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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960805028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-05
- Monat1896-08
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5740 rung Geld io die Hände bekommt. Gelingt da« nicht -i» zum Wiederzusammentritt der Kammer im Herbst, so soll CanovaS allen Ernstes seine Entlastung zu nehmen ge willt sein. Nach sechsmonatiger Tagung hat das norwegtfchc Storthingseine Verhandlungen geschlossen. BemerkenSwerlh ist, daß die Linkenpartei in der adgelaufenen Session trotz ihrer geringen Mehrzahl ein paar ihrer radicalen Reformen durchzutreibcn vermocht hat, nämlich das communale Wahl gesetz und daö Schulgesetz, durch welches die Volksschule an die höhere Schule geknüpft und Latein und Griechisch selbst in den Gymnasialclassen abgeschafft wird. Im klebrigen hat aber die Linke namentlich auf dem unionellen Gebiete mehrere fühlbare Niederlagen erlitten, indem der Uebergang einiger Linkenmänner zu den Conserva- tiven zu wiederholten Malen die Waagschale zum Sinken nach rechts gebracht hat. Zwar wurde das Flaggengesetz (Abschaffung des UnionSzeicheuS) mit dem Ueber- gewichte einiger wenigen Stimmen radicalerseitö beschlossen, der Gesetzbeschluß wurde aber auch diesmal nicht sanetionirt und kann fetzt erst in drei Jahren durch eine unveränderte Wiederholung zum dritten Male als Gesetz ohne Sanction durchgesetzt werden. Außerdem wurde der Vorschlag wegen „reiner" Flagge auf dem Storthingsgebäude nut einer be deutenden Mehrzahl verworfen, die Vorlage des radicalen LagmauneS Ovam wegen vorläufiger Budgets (um die Regierung unter der Scheere zu halten) dis auf Weiteres vertagt und die diplomatischen Budgets, sowie die Bewilligung zur Theilnahme an der Stockholmer Ausstellung trotz deS stärksten Widerstandes der radicalen Führer beschlossen. Im Ganzen kann gesagt werden, daß die Linkenpartei nicht ge stärkt aus der diesjährigen Campagne hervorgegangen ist, indem die Leitung schlecht gewesen ist und sich einige Truppen schwankend gezeigt haben. Die Lage der Regierung ist aber auch nicht befestigt worden, und namentlich hat die Sanction des communalen Wahlgesetzes und des Schul gesetzes einen Sturm deS Unwillens gegen dieselbe bei oer Partei erregt, welche bisher ihre beste Stütze gewesen ist. Ferner erlitt die Regierung eine Niederlage auf oem finanziellen Gebiete, indem sie nicht von einiger Verantwortlichkeit für die am Schluffe der Session sich zeigende Unterbilanz im neuen Budget freigesprochen werden kann. Auf der andern Seite haben die Chefs des Ber- iheidigungS- und des ArbeitSdepartemenls, sowie des Departements des Innern einen durchgehenden Erfolg mit ihren großen Budgets gehabt. Der Kricgsminister Olson kann auch mit Stolz darauf zeigen, daß es ihm gelungen ist, das Pensionsgesetz für Osficiere »«geschädigt durch die vielen Klippen zu bringen. — Für nächstes Jahr stehen neue Wahlen bevor, und der Ausfall derselben ist für die Linke sehr unsicher. Bereits prophezeit der sonst sehr sanguinische Linkenführer Björnstjerne Björuson, daß die Linke 1897 in die Minderzahl kommen werde. Deutsches Reich. * Berlin, 4. August. Die Redaction des „Volk" hat nunmehr Herr Dietrich von Oertzen übernommen. Er veröffentlicht aus diesem Anlaß eiire Erklärung, der wir Folgendes entnehmen: „Was die Confervativen betrifft, so verbindet unS mit ihnen die Entschlossenheit, in aller politischen Arbeit nur an das geschichtlich Gewordene anzuknüpsen, nur zu bauen auf dem festen Grunde des Ehristenthums und der