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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961104011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896110401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896110401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-04
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Veza-A-Prei» Ue «ddL»E»siat, «schock «n'/.? «he. M AHnSSn-gabt NichiUwgs «n 5 Ltz^ Uch«tt-» m»h LneLUio«: Aatzanne-gaffe 8. Gkecktzpe-Awn sst vwcheutag- ununleebeathen W^siett »« früh s bis »Wb-F Uß^ FiNalt»; Htt» Kle««'- G^tt«. Mlfre» Hahn), «ioersitätssrreh« - (Haiti»»»), Lau- Löflhe, Ketbaemeakt«. 14. vart und Könlgsvlatz H Morgen-Ausgabe. KlWALr TlUMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königkichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. «azetgemPrei- ble 6 gespaltene Petitzeile 20 PsH Reklamea »»ter dem Rebactioasstrich (4ae- spaltra) üO^, »ar »eu Famüiennachrichtra (S gespalten) 40 GrSher« Echrtftra la»t »irrem Preis- «qeichRid. Tabevarischer a»L Assseania» »aq höherem Tarif. »Beilagen (gefalzt), »ar mit de, a-Aaegad«, ohne HosthefSrderu»- >.—, mit Pojtbeiörder»»- 70.—. A«Kshmeschl«ß sar ^Nzeizen: AbenL-Ausgab«: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Vit Le» Filialen und Annahmestelle» je «t»a halbe Stund« früher. Riijetgen sind stets au die ExpeSitiao zu richte». —e Druck nnd Vertan van E. Bolz in Leivjiq SV. Jahrgang. a? 561 Mittwoch den 4. November 1896. Ver Herzog von Orleans rind Frankreich. Alrr Bennätzlon- Ve- Hering» van Orleans. llv Wen» fürstliche Eben in unsere» Tagen im Allgemeine» nicht geeignet sind, den Gang der Politik entscheidend zu beeinflussen, so kann dock dir Vrrmablung deS Herzogs von Orleans, deS Träger- der royalistischen Ansprüche auf Frank reich, nicht al- drdentuugslos bezeichne» werden. Der Herzog aewinnt durch seine Hrirath mit der habsburgischen Prinzessin Beziehungen, dir ihm freilich nicht den Weg zum Tbrone ebnen, nicht Waffen für seine Ansprüche verschaffen werden, die aber, wenn einmal da- Zünglein an der Waage bin und her schwebt, im entscheidenden Augenblicke al- Gewicht für ibn in die Waagschale fallen können. Und diese Aussicht ist für den Prätendenten nicht ohne Wertb. Je langer, desto mehr ist Herzog Philipp zu einer ernst zu nehmenden Persönlichkeit erwachsen. Jener Besuch in Frankreich 1890, der ihm den Spottnamen deS „Prinzen Gamellr" rintrug, konnte freilich nur allgemeine Heiterkeit erregen. Aber seitdem er zum Haupt der Familie aufgerückt ist, bat er in verschiedenen Kundgebungen gezeigt, daß er seine ererbten Rechte und Ansprüche sehr ernst nimmt und, waS wichtiger ist, daß er Berständniß zu haben scheint für den Weg, auf dem sie zu verwirklichen wären. Er hat die Absicht ausgesprochen, sich zum Abgeordneten wählen zu lassen; und von diesem Gedanken ist der Schritt nicht weit zu einer Eandidatur in zahlreichen Wahlkreisen, die den Herzog, wenn sie glücklich au-fäll«. als den Erwählten eine großen TbeileS der Nation zeigen würde. Diese Politik ist nun freilich durchaus unorleanistisch. Es ist die Politik der Bonaparte-; und der Theil der Orleanisten, die diesen Ge danken deS Herzog- mit lebhaftem Widerspruche empfingen, bat insoweit die Traditionen deS Hause» Orleans mit Fug vertreten. Der junge Herzog aber bat anscheinend erkannt, daß ihm diese Traditionen gegenwärtig wenig helfen können. Die Orleans sind ihrer Vergangenheit nach in Frankreich wenig beliebt. E- hat ihnen an Glanz gefehlt, an der Fädigkeit, sich eine gute Figur zu machen. Der Bürgerkönig mir dem Regenschirm mußte bei den Franzosen schnell der Lächerlich keit