530 Alfons Dopsch Materiales geleistet haben, so sind uns hier Quellen neu zur Ver fügung gestellt, welche die noch immer anzutreffende Behauptung von Grund aus widerlegen, daß es für diese frühmittelalterlichen Zeiten keine Quellen gäbe. Die neue Auffassung von der Selbständigkeit und Bodenständig keit der germanischen Kultur Inner- und Nordostdeutschlands, welche durch die Archäologie begründet wurde, ist immer mehr auch durch neue Richtungen der kunstgeschichtlichen For schung unterstützt worden. Während man früher alle Kultur güter vom Süden oder Westen her importiert dachte, tritt jetzt die hohe Bedeutung des Ostens und auch des Nordens immer nach drücklicher hervor. Es genügt hier aus der großen Masse der Leistungen auf die Namen Ellis H. Minns, Adama van Scheltema, Kondakov, Latyshev, M. J. Rostowzew, Josef Strzygowski und Tallgreen zu verweisen. Die bedeutsamen Kultureinflüsse, auf welche diese Forscher so nachdrücklich hingewiesen haben, werfen auch ein Licht auf wirtschaftliche Verkehrsbeziehungen. Wir lernen die großen Ver bindungslinien kennen, auf welchen von Indien und Persien her über Griechenland (Ostrom) künstlerische Einwirkungen sich geltend gemacht haben. Der Abfluß des Goldes vom oströmischen Reiche zu den Barbaren am Ausgang des 4. Jahrhunderts findet in dem Goldreichtum Schwedens während des 5. Jahrhunderts seine Entsprechung, wie umgekehrt die Menge der römischen und ara bischen (kufischen) Münzen an den Gestaden der Ostsee deutliche Zeugen eines lebhaften Kulturaustausches schon am Beginne des Mittelalters darsteilen. Für die Aufdeckung der großen wirtschaftlichen Zusammenhänge mit dem Osten hat gleichzeitig auch die wissenschaftliche Aus bildung der Papyrusforschung mitgewirkt. 1 ) Sie lehrte ja nicht bloß die Wirtschaft Ägyptens kennen, sondern leuchtet tief hinein in die gesamte Wirtschaftsgeschichte von der Antike bis ins frühe Mittelalter. Ihre Ergebnisse berichtigen vielfach grundlegende An schauungen der älteren Forschung, wie z. B. über das Verhältnis von Natural- und Geldwirtschaft, anderseits aber auch über die 1) Vgl. besonders L. Mitteis und U. Wilcken, Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde, 1912; sowie auch M. Rostowzew, Studien zur Gesch. des röm. Kolonates, 1910.