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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981024024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-24
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Der preußische Handelsminister hat die Veranstaltung einer solcher Enquete für Preußen allein als nicht angängig bezeichnet, uud der Reichskanzler hält die Schwierigkeiten, die einer ReichS-Enquete entgegenstehen, für zu groß, als daß es verlohne, auch nur einen Versuch zu machen. Gegen die Antwort des preußischen Ministers wird man nichts einwenden können, denn da es Reichssache ist, die den Kleinhandel belastenden Uebelstände durch gesetz liche Mittel zu beseitigen oder wenigstens zu mildern, so hat auch eine für Preußen allein veranstaltete Enquete keinen rechten Zweck. Weniger begründet er scheint uns die Erklärung des Reichskanzlers. Es ist zweifellos richtig, daß der Begriff des Kleinhandels nicht feststeht j aber ebenso richtig ist eS unseres Erachtens, daß eine Reichs-Enquete auch dann noch einigen Werth haben würde, wenn sie über jene Kreise etwas hinauögriffe, die zweifellos als Kleinhandelskreise bezeichnet werden müssen. Wäre die Fragestellung die rechte, so würde sich bei der Sichtung des durch eine solche Enquete gewonnenen Materials vielleicht ergeben, wie die Grenzlinie zwischen Kleinhandel und anderen Erwerbszweigen zu ziehen sei. Ferner ist eS unzweifelhaft richtig, daß für das Gedeihen oder Mißlingen der einzelnen Geschäfte nicht allein die Gesetzgebung, sondern auch die größere oder geringere Geschäftskunde und Gewandt heit der Unternehmer, wirthschaftlicher Fleiß, Sparsamkeit und günstige Verhältnisse beim Einkauf, Gunst oder Ungunst der örtlichen Lage des Geschäftes u. s. w. maßgebend sind. Aber nicht minder richtig ist eS nach unserer Ansicht, daß eine in rechter Weise veranstaltete ausgeführte Enquete manche- Urtheil darüber gestatten würde, welche Vorbildung und welche finanziellen Mittel da und dort in ein neues Geschäft mitgebracht werden und in welchem Mißverhältniß diese geistigen und materiellen Mittel zuweilen zu den Er wartungen der Unternehmer stehen; wie oft die Uebersüllung einzelner Bezirke mit Kleingeschäften derselben Art eine gegen seitige Erdrückung zur Folge haben muß u. s. w. u. s. w. Ein Enquete, die neben anderen auch solche Klarstellungen brächte, würde unseres Erachtens die aufgewendete Mühe und die nicht geringen Kosten Wohl aufwiegen. Und zu solchen Klarstellungen würde man um so leichter kommen können, je mehr man die betreffenden kaufmännische», gewerblichen und industriellen Vereine zur Aufstellung und zur Beantwortung der Fragen mit heranzöge. Die Petenten mögen da her durch den Bescheid des Reichskanzlers sich nicht völlig entmuhigeu lassen. Die Gründe, die für die Ver anstaltung einer Reichsenquete sprechen, sind zahlreich und gewichtig genug, um die Erwartung zu rechtfertigen, der Reichskanzler werde zu einer neuen Prüfung der Frage sich bewegen lassen. Schlimmsten Falles steht noch der Weg an den Reichstag offen, der die Lage des Kleinhandels, die während der Wahlcampagne eindringlich genug erörtert worden ist, gewiß nicht auf die leichte Achsel nehmen wird. In der Kriegscasse der grotzpolnischen Agitatoren scheint ziemlich intensive Ebbe eiugetreten zu sein, deren Behebung durch die gewohnten Praktiken nicht so recht gelingen will. Wenigstens