter Tage 15 Versammlungen gehalten, in denen die ministerielle Wahlreform sehr abfällig kritisirt und als unannehmbar bezeichnet wurde. Zugleich wurde aber sehr deftig gegen das Abgeordnetenhaus losgezogen und mit der stärksten Vergeltung gedroht, wenn cS die Reform ablehnen sollte. Daraus muß man schließen, daß die Arbeiter die Wabl- reform denn doch nicht als ein so unbedeutendes Zu- geständniß anseben, als sie vorgeben. Die radikalen Gruppen im Abgcordnetenhause sind der Ansicht, daß die Badeni'sche Wahlreform den Arbeitern als Bresche dienen wird, von der aus sie den Grundsatz der Interessenvertretung unterwüblen und das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht erringen wer den. Dagegen wurde seitens des Polenclubs die Erwartung ausgesprochen, daß mit derAnnahme der Wablresorm der Kampf aus diesem Gebiete für lange Zeit zur Ruhe kommen wird. Die Zukunft verbeißt sonach auf der einen Seite ein VorwLrtS- stürmen des Radicalismus und auf der anderen Seite einen zähen Widerstand der konservativen Parteien. Der liberalen Partei wird zwischen diesen beiden Kräften die Rolle des PufierS zufallen und sie dürfte da bart mitgenommen werden. Von den obersten Faktoren deS Staates oft schwer verkannt, zum Tbeil durch eigene Fehler dahin gebracht, wo sie beute ist, ist der Partei in der schweren Zukunft, der sie entgegen gebt, nur zu wünschen, daß sie sich auf sich selbst besinnend und ihre Principien treu wahrend noch die Genuglhuung erlebe, daß ihre Unentbehrlichkeit für das österreichische Slaats- weseu sich überzeugend und zwingend darthut. Allgemein wird die militairische Lage der Italiener in Abessinien als sehr bedenklich bezeichnet. EndeDecember bereits durchstreiften, von der Bevölkerung freundlich ausgenommen, Sendboten Menelik« den immer nock rebellischen südlichen Tbeil von Okule-Kusai nördlich von Entischo. Diese bedrohlichen Er scheinungen zwangen zu einer stärkcrn Besetzung der rückwärtigen Etappen, und dabin ist wobl die unterm 19. gemeldete Ent sendung des Regiments Stevani und einer Gebirgsbatterie nach Maimarat zn rechnen. Gegen 2000 Mann regulärer Truppen haben sich damit vom Hauptbeer des Gegners um etwa 25 km in nordöstlicher Richtung entfernt, denn Maimarat liegt an ter westlicheren der beiden von Adigrat nach Senafe führenden Straßen. Da nun aber auch aus den erwähnten Depeschen hervorgekt, daß die frühere Stellung südlich von Adigrat keineswegs, wie angenommen wurde, ganz aufgegebeu ist, und daß daher auch verbindende Posten zwischen ihr und dem Hauplheer bei Entischo »otbwendig geworden sind (am Aleguapaß, 7 km westlich von Adigrat, bei Ataba, ebenso weit südwestlich von diesem Passe; bei Debra-Damo rc.), so eigiebt sich daraus eine ganz erhebliche Schwächung des eigentlichen OperativnSbeereS. Feindliche Streifzüge in der Richtung nach Daro Takle (17 km nördlich von Adua) legen überdies die Vermuthung nahe, daß der Gegner sich auch die Straße Adua-Gudafelassi-Asmara zu Nutze machen wird. Nach den letzten Meldungen sind die Rebellen auch in nordöstlicher Richtung weiter gezogen und stehen 3 Stunden östlich von Barakit, also etwa l8—20km südöstlich von Senafe, 130km vonMassaua entferntund60kinvon derKüste beiArafali,75km von der Bucht von Hauakil: eine bedenkliche Nähe. Das Kloster Alitiana, in welchem Sebal und Agos ihre 40 Gefangenen — es wird nicht gesagt, ob Eingeborene oder Italiener — untergebracht haben, liegt etwa 25 km südöstlich von Senafe am Muna, der bis zum Frühjahr 1895 den südlichen Grenzfluß der Colonie bildete. Wenn sich nun auch Baratieri nach dem Eintreffen weiterer Verstärkungen stark genug