Monarchie. Von ihnen trennt uns aber die Sorge, daß sie den unseres Erachtens stärksten Nolhwendigkecken des politischen Lebens der Gegenwart, Len socialen Reformen, nicht mit der Wärme gegenübcrsteben, die wir wünschen und fordern zu müssen glauben. Ich weiß nun wohl, daß man versucht hat, diese Ent« rcemdung zu bestreiten. Im Ernste aber kann es nicht in Ab rede genommen werden, daß aus der Rechten gleicherweise, wie in der Regierung eine starke Reaction gegen das weitere Vorgehen im Sinne der kaiserlichen Botschaften sich geltend gemacht Hal. Die Be weismittel liegen am Tage. Das officielle Organ der conservativrn Partei wurde lange Zeit hindurch beherrscht von Len Vertretern des StillstellungsgedankenS, beherrscht von einer Ungeduld gegenüber Len riethörteu Massen, die mit dem Geist des Evangeliums so wenig, wie mit rem wünschenswecthen Bewußtsein der besitzenden Elasten, daß sie sich großer Versäumnisse schuldig gemacht, in Einklang zu bringen sein dürste. Und den Worten sind dann auch bis in die neueste Zeit hinein Thaten gefolgt, die wir hier nicht erst darzulcgen brauchen. Wie wenig oder wie viel auch jetzt noch die conservative Partei von dieser Tendenz beherrscht wird, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Trennung der Christlich-Socialen eine vollendete That- suche, die sich nicht rückgängig machen läßt. Für das Vcrhältniß der beiden Richtungen kann meines Erachtens nur noch die bekannte Loosung in Betracht kommen, die das Sprüch- wort in die beiden Worte „schiedlich.friedlich" kurz und bündig zusammengefaßt hat. So viel an mir ist, werde ich bestrebt sein, den Frieden zu wahren. Aber auch an der Scheidung halten wir unbedingt fest, weil sie rllein uns volle Wahrung des Programms und volle Freiheit der Bewegung gewährleistet. Wenn daher hier uud da sich in christlich- wcialen Kreisen die Besorgniß erhoben hat, als werde jetzt eine Auslieferung des „Volk" an die Conservativen beabsichtigt, als sei eine Verschmelzung der Parteien angebahnt, als sei ich der Mana, der di» Christlich-Socialen nach Recht» hin verrathen werde, o sind diese Besorgnisse völlig grundlos." Inzwischen haben im Wahlkreise ve» christlich-socialen Professor» Hüpede», in Cassel, die dortigen Christlich- Socialen in einer Versammlung über die Beseitigung der Herren v. Gerlach und Oberwinder einstimmig ihrem Er- taunen und ihrem Unwillen Ausdruck gegeben. Herr Oberwinder ist übrigens, so wurde in einer Barmer christlich-socialen Versammlung mitgetheilt, zum General» ecretair der Partei ernannt. * Berlin, 4. August. In Bezng aus die Irrenpflegt ist den Aufsichtsbehörden ein Runderlaß deS CultusministerS zugegangen, nach welchem die Staatsregierung jetzt die Frage in Erwägung genommen hat, ob ein Bedürfnis vor liegt, die außerhalb der Anstalten gegen Entgelt in Fami lienpflege gegebenen Geisteskranken einer staatlichen Beaufsichtigung zu unterwerfen, und in welcher Weise eine Regelung dieser Aufsicht stattfinden müßte. Und zwar wird hierbei, wie wir der „Nat.-Ztg." entnehmen, namentlich die Ein- ührnng der Anzeigepflickt, einer periodisch vorzunehmenden Revision durch die Polizeibehörde, sowie die Einreichung einer die Geisteskranken des Bezirks enthaltenden Liste an den Physicus ins Auge gefaßt. Auch wird erwogen, ob nicht jeder olche Geisteskranke alljährlich mindestens einmal durch den Physicus ärztlich zu untersuchen sei. Andererseits soll durch Angabe einer für die Familienpflege zulässige» Höchstzahl von Kranken der Begriff der „Familienpslege" gegenüber der Anstaltspflege abgegrenzt und auch der