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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980912015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898091201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898091201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-12
- Monat1898-09
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S820 ebenso die leichte Infanterie. General von Le Coq ehrte da- Verhalten derselben dadurch, daß er ihnen die Erlaubniß er- theilte, ebenso wie die Grenadiere, Schnurrbärte tragen zu dürfen. Der Admiral Tschitschagof hatte weitere Streitkräfte mit dem Befehl erhalten, das österreichische und sächsische Corps über die Grenzen des Kaiserreichs zurückzudrängen und sich ehrbaldigst gegen die Rückzugslinien der großen französischen Armee zu wenden; er war den Oesterreichern und Sachsen mehr als das Doppelte überlegen. Ungestüm drangen die Russen vor, an der Lesna kam eS zum Gefecht, hauptsächlich drehte sich dasselbe um den Brückenübergang bei Kliniki. Der Kampf war äußerst hart, in dem amtlichen Berichte heißt es: „Die Gewehre waren wegen Erhitzung der Läufe kaum noch in den Händen zu halten, die Munition fing an zu mangeln und mußte aus den Taschen des zur Unterstützung vorgeführten Grenadierbataillons von Liebenau ersetzt werden." Trotz ocs Erfolges, den die Sachsen am II. October an der Lesna erzielt hatten, wurde der Rückzug weiter fortgesetzt, um einer Um gehung vorzubeugen. Die Russen folgten, an der Biala kam es wiederum zum Gefechte, hier zeichneten sich besonders die sächsischen Schützen aus, die ein I2pfündiges Geschütz und sechs Pferde eroberten. An 13 Schützen ward hierfür die Summe von 420 Thalern ausgezahlt. In dem Kampfe an der Biala erlitten die Sachsen einen Berlust von 9 Officieren und 187 Mann. Der Bericht des Generals Le Coq an Se. Majestät lautet: „Eurer Königlichen Majestät Truppen haben in dem .Gefecht an der Biala über 100 Gefangene gemacht, dabei aber allerdings nicht unbedeutend verloren. Unter den Todten be- daure ich bis jetzt zwar nur den Major von Trotha, fürchte aber, daß wir noch mehrere Officiere verlieren werden. Mit der größten Zufriedenheit muß ich das tapfere und ausgezeichnete Betragen der Truppen und ihren guten Willen bei Ertragung der vielen Beschwerden rühmen." Eine Verfolgung des Feindes trat nicht ein, man nahm Stellung, um Warschau und Wilna zu decken, aus diesem Grunde vereinigten sich die beiden Corps am 20. October am Bug in der Umgebung von Drohiczyn. Hier traf der erste Ersatz aus dem Vaterlande ein und zwar in einer Stärke von 1700 Mann, am 25. October zählte das sächsische Corps wieder 12 283 Mann. Um „alle Unternehmungen im Rücken der großen Armee und einen Vor marsch des Feindes nach der Beresina zu verhindern", trat das sächsische Armeecorps am 28. October seinen Marsch auf Slonim an, zum dritten Male überschritt es den Bug. Die Märsche dahin gehörten zu den schwierigsten des ganzen Feldzuges, sie wurden in der Dunkelheit angetreten und erst bei beginnender Nacht die Lagerplätze erreicht. Die Kälte war schon auf fünf zehn Grad gestiegen, es mangelte an Lebensmitteln, Holz und Stroh. Das nöthige Wasser zur Herstellung einer Gemüsesuppe mußte durch Schmelzen von Schnee gewonnen werden. Mitte November befand sich das Hauptquartier in Wolkowysk, obwohl der sächsische General von Le Coq hier gegen seine Bedenken geäußert hatte. Ein Jude setzte davon den russischen General von Sacken in Kenntniß, in der Nacht zum 15. November überfiel er mit bedeutender Uebermacht Wol- kowysk. Der Oberstcommandirende Reynier wurde durch diesen Ueberfall vollständig überrascht, halb angekleidet führte er zwei Compagnien dem Feinde entgegen, indessen gelang es, die Mehr zahl der Pferde und Wagen zu retten. Ueber den Nachtkampf berichtet