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Sächsischer Bauernkalender
- Bandzählung
- 10.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 280-1931
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1671244664-193100003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1671244664-19310000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1671244664-19310000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Sächsische Mundartklänge in unserer Umgangssprache
- Autor
- Langer, Johannes
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Kapitel
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftSächsischer Bauernkalender
- BandBand 10.1931 -
- TitelblattTitelblatt -
- KapitelGeleitwort zum 10. Jahrgang des Sächsischen Bauernkalenders 1
- KapitelKalendarium 2
- KapitelGoethe-Worte 26
- ArtikelAus den Schäfereierinnerungen des Geheimrats Adolph Steiger auf ... 27
- ArtikelAltmörbitz bei Kohren 32
- Abbildung[Altmörbitz bei Kohren] 33
- ArtikelPflanzt Walnußbäume 34
- ArtikelVon der Löbschützer Schweinezucht 35
- ArtikelWetterscheiden in Sachsen 38
- ArtikelRittergut Frohburg 39
- ArtikelMein erster Auerhahn 42
- AbbildungRittergut Sahlis: Westlicher Hofausgang 43
- ArtikelDie Rittergüter Sahlis und Rüdigsdorf 45
- Kapitel[Gedichte] 50
- ArtikelDie Versuchswirtschaft Oberholz des Institutes für Tierzucht und ... 51
- Artikel25 Jahre Arvedshof 54
- ArtikelWeidegenossenschaft Birkenhain 57
- ArtikelGut und Silberfuchsfarm Königslust im Erzgebirge 60
- ArtikelDie Pferdezucht Edwin Krauses in Clennen bei Leisnig 62
- ArtikelEiniges über Entstehung und Verbreitung unserer Bodenarten 64
- ArtikelRings um Löthain 67
- KapitelDie landwirtschaftlichen Schulen im Winterhalbjahr 1929/30 72
- ArtikelNeukirchen, Kunz von Kauffungen und Anderes 73
- KapitelSächsische Mundartklänge in unserer Umgangssprache 76
- ArtikelDas Jahr des Landwirts 79
- ArtikelGeflügelhof Oberjahna bei Meißen 80
- ArtikelDer Reuning-Steiger-Preisträger für 1929 Gutsbesitzer Rudolf ... 82
- ArtikelFührer der Landwirtschaftswissenschaft an der Spitze der ... 85
- ArtikelZum Gedächtnis 88
- KapitelZwei Siebzigjährige 91
- ArtikelChronik der sächsischen Landwirtschaft 91
- KapitelDas silberne Schaf 93
- ArtikelDie Kunst auf dem Bauerndache 95
- KapitelVerzeichnis der Mitglieder, Kreisdirektionen, Abteilungen und ... 100
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis 104
- SonstigesAnzeigen -
- BandBand 10.1931 -
- Titel
- Sächsischer Bauernkalender
- Autor
- Links
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Sächsische Mundartklänge in unserer Umgangssprache. von Dr. Johannes Langer i» Freiberg (Sa,), In Hamburg sagen die feinen Leute zueinander „Hol bin Mul", Luther sah dem „gemeinen Mann aufs Maul", und ge legentlich hört man noch jetzt von hochanständigen Leuten, daß ein Mädchen oder eine Puppe ein „hübsches Guschel" hat. Gan; vornehme und gebildete Leute und solche, die es sein wollen, rümpfen bestimmt bei derartigen Ausdrücken die Nase. Solche Worte gehören eben nicht in die „gute Stube", in unsere „hochdeutsche" Sprache. Sie stehen für gewöhnlich ja auch nicht in Büchern! Reines Hochdeutsch ist aber auch nicht die Umgangssprache der meisten Deutschen, und in der sog. guten Stube hält sich die Familie auch nicht jeden Tag, jede Stunde auf! wir schreiten meist im Alltagsgewand unserer heimatlichen Mundart durchs Leben und benutzen das Hochdeutsch nur bei wichtigen An lässen. Das Hochdeutsch war durch Luther erst auf der Spracke der sächsischen Kanzlei aufgebaut worden, um über di« vielen Mundarten hinweg ein allgemeinverständliches Deutsch zur Ver fügung zu haben. Nun steht diese gemachte Sprach« eingezwängt zwischen toten Duckstaben, festgeformt in Lescbückrrn, Akten, Theater büchern usw. Aber draußen auf der Straße, im Wald, auf dem Feld, auf der Arbeitsstätte, in den Häusern, kurz überall, wo Menschen in lebendiger, gesprochener Sprache miteinander verkehren, da herrscht die Mundart! Sie ist die wahre Mutter sprache, sie lebt und ändert sich infolgedessen immerzu. Altes fällt ab, Neues wird jeden Tag geboren. Obgleich sie uns Alle — mehr oder weniger — beherrscht, wird sie doch vielfach nicht so geachtet wie das Hochdeutsch. Die Sprache (nicht nur die Schrift sprache) ist aber schlechthin das beste Kunstwerk, das ein Volk hervorbringt. Zum Kunstpalast des Hochdeutschen nahm und nimmt man noch die Bausteine aus den deutschen Mundarten, wir dürfen dies Verhältnis nie vergessen! Heute wollen wir einmal mehrere vielgebrauchte Aus drücke unserer Mundart nähe rauf ihre Ent stehung und auf ihren Bedeutungswandel an sehen. vielfach ist der alte Wortsinn ganz verloren gegangen. Mancher Ausdruck wurde in althochdeutscher Sprache geprägt, dann i» der darauffolgenden mittelhochdeutschen Sprachperiode (mhd.— mittelhochdeutsch; etwa von -;oo bis -soo gesprochen) umge- wandclt. Unsere Mundart bewahrt nun vielfach dieses alte Wort bild noch, während es später in neuhochdeutscher Zeit (nach ssoo bis jetzt) nochmals eine Umwandlung durchmachtc. Manche Aus drücke kamen als Lehnworte aus fremden Sprachen zu uns (lateinisch, jüdisch, französisch, tschechisch usw.). Unsere Mundartworte ent nehmen wir dem bekannten obersächsisch-erzgebirgiscken Wörterbuch von Müller-Fraureuth. Ls sind nur herausgegriffene Beispiele, die dem Leser auch manchen Spaß machen werden! wenn wir geboren sind, beginnen die Eltern uns aufzu- päpeln (mdh. pepelen — füttern, zärtlich pflegen), der Mutter hesondere Freude ist es, wenn wir anfangen, auf eignen Beinen zu stehen und zu laufen. Dann heißt's „Unser Jung« die seit schon" (mhd. bifen — umherrennen wie Rindvieh; Verkleinerungs form; althochdeutsch bissen, pison — Rind). Oder man hört die Mutter in der Stube zanken: „Färzel ni so rin" (färzeln — bin- und herlaufen, oft zur Tür ein- und ausgehen; mhd. varn — sich bewegen). Schnell sind wir wieder daußen (^-- draußen; inhd. duze aus da uzen) und achten der mütterlichen Schelt« nicht: „wart ner, du Farzgelock" (mhd. lecken — springen; daher in Thüringen das Sprichwort: Was jung ist, läkst, was alt ist, kräckst). Die