Begriff der eigenen Familie, deren Verhältnisse die Regelung nicht berühren soll, näher festgesetzt werden, während Kranke, die auf Kosten und unter Aussicht einer öffentlichen Anstalt in Familienpflege gegeben werde», von den Bestimmungen ganz ausgenommen werden sollen. Nach Maßgabe dieser Puncte werden nun die Behörden unter Mittbeilung eines die Frage zum Theil bereits regelnden älteren Erlasses deS Regierungs-Präsidenten zu Cassel angewiesen, sich über die Angelegenheit zu äußern. Es finden daher durch die Orts-Polizeibehörden jetzt die erforderlichen Erhebungen statt, besonders auch darüber, wie hoch gegenwärtig die Zahl der in einzelnen Bezirken in Familienpflege befindlichen Geisteskranken ist. — Die Thorner Landesverraths-Affaire soll, wie die „StaatSb. - Ztg." behauptet, viel ernster liegen, als eS nach den ersten Meldungen den Anschein batte. Don den verhafteten Personen, unter denen sich bekanntlich zwei Unterofficiere befinden, sei bis jetzt noch Niemand freigelassen. Es könne auch nach Lage der Sache von der Freilassung irgend eines Angeklagten keine Rede sein. Sobald die Untersuchung abgeschlossen sei, was in etwa 14 Tagen der Fall sein dürfte, werde die Ueberführuug der Angeklagten nach Leipzig erfolgen. — Der „Reichsanzeiger" enthält beute noch eine Ver ordnung, betreffend bas strafgerichtliche Verfahren gegen Militairpersonen der kaiserlichen Schutztruppen. — Im Einverständniß mit dem Finanzminister hat der Cultusminister den Provinzial-Schulcollegicn eröffnet, daß eine erneute Prüfung der Verhältnisse der mit Schul lehrer-Seminaren verbundenen Präparanden anstalten dahin geführt bat, diejenigen Anstalten der bezeichneten Art als öffentliche Anstalten anzu erkennen , bei welchen namentlich für die innere und äußere Leitung der maßgebende Einfluß der Schulbehörde in jeder Beziehung gesichert ist. Den vollbeschäftigten Lehrern an derartig organisirten Seminar - Präparanden- anstalten ist daher die an denselben abgeleistete Dienstzeit bei Gewährung von Alterszulagen und bei der Pensionirung als im öffentlichen Schuldienste zugebracht anzurechnen. Der vielfach beklagte Uebelstanv, daß nicht immer geeignete Lehrer für die Seminar-Präparandenanstalten zu finden, bezw. an denselben für längere Zeit zu hallen sind, dürste unter diesen Umständen in Zukunft weniger hervortreten. — Dem jetzt so häufig genannten Herrn v. NathusiuS- HundiSburg ist, der „Magdeb. Ztg." zufolge, in diesen Tagen der Kronenorven 4. Elaste verliehen worden. Diese Auszeichnung entbehrt nicht der politischen Bedeutung. — Nach den nunmehr getroffenen Dispositionen wird die erste Versammlung des allgemeinen preußischen Städ te- tagS am 29. und 30. September d. Is. in Berlin ab gehalten werden. Zunächst wird sich der Städtetag mit seiner Constituirung und der Feststellung von Satzungen beschäftigen, doch sollen auch praktische Fragen auf die Tagesordnung gesetzt werden. — Die Deutsche Colonial-AuSstellung bat be schlossen, zum Besten der Hinterbliebenen der mit dem Kanonenboot „Iltis" unlergegangenen Besatzung am 8. d. M. eine Festlichkeit zu veranstalte». — AuS dem Streik der Musikinstrumentenmacher sind laut der „Post" noch beute circa 200 frühere Ausständige zu unterstützen. — Die Arbeiter der städtischen Gas anstalten haben beschlossen, folgende Forderungen der Stadt verordnetenversammlung zu unterbreiten, „mit dem Erwarten, daß die Arbeitervertreter für diese nachdrücklichst eintrelen werden": zehnstündige Arbeitszeit und für Platzarbeiter 3 50 für BetriebSarbriter 5 täglich Loho. — In der zweiten Sitzung