I. Das Wesen der öffentlichen Meinung. Der Mensch ist ein ^ü>ov TrsXmxäv, ein Eemeinschaftswesen. Auch wo er als Individuum denkend, fühlend, handelnd auftritt, sind alle seine Lebensäußerungen durch die Menschengemeinschaft, in der er wurzelt, bedingt. Auch ein Robinson besitzt eine Reihe wichtiger Merkmale der Gattung Mensch nur dadurch, daß er einer Menschengemeinschaft bereits mit Bewußtsein angehört hatte, ehe er in die Einsamkeit verschlagen wurde. Das Tier wird schon dadurch in seiner Gattung existenzfähig, daß ihm die Eltern das natürliche Leben geben. Ein domo sapiens aber wird zu dem, was wir uns unter einem Menschen vorstellen, erst da durch, daß ihm die Mitmenschen direkt oder indirekt immer wieder das geistige Leben neu geben. In dem, was der Einzelmensch glaubt, meint, wünscht und tut, schwingt das Glauben, Meinen, Wünschen und Tun der anderen zu ihm in irgendwelchen Be ziehungen stehenden Menschen mit. Die Lebensfunktionen, die von einer Vielheit, von einem größeren menschlichen Eemeinschaftskörper ausgeübt werden, nennen wir öffentliche Funktionen. Dem öffentlichen Leben steht das private Leben gegenüber, den öffentlichen Interessen die privaten Interessen. Der Gegensatz zwischen privat und öffent lich ist nicht unbedingt mit dem von Individuum und Gemein schaft gleichzusetzen. Es können auch mehrere Menschen gemeinsam eine Daseinsäußerung vornehmen, ohne daß sie sich dadurch zu einem Sozialkörper zusammenschließen, den man als ein öffent liches Gebilde bezeichnen müßte. Öffentliche Interessen sind nur dort vorhanden, wo ein im Verhältnis zum Ganzen bedeutender sozialer Teilkörper durch dieses Interesse mit berührt wird. Der römische Juristengrundsatz „publicum ius est <zuoä acl statum lei romauao spevtat, privatum uuocl acl siu^ulorum utill- tatem" wird den komplizierten soziologischen Formen öffentlichen Daseins nicht mehr gerecht. Die rein geistigen Beziehungen der Menschen untereinander, sowohl der Individuen wie der Sozial-