läßt sich dies aus dem Eifer schließen, mit dem die Organe der großpolnischen Hetzpresse den Staatsbürgern polnischer Zunge die „Opferwillig keit des tschechischen Volkes" als nachahmenswertheS Vor bild anpreisen. Wie die Führer des Tscheckenthums, „als das böhmische Volk sich von seinem Falle auf zurichten begann", auf den „schönen Gedanken", wie der „Katolik" eS nennt, kamen, das Fest des heiligen Wenzeslaus, des Patrons von Böhmen, zum Opfertage für öffentliche Zwecke zu machen, so soll auch ein national-polnischer Opfertag eingerichtet werden, an dem jeder einzelne Staats bürger polnischer Zunge zum Zweck der Wiederherstellung eines unabhängigen polnischen Reiches opfert, so viel in seinen Kräften steht. Der „Katolik" singt diesem Gedanken eine begeisterte Lobeshymne, die in folgenden Dithyrambus ausklingt: „Den Polen mangelt es nicht an Nationalheiligen. Wir haben den heiligen Stanislaus, Kasimir, Hyacinth, Tscheslaus und viele andere. Es ist aber nöthig, daß das ganze polnische Volk oder wenigstens doch der größere Theil desselben den Feiertag eines seiner Heiligen zum Opfertage zwecks Erhaltung des heiligen Glaubens, der Muttersprache, der Volksbildung, des Vereins zur Unterstützung der lernenden Jugend u. s. w. macht. Es ist nöthig, daß in jeder katholischen und polnischen Familie an diesem Tage an daS Opfer gedacht wird, daß ein Jeder, der von polnischer Abstammung ist, einen Groschen zu einem guten nationalen Zwecke hergiebt. Nehmen wir an, daß in Schlesien, wo wir 1'/« Millionen Polen zählen, am Tage des heiligen Hyacinth alljährlich jeder selbstständige Mensch polnischer Abstammung, möge deren Zahl nur 100 000 betragen, 10 Pfennig opfert, dann käme ein Beitrag von 10 000 Mark für öffent- liche Zwecke zusammen. Zehn Pfennige werde Niemanden arm machen, für zehntausend Mark jährlich aber, wie viel Gutes kann man da thunl Machen wir es Len Tschechen in ihrer Opferwillig keit zu Nationalzwecken nach! Die Folgen davon werden sicherlich keine schlechteren als bei ihnen fein." Dieser Aufruf wird schwerlich seinen Zweck verfehlen; die Opferwilligkeit der auf irgend welchen Umsturz bedachten Kreise ist ja allerWärtS eine größere, als die ihrer Gegner, die sich auf die Abwehrpflicht und die Abwehrmittel des Staates allzusehr zu verlassen pflegen. In diesem Falle werden aber die staatlichen Mittel noch weniger als in anderen Fällen genügen, um die mit neuen Mitteln be triebene großpolnische Agitation unwirksam zu machen. Ein nettes Bild soctaldcmokralischer Äeschiiftslcitttng wird in den „Baseler Nachrichten" entrollt. DaS Schweizer Blatt bringt Protokollauszüge der Genossenschafts-Druckerei „Vorwärts" in Basel, deren Leiter zugleich die Spitzen der Baseler socialdemokratischen Partei, die Herren Wullschlager u. Gen., sind. Hier einige Stellen aus den Protokollen: In der Generalversammlung vom 15. Februar 1897 wird fest- gestellt, daß Hauptbuch und Journal bis 31. December 1895, die übrigen Bücher bis Ende 1894 nach doppelter Buchhaltung geführt und von da ab nicht mehr nachgetragen worden sind. In der Vorstandssitzung vom 15. März 1897 erklärt sich C. Bürgin bereit, die Geschäftsbücher vom 1. Januar 1897 ab zu führen, lehnt dagegen die Eintragungen des Jahres 1896 ab, da ihm die nöthigen Grundlagen hierzu fehlen. Es wird beschlossen, von der Eintragung des Jahres 1896 Umgang zn nehme». Am 24. März 1897 