deS iwölften Deutschen Schneider tage» wurde folgende Resolution angenommen: „Der zwölfte Drutjchr Gchneidertag beauftragt seinen Central- vorstand, eine Petition auszuarbeitea und an dir zuständigen Stellen gelangen zu lassen, daß da« Gesetz vom 21. Juli 1868 dahin ab- geändert wird, daß noch bei einem Einkommen von unter löOO bis zu einem gewissen Proccutsatz dir Beschlagnahme für Forderungen des Handwerks aus den Arbeit«» und Di en st lohn erfolgen kann Ter zwölfte Deutsche Schneidertag ist der festen Ueberzengung, daß das Fehlen dieses Paragraphen in der Gesetzgebung große Schäden für das Handwerk, hauptsächlich für das Schneidergewerbe zeitigt, weil eine Verpflichtung zur Zahlung nach Len heutigen Gesetzen nicht vorliegt." Als VerbandSvorort des Bundes deutscher Schneider innungen wurde Berlin wiedergewählt. — Die KnappschaftS-BerufSgenossenschaft hält ihre diesjährige GenoffeuschaftSversammlung, der eine Sitzung deS Gesammtsvorstanves vorhergeht, am 29. ds. im Hörsaal des Chcmiegebäudes in der Berliner Gewerbe-AuSstellung ab. — Der am hiesigen Hose beglaubigte schwedisch, norwegische Gesandte von Lagerheim hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirk der Legationsjecretair Gras Stromfelt al» Geschäftsträger. — Der Capitain zur See a. D. Gertz ist zum Hafeucapitain bei dem Kaijcr-WilhcUn.Canal ernannt worden. — Der coiuiuaudireiide Admiral v. Knorr ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt. * Halle, 3. August. Der Centralverband deutscher Kaufleute hält seine diesjährige Generalversammlung am 23. und 24. August in Halle a. S. ab. Der Verband um faßt 180 Vereine selbstständiger Kaufleute mit 13—14 000 Mitgliedern. * Weimar, 4. August. Der Großberzog ist gestern in Begleitung der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg- Schwerin zum Curgedrauch nach Scheveningcn abgereist. * Eassel, 4. August. Der Kronprinz und Prinz Eitel- Friedrich sind Nachts nach Ploen abgercist. — DaS Kaiser paar reist am Donnerstag früh nach Wesel und kehrt nach vorläufiger Bestimmung am Sonntag auf einige Tage nach Wilhclmshöhe zurück. * Aachen, 4. August. Die seit Kurzem streikenden Weber in der Tuchfabrik Aachen Actiengesellschaft haben die Arbeit wieder ausgenommen, ohne daß ihre Forderungen bewilligt wurden. * Auerbach a. d. Bergstraße, 3. August. Nack der Ent hüllung der Bismarck-Gedenktafel aus dem Auerbacher Schlosse, worüber wir berichtet haben, wurde an den Fürsten folgendes Telegramm abgesandt: „Sr. Durchlaucht Fürst Bismarck, Friedrichsruh. Die Errichtung einer Gedenktafel auf dem Auerbacher Schlosse, im vorigen Jahre auS Anlaß Ew. Durchlaucht 80. Geburtstags beschlossen und jetzt vollzogen, versammelte heute zahlreiche Männer und Frauen aus der Bergstraße und Umgebung, aus Stadt und Land, in dankbarer Erinnerung an die unvergleichlichen Verdienste Ew. Durchlaucht um das deutsche Vaterland. Ein einmüthiges Hoch erschallt von der Bergstraße nach dem Sachjenwalde unter innigen Wünschen für Ew. Durchlaucht fernere Gejuudheit. Im Auftrag: v. Derjchau, Oberst lieutenant a. D." Darauf traf gegen 9 Uhr folgendes Danktelegramm aus Friedrichsruh ein: „Ihnen und allen Betheiligten Lanke ich verbiudlichst für ehren volle Begrüßung, v. Bismarck." * Mannheim, 4. August. Der hier stattfindende 19. deutsche Fleischcrverbandsta g, der von etwa 500 Theilnehmern aus Deutschland und Oesterreich besucht ist, bewilligte, wie die „Neue badische Landcszeitung" meldet, in der heutigen ersten Sitzung im Princip die Errichtung einer PensionS-, Wittwen- uud Maisen-Unterstützungscasse. Nachdem