ein Mitkämpfer: „Im Orte herrschte eine furchtbare Verwirrung, welche noch gesteigert wurde durch zahlreiche Brände und die laut jammernden Einwohner, von denen viele ihr Leben lassen mußten." Die Russen bemächtigten sich des Ortes Wol- lowysk und erneuerten am Morgen den Angriff gegen die Sachsen. Den vordringenden Feinden stellte sich der Oberst von Engel mit seinem Husarenregimente entgegen. Es entstand ein wildes Handgemenge, die Husaren mußten allmählich weichen, der Oberst war mit dem Pferde gestürzt und wurde von den Ko saken umringt, die ihn sieben Male verwundeten. Als die Hu saren merkten, daß ihr tapferer Oberst in so großer Gefahr schwebte, sammelten sie sich unter der Führung des Sohnes vom Oberst von Engel und warfen die russischen Reiter über den Fluß zurück. Der Kampf währte auch nach dem 16. November fort, doch gelang es den tapferen Sachsen nicht, sich in Besitz von Wolkowysk zu setzen. Mit einbrechender Dunkelheit kam die längst ersehnte Unterstützung der Oesterreicher herbei, von Neuem ging Reynier gegen Wolkowysk vor und die sächsischen Batterien eröffneten ein lebhaftes Feuer auf das Städtchen, wo durch die zusammengedrängten Russen namhafte Verluste er litten. General von Sacken trat eiligst den Rückzug an, die Dunkelheit, so wie die bis auf 20 Grad gestiegene Kälte und die Ermattung der Truppen machten eine Verfolgung des Gegners unmöglich. Ueber die Kämpfe vom 12. bis 17. No vember berichtet General Le Coq: „Ich fühle mich neuerdings verpflichtet durch die wirklich über jede Beschreibung erhabene Tapferkeit fast aller Officiere der mir anvertrauten Truppen, wenigstens diejenigen anzuzeigen, die die Tapfersten unter den Tapferen waren und Euer Majestät um huldreiche Ertheilung des Militair-St.-Heinrich-Ordens für dieselben zu bitten." Trotz der grimmigen Kälte ward die Verfolgung des Feindes ausgenommen und 8000 Russen zu Gefangenen gemacht. Vom französischen Hauptquartier kam an Fürst Schwarzenberg Vie Weisung, gegen die Armee Tschitschagof's vorzugehen. Dieser Weisung konnte nicht sogleich entsprochen werden, da die beiden Corps der Schonung bedurften, denn in Folge der anstrengenden Märsche, der kalten Witterung, der oft mangelnden Verpflegung hatten sie wesentlich gelitten. Die Ausrüstung und Bekleidung war in denkbar schlechtestem Zustande, aus den Häuten von frisch geschlachteten Thieren mußten Schuhe hergestellt werden, Lammfelle traten an Stelle der defecten Mäntel, selten nur konnten die Truppen unter Dach und Fach gebracht werden, das Husarenregiment hatte seit dem 23. Juni nur biwakirt. Trotz dieses traurigen Zustandes gab Schwarzenberg den Befehl, sich auf Slonim zurückzuziehen, um gegen die Armee Tschitschagof's zu kämpfen. Am 7. December trafen die ersten Nach richten von dem Schicksale der großen Armee ein, die beiden Corps erhielten Befehl, Warschau zu decken. Den 18. December ward derMarschaufWarschau angetreten, lieber diesen berichtet ein Mitkämpfer: „Wer in dieser Kälte, die in jener Epoche den höchsten Grad, 26 bis 28 Grad R., er reichte, seine Kräfte verlor und nicht mit marschiren konnte, war rettungslos verloren; er mußte Zurückbleiben und sein Schicksal erwarten. Nur Bewegung schützte gegen das Erfrieren; setzte sich ein Soldat müde und entkräftet auf einen Wagen, so hob man ihn bald als erstarrte Leiche herunter. Als ein bewährtes Mittel gegen das Erfrieren hielt man die Leute an, sich Gesicht, Hände und Füße mit Unschlitt zu schmieren, was eine gute Wirkung hatte." Mitte Januar 1813 hatte das sächsische Corps noch einen Bestand von 5700 Mann, die Regimenter waren zu Bataillonen zusammengeschmolzen, die Felddienstunfähigen wurden der Heimath zugesandt, 2000 kamen in die Festung Modlin, wo sie bis zu der am I. December 1813 erfolgenden Capitulation blieben. Der geringe