fühlen sollte, zur Offensive überzugehen, so wird die weit auseinandergezogene Schlachtlinie der Heerhausen des Negus kein compactes AngrissSobject dar- birlen. Menelik wird die in der letzten Zeit befolgte Taktik weiter durchführen und die Italiener durch Angriffe auf ver schiedene Positionen ihrer Verproviantirungslinie so be schäftigen, daß General Baraiieri an ein Zusammenfassen seiner Streitkräfte zn einem Hauptschlagc gar nicht denken kann, vielmehr von seiner Hauptmacht Detachements abgeben muß, um verschiedene wichtige Puncte der Rückzugslinie zu decken. Es ist daher ein nicht von Kleinmukh, Wildern von ruhiger Erwägung der Sachlage eingegebener Rath, wenn ein römisches Blatt vorschlägt, die jetzige Vertheidigungslinie der Italiener auszugeben und nach Norden bin bis Asmara zurückzuverlegcn. Hier sind günstige Terrainverbältnisse, um einen Angriff abzuwehren, und die Stellung würde gleichzeitig die Linien Kassala-Keren-Massaua sichern. Ein solcher Rückzug wäre freilich mit einer Nieder jage gleichbedeutend, aber wenn die Derwische — ganz ab gesehen davon, ob sie nach einem mit Menelik verabredeten Operationsplan vorgeben oder nicht — wirklich mit größeren Streitkräften die italienischen Stellungen angreifen, so ist diese Rückrugsbewegung der Italiener unabweislich. Die römischen Blätter äußern sich insgesammt sehr besorgt. Die osficiöse „Opinione" fürchtet, daß General Baratieri ab solut nicht mehr im Stande sei, die Offensive zu ergreifen, während seine Tekensivbedingungen im Hinblick aus die Verbindungen mit dem Hinterlande bedenklich erscheinen Das Blatt hofft nur, daß der Feind in seinem Zaudern verharre, bi« die neuen Verstärkungen eintreffen. Ein allgemeiner Kreitangriff aus Baratieri'« Position wäre gegen wärtig nicht leicht zurückzuweisen. Energische Operationen gegen die Abessinier könnten erst von dem bei Asmara zu bildenden neuen Feuilleton. Zeine „dumme" kleine Frau, sj Roman von F. Alinck-Lütrtsburg. Nachdruck verbot«. Und dieser Gedanke hatte für sie etwas Versöhnendes und unendlich Beruhigendes. Sie liebt« ihren Wirkungskreis, der ihr eine volle Befriedigung gewährte. Gerade diese Tage brachten ihr wieder das volle Bewußtsein, wie nothwendig sie den Menschen war, die sie mit Liebe überhäuft und voll Dankbarkeit und Verehrung auf sie blickten. Ein köstliche« Lächeln umspielte auch gegenwärtig ihren blassen Mund, indem sie an daS entsetzliche Unglück dachte, daS ihre Wachsamkeit verhütet. Der Klang der Glocke schreckte sie auS ihren Betrachtungen auf. In der Thal — er schreckte sie auf. Wer konnte kommen? Guies batte lange nicht mehr im Greifinaen'schen Hause Einlaß begehrt, desto öfter neue Sorge und Unruhe. Sie verließ die Veranda und eilte auf daS Plateau, um nach- zuseben. An der Gartentbür stand ein Herr, sie konnte aber bei der blendenden Mittagssonne nickt einmal wabrnebmen, ob er eine fremde oder bekannte Persönlichkeit sei. So schritt sie die Stufen hinab. Der Herr am Eingang hob daS Gesicht nicht empor, al« Lisa sich näherte, es war von dem breitrandigen Hut ihr so lange verborgen, bis sie, unten angelaugt, ihm gerade gegen überstand und durch daS eiserne Gitter in seine Augen sah. In demselben Augenblick aber kam auch ein unarticulirter Laut von ihren Lippen, die Schlüssel klirrten in ihrer Hand, während sie mit der anderen an einer Stange der eisernen Thür sich kielt. „Fräulein Lisa, Sie — hier?" kam e« — ein mühsam verhaltener Jubelruf — von seinen Lippen. Sie aber stand bleich — regungslos. Wobl machte sie einen Versuch zu öffnen, aber Ernst von Rötlingen sah daS liebe Gesicht mit geisterhafter Blässe sich