sodann noch eine Reihe weiterer Puncte der Tagesordnung erledigt war,wurde dem Anträge der österreichischen Delegirten aus Anschluß des österreichischen Verbandes an den deutschen die Zustimmung crtheilt. Ferner wurde beschlossen, den Reichskanzler zu er suchen, dem ReickStag einen Gesetzentwurf vorzulegen, betr. ausdrückliche Declaration und Waarenbezeichnung bei Ver sendung von Pserdewurst und Pferdefleisch; ferner nadm der Verbaudötag den Antrag an, die deutschen Eisen bahnen zu ersuchen, dem Versandt inländischer Fleischwaaren dieselben Vergünstigungen wie demjenigen von Bier und Fischen znzugestehen. * Mainz, 4. August. Die deutsch-sociale Reform- Partei wird, wie die „StaatSbürger-Ztg." meldet, für die Reichstags-Ersatzwahl in Mainz - Oppenheim einen eigenen Candidaten in der Person deS Weinbauers M. Wolf auS Stadecken aufstellen. * Lchwrinfurt, 3. August. Tagelöhner Michael Dotter erhielt wegen Beleidigung deS Kaisers ein Jahr Ge- fängniß. * München, 4. August. Der Fürst von Bulgarien ist heute Abend nach Wien abgereist. Oesterreich-Ungarn. 8arentesuH. * Wtcn, 5. August. Der Stadtratb bewilligte heute 25 000 Fl. zur Ausschmückung der Straßen bei Ankunft de» Zaren-PaareS. Frankreich. Zarenbcsnch. * Pari», 4. August. Den« „Echo de Pari«" zufolge be- ichtigen gegenwärtig höhere russische Officiere unter Führung des Generals BoiSdeffre die Villen in Vichy, welche dem Zarenpaar al« Residenz dienen könnten. Di« Reise, welche Hanolaux angeblich zu Curzwecken demnächst nach Vichy unternimmt, hänge mit den Vorbereitungen zum Empfange des Zarenpaares zusammen. Dasselbe werde kaum 48 Stunden in Paris verweilen und nach Beendigung der Cur werde der Kaiser Nicolaus den Manöver« bei Angoulcme beiwohnen. (Frkf. Ztg.) Hoch das Cönigthum: * St. Malo, 4. August. Bei der Ankunft de» Präsidenten Faure wurde ein Individuum verhaftet, welches die Rufe „Nieder der Präsident!*, „Hoch OrlßanS", „Hoch das Königthum!" ausstieß. Anarchistisches. * Parts, 5. August. (Telegramm.) Der Anarchist Marie Bertbe, der kürzlich in Havre cintras und verhaftet wurde, ist zu 4mvnatiger Gefängnißstrafe verurtheilt worden. Berthe trug bei seiner Verhaftung einen Dolch bei sich. Belgien. Sociales. * Brüssel, 4. August. Dem „Patriot" zufolge drangen 500 Socialisten in da« katholische VereinSlocal zu Mecheln und zerstörten und plünderten eS. Mehrere Personen wurden dabei durch Messerstiche schwer verletzt. Zwanzig von den Ruhestörern wurden verhaftet. — Eine Katholiken Versammlung, der 3000 Personen, darunter die meisten Brüsseler Abgeordneten, beiwohnten, beschloß, die Regierung aufzufordern, gleich beim Beginn der neuen Kammertagung Vorschläge zu einer socialen Gesetzgebung nach deutschem Muster zu machen. Italien. * Rom, 4. August. Die „Riforma" hat mit dem heutigen Tage ihr Erscheinen eingestellt. Großbritannien. Lt-Hnng-Tschang. * London, 4. August. Li - Hung - Tschang besuchte heute Nachmittag den Premierminister Lord Salisbury. Die Zusammenkunft war sehr herzlich. Die Unterredung dauerte etwa eine Stunde. Derselben wohnte nur der Bot schafter bei. Der Viceköuig besuchte sodann das Ober- und Unterhalls, wo er sich mit Chamberlain unterhielt. Die „Times" veröffentlichen einen langen Bericht über eine Unter redung eines ihrer Berichterstatter mit Li-H u n z-Tsch an g. Dieser hat als Zweck seines Londoner Aufenthalts unter Anderem angegeben, daß er für China die Erlanbniß er wirken wolle, gleich Japan die Zölle für die in den Ver- tragShäfen eingehenden Maaren von 5 auf 10 Procent vom Werth ;u erhöhen. Diese Forderung