anbeimfalleo, und Lächerlichkeit, so heißt e» ja, tödtet in Frankreich. Auch deS Herzog- Bater, der biedere, sparsame, stille Graf von Pari», war nicht der Mann, die Nation zu gewinnen und zu begeistern. WaS aber ihnen abging, scheint Herzog Philipp gegeben zu sein. Er scheint die Fähigkeit zu besitzen, glücklich zu posiren; er scheint den Schwung zu haben, den die Franzosen brauchen und lieben. Und wenn man auf seine tieferen Eigenschaften eingeht, so beweist r- doch Muth, daß er mit den politischen Uebrrlieferungen seine- Hause- zu brechen wagt, und Berständniß für die Zeit, wenn er erkennt, daß er nur durch die unmittelbare Beziehung zu den Massen de- französischen Volke- seine» Ansprüchen Rück grat verleihen kann. Für einen unternehmungslustigen, geschickten und glänzenden Prätendenten aber ist die Lage nicht ungünstig. Der Bona- partiSmu-, der sonst nicht üble Aussichten hätte, entbehrt rhatkräftiger Prätendenten vollständig. Nach dieser Seite bin findet Herzog Philipp da» Fel» frei. Hat sich nun die Re publik zweifellos in einem Vierteljahrhundrrt zu befestigen vermocht, so hat sie doch zugleich eine solche Eorruption mit sich gebracht, baß die frtnstfllbligen Politiker sich mit der Masse in der Empfindung eine» großen Widerwillen- be gegnen und sich vielfach da- Gefühl geltend macht, e- sei schon hrffer, einen Herrn zu haben, als sich von Bielen be stehlen zu lassen. WaS die Franzosen wohl am meisten an die Einrichtung der Republik kettet, da» ist da» vrmotratische Moment, da- sich in ihr ausspricht; und wenn Herzog Philipp die» nun für sich auSzumünzen weiß, so ist es nicht unmöglich, daß er im Uebrigen die Franzosen mit einer andern Staats- form befreunden kann. Denn waS die Franzosen eigentlich brauchen, da- bat Karl Hillebrand, der unter allen Deutschen da- gallische Bolkvielleicht am besten kannte,vorzüglich getroffen,wenn erden «demokratischen EäsariSmuS" als die für sie geeignetste Regierungsform bezeichnete. DaS Bolk verlangt nach einem Cäsar. ES jubelte dem hoblköpfigen General Boulanger au» keinem andern Grunde zu, al- weil er den Muth fand, Cäsar zu spielen. Es berauschte sich vor wenigen Wochen in dem Anblicke eine- Monarchen, in dem lange entwöhnten Genüsse höfischen Prunke- und höfischer Eliquette. Ziehen wir diese Eigentbümlichkeit der Franzosen in Betracht, so dürfen wir wohl sagen, daß es nur darauf ankommt, daß ein Mann von Glanz und Schwung die ererbten königlichen Ansprüche geltend macht; er würde in dieser Zeit, da Frank reich so arm an Männern ist, den Erfolg nicht schwer an sich fesseln können. Herzog Philipp muß zeigen, ob er der Mann ist, den sein Volk gebraucht; gegenwärtig jedenfalls verbessert er durch seine Beimählung seine persönliche uud politische Stellung in nicht zu verkennender Weise. Deutsche- Reich. * Leipzig, 3. November. Da« Präsidium deS Reichs gerichts hat bestimmt, daß da« neu einlretcnde Mitglied I>r. Kayser den Vorsitz in dem fünften Civilsenat übernehmen, also genau an die Stelle seines Vorgängers treten soll. Die Proceffe, über welche dieser Senat zu ent scheiden hat, bewegen sich auf den schwierigsten RechtSgebieten deS altpreußischen Rechte-. Der seitherige Vorsitzende diese» Senates, vr. Wiener, der Specialist im Handelsrecht war, sah sich daher nach seiner Ernennung zum Senatspräsidenten vor eine sehr schwere Aufgabe gestellt; er bat sich bei ihrer Bewältigung überarbeitet und dadurch den Grund gelegt zu rem Leiden, daS ihn zwang, vorzeitig in Pension zu gehen. Sein etatmäßige- Gebalt bezieht nun seit dem 1. November Herr l)r. Kayser; da dieser aber zunächst einen vierwöchigen Urlaub bat nehme» müssen, so