überziehen und die Lippen sich bläulich färben, ihr« Augen waren mit einem un sicheren Ausdruck auf ihn gerichtet. Sie würde im nächsten Augenblick ohnmächtig zu Boern gesunken sein, aber dann — mit einer gewaltigen Anstrengung richtete sie sich auf — war ihr das Bewußtsein für die Verantwortlichkeit diese« Augenblick« gekommen. Di« verändirten vrrbältniss« for ¬ derten die Aufbietung ihrer ganzen Seelenstärke. Angesichts de« Unglücks, welche« seine dunklen Fittiche über die Bewohner de« kleinen Hause« dort oben breitete, durfte kein neuer Conflict geschaffen werden. Ein Lächeln umspielte ihren Mund, indem sie das Tbor öffnete. Ernst von Rötlingen blickte sichtlich bestürzt auf sie. Er batte diese Begegnung sich anders gedacht. „Seien Sie herzlich willkommen, Herr von Rötlingen", kam e« unsicher Uber ihre Lippen. „Sie sehen mich sehr über rascht — verzeihen Sie." Auck er hatte sich gefaßt. Das Gefühl einer bitteren Enttäuschung bewirkte Wunder bei ihm. Sein Gesicht, das wenige Augenblicke zuvor noch in jubelnder Freude gestrahlt, war ernst — beinahe finster geworden. Lisa glaubte die plötzliche Veränderung sich erklären zu können, und wieder begann laut und stürmisch da« Herz in seliger Gewißheit zu schlagen. Er war nicht nur Wolf s wegen gekommen, sondern auch ihretwegen, und dann dieser — Empfand! Er schritt schweigend neben ihr die Stufen hinan, und sie ertrug dies Schweigen nicht. Mochte daraus entstehen, wa« wollte — sie mußte ihm sagen, daß sie sich unendlich freute, ihn wieder zu sehen. An ihren Gefühlen für ihn sollte er nicht «inen Augenblick zweifeln. „Sie werden Wolf sehr verändert finden, Herr von Röt lingen." „Mehr noch als Sie, Fräulein Lisa?" konnte er sich nicht zu fragen enthalten. Da sah sie mit einem vollen, warmen Blick zu ihm auf. „Herr von Rötlingen, wenn Sie mich verändert finden, so müssen Sie den Grund in den Jahren und Verhältnissen suchen. In meinem Herzen bin ich dieselbe geblieben." „Nein, Lisa, Sie sind eS nicht. Wären Sie e«, dann würde ich nach beinahe zehnjähriger Abwesenheit nicht diesen Empfang gefunden haben." In ihren Augen schimmerte es frucht. „Ich will nicht versuchen, die Wahrheit meiner Worte zu beweisen. Sprechen Sie mit Wolf. Es ist Schlimme« über uns hereingedrochen. Schlimmere«, als Sie zu fassen ver mögen." „Mein Gott, Lisa, Sie erschrecken mich. Wa- kann e« sein? Den vor Jahren erfolgten Tod Ihrer Schwägerin können Sie nicht meinen? Ich weiß — doch nein, mag Wolf es mir sagen." Er batte plötzlich em« unheimlich« Vorstellung von etwa« Furchtbarem, das ihn zurückhielt, weiter in Lisa zu dringen. Allerlei Vermuthungen bestürmten ihn, aber keine brachte ihn der Wahrheit nahe. Als aber wenige Minuten später Herr von Greisingen ihm gegenüberstand, da konnte er nur mit Mühe seine Tbränen zurückbalten, und er würde sich ihrer nicht geschämt haben. Ernst von Rötlingen war von den Eindrücken, die er seit dem gestrigen Tage gehabt, überwältigt. Wie hatte das Schicklai im Kreise der lieben Menschen gebanst! Der Vor gang im „Schützen" wirkte zwar bereits vorbereitend aus ihn, aber die Veränderung, welche mit Wolf von Greifingen vorgegangcn war, sagte dem Freund mehr als Worte. Auch der Anblick Lisa s, die er noch immer in ihrer vollen, lieblichen Schönheit vor Augen gehabt, erschütterte ihn. Welche Sprache redete dies ernste Märchengesichtl Lisa war gealtert, nicht nur um neun Jabre eines gleichmäßig sich entwickelnden Menschenleben«, sondern um neun Jahre voll Kummer und Herzeleid. Sogar auf Hertha und Mari» batte der Druck der Verhältnisse sichtlich schwer gelastet. Leider feblte der zu einer gesunden