wird mit dem starken Fall des Silberpreises und der Nothwendigkeit durchgreifender Reformen in Heer und Flotte innerhalb der nächsten fünf Jahre begründet. Rußland, Frankreich und Deutschland sollen bereits zngestimmt haben. Die „Times" erklären, man werde diese Forderung nach dem äo ut. äes-Princip be handeln und sie verlangt als Gegenleistung innere Reformen, wirksamen Schutz der Missionare, Beseitigung der Abgaben im Inneren, gleiche Behandlung des Land- und SeehandelS, sowie Garantien dafür, daß die englischen Concessionen nicht zu geheimen Abmachungen mit Englands Rivalen mißbraucht werden. Als Hauptzweck seiner Reise bezeichnete Li, Eng lands Sympathien sür China zu erwerben; davon werde Alles abdängen. Li versicherte, zwischen dem Kaiser von Rußland lind ibm sei kein Wort gesprochen worden über die phantastischen Pläne in Betreff der Abtretung Liatongs. Weder Rußland noch andere Staaten hätten als Lohn für die China gewährte Hilfe einen Geheim vertrag oder Sonderconcessionen gefordert. England könne daher mit ihm ohne Furcht vor dergleichen verhandeln. Li bezweifelt auch, daß die transsibirische Eisenbahn zu einer Verschiebung der Handelswege führen und mit dem Seeweg werde concurriren können. Die „Times" nehmen an, England werde die Lieferungen sür die chinesische Flotte erhalten, während Deutschland bereit- Bestellungen auf Kanonen und Frankreich auf Gewehre zugesagl worden seien. * London, 4. August. (Oberhaus.) Das HouS nahm alle Lesungen der FinanzbiN an. Bei der Einzelberathung der Bill, betreffend die Arbeiter in Irland, beantragte Lord Arran die Einfügung eines neuen Artikel», welcher bestimmt, daß eine locale Untersuchung ftattzufindeu habe in den Fällen, in welchen gegen die löpfisch dreinblickender, ältlicher Mann mit Fischaugen. Er grüßte Tommy obenhin und nickte dem Kutscher vertraulich zu. „Dem Kutscher eine Flasche Bier und uns Ingwer-Ale oder Champagner, Capitain!" rief Tommy. „Setzen Sie sich zu uns! Ich stelle Ihnen hier meinen Freund Cartbew vor. Wir kommen zu Ihnen in Geschäften. Wir wollen uns auf den Jnselhanvel für eigene Rechnung werfen und möchten Sie freundschaftlich zu Ralhe ziehen." Der Capitain war nach Tommy's Ausspruch ein viel seitiger Rathgeber, fand aber keine Gelegenheit, seine Weis heit glänzen zu lasten, denn Hadden ließ ibn nicht zu Worte kommen. Kaum hatte er den Mund aufgethan, wurde er von dem übermäßig lebhaften Jüngling wieder unterbrocken. Dieser legte ihm nach umständlichen Einleitungen Fragen vor, verfiel aber beim ersten Versuch einer Antwort in Proteste, Anzweiflungen, Berichtigungen und Verspottungen. Einmal zankte er den alten Haifisch sogar vom sittlichen Entrüstungsstandpuncte tüchtig auS: „Verzeihen Sie, aber Herr Cartbew und ich sind Gentlemen und können unS auf solche Geschäfte nicht ein lassen. Sehen Sie denn nicht, mit wem Sie'» zu thun haben? Können Sie denn gar nicht vernünftig reden? Können Sie uns keinen wirklich guten Wink geben, womit wir bandeln sollen?" „Wie soll ich daS, wenn Sie mich nicht reden lasten? Ich habe mit Flinten und WachholderschnapS gehandelt." „Lassen Sie sich Heimgeigen!