Theil des 7. Armeecorps trat den Rückmarsch auf Kalisch an, dabei ward es unausgesetzt von Kosaken schwärmen umgeben. Am II. Februar ward von General von Gablenz Turek erreicht, in später Abendstunde kam es noch zum Gefecht, der russische Angriff ward zwar abgewiesen, doch sah man mit Gewißheit, daß das gesammte russische Corps Winzingerode zum Angriff vorgehen würde. Am 13. Februar wurde endlich Kalisch erreicht. Vor Kalisch kam es noch zu einigen recht ernstlichen Gefechten, wobei die sächsischen Truppen Gelegenheit fanden, ihre oft bewährte Tapferkeit, Kaltblütigkeit und Ruhe aufs Neue zu bcthätigen. Die bemerkenswerthesten Gefechte waren die bei Pawlowek und Pruschkow. Die feind lichen Angriffe wurden zunächst durch Infanterie- und Kar tätschenfeuer abgewiesen, doch gelang es einer Kosakenabtheilung, sich eines 4pfiindigen Geschützes zu bemächtigen. Acht Frei willige sprangen, ohne Befehl erhalten zu haben, vor und nahmen den Kosaken das Geschütz wieder ab und führten es zurück. Hier bei zeichnete sich Feldwebel Vollborn durch Tapferkeit und Um sicht besonders aus und wurde deshalb zum Officier ernannt. Die Brigade konnte vor Abend Kalisch nicht mehr erreichen; um der Gefangenschaft zu entgehen, mußten die Soldaten die ProSna durchwaten, da» Wasser reichte den Mannschaften bi» zur Brust. Noch rechtzeitig entdeckte man eine noch zugefrorenc Stelle des Flusses, so gelang es, die Geschütze zu retten, nur zwei Regiments stücke, die zerschossen waren, mußte man zurücklaffen. Am 15. Februar 1813 erreichte das 7. Corps Kobylin, am 18. Glogau, ohne Kämpfe konnte die Oder überschritten werden, auf dem linken Ufer gab es nach langer, langer Zeit endlich wieder Quartiere. Nach kurzer Rast ward am 22. Februar der Marsch über Fraustadt und Sprottau fortgesetzt und am 4. März Bautzen erreicht. Die dem 7. Armeecorps angehörenden sächsischen Truppen hatten an zwanzig Schlachten und Gefechten theilgenommen, konnten aber trotz aller ihrer Hingebung und Tapferkeit einen daeuernden Erfolg nicht erreichen. (Schluß folgt.) Colonial-Nachrichten. * Schürfgebiet in Südwest-Afrika. Der Schritt der Deutschen Colonialgesellschaft für Südwest-Afrika, ein Schürfgebiet zu öffnen, ist eine Neuerung, welche die größte Aufmerksamkeit verdient, denn bisher hatte die Gesellschaft nur mit größeren Unter nehmern verhandelt, welche die Berggerechtsame für ein bestimmtes Gebiet erwarben. Jetzt ist aber jedem Prospector die Möglichkeit gegeben, Schürfungen anzustellen. Die Schürserlaubniß wird in der Regel auf die Dauer von sechs Monaten rrtheilt, die Schürf gebühr soll mindestens 10 für den Monat betragen und ist für sechs Monate im Voraus zu entrichten. Der den Berechtigten aus gefertigte Schürfschein, welcher natürlich die näheren Bezeich nungen des Platzes, der Dauer und des Naniens und Wohnortes des Berechtigten enthält, ist übertragbar. Für die Ausübung des SchürfrechteS gelten die Bestimmungen der Bergvereinigung, wonach der Inhaber des Schürfscheinrs das Recht hat, Andere von dem Schürfen auSzuschließen nur hinsichtlich des SchürskreiseS von 2 üm Durchmesser, welchen er durch rin von ihm aufzustellendes Schürf merkmal bezeichnet, also jedesmal nur auf einer kreisförmigen Fläche von rund 314 lm. Sehr wichtig ist der Abschnitt, welcher von dem Finderfeld handelte. Wer nämlich von einer ihm ertheilten oder übertragenen Schürserlaubniß Gebrauch macht und hierbei ein Mineralvorkommen findet, hat das Recht zu verlangen, daß ihm innerhalb seines Schürfgebietes ei» Feld, welches den Fundpunct einschließcn muß, als Finder feld zum Abbau des gefundenen Materials verliehen wird, ohne daß er dafür Gebühren oder Abgaben irgend welcher Art an die Colonialgesellschaft zu entrichten braucht. Der Finder hat ferner daS Recht, zu verlangen, daß ihm neue weitere