kündet der Typo graphenbund den Druckvertrag ans 30. Juni 1897. Deficit des I. Quartals 1897 900 bis 1000 Franc». Auf die Vorstands sitzung vom 18. Juli 1897 „sendet die Vereinsdruckerei eine so genannte Schlußabrechnung, die jedoch ihrer Mangelhaftigkeit wegen nicht anerkannt wird." ... Am 13. September schreibt Bärwart deni Centralcomitö des schweizerischen Typographenbundes, er könne dem Gesuch, die Liquidaticnscommission des „Vorwärts" zu nennen, nicht nachkommen, es sei Sache deS Präsidenten, G. Fautin, die General- Versammlung einzuberufen. „Ich würde mich — schreibt Herr Bärwart — an diese Form nicht so strenge halten, wenn sich nur irgendwie Aus sicht zeigte, daß außer den vorhandenen Trümmern des Vorstandes und des Herrn Unteregger noch eine Anzahl Genossenschafter zusammenzubrinaen wären. Allein dies ist nach den letzten Vorfällen gar nicht denkbar. Alles ist ver fahren und die Genossenschaft in Wirklichkeit als aufgelöst zu be trachten. . . Wäre die Publikation der Rede Unteregger's in Chur nicht erfolgt und das Circular des letzteren unterblieben, so war die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß aus moralischen Gründen vielleicht noch 1000 oder 5000 Frcs. zusammengekommen wären." ... Ein Bericht des Buchexpertcn K. Hartmann vom 15. Februar 1897 constatirt ebenfalls, daß vom 31. December 1895 an die Bücher nicht mehr nachgeführt worden sind, „auch nicht eine einzige Ein tragung vom Jahre 1896 ist darin zu erblicken". Der Bilanz, die blos auf eine einfache Zusammenstellung der Baar-Ein- und Ausgänge, sowie der Ausstände hin gezogen wurde, spricht der Experte allen Werth ab. Ma» niüsse staunen, daß dennoch ein gedrucktes Exposs über den Stand des Unternehmen» ausgegeben worden sei. Die „Basler Nachr." thun einen kräftigen Spruch zu diesen schönen Enthüllungen. Sie schreiben u. A. sehr zutreffend: Wie würde die socialdemokratische Presse zetern, wenn eine der artige „Sauordnung" — der Ausdruck ist leider berechtigt — in einem bürgerlichen Geschäfte, dazu gar noch in dem Geschäfts betriebe einer bürgerlichen Partei, bei den Spitzen einer Partei, die als Vorbild dienen will, constatirt werden könnte! Und was soll man von einer Genossenschaft sagen, welche eigens zu dem Zwecke gebildet wird, für ein Preßuntcruehmen einzustehen, und welche bei schlechtem Geschäftsgang einfach die Schulden abjchüttelt wie ein Hund die Flöhe? Wie soll man das moralisch« Verhalten der „Genossenschafter" beurtheilen, die nun, da es ans Zahlrn geht, nach allen Seiten auseinanderstieben? Das ist, wie gesagt, derb, aber sehr wahr. Uebrigens ist wie die socialdemokratische Theorie, so auch die Praxis der Genossen international. Auch in Deutschland und speciell in unserem engeren Vaterlande Sachsen sind ja schon ähn liche Dinge vorgekommen. Wenn man den französisch-ettglischett Zwiespalt wegen Faschodas nach den Aeußerungen officiöser französischer Eorrespondenz-Bureanx und nach Aeußerungen französischer Minister beurtheilen wollte, wäre an die Möglichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen beiden Mächten nicht zu denken. So erhalten wir folgende Meldungen: * Paris, 23. October. Eine Note der „Azence Havas" erklärt die beunruhigenden Gerüchte, die-* über die Beziehungen zwischen Frankreich und England verbreitet werden, für völlig unbegründet. Ebenso sei eS durchaus unrichtig, daß in irgend einem