bleibt vorläufig der Vorsitz in den Sitzungen de» fünften CivilsenateS wie schon seit langer Zeit iu der Hand de» ältesten Rathe». Berlin, 3. November. In den preußischen Pro- vinzialsynodea wird der Ansturm auf die tbeo- logischen FacultLten systematisch betrieben. Wie kürzlich in Berlin die brandenburgische, so bat dieser Tage in Danzig die westpreußische die Forderung ausgenommen, daß da» Kirchenregiment in stärkerer Weise al» bisher von der Staatsregierung die Besetzung der evangelisch-tbeologischen Facultäten mit Professoren verlangen soll, „die im Bekenntniß der Kirche stehen". Bezeichnender Weise stehe» kirr wie dort an der Spitze der Be wegung die Führer der politischen äußersten Rechte», hier Freiherr von Manteuffel mit Herrn Stöcker, dort Herr von Puttkamer-Plauth, und so ergab sich schon au- de» politischen Boraussetzungen in beiden Provinzen, daß e» bei jenen Anträgen nicht nötbig war, sachliche Einwände zu widerlegen. Man batte die Mebr- heit, «nd so genügte e», nach Wiederholung und Bariiruog der tönenden Phrase von der Beunruhigung de- evangelischen Balke» durch ungläubige Professoren mechanisch diese Mehr heit wirken zu lassen. Aber deutlicher bat sich schon in der westpreußische» Provinzialsynode gezeigt, daß vor den Absichten der Herren Stöcker und Genossen e» selbst die „dekenntniß- treuen' Professoren bereit- zu grausen beginnt. Al» ent schiedenster Gegner ist in Danzig der Königsberger Professor der Theologie vr. Cornil ausgetreten, der, wie er vorauS- sckickte, „obne Feilschen und Mäkeln auf dem Standpunkt des Apostolikums' stebt, aber um so fckärser dagegen Verwahrung rinlegte, daß auf diese Methode die Freiheit der Wissenschaft mundtodt gemacht und die Lehrer der Theologie an den Hoch schulen gebindert würden, auch auszusprechen und zu lehren, was sie in gewissenhafter Forschung als Watubeit erkannt haben. AuS dieser Rede spricht die tiefe aber begreifliche Verbitterung deS deutschen Gelehrten über die in jenen Be schlüssen liegende Tendenz, daS wissenschaftliche Niveau ver theologischen Facultäten berabzudrücken und damit den natürlichen Einfluß de» Lehrer» auf den Scküler, die Voraussetzung einer geschlossenen Heranziehung des geist lichen Nachwuchses, zum Schwinden zu bringen. Was den anderen Facultäten Recht ist, kann auch die evangelisch-theologische billig für sich verlangen: daß Gelehrten stellen nur für Gelehrte da sind und nur für wissenschaftliche Fvrscherarbcit und Leistungen verlieben werden. Keinem „bekenntnißlreüen Mann' ist bisher um dieser Eigenschaft willen die akademische Laufbabn verlegt gewesen und wenn es nun an Professoren nach dem Schema Stöcker fehlt, dann wird eS bockst wahrscheinlich ganz natürliche Gründe haben. Um so verwerflicher ist darum ein Verlangen, da- den schädlichen Eindruck Hervorrufen muß, Ideologische Professuren könnten für «Gesinnungen" verliehen werden. Man würde über diese Versuche, in die berechtigte Freibeit der theologischen Wissenschaft Bresche zu legen, gelassen binweggeben können, nenn nickt, wie wir schon kürzlich betonten, leider da» Ver halten de» Vertreter» der preußischen Regierung auf der brandenburgischen Provinzialsynode deutlich gezeigt hätte, daß die Nachgiebigkeit des CnltuSministerS vr. Bosse gegen diese Tendenzen bedenklich im Wachsen ist. Wenn daher Herr Stöcker, der ja noch «in Landtag-Mandat in Händen hat, nickt dafür sorgen sollte, daß im Abgeordneten hause seine Piojecte zur Sprache kommen, so wird hoffent lich die nation al liberale Fraction die Jnitative ergreifen, um mit aller Entschiedenheit dafür einzutrrten, daß die Lehr freiheit der evangelisch-theologischen