Zur Methodologie der Wirtschaftsgeschichte 531 soziale Wirksamkeit der Grundherrschaften (Kolonat), sowie die Feudalisierung der öffentlichen Gewalten. Nicht nur der Reich tum an positiven Neuerkenntnissen wirtschaftsgeschichtlicher Art macht diese Forschungsarbeit so wichtig, sie brachte vor allem auch methodologischen Gewinn: die Befreiung von den alten Schranken rein territorialer, bzw. völkischer Betrachtungsweise. Wohl ist die vergleichende Rechtswissenschaft schon lange ge pflegt worden und kann stolz bereits auf stattliche Errungenschaften zurückblicken. Aber die rechtsvergleichende Methode hat ebenso wie die neuere soziologische Betrachtungsweise gerade in jüngster Zeit der Wirtschaftsgeschichte immer mehr Neuland er schlossen. Ich will keineswegs die gegen die Soziologie vorge brachten Bedenken verkennen. Es wird wohl nicht zufällig sein, daß sie gerade von einem Historiker akzentuiert wurden, der an juristische Schärfe der Begriffsbestimmung gewöhnt ist. 1 ) Ohne Zweifel aber hat doch diese soziologische Methode ihre Be rechtigung und ihren Nutzen eben für die Wirtschaftsgeschichte. „Auch in seinem wirtschaftlichen Verhalten ist jedes Individuum durch gesellschaftliche Mächte bestimmt“ und zwar nicht nur durch jene des Rechtes und der Sitte, sondern auch in seinen Bedürfnissen, Trieben und Willen. Sind darin aber die Zwecke, bzw. Kräfte der Wirtschaft beschlossen, so können Richtung und Maß der Wirtschaft auch nicht rein persönlich bestimmt sein. 2 ) Die soziologische Betrachtungsweise hat so mancher Erscheinung der Wirtschaftsgeschichte eben durch die gesellschaftliche Ein ordnung erst den richtigen Platz angewiesen und als typische Form bestimmter ökonomischer Vorbedingungen erkannt, was man früher als spezifische Eigenart einzelner Völker und Zeiten hingestellt hatte. Ich denke z. B. an die Hauskommunionen, die keine bloß südslavische Einrichtung sind, oder aber die künstlichen „An brüderungen", Wirtschaftsgenossenschaften, die ebensowenig eine völkische Eigenart bekunden. Die Soziologie arbeitet ihrem Wesen nach übervölkisch und kann daher durch ihre Methodik für die Wirtschaftsgeschichte sehr 1) G. v. Below, Soziologie als Lehrfach (Schmollers Jahrb. f. Gesetzgebung, Verw. und Volkswirtsch. 43 (1919), S. 1271 ff. 2) Vgl. F. v. Wieser, Grundriß der Sozialökonomik I. Abt., 2. Teil, 2. Aufl. 1924, S. 115.