französischen Kriegshafen außerordentliche Maßregeln getroffen worden seien. * Paris, 23. October. Der Ma rin «Minister erklärt die über Truppenbewegungen in Cherbourg und Brest verbreiteten alarmirenden Gerüchte für unbegründet. Die Truppen bewegungen seien durch die Beförderung von Verstärkungen nach Kreta und durch die Ablösung von Colonialtruppen veranlaßt worden. Die Zahl der zum Marinedienst einberufenen Mannschaften ist dieselbe, wie im vorigen Jahre. Sind diese officiösen und ofsiciellen Ableugnungen ernst gemeint, so sind sie gleichbedeutend mit der Aufgabe FaschodaS durch Frankreich, dessen weiterer Behauptung England Gewalt entgegensetzen zu müssen, wiederholt erklärt hat. Damit würde Frankreich sich in dem großen Kampfe mit England uni die Hegemonie in Afrika kurzer Hand besiegt geben, auf das Ideal eines französischen Eolonialrcicheö von Senegambien bis zur Somaliküste verzichtet und den Engländern freie Bahn für ihren Siegeszug vom Cap bis zu den Mündungen des Nils gelassen haben. Bedeutet doch der Rück zug aus Faschoda nicht nur den Verlust dieses an sich wenig bedeutenden Postens, sondern, da England auf alle vom Mahdi usurpirten Gebiete, also auf den ganzen südlichen Sudan, Anspruch erhebt, den Verzicht auf de» Zugang zum Nil. Faßt man den Faschadostreit unter diesem GesichtS- punct auf, so kann man sich zu dem Glauben an eine Nack- aiebigkcit Frankreichs und an die Bedeutungslosigkeit der Schiffs- und Truppenbewegungen der letzten Tage — größere Truppenabtheilungen treffen beute in Cherburg am Canal, dem stärksten Kriegshafen Frankreicks, ein — für den Fasckoda- streit schwer entschließen. Oder sollten dieselben jetzt plötzlich abHcleugnet werden, weil sie ihre Schuldigkeit gcthan haben? Möglich wäre es immer, daß die englische Regierung zu der Einsicht gelangt ist, den Bogen zu straff gespannt zu haben, und daß sie nun, wo sie auf ernsten Widerspruch Frank reichs stößt und Kriegsvorbereitungen dieser Macht sieht, sich wenigstens zu Verhandlungen über einen Zugang zum Nil bereit erklärt, Verhandlungen, die bisher perhorreScirt wurden? Die Haltung Rußlands zum Faschodastrcit dürste auch nicht ohne Einfluß auf die Entschlüsse der eng lischen Regierung sein. Die russischen Blätter fordern Frank reich zu größerer Energie gegen England auf, und eS klingt daher wenig wahrscheinlich, daß Murawjew in Paris zur Mäßigung gerathen haben soll. Jedenfalls werden die nächsten Tage — die Angelegenheit wird ja die französische Kammer in einer ihrer ersten Sitzungen beschäftigen — Aus schluß über den Stand der Frage bringen. Nach Berichten, welche die „Kreuz-Ztg." aus Peters burg erhält, entsprechen die meisten aus den russischen Ab rüstungs-Vorschlag eingetroffenen formellen Antworten deni Tenor der Antworlsnote deS italienischen Ministers Canevaro. „Die grundfätzliche Frage — so schreibt der Correspondent des Berliner Blattes — gilt denn auch schon olS erledigt, und die nun bevorstehenden, die Zustandebringong der Conferenz betreffenden Arbeiten werden sich auf die Ausarbeitung de» Programm- entwurfeszu beziehen haben, über den dann ein neuerlicher Gedanken austausch zwischen den Labinetten zu pflegen sein wird. Graf Murawjew wird in dieser Beziehung anläßlich der bevorstehenden Vortragserstattung an den Zaren in L'vadia dessen Wünsche entgegen- nehmen. AlS sicher gilt bereits, daß Fragen, durch die der ver- tragSmäßige