Felder, welche er im Zusammenhang mit der Fundstelle wählen darf, verliehen werden. Die Feldesgröße beträgt ebenso wie in der Bergwerks-Verord nung für ein alluviales Feld 50 m in der Länge und 50 w in der Breite, für ein Riff-Feld 50 m in der Richtung des Riffs und ISO w in der Breite, und sonst, wenn es sich um den Abbau von anderen Mineralien handelt, 10 da. Das Abbaurecht wird sowohl hinsichtlich des Finderfeldes als auch hinsichtlich der übrigen Felder aus 50 Jahre verliehen. Für jedes verliehene Feld — mit Aus nahme des Finderfeldes — ist außer den etwa an die Regierung oder den eingeborenen Häuptlingen zu zahlenden Gebühren und Abgaben jährlich eine Abgabe von 240 ./L im Voraus an die Colonialgesellschaft, und zwar ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob mit dem Abbau bereits begonnen ist oder nicht. Für die in Betrieb genommenen Felder — mit Ausnahme des Finderseldes — steht der Gesellschaft das Recht zu, statt der jähr lichen Abgabe von 240 die Zahlung von 2'/, Procent Les Bruttowerthes der jährlichen Förderung zu verlangen. Der Be- liehene kann das Abbaurecht auf andere Personen oder Gesellschaften übertragen; doch bedarf die Uebertragung an ausländische Gesell schaften der Genehmigung der Colonialgesellschaft. Dies sind im Große» und Ganzen die Bestimmungen für das uunniehr eröffnete Schürsgebiet, welche den in Südafrika im Allgemeinen üblichen nach gebildet sind. Es wird sich nun zeigen, ob diese Bedingungen und die Aussichten für den „Prospector'' genügend Anreiz haben, sein Glück dort zu versuchen. Äue -em Geschäftsverkehr. k Eine blenden- weisse Wäsche ist das Ideal jeder Haus- srau. Um »ine solche zu erzielen, ist vor Allem nöhtig, eine gute Seife zu verwenden. Gerade in letzterem Puncte wird aber viel fach — zwar ohne Verschulden unserer Frauen — schwer gesündigt, denn was im Verfälschen der Seife geleistet wird, ist geradezu un glaublich. Um nur einmal den Hausfrauen vorzusühren, welcher Art oftmals die Zusätze sind, wollen wir einige davon nennen, nämlich Talkpulver, Kartoffelmehl, Wasserglas, Schwerspat, Kiesel pulver und das der Wäsche so überaus schädliche Chlor- calium. Gemäß der großen Wichtigkeit der Seife in Bezug aus das Reinigen und Erhalten der Wäsche muß dieselbe stets von bester Qualität sein, niemals darf sie mit fremdartigen und schäd lichen Substanzen vermischt, niemals aus schlechten, ungereinigten, fauligen und ranzigen Fettstoffen bereitet sein. Aber die Seife muß auch eine genügende alkalische Reactionskraft besitzen, denn die Reinigung der Wäsche, namentlich der Leib- und Bettwäsche ist zuui weitaus größten Theile eine keineswegs mecha- nische, sondern eine chemische Arbeit, stets muß letztere der ersteren vorangehen. Die chemische hat den Schmutz zu lösen und zu lockern, die mechanische den letzten Nest des Schmutzes zu entfernen. Ein Waschmittel nun, welches den obigen Anforderungen voll entspricht, ist dns von der Kölner Seifen pulver-Fabrik von August Jennes, Leipzig-Eutritzsch, hergestellte „Triumph" - Salmiak - Terpentin - Waschpulver. Dieses Waschpulver ist vermöge seiner sachgemäßen Zusammen setzung und durch Verwendung nur bester Rohstoffe mit Salmiak und Terpentin rin vorzügliches Hilfsmittel zur Erzielung von blendend weißer Wäsche, dabei frei von jeder schädlichen Neben- Wirkung. Wir können daher unseren verehrlichen Leserinnen nur empfehlen, einmal einen Versuch mit „Triumph"-Salmiak-Terpentin. Waschpulver zu machen und sind überzeugt. Laß derselbe zur dauernden Benutzung dieses Präparats führen wird. Die Ermordung der Kaiserin von Oesterreich. * Genf, 10. September. Das Attentat gegen die Kaiserin von Oesterreich wnrde in -er Nähe des Denkmals -cs Herzogs von Braunschweig begangen, auf dem Wege zwischen dem Hotel Beau Rivage und der Landungsstelle am Luat dn