F cultätea in dem „führenden" deutschen Staate unangetastet bleibt. * Berlin, 3. November. In dem „national-socialen' Organ, der „Zeit', wird die Feststellung au- dem Opa- lenitza-Proceß, daß der TistrictScommissar v. Carnap eine zur Verwaltung eine- obrigkeitlichen Amte» ungeeignete Persönlichkeit ist, zum Ausgangspunkt folgender Weisheits sprüche über Polenpolitik genommen: „So lange man die „ollen Kamellen" längst ver- gaugener polnischer Aufstände dazu benutzt, um den Polen die gleiche Behandlung wie den anderen Untrrthanen zu verweigern, so lange werden sie niemal» gute Untrrthanen werden. Die Unter- drückungspolitik hat bisher nicht die mindesten Erfolgt gebracht, wenn anders man nicht in den wachsenden Wahlsiegen der Polen solche Erfolge sieht. Man versuche «S uun einmal mit einer Politik der Gerechtigkeit, d. i. der völligen Gleichstellung der polnisch und der deutsch redenden Pre. en. Vor Allem versage man der Provinz Posen nicht dir Selbstverwaltung, die eine der Grundlagen der bürgerlichen Freiheit ist. Polnische Amtsvorstehrr und polnische Landräthe würden dem Drutfchthum weit förderlicher sei», als Lberschneidige deutsche Districtseommisfare, di» durch ihr Benehmen ebenso sehr ihre Nation wir di« Autorität der Regierung schädigen. Denn daß polnische Berwaltungsdeamt« sich nicht etwa durch zu große Mild» gegen ihre StammeSgenofsrn auszeichnen würden, dafür spricht die Erfahrung, Li« in ähnlichen Fällen immer di« gleiche war." Die „Nat.-Ztg." entgegnet hierauf: „Nicht um Mild« oder Härte gegen die Stammesgenoffen bandelt eS sich, wenn man polnische Landräthe nicht ernennt und dos Institut der Ehren-Aintsvorsteher in der Provinz Posen nicht »insüdrt, sondern darum, daß man nicht obrigkeitliche Aemler zur Propaganda gegen die preußische Staatsgewalt mißbrauchen lassen will. So lange es in der Provinz Posen unmöglich ist, die Amts vorsteher einzusühren, bleiben besoldete HIlssbramte des Landratbs, wie die Dislrietscommissare es sind, unentbehrlich. Aber die den Lommissar v. Larnap betreffenden Feststellungen enthalten eine ernste Mahnung an die Regierung, für die Districiscommissarposteii Vie Persönlichkeiten mit größter Sorgfalt auszuwählen. Osficierc, welche aus irgend einem Grunde frühzeitig den Militairdieust ver lassen haben, sind dazu nur in seltenen Fällen besonders geeignet, denn sie bringen gesellschaftliche Ansprüche mit, die auf einem solchen untergeordneten und fast niemals rin Aufsteigen in Aus sicht stellenden Posten unerfüllbar sind. Es wäre zu erwägen, ob nicht ein Theil der zahlreichen unbesoldeten Assessoren als Hilfs beamte der Posener Landräthe verwendet werden könnte. Ein Assessor, der nur für einige Jahre eine derartige Stellung über- iiähiue, würde sie eben deshalb mit anderen Augen onsehen und anders aussüllen, als ein pensionirter Okficier, der sich voll Un zufriedenheit für den Rest seines Lebens daran gefesselt weiß. Durch derartige Stimmung oder Verstimmung werden Ausschreitungen, wie dir des Eommissars von Earnap, selbstverständlich weder ent- schuldigt, noch auch nur erklärt; wir sprechen hier von der Be- letzung der Dislrictscommiffar-Stellenfim Allgemeinen, da sie vielfach von Kennern der Provinz Posen als ungeeignet bezeichnet wird." Soweit die «Nat.-Ztg.'