politische europäische Status quo berührt werden könnte, ausgeschlossen bleiben werden. Es wird sich, man könnte sagen, um das akademische Problem handeln, wie die Belastung der Völker durch weitere Rüstungen hintangehalten werden könnte. Darauf deutet schon der Umstand hin, daß, wie eö heißt, geplant wird, die Conferenz in anderer Weise zusonunenzusetzen, als dies sonst bei Cvngressen der Fall war. So vernimmt man schon jetzt, daß eine Vertretung der Kriegsverwaltungen der verschiedenen Staaten auf der Conferenz beabsichtigt sei und baß es sich auch um eingehende völkerrechtliche Berathungen handeln werde, weshalb auch Männer der Wissenschaft, hervorragende Völker- rechtslehrer, herangezogen werden sollen. Man hört sogar schon berühmte Namen aus der Gelehrtenwrlt nennen, die man hierbei im Auge hat." Nun, so wäre ja die Sache auf dem besten Wege ast oalensta» graecas. Lord Rosebery sagte am Sonnabend in Perth in einer öffentlichen Rede, ohne einen ausführbaren Plan dürste der Abrüstungsvorschlag des Kaisers von Ruß land zu keinem greifbaren Resultate führen. Nachdem Die kleine Lulu. iss Serroman von Clark Russell. Nachdruck vrrdotm. „Ein Seemann hat «in so zähe» Leben Wit eine Katze, Fräulein." „Doch aber immer nur eins. Ich hielt die See zuerst für langweilig, aber ich finde jetzt, daß sie, im Gegentheil, zu auf regend ist. Sie müssen wunderbare Nerven und Kraft besitzen, um im Stande zu söin, nach solchem Unfall scho-n wieder Dienst thun und sich unterhalten zu können. Müssen Sie auf Deck sein?" „Gewiß, ich muß doch meine Wache halten!" erwiderte ich. „Aber wenn Sie sich noch zu angegriffen dazu fühlen, so will ich es meinem Bruder sagen und darauf bestehen, daß er Ihnen erlaubt, die ganze Nacht in Ihrer Cajüte zu bleiben." „Sie sind sehr freundlich und fürsorglich, aber meine Taufe hat mir wirklich nichts geschadet. Ich bin vielleicht etwas ernst gestimmt, aber das ist wohl natürlich nach einem Kampf mit dem Tode. Damit aber gestehe ich Ihnen etwas, was ich Niemand anders sagen möchte. Es ist auch ganz richtig: Sentimentalität ist auf See nicht angebracht. Herz und Gefühl Härten sich unter den steten Gefahren allmählich ab. Kommt man um, nun, dann ist es eben zu Ende; und ist man mit knapper Noth einer Gefahr entgangen, dann ist die Haaresbreite, mit der man ihr entronnen, ebenso gut, als wäre sie gar nicht vorhanden gewesen; man wird ausgelacht, wenn man davon spricht." „Wärmst sind die Seeleute so hartherzig?" „Na, hartherzig sind sie im Grund« nicht. Meist läßt ein falscher Ehrgefühl sie nur Gefühllosigkeit zur Schau tragen. Sie übertreiben eben Das, was sie für männlich halten; aber auch der weichmüthigste Seemann ist nur ein rauhes Geschöpf und ich wundere mich nicht, daß Damen sie nicht lieben." Sie entgegnete hierauf nichts, sondern hielt ihre Augen «ine Weile auf das Deck gerichtet; dann sagte sie: „Ich dachte, dar Boot würde Sie nie erreichen. O, wie ver zweifelt langsam schien es mir zu sein, als ich ihm nachsah!" „Ja, ohne die ausgeworfrne Rettungsboje wäre ich auch jeden falls ertrunken." „Ich habe sie geworfen!" rief sie, zu mir aufsehend. „Sie?" „Ja; sie hing dort am Gitter, wie man es, glaube ich, nennt. Ich machte sie eilig los und warf sic beinahe im selben Augenblick ins Wasser, als ich Sie fallen sah." „Dann verdanke ich Ihnen also mein Leben." „Mir?" fragte sie mit freudiger