Mont blank. Ein Individuum — hinter ihm ein älterer Mann mit langem Barte, — welches der Kaiserin entgegen kam, stürzte sich auf sie und versetzte ihr eine» heftigen Stotz. Jedermann glaubte, es handele sich um einen Faust schlag. Die Kaiserin erhob sich wieder mit Hilfe einer Dame ihres Gefolges sowie einiger Spaziergänger und konnte den Landungssteg erreichen und das Schiff besteige». Inzwischen war der Angreifer verhaftet worden. Kaum war die Kaiserin an Bord angekommen, so wurde sie ohnmächtig. Der Eapitain zögerte, den Be fehl zur Abfahrt zu geben. Einige Seit darauf stellte man fest, dass die Kaiserin das Bewusstsein nicht wieder erlangte. Die um sie beschäftigten Damen fanden auf den unteren Kleidungsstücken eine kleine vlutfpnr. Das inzwischen abgegangene Schiff drehte alsdann »nd legte wieder am Onai an. Die Kaiserin wurde auf einer au» Ruder» nnd Segeltuch gebildeten Bahre ins Hotel geschafft. Die Aerzte Golay nnd Mäher sowie ein Priester wurden sofort herbeigerufen und sodann wnrde an Kaiser Franz Josef telegraphirt. Richt» wurde versäumt, um die Kaiserin zu rette», aber es war Alles umsonst, sie verschied gegen 3 Uhr Rachmittags Rach dem Resultat der ärztlichen Untersuchung mnh sich der Mörder einer dreikantigen, spitze» Dolchklinge bedient haben. Rachdem er den Stoss geführt hatte, floh der Mörder durch die Alpenstratze und war im Begriff, den «eite» Alpenplatz zn gewinnen, wo er leicht hätte ent kommen können, als er von den beiden Kutscher» Victor vuillemin und LontS Ehamartin feftgehalten wnrde, welche am Lnat hielten und das Attentat bemertt hatten. Sie übergaben ihren Gefangenen de« Fährmann Albert Fiaar und de« Gendarm Kaiser, welche ihn zur Polizeiwache nach dem PaqniS brachten. Der Mörder folgte, ohne Widerstand zu leiste«, er sang sogar und sagte «»ter Anderem: „Ich habe sie gut getroffen, sie muss todt fein'." Auf der Polizeiwache erklärte er, er sei Anarchist, ohne Brod, er habe Nichts gegen die Arbeiter, wohl aber gegen die Reichen. Später wnrde -er Mörder nach dem Jnstizpalast gebracht und dort von dem Untersuchungsrichter Lechct einem verhör unter zogen im Beisein dreier Mitglieder der EantonSregterung, -es EantonSanwaltS, des SekretairS deSPolizeidepartementS und eines Polizeikommissars. Er gab hier vor, nicht fran zösisch zu können und verweigerte die Antwort; er nannte sich Luigi Lucchent, Italiener, geboren am 21. April 1873 zu Paris. * Genf, 1v. September. Der Mörder Lucchcni hat dem Untersuchungsrichter erklärt, er sei nach Genf zu dem Zwecke gekommen, eine hochgestellte Persönlichkeit zu er morden. Er habe zuerst den Herzog von Orleans tödten wollen, diese Absicht aber ans gewissen Gründen aufgegeben, von der Anwesenheit der Kaiserin Elisabeth in der Schweiz und in Gens habe er zufällig gehört. Tie Waffe ist eine dreieckige zugespitzteFeile. Die Theater und viele Läden sind geschloffen. Tie schweizerische Presse verlangt strenge Gerechtigkeit, der einzige, aber schwache Trost liege darin, dass der Thäter landfremd und ein Anarchist sei. * Paris, Ist. September. Die hiesige Poltzeipräfectur hat keine Mittheilung über Lucchent, den Mörder der Kaiserin von Oesterreich; sie besitzt dagegen da» Signalement eines gewissen Lneeesi aus Nizza, genannt Ravachol» eines Studenten» geboren 1873, der seit langer Zeit vor der Polizei in Bologna als ein gefährlicher Anarchist ver folgt wird. Trotz dieser Einzelheiten könnte sich Heraus stellen, dass Luccesi nicht -er Mörder der Kaiserin von Oesterreich ist. * Bern, 10. September. In -er ganzen Schweiz hat die Nachricht von der Ermordung der Kaiserin von Oester reich schmerzliche Bewegung und Entrüstung hervor gerufen; alle Leitungen geben diesem Gefühl in den Extra blättern Ausdruck. — Der Mörder Lucchent, welcher in Paris geboren ist, dessen Familie