* rief der Feuerbrand. ..Diese Artikel waren in Ihren Zeiten Mode, aber jetzt, wo Sie alt sind, ist's damit vorbei. Ich will Ihnen sagen, womit heutzutage etwas zu machen wäre." Und er setzte seine Meinungen zehn Minuten lang aus einander. Carthew lächelte und dielt den Plan schon für iinauSfübrbar, denn Hadden dünkte ibm ein allzu unverläß- l cher Geselle. Während Norri« sich köstlich unterhielt, kocht« Bostock innerlich und bemerkte hövnisch: „Sie scheinen sehr viel zu verstehen?" „Jedenfalls viel mehr al« Sie. DaS ist eigentlich selbst verständlich, denn Sie sind ja ungebildet und haben fast Ihr anzes Leben auf dem Meere verbracht." „Ick trinke auf Ihre Gesundheit, Tommy? Sie werden a»t den Neu-Hebriden eia Gebäck erster Güte sein." Den wahren Sinn dieser Worte mißverstehend, hielt der junge Mann sie für ein Lob und sagte: „Ich habe Geld und Erfahrung, wa« mir noch fehlt, ist eia billiges, brauchbare» Schiff, «in guter Capitain und eine Empfehlung behufs Erlangung von Credit für Handels artikel." „Vorher muß ick Ihnen sagen, wa« ick unter Gebäck verstehe. Ich habe Männer Ihrer Art gebacken und gegessen werben sehen und den Scbmauser nachher klagen hören, sie feien zäh oder »«schmackhaft gewesen." „Was soll das heißen?" fragte Hadden verblüfft. „Daß mich Ihre Pläne nichts angeben. Ich habe Ihr Leben nicht versichert, aber ick bevaure den Kannibalen, der ben Versuch machen sollte, Ihren harten Kopf zu fressen. Statt eines Fahrzeuges und eines CapitainS möchte ick Ihnen «inen tüchtigen Sarg und einen unternehmungslustigen Leichcnbestatter empfehlen. Sehen Sie zu, ob Sie einen billigen Sarg auf Credit kriegen können. Ihr Freund hier scheint viel mehr Verstand zu haben als Sie, — sehen Sie, wie er Sie auSlacht!" NorriS wußte nicht, ob Bostock wirklich erbost sei oder nur in seiner derben Weise vertraulich scheizr. Tom aber nahm diese Redensarten sehr übel, stand auf und wollte offen bar sortgeben, als sich plötzlich etwas Außerordentliches er eignete, das der Sache eine ganz andere Wendung geben sollte. Der Droschkenkutscher saß dir ganze Zeit über, rme Meerschaumpfeife rauckend, am Nebentijch, mit dem Rücken gegen die Drei, und kein Wort von Hadden'S Beredsamkeit entging ihm. Jetzt, al« die Lage kritijck zu werben begann, drehte er sich unerwartet um uud sprach die erstaunlichen Worte: „Verzeihung, meine Herren! Wenn Sie mir da» Sckiff kaufen, da» ich im Sinn habe, so verschaffe ich Ihnen dea HandelScredit." Tom traute seinen Ohren kaum. „Ei, wa» fall denn da» bedeuten?" fragte er nach einigen Sekunden. „Sage ihnen, wer ich bin, Willem!" sagte der Kuljchcr zum Wirth. hältst Du e» für sicher genug Ion?" „Ick will'» riSkiren." „Meine Herren!" rief jetzt Bostock. .Hassen Sie mick Ihnen Herrn Wick» verstellen, dea Capitaru derGrac» Darling"." „Ja, meine Herren, der bin ich! E» wird Ihren bekan»' sein, daß ich Unannehmlichkeiten batte. Ick hab« thaffächlick den verhänglnßvollen Scklag geführt, aber woher sollte ich den Bewei» nehmen, daß ,ck derau-gefordert worden bin? So mußte ich mich denn verstecken. Seit drei Jahren bi» ich Droschkenkutscher, ohne daß man mir auf die Spur ge kommen wäre." Carthew, der bislang noch kein Wort gesprochen hatte, ergriff jetzt das Wort: „Ich bin hier fremd und weiß nichts von dieser Geschichte. Westen waren Sie beschuldigt?" „Des Mordes. Ich habe, wie gesagt, den Schlag geführt, jedoch nur infolge einer Meuterei. Fragen Sie Willem; er kennt den Sachverhalt genau." „Nun, und was bat's mit dem zu kaufenden Schiff und mit dem Handelscredit für eine Bewandtniß?" fragte NorriS. „Ich habe Herrn Havden'S Auseinandersetzungen angehört und halte dieselben für vernünftig. Manche seiner Ideen sind geradezu ausgezeichnet. Ich glaube, ich könnte mich mit ihm febr gut vertragen. Ich bin de« DrosckkenkutschrrlebenS überdrüssig und mochte gern wieder zur Ser geben. Ich babe mir etwa hundert Pfund erspart, die ich «inschießen würde, falls Sie mich al« Dritten im Bunde habe» wollen. Was den Credit betrifft, so