. Wir möchten unsererseits hinzu fügen, daß die «wachsenden Wahlsiege' der Polen da» Er gebnis der„Versöhnungspolitik' deSGrafen Caprivi sind. Ob dieser schon an die Einsetzung polnischer Ver- waltungSbeamien als Mittel zur Förderung des Deutsch- tbums gedacht hat, wissen wir nicht. Möglich ist e» ja. Aber wir glauben doch, daß die «Zeit' ia dieser Beziehung den Grafen Caprivi übercaprivit hat. ?. Berlin, 3.November. (Telegramm.) Zur gestrigen Frübstuckstafel im Neuen Palais waren der SlaatSiecrelair des NeickSmarine-AinlS Admiral Hollmann und der Conlre- Admiral Frhr. von Senoen-Bibran geladen. Nachmittags unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen gemein samen Spaziergang in die Umgebung deS Neuen Palais. Heute Vormittag hörte der Kaiser von 9 Ubr ab den Vor trag deS Staat-secretairS de» ReickSschatzamleS Grafen v. PosadowSky-Wehner und empfing um 10 Ubr den Kriegs minister Generallieuteoant v. Goßler zum Vortrage. Wegen der ungünstigen Witterung haben der Kaiser und die Kaiserin die Absicht aufgegeben, an der heutigen Hubertusjagd im Grünewald theilzunehmen. ---Berlin, 3. November. (Telegramm.) DaS Staats ministerium trat heute Nachmittag unter dem Vorsitze deS Fürsten Hobenlobe zu einer Sitzung zusammen. o-r Berlin, 3. November (Telegramm.) Der Director deS JnslituS für Infektionskrankheiten, Geh. Rath Koch, wird sich der „Nordd. Allgem. Ztg." zufolge auf Einladung der Regierung der Capcolonie nach Capstadt begeben, um einen fachmännischen Rath für die Bekämpfung der Rinderpest zu ertbeilen. ö. Berit», 3. November. (Privattelegramm.) Die „Post" erklärt die Meldung, daß der Landeshauptmann vr. Echmt-t als Nachfolger des MajorS v. Miss mann in Aussicht genommen sei, für unbegründet. L. Berlin, 3. November. (Privattelegramm.) Maximilian Harden hatte in der Zeitschrift «Zukunft' gelegentlich mitgetheilt, daß Heinrich v. Treitschke der „Zu- kunst" daS Versprechen gegeben habe, ihr eiuen Beitrag zukommen zu lassen, ein Versprechen, daS er nicht habe er füllen können. Demgegenüber erklärt Professor Theodor Schiemann in der ,^reuzzig.", v. Treitschke habe ein solches Versprechen nicht gegeben, vielmehr einen Brief, den Harden an ibn gerichtet, mit einem nicht mißzuverstehenben ab schlägigen Bescheide beantwortet. Fsttttlst-w. AuS dem Wanzengeschlecht liefert in Mexiko eine Wasser wanze (eine Lori») ihre Eier z« einem, wie man sagt, sebr wodlschmeckendea Mahl. Die den Wanzen verwandten Elkaden galten, wie Aristoteles berichtet, bei griechischen Schwelgern al- etwa» brsonder- Feine-, namentlich die von Eiern strotzenden Weibchen. Sie wurde» geräuchert unL auf Fäde» gereiht auf den Markt gebracht, worüber der alte Aulian sich mißbilligend äußert, denn, meint er, e- seien doch Leo Musen geweihte Tdiere. Freilich sind da» eigentlich nur die männlichen Individuen, dir Weibchen sind nickt musikalisch, »a- bekanntlich Aaakreoa zu dem sehr unpassenden und unverantwortlichen Ausspruch veranlaßt hat: Glücklich leben die Likaden, Denn sie habe» stumme Weiber. Auch die nordamerikanischen Rotbbäute pflegten eine merkwürdige Eikad«, die zu ihrer Entwickelung 17 Jahre braucht, zu verspeise». Eine beliebte Leckerei ia allen tropischen Ländern stad dir Termiten oder weiße» Ameisen, die freilich alle- Andere eber sind al- gerade Ameisen: am nächsten sind ff« noch mit Ohr würmer» »«rwandt. Man macht ia Indien Löcher in ihre Baue und räuchert sie mit brennenden stinkenden Kräutern au-. E» wird ein Pulver au- ihnen bereitet, da- mit anderem Mehle »»»mischt wird. In Afrika sowohl al» in Südamerika »erden di« Thiere gleichfalls genossen, und be sonder» soll», die Eier bei sich habenden Weibchen sehr wohlschmeckend sein, wie mir verschiedene Bekannt, au» Er fahrung versicherten. Ja Südafrika breant man sie in der Art, wie msa Kaffeebohnen brennt, und tßt sie al» köstliche Eveise ohne Weitere» an- der Hand, »uv sie sollen wie Mauveltorte schmecke». D»ch auch wirklich« Ameisen werden gearffe«, und Hum boldt berichtet, daß man in Brasilien