aber aus Parma stammt, mutz nach den Strafgesetzen des CantouS Genf abgeurtheilt werden; diese sehen nicht die Todesstrafe vor, sondern nur lebenslängliche Einkerkerung. (Wiederholt.) * Wien, 11. September. Die „Neue Freie Peffe" bringt eine Darstellung der SchrcckcnSthat nach -er Erzählung einer Hofdame der Kaiserin. Nach Besichtigung Genfs wollte die Kaiserin am Sonnabend nach Eanx zurückretsen, benutzte einen Dampfer, während die Herren des Gefolges mit der Eisenbahn fuhren. Tie Kaiserin in heiterster Stimmung begab sich an de» Landungsplatz. Die Hofdame sah, wie ein Mann seewärts rasch herankam. In der Nähe der Kaiserin schien er zu straucheln, machte eine Bewegung mit der Hand wie um sich aufrecht zu erhalten und lies dann weiter. Die Kaiserin machte eine Bewegung nach Rück wärts worauf sie zusammensank. Auf -em Schiff brach sie wieder zusammen und verlor das Bewusstsein. Bei dem Lösen der Kleider bemerkte man keine Blutspurcn. Die Kaiserin erhob sich und sagte: Was ist geschehens Tas waren ihre letzten Worte. Das Schiff kehrte nach dem Landungsplatz zurück. Tie Kaiserin blieb, in das Hotel ge bracht, bewntztlos, wo sie alsbald den Geist anfgab. * Wie», 11. September. Gestern Abend traf eine Bei leidskundgebung -eS Kaisers Wilhelm an den Kaiser Franz Josef ein, ebenso von den Oberhäuptern der meisten anderen europäischen Staaten, sowie von Mc Kinley. — Nach den bisherigen Dispositionen erfolgt die Einholung der Leiche -er Kaiserin am 15. September, die Aufbahrung am 16. September nnd die Beisetzung am 17. September. — Die vormittags verbreiteten schlimmen Gerüchte über das Befinden des Kaisers sind unwahr. Tie Nachrichten über heroische Selbstbeherrschung -es Kaisers bei Empfang -er Todesnachricht werden bestätigt. Der Kaiser ordnete eine sechsmonatige Hoftrauer vom 21. Sep tember ab an. * Pest, 11. September. Beide Häuser des ReichSratheS traten zu ausserordentlichen Sitzungen zusammen und gaben den Schmerz Ser Nation, der Theilnahmc für den König und ihren Abscheu an dem verbrechen Ausdruck. * Genf, 11. September. Die Leiche der Kaiserin wird mit Genehmigung des Kaisers obdueirt. Tie Wunde wnrde photographisch ausgenommen. Die Aerzte erklärten, die Kaiserin habe nicht gelitten, das Aussehen ist völlig un verändert. Die Einbalsamirnng wurde vorgenommcn und die Einsargnng erfolgt am Mittwoch. * Wien, 10. September. Die Nachricht von dem schrecklichen Genfer Ereigniß verbreitete sich in Wien zwischen 5 und 6 Uhr Nachmittags mit der Schnelligkeit eines Lauffeuers und rief all - gemeinesEntsetzen, höchste B e st ü r z u n g und Trauer, sowie furchtbare Entrüstung über die ungeheuerliche That hervor. Die Straßen füllten sich sofort mit ungezählten Tausenden von Menschen, so daß ein Theil der Straßen und Plätze für Wagen unpassir-bar war. — Alle Zeitungen veranstalteten Extraausgaben. Eine Extraausgabe der halbamtlichen „Wiener Abendpost« brachte die tiesbetrübende Bestätigung der Schreckensbotschaft. — Die Blätter feiern die edelen Geistes- und Herzenseigenschaften der ver ewigten Kaiserin, sie gehen von Hand zu Hand und werden in den einzelnen Gruppen verlesen. Die Vorstellungen in den Hoftheatrrn, sowie in der Jubiläumsausstellung wurden sofort abgesagt. Ueberall herrscht unbeschreiblich« Trauer. (Wdrhlt.) * Pest» 10. September, Abends. Die Trauerlunde von der Ermordung der Königin Elisabeth wurde in den Nachmittags stunden bekannt und rief allgemeine Bestürzung und schmerzliche Trauer hervor. Die erschienenen Extrablätter wurden auf den Straßen laut verlesen. Man sieht auf den Straßen MännerundFrauenweinen. — Die Königin, die Mutter der Nation, ist gestorben! Von Mund zu Mund geht die Schreckens kunde. Unter dem ersten Eindruck des tiefen Schmerzes denkt man nicht an eine äußerlicheManifestation der Trauer; dann aber er scheint ein Wald von T r a u e r f a h n e n. Fenster und Geschäfts auslagen werden schwarz drapirt. — In den politischen und gesell schaftlichen Clubs wird eine große Trauerkundgrbung besprochen, welche der Liebe der Nation zu ihrer Königin würdigen Ausdruck verleihen soll. Im liberalen Club wird der Minister präsident Baron Banffy umringt, der mit thränenden Augen die Schreckensbotschaft bestätigt. Hier wie in den oppositionellen Clubs werden Trauerfahnen ausgesteckt.