kann ich denselben jederzeit seitens der alten Firma haben, von der ich ihn schon oft batte; sie hat bei mir nie einen Pfennig verloren und würd^ mir mit Freuden wieder sür «inen hohen Betrag Maaren zur Verfügung stellen. Und daß ich, der ich zehn Jahre hindurch Sckooner befehligt habe, ein guter Schoonercapitain bin, wird Willem Ihnen bezeugen." „Der denkbar beste", bekräftigte Bostock. „Aber wie wollen Sie'» anstelle«, sich bervorzu l agen ?" wandte Tommy ein. „Mit einer Droschke können Sie lange unentveckl herumfahren; sobald Tie jedoch «in Halbverdeck betreten, wird man Sie erwischen» alter Knabe!" „Freilich muß ich mick bi» zur Abfahrt verborgen halten und auch «inen anderen Namen annchmen." „Welchen anderen Namen aber?" fragt« der noch immer etwa» verblüffte Hadden. „Da» weiß ich noch nicht", erwidert« Wick» grinsend. „Ich werde mir einen kaufen; krieg ich keinen, so wird oer alte Farmer Kirkup mir den seinigea vermiethen." „Sie scheinen ein bestimmtes Schiff '» Auge zu haben* nahm Cartbew daS Wort. „Allerdings, und wa» für ein» noch danr! E» ist die Schoonrryacht „Traum". Ihre Ln«stattuna ist ausgezeichnet uud sie fliegt wie eine Hexe. Einmal schoß sie in der Nähe der Donnerstag-Insel an mir vorbei und machte zwei Knoten gegen den einen meiner „Grace Darling", und auf die „Grace Darling" war ich stet« stolz gewesen. Ich hätte mir da» Haar auSraufen können, und seither war der „Traum" mein Traum. Damals trug er eine blaue Flagge und gebörte dem ebenso reichen wie verrückten Grant Saiiderson. Als er irgendwo in der Gegend de« Fliegenflustes am gelben Fieber starb, fanden fick fünf oder sechs Testamente und ebenso viele Wittwen. Da Niemand das echte Testament und die echte Wittwe von den übrigen unterscheiden konnte, erhoben alle Witlwen Anspruch auf die Erbschaft und pro- cessirten wüthend mit einander. Es war eine der größten ckiiues oslsbres, die die Welt je gekannt hat ; sogar der Lorv- Kanzler und der KammergericktS-Präsidrut wurden geschlagen. Inzwischen lag der „Traum" unbenutzt da und begann zu verfaulen. Kürzlich wurde der Streit beendigt» daS^Der- mögen einer der vielen Wittwen zugesprochen und da» Schiff kommt dieser Tage zum Verkauf. Da e» schon stark an gefault ist, wird e» sehr billig zu haben sein." „Wir groß ist e» den» eigentlich?" „O, groß genug für un» Drei; wir thaten bei seinem Umfang sogar gut, noch einen vierten Mann beranznziehen. Auch wüsten wir eines Koch haben. Grün« Matrvien kann ich abrichten, aber mit einem neugebackenen Koch möchte ich nicht in See stechen. UebrigenS habe ick einen geeigneten Mann im Auge, meinen einstigen SchifsSgenossen Amalu. Er kocht famoS und ist ein Eingeborener, waS von hohem Vortheil ist. Er läßt mit sich machen, was man will, denn er hat zu wenig gelernt, um seine Reckte genau zu kennen." Seitdem Wicks sich in daS Gespräch gemischt, gewann Carthew wieder Vertrauen zu dem Unternehmen. Der Capitain schien ihm gutmüthig uud tüchtig. Da er den Plan für gut hielt, sein eigene» Geld dran Wenden wollte und so leicht den nöthigea Credit verschaffen konnte, so mußte etwa» dran sein. So beschloß Norri- denn, mitzuthun. Hadden und Bostock versöhnten sich, einigen Flaschen Champagne, wurden die Hälse gebrochen, ein Tnnkspruch folgt« aus den andern. Der Antrag de» Ex-Kutsch"», den „Traum" in „Schön» Teufel" umzutaufen, falls m*n ihn kaufen würde, fand einstimmige Annahme, und noch vor Sonnenuntergang war die „Schönleufel-Insular-Handels Gesellschaft" gegründet. (Fortsetzung folgt.)
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