eine delieate Vrübr au- ihnen zu machen versteh«. Ich hab« al- M»-He »ft rothe Waldameisen gegessen und kann »ersichern, »aß sie «tue an genehme Saure an sich haben. In verschiedenen Gegenden habe ich gesehen, »aß man Branntwein auf ihnen zugleich mit Wachhol»,rbeere» abfirht, nicht Llo- zn äußerlich«», so», der« auch zu innerlichen Abreibungen. In Ceylon sollen auch Entomophagen. Lor einigen Woche» war in diesen Blättern di« Rede von Akridophagen, Heuschrecken verzebrradrn Völkern. Eine ganii Anzahl von Jnsrcten bienen dem Menschen zur Speise. Wir alle wissen au- der Bibel, oder sollten r- wenigstrn» wissen, daß Johanne- der Täufer in der Wüst« Heuschrecken aß, bi- er, wie Dicquemare Dijonval, eia Offfcier der französischen Republik vou 1794, in eine« interessant«« Buch Über Spinnen sagt, guillo- tiuirt wurde. Der Atridopbaaen gedenken schon der Geograph Strabv und Di »dar«- Siculu-, Herren, di« nahezu 2000 Fabre todt sind. Auch die den alten Römern gelegentlich sehr lästigen Partbrr verzehrte» nach Pliain- jene Thiere al- rare Leckerbissen. In Arabien verübt man noch heute «in WiebervergeltungSreckt au deo Heuschrecken, dir dort öfter- den Leuten die Felder kabl fressen, und Zerreibt sie, getrocknet, auf Handmühlen, vermischt da- gewdanen« Pulver mit Mehl und bäckt Brod daraus, da gar nicht übel schmecke» soll. Ein« ander« Art, sie oerzurickte», erinnert an »ie Zubereitung-weise der Gerneelen »der, wie «an die Thiere hier fälschlich nennt, der Seekrabbe«: «an reißt ihnen den Kopf ab, entfernt Bein« »ad Flügel, kocht sie danu in Waffe» und schwenkt sie mit Butter ab Di« Hotieatotten freuen sich laut Bericht de- schwedische»» Reisende» Sparr»»,n, wenn sie Besuch »an HeuschnckenschwLrmen b,k»«men; sie essen »an» s» »iel« der Thiere, »aß sie «ertlich fetter davon werden, nnd der- stehen au- ihre» Eier» ein« delieate Suppe zu bereiten. Noch im voriae» Jahrhundert, «Nd vielleicht geschieht es noch heutigen Tage-, wurden nie langbeinige», spruug- freudigen Ersger des Felde- »agruweis, al- Nahrungsmittel nach Fez ans den Wart» gebrach». S» Indien legt «an sie ei», nn» di, Aethivpier koche» si, «in« halb« St»»»« lang in Wasser, dünste, sie mit Salz, Pfeffer an» etwa- Esst- nnd ziehe« sie s» znberetttt fvgnr den Taube» vsr. Ein englischer Naturforscher, der »mgierig war, Sbeppard hieß er, fing,- sich e«H« unser« gemeine» grüne» Heupferde, ließ sie mit Igegessen werben. Bittrer znbarttra» »» f«n si, dvrzilgUch. I 9» Kleinasien wird da- Product einer We-p« gern ge ¬ nossen, nämlick Gallapfel, die auf verschiedenen, aromatischen Salbriartrn gefunden w-rden. Man macht sie mit Zucker ein und verschickt sie al» Näscherei, die z. B. in Konstanlmopel auf den Markt gebracht wird. Auch in Frankreich soll eine Art auf der Gundermannpflanze vorkommender Galläpfel ge gessen werden, aber RSaumur, der nickt blo» Thermometer erfand, sondern auch einer der ersten Zoologen seiner Zeit war, will diese Ergebnisse der Wespenstiche nicht unter die guten Früchte gerechnet wissen. Käferlarven werden an vielen Orten gegessen, und im Grunde genommen sind die betreffenden Formen al» reine Vegetarier viel vertrauenerweckender al» Krebse, die bekannt lich nicht- lieber fressen al« AaS. Wer den ersten Krebs und wer die erste Auster aß, da- müssen tapfere Leute ar- wesen sein; jetzt, wo da» Ei« gebrochen ist, ist «S kein« Kunst, — d. h. wenn man vom Preis» absiebt, denn an- gesicht- dessen wird wenigsten« Austrrnrssen allerdina» zur Kunst. In West- und Ostindien werden die daumendicken Larven eine» großen Rüsselkäfers (Laiauära palmaruw) mit Vergnügen verspeist, und schon Aulian bericklrt, daß