—Beide Häuser der Gesetzgebung find zu morgen zu außerordentlichen Sitzungen einberufcn. — In den Theatern und Vergnügungs localen find die Vorstellungen abgesagt. Auch die Musik in den öffentlichen Localen verstummte. Die Nation, der die Ver blichene so viel Huld bewiesen, weint; sie erinnert sich der Wohl- thaten, die sie aus den Händen ver Verblichenen empfangen, sie erinnert sich an die weinende Gestalt am Sarge Deak's. Dieses edle Herz hat für immer ausgehört zu schlagen, und alle Blicke wenden sich theilnahmsvoll zum Könige, zum Allmächtigen betend, er möge ihn In dieser schweren Stunde trösten. Mit lhm welni sei» ganzes Volk in Palästen und Hütten. * Pcst, 10. September. Die beiden Häuser des Reichs tages, die, wie gemeldet, auf morgen zu außerordentlichen Sitzungen einberusen sind, werden sich morgen bis nach dem Be- gräbniß der Königin Elisabeth vertagen. Die Mitglieder beider Häuser gedenken, für 30 Tage Trauer anzulegen. * München, II. September. Die Nachricht von der Ermordung der Kaiserin Elisabeth verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt und rief bei den nahen Beziehungen der Kaiserin zu dem ba rrischrn Herrscherhaus« überall doppelt schmerzliche Theilnahme hervor. Bei der abendlichen Zusammenkunft des hier tagenden Alldeutschen Verbandes gedachte der Vorsitzende der Münchener Ortsgruppe, Rechtsanwalt Putz, der Kaiserin in den wärmsten Worten und gab dem tiefsten Mitgefühl aller Deutschen mit dem österreichischen Volk« Ausdruck. — Alle Münchener Blätter gedenken in den wärmsten Worten der Kaiserin von Oesterreich. Die „Allgemeine Zeitung« betont, daß nicht nur in Oesterreich-Ungarn, nicht im bayerischen Ger burtslande der Kaiserin, sondern in der ganzen civi» lisirten Welt jedes Herz von Mitgefühl bewegt ist. Wenn warme Sympathie das schwere Leid lindern könnte, von dem das öster reichische Kaiserhaus und das engverwandte bayerische Königshaus betroffen find, so müßte das allseitige treue Mitempfinden Trost bringen. Angesichts der ruchlosen That sollten diejenigen sich z u energischem Handeln aufrasfen, denen der Schutz ihrer Völker und Fürsten anvertraut ist. — Die „Münchener Neuesten Nachrichten« schreiben: Es wird kein menschlich fühlendes Herz geben, welches dem vielgeprüften Kaiser Franz Joleph heute nicht aufrichtigste, innigste Theilnahme zuwendet. Auch unser bayerisches Königshaus wird in tiefen Schmerz versetzt, und bas ganze deutsche Volk nimmt in starrer Erschütterung und in tiefstem Mitgefühl an der Trauer Theil. Nach Schluß -er Nedaction eingegangen. Die in dieser Rubrik mitgetheilten, während de« Drucke« eingelausencn Telegramme habe», wie schon au« der Ueberschrist ersichtlich, der Redaction nicht Vorgelegen. Diese ist mithin sitr BcrsiUmmelungen und unverständliche Wendungen nicht ver- antwortlich »u machen. * Berlin, 11. September. Wie aus Kiel gemeldet wird, wird die Prinzessin Heinrich Anfang November Kiel verlassen, um ihrem Gatten in Kiautschau zu Weihnachten einen Besuch abzustatten. Die Reise soll incognito aus geführt werden, und zwar wird die Prinzessin einen der regelmäßigen Postdampser nach Ostasien benutzen. U Berlin, 11. September. Amtlich wird darauf auf merksam gemacht, daß die Bestimmungen des 8 35 Abs. 4 und 6 der Reichsgewerbeordnung sich auch auf die sogenannten Schrank drog ui st en