Das Plakat

iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiN C O. CZESCHKA / VON DR. WILHELM NIEMEYER, HAMBURG*) Czeschka wurde 1908 von seinem Lehramt an der Wiener Kunstgewerbeschule zu gleichem Amt an die Kunstgewerbeschule in Hamburg, und von seiner Mit tätigkeit an den WienerWerkstätten zu verwandtem künst lerischem Dienst an der hamburgischen und der allgemeinen deutschen Werkarbeitberufen. Die Verpflanzung stellte den Künstler vor eine grobe und wichtige Auf gabe: er wurde der Ver mittler zwischen der vor ganz Europa rühm* vollen Zier- und Sach kunst Österreichs und dem norddeutschen Kunstboden. Er hat diese Aufgabe mit der Kraft einer groben per- sönlichenBegabung er griffen und erfolgreich gelöst. Er ist ein Vor bild, ein Anreger, ein Befruchter geworden. Er hat als Sendbote des hochentwickelten, geis tig so streng bewubten Wiener Kunstgefühls in Deutschland, in Nord deutschland, in Ham burg gewirkt, hat weg weisend gezeigt, was Form, dem Leben die nende Form, was klar geprägte, geistig durch prüfte, was lautere, heimischen Kunstwillens, eine zu starke Fremdbeein flussung der eingeborenen Kräfte durch die so streng geprägte und eigenwillige Kunst Wiens besorgt. Solche Befürchtungen hat die Erfahrung als grundlos erwiesen. Für lebendige Fortent wicklung der Kunst ist zu aller Zeit kein Vor gang so wichtig wie der der Befruchtung. Das ewige Spiel der Anregungen und An eignungen, Übertra gungen und Anpas sungen, Beeinflussun gen und Umwandlun gen ist das Leben der Kunst. Kunst ist immer ein Empfangen und Wiedergeben, Weiter geben. Audi die Kunst Wiens, die auf Deutsch land so stark anregend wirkte, auch sie hat Be fruchtungen empfangen und ist erwachsen, ist Selbsiium geworden, als lebendige Aneig nung grober allgemei ner Kunstgedanken im Werke einiger wenigen schöpferischen Men schen. Das Wienertum, das C.O.Czeschka nach Hamburg brachte, war in Wahrheit nur der eigenartig begriffene und persönlich gestal- schönheitsvoll geschlos sene Form ist und sein soll. Er hat eine neue Bild 1 / C. O. CZESCHKA / Buchtitel Verlag: Georg Westermann, Braunschweig fefe, grobe europäische Zeitgedanke einer neu en Wahrhaftigkeit der Jugend mit der Kraft dieses bewubten Formgefühls er zogen. Die Besten dieser Jugend haben in der Schule dieser Form sich und ihre nordische Seele tiefer gefunden, sie klarer aussprechen lernen. Nicht immer und überall ist der grobe Wert dieses erziehenden und beispielgeben den Wirkens verstanden worden. Manche Kunstfreunde und gewisse engere Kreise haben eine Ablenkung des *) Der Aufsatz erschien als Vorwort zur Sdiriftprobe der Czesdika- Antiqua der Schriftgieherei A.G. Genzsch Si Heyse (vergl. Beilage). Form, einer tieferen Sittlichkeit der Form, als sie das Weltalter der Industrie gekannt halte. Die Morris, Ruskin und Mackintosh haben in England als im ent wickeltesten Industrieland diesen Gedanken zuerst er schaut und befolgt, haben ihn durch Lehre und Werk allen dafür reifen Geistern Europas übermittelt. Ihm gehorchend, haben starke Künstler und tief sittliche Seelen, Josef Hoffmann als Baumeister, Kolo Moser als Maler und Zierkünstler, Gustav Klimt als Maler die junge Be- llllllll HIHI HIIHIHHIIIHIIIIHIHHHIHIH IlIHHIIIIHIHIHIHIHHIIHHHHIIHHIHHHIllIHHHI DAS PLAKAT 423 r U L 1/ AU G U ST 19 2 1