Entwickelung notbweudige Sonnenschein, und verzagt blickten sie in eine Welt, die ihnen nur TrübeS gebracht. Ernst von Rotlingen'S gehobene Stimmung, die ihn auf dem Wege nach diesem kleinen Hause begleitet, batte bald genug eine ernstere Richtung genommen. Die Au-einander- seyung mit Herrn von Greisingen, dir kommen mußte, und ru welcher er selbst die Initiative ergriff, brachte ihm die Bestätigung banger Befürchtungen, daß di« eigene Ver irrung dem leichtgläubigen und gutmüthigen Manne ver- bängnißvoll geworden, obgleich derselbe bemüht war, den Anlaß zu verhüllen und al« einen zufälligen hin- zustellrn. Erst die weiteren MittbeilunHen Herrn von Greifingen's, die er Ernst noch in später nächtlicher Stunde machte, nachdem Lisa und die Kinder sich zurückgezogen, erstere, um sich der beglückenden Gewißheit binzugebcn, daß Ernst von Rötlinge» ihr die Liebe bewahrt und rin Glück an ihrer Seite als daS Höchste betrachten würde, krackten ihm volle« Lickt. Mitternacht war vorüber, al« Ernst von Rötlingen sich erhob, um sich von dem Freunde zu trennen und in die Stadt zurückzukebren. Herr von Greisingen sckaute dem sich rasch Entfernenden nach, bi« er in der Ferne verschwunden war. Dann erst stieg er die Treppe hinan, nickt, um int Lau« sich zu begeben, sondern, um nock lange, angesichts de« fternrnbesäeten Nackt ¬ bimmel«, über den Wechsel der Dinge nachzudenken, den er in einer so kurzen Spanne Zeit erfahren. War es Zufall, daß Ernst von Rötlingen, der einzige Mensch, der seinem Hause treu geblieben, in diesen Tagen nach Europa zurück gekehrt war? Fünftes Capitel. Der Eintritt deS RecktsanwaltS Albreckt Leineweber mächte dem Lärm, den das Geschwätz der acht Schreiber, und an welchem auch sein Bureauvorsteher Rispall sich betheiligi, ein rasches Ende. Beim Oeffnen der Thür duckte ein Jeter sich aus seinen Platz und lairgte nach der Feder. RiSpall aber nabm die eingegangenen Korrespondenzen und verfügte sich damit in das Privatzimmer seines Herrn, woselbst er die Briefe am Schreibtisch aufzuschueiden begann. „Lassen Sie nur, Rispall, und sorgen Sie, daß daS Volk nebenan den Mund hält. Den Lärm hört man ja auf ter Straße", sagte der Rechtsanwalt, und das Unwirrscke in dem Ton seiner Stimme ließ den Bureauvorsteher eiligst sick wieder zurückzieben, um nebenan durch Zeichen und Be wegungen zu verrathen, daß bei dem „Alten" schleckt Wetter sei. Leineweber hatte sofort an seinem Schreibtisch Platz ge nommen und seine Blicke überflogen die Briefschaften. Zu nächst wendete er den gewöhnlichen Briefen seine Aufmert samkeit zu — es waren nur vier an der Zabl — und begann zu lesen. Zwei wurden nach flüchtiger Durchsicht achtlos zur Seite geworfen. Erst der dritte schien sein Interesse zu er wecken, obwohl er nur wenige Zeilen enthielt. Seine ver drießliche Miene erhellte sich. Wie Sonnenschein aber ging e« über sein blasse«, hageres Gefickt, indem er den vierten Brief laS. In seinen Augen leuchtete es förmlich. Er sprang auf und durchkreuzte ein paarmal mit raschen Schritten da« Zimmer. Nachdem er seinen Platz wieder eingenommen, drückte er auf die Handglocke. Der Burrauvorsteber trat rin. „Rispall, da sind wieder ein paar Anfragen bezüglich der Greifingen'scken Sippschaft — auS Leipzig. Die eine ist eine Schudmacherrechnung. Die Damen können auch keine Stiefel von unseren Schuhmachern gebrauchen. Rest —siebenzehn Mark! Bei dem Pack ist Nickt« zu bolen. Und dann —" Er hatte dem Bureauvorsteher das Schreiben übergeben. Derselbe warf einen Blick darauf. „Na, der könnt« rigrmlich auch wart«», Herr Reckt««
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