beziehen. Damit ist der Handel mit Drougen und chemischen Präparaten, welche zu Heilzwecken dienen, bei Eröffnung des Betriebes der Gemeindebehörde des Wohnortes anzuzeigen, widrigenfalls gemäß § 149 Ziffer 4 der Gewerbeordnung auf Geldstrafe bis zu 150 oder im Unver mögensfalle auf Haft bis zu 4 Wochen erkannt werden kann. U Berlin, II. September. Das in Kiel erwartete G e - schwader von vier englischen Schulschiffen wird voraussichtlich am 12. September dort einlaufen. * BreSlau, II. September. (P r i v a t t e l e g r a m m.) Der bekannte Gynäkologe Universitäts-Professor Max Wiener starb hier. * Paris, 11. September. Eine Note der „Agence Havas" besagt: Der Kriegsminister Zurlinden hat dem Justiz minister Sarrien dieActen in derDreyfuS-Angelegen- heit mit seiner motivirten und definitiven Ansicht übergeben. Der Ministerrath wird Montag definitiv über die zu treffende Entscheidung beschließen. (Wdrhlt.) * Paris, 10. September. Dem „Soir" zufolge betont der Kriegsminister Zurlinden in der dem Justizminister über gebenen Erklärung, daß er entschieden gegen dieRevision des Processes Dreyfus sei. Sollte das Cabinet gleichwohl auf der Revision bestehen, so werde, wie der „Soir" hinzufllgt, der Kriegsminister von seinem Posten zurücktreten. * Madrid, 10. September. (Senat.) Fabre schlägt vor, die Berathung über das Gesetz betreffend die Veröffent lichung der Sitzungsprotokolle der öffentlichen Sitzun gen fortzusetzen. Die Regierung scheint geneigt, den Vorschlag anzunehmen. — (Deputirtenkammer.) Ein Deputirter beantragte die Abschaffung der Ministerien der Marine und der Colonien, da sie unnöthig seien. Gasset verlas das Manifest des Generals Polavieja. * Canea, 11. September. Nach Meldungen aus Sitia soll eine große Anzahl Christen in die Stavt ein ge drungen sein und sich mit Gewalt in den Besitz der Pe troleumbehälter gesetzt haben; die Aufständischen sollen die Stadt umzingelt haben und die bedrängten Musel manen sollen angefangen haben, sich auf Schiffe zu flüchten.— Dschefad Pascha gab den türkischen Truppen strikten Befehl, mit den internationalen Truppen zusammen zugehen und ließ die christlichen Familien sich un einem sicheren Orte sammeln. — Die englischen Behörden klagen die türkischen Truppen in Candia an, auf sie geschossen zu haben. Der türkische Befehlshaber hat daraufhin den englischen Commandanten gebeten, eine gemischte Commission einzusetzen zur Durchführung einer strengen Untersuchung. Die außerordentlichen Verschiedenheiten in der Angabe der Zahl der in Candia getödteten Christen sind eine Folge der verschiedenen Schätzungen der Stärke der christlichen Bevölkerung. Der Gouverneur giebt die Zahl der christlichen Einwohner auf 450 an, und der englische Consul behauptet, während der Unruhen seien 1000 Christen in der Stadt gewesen, von denen 350 auf die Schiffe flüchteten. Die Wahrheit wird sich erst feststellen lassen, nachdem die verlangte genaue Liste der Einwohnerschaft an gefertigt worden ist. * Canea, 10. September. Zwei englische Panzer schiffe mit 500 Mann sind vor Candia eingetroffen, nach dem schon gestern Abend der englische Admiral sich dorthin be geben hatte. Die internationalen Truppen sind bisher noch nicht in die Stadt «ingedrungen; alle Christen haben die Stadt ver lassen. * Antwerpen, 11. September. Wolle. Herr P. Weinlig, Käufer der Firma Kurth, Weyhmann L Co. für Australien, kabelt derselben wie folgt: „Die ersten diesjährigen Sy d n ey- Auctionen nahmen bei regster Betheilig einen festen Verlauf. Die Auswahl war eine spärliche und die für da» neue Product angelegten Preise bewegen sich ca. 8 Proc. über den höchsten Werthen letzter Saison. Die neue Schur, wenngleich etwas klettiger wie im Vorjahre, läßt befriedigende Er wartungen hegen."
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