Ueberraschung. „Ganz gewiß, allein Ihnen. Wäre die Boje eine Minute später geworfen, so wäre sie außer meinem Bereich gewesen, ich würde nicht mehr Kraft gehabt haben, mich gegen die schweren Wogen zu halten und auf sie zuzuschwimmen." „Gott sei Dank dann für meine Geistesgegenwart!" sagte sie. Ich war ergriffen durch den Gedanken, daß ich meine Rettung der Hand verdankte, die ich liebte, der schnellen Entschlossenheit des Mädchens, welches mein Herz erfüllte. Handlungen und Stillschweigen können einen Gedanken ausdrllcken und gegen seitiges Verständniß kann durch eine Geberde, eine Kopfbewegung, einen Blick, kurz, durch die allergeringfügigste Eingebung hervor gerufen werden. So glaube ich, daß ich in diesem Augenblick, ohne meine Lippen zu öffnen, ihr sagte, daß ich sie liebte, und bin überzeugt, daß es dieser Augenblick war, in welchem s i e meine Liebe entdeckte. Wie geschah dies? Wie konnte ich davon überzeugt sein? Wie konnte ich ihre Gedanken lesen und sie die meinen, bei keinem helleren Licht als bei dem schwachen Schimmern der Sterne? Sie wandte sich ab und blickte Uber das Geländer auf die See hinab. Ich machte einen Gang um das Deck und begegnete ihr wieder, als ich zurückkam. „Mr. Chadburn", sagte sie, „was wird wohl nach Ihrer Meinung das Resultat von Mr. Sloe's schlechter Behandlung der Leute sein?" „Ich werde Ihnen offen antworten: Wenn Mr. Sloe seine Art nicht ändert, werden die Leute meutern." „Sie meinen, sie werden sich weigern, zu arbeiten?" „Nun ja, das ist auch eine Art der Meuterei." „Was, fürchten Sie mehr?" Ich gab keine Antwort. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm wie ein Kind und zog mich von dem Oberlicht fort. „Sie erschrecken mich!" rief sie. „Was fürchten Sie eigentlich?" „Wenn die Leute sich der Gefahr aussetzen, mit dem Galgen Bekanntschaft zu machen, werden sie sich sagen: Einerlei, was wir begehen, wenn wir doch dafür gehangen werden." „Wie könnten sie gewonnen werden?" „Ich weiß kaum, wie ich Ihnen antworten soll. Unzweifel haft hat Capitain Franklin unklug gehandelt, als er den Todt- schlag deS Knaben mit Stillschweigen überging." „Das ist es ja, was ich ihm gesagt habe!" rief sie wie athemlos. „Ich sagte ihm: der Maat hat in seiner unmenschlichen Rohheit ein Verbrechen begangen, die Leute erwarten, daß Du ihn be strafst; aber er antwortete: was kümmert mich die Behandlung der Leute? Das ist Sloe's Sache; er ist der richtige Mann, das Volk in Ordnung zu halten." „Sie werden begreifen, Miß Franklin, daß ich Anstand nehme, Ihres Herrn Bruders Ansicht einer Kritik zu unter ziehen." „ , „Aber warum denn?" unterbrach sie mich. „Sie haben doch das Recht, Ihre Meinung zu sagen. Wir werden uns doch nicht den Mund verbieten lassen." „Der Capitain eines Schiffes kann thun, was er will. Niemand darf seine Autorität antasten." „Wollen Sie damit sagen, daß er Knaben tödten kann, wenn er Lust dazu hat?" rief sie mit weit geöffneten Augen. Ich konnte das Lachen nicht unterdrücken, als ich sagte: „Natürlich ist er dem Gesetz am Lande verantwortlich; aber ich wüßte nicht, was ihn auf See hindern könnte, Knaben zu tödten, wenn di« Mannschaft nicht gegen ihn aufsteht." d „O, Mr. Ehadburn, wie können Sie bei einer so ernsten Sache lachen? Sie sollten meinen Bruder zur Einsicht zu bringen suchen." „Wenn ich das versuchte, würde der morgende Tag mich wieder im Vordercastell sthen, auserwählt