rin indischer König seinen griechisch«« Besuchern als Consect derartige „Würmer' »um Nachtisch vorgesetzt hab«. In Westindirn beißt der „Palm wurm' Grugru, und sachverständige Europäer verzehren ihn gehörig zubereitet mit Vergnügen. Ja, da« ist eS eben, auf die Zubereitung kommt r» an, wie Talleyrand'S Koch sagte, r» wäre kein« Kunst, auß einem alten Glacsbandschuh ein feine» Ragout zu machen, e» käme nur auf die Zutbatrn an. Auch die alten Römer, die überhaupt so ziemlich Alle in den Mund steckten, wa» da zappelte «nd krabbelte zu Wasser und zu Laude, aßen im Holz lebend« Insektenlarven. Wridenbobrerraupeu find da» gewiß nicht gewesen, wie Li uns und Ray meinen, dir den lateinischen Namen Loeeu» auf diese übertragen haben, den« di« haben einen abscheuliche« Geruch, «a» ja an uud für sich nicht» beweist, venu alter Käse stinkt erst recht und, wie ein bekanntes Sprichwort sagt, schmeckt doch. Aber man holt« sie au« alten Eicken, die die Raupe de» Weidrnbohrer» wodl kaum bewohnt; höchstwahrscheinlich war jener Losen« die Larve eine» großen Bockkäfer-. Eine solche wird heutigen Tag- noch im tro pischen Amerika für den Tisch reicher Leute gesucht und theuer bezahlt. Ich kann mir übrigen- recht wohl verstellen, daß auch richtig rubereitete Maikaferlarven nickt so Übel schmecken möge». Supp« von völlig entwickelten Maikäfern soll, wie man sagt, von einer besonder» anregenden Wirkung sein, namentlich wenn noch Sellerie hineingeschnitten ist. SckmetterlingSraupra habe ich öfter» vorgesetzt bekommen, nämlich al» Student ia Göttingen im Blumenkohlgemüse des Aschanti». Unter Aschanti versteht der Göttinger Student den „Fraß' au- den Garküchen. E» ging die dunkle Sage, daß in den vierziger Jahren sich in Deutschland rin paar Aschanti- gerrigt hätten, die Alle- essen und vertragen tonnten — Kieselsteine, Glasscherben u. s. w. Al» sie aber nach Göttingen gekommen seien, habe man sie au» jenen Garküchenj beköstigen wollen, aber gleich nach der ersten Mahlzeit seien Vie Armen gestorben. Die Chinesen, dic im Eßpuncte nicht» weniger al» heikel sind, verzehren die Puppen de» Seidenschmetterlings, nachdem sie dcn Cocon abgehaspelt haben. Der berühmte Astronom La lande delectirte sich an den Raupen de» Koblweisi lina» und behauptete, sie schmeckten wie Haselnüsse. Er aß auch Spinnen, worin er allerdings in der holländischen gelehrten, alten Jungfer Anna Maria SckÜrmann hysterischen Andenken» eine Vorgängerin batte. Mein alter Freund und Land«mann Rösel von Rosrnhof erzählt von einem seiner Bekannten, daß er sich Spinnen mit Butler aufs Brot zu schmieren pflegte, um sich „auszulaxirrn". Wodl bekomm'», wenn'» schmeckt, denke ich da mit dem rheinischen Hausfreund Vater Hebel. Da» Bolkswort sagt: Besser eine 8... im Kraut als gar kein Fleisch, und die bewußten Müllerflöbe sind «in Leib gericht vieler Naturvölker. E» soll ein erbaulicher Anblick sein, wenn «ine hottrntottische Venu» den Wollkopf ihres Mar» absucht und dabei „vou der Hand i» Leu Mund' lebt: Blüh« liebe« Veilchen, von der Hand la» Mäulchen. Bor etwa dtrrriz Jabren, al» ich noch rin braver Knabe und stolz war auf die ersten Schaftstiefeln und langen Losen, kam ia da» Hau» meiner Eltern ein alter Parkarbeiter, Schwarz hieß er, war au- Mellingen bei Weimar und hatte noch di« Jenaer Schlacht mitgemackt, der aß den deutschen Käse am liebsten in Gestalt von Maden. Hierorts kenne ich üvrigens Einen, ich will ihn nicht nennen, aber mit dem ersten Buchstaben heißt er „Fritz", dem sind milbige Käse die allerliebsten. Ldaeun » aon gollt! E- muß auch solLe Käuze geben l V. ßö.
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