für die schwersten und schmutzigsten Geschäfte. Glauben Sie mir, von meiner Seite würden alle Vorstellungen nichts fruchten." „Meinen Sie nicht, daß es Ihnen gelingen könnt«, die Leute zu betveqen, Mr. Sloe's schlechte Behandlung geduldig zu er tragen, bis sie nach Sydney kommen?" „Wenn durch ein Wort zur rechten Zeit irgend etwas Gutes erreicht werden kann, so können Sie darauf vertrauen, daß ich dieses Wort sprechen werde", sagte ich. „Ich wundere mich, daß Capitain Franklin nicht an die gefährliche Lage denkt, in die er sie bnngt, wenn er seinem Maate gestattet, die Leute in solchem Maaße zu erbittern." Während ich so sprach, kam er auf Deck. An der Campanje stehen bleibend und scharf nach uns blickend, schrie er: „Wer ist das?" , „Sind noch andere Damen an Lord, daß Du mich nicht kennst?" antwortete sie verdrießlich. „Komm' in die Cajüte!" rief er zornig. Sie wünschte mir gute Nacht und ging, sich Zeit nehmend, nach der Cajütentreppe. Dort hörte ich sie mit einem entrüsteten Schluchzen in der Stimme zu ihm sagen: „Du sprichst zu mir in einem Tone, als wenn ich einer Deiner Leut« wäre." Sowie sie herunter gegangen war, schritt er auf mich zu und schrie mich zornig an: „Sind Sie noch nicht lange genug auf See gewesen, um zu wissen, daß Ihnen nicht erlaubt ist, zu schwatzen, wenn Sie im Dienst sind?" „Miß Franklin beglückwünschte mich zu meiner Er rettung." „Das entschuldigt Sie gar nicht, ich halte mich an Sie. Die Brigg ist während Ihrer Wache Ihren Händen anvertraut, und ich erwarte, daß Sie für die Folge Ihre Pflichten besser erfüllen. Was sprach meine Schwester außerdem?" „Nun, da Sie mich fragen, Sir, sic stimmt mit mir überein, daß die Sicherheit der Brigg durch Mr. Sloe's Brutalität ge fährdet ist." „Was geht das Sie oder meiner Schwester an?" donnene er. „Habe ich Sie von dem Vorderdeck geholt, um meine Angelegen heiten zu discutiren? Bei Gott, wenn es zu einer Meuterei kommt, werde ich nun wissen, wer sie angezettelt hat. Ihre Schliche, Sir, gefallen mir durchaus nicht. Sie waren damals unter den Leuten, als jener meuterische kleine Hund sein Messer gegen mich zog. Jetzt, nachdem Sie vorn genug geschürt haben, wollen Sie mit Ihren verdammten aufwieglerischen Hetzereien auch noch hier hinten Unheil stiften? Ah, ich durchschaue Sie. Kümmern Sie sich nicht um Dinge, di« Sie nichts angehen, sondern nur um sich selbst, um Mren Dienst, und das, was Ihnen befohlen wird. Das rathe ich Ihnen. Sollten Sie das nicht thun, so will ich Sie kuranzen, daß Sie die Engel im Himmel Pfeifen hören sollen. Ich werde Ihnen zeigen, wer von uns Beiden der Stärkere ist. Verstehen Sie mich?" Während dieses Wortergusses stand er hoch aufgerichtet und in so drohender Haltung vor mir, daß ich mich jeden Augenblick zur Vertheidiguny berert hielt. Jndeß das ganz« Geschimpfe war nur Gepolter. ES war nur ein Versuch, mich in Furcht zu ver setzen. Ich gönnte ihm den Glauben, daß ihm dies gelungen sei, denn bei dem starken Beweggrund, den ich hatte, hinten ^u bleiben, zog ich es vor, kein Wort zu erwidern. Dies genügte ihm offen bar, um überzeugt zu sein, daß er mich vollständig zerschmettert habe. Er ging auf die andere Seite des Decks, steckte sich eine Cigarre an, und wandelte dort in einsamer Hoheit, gemessenen Schrittes und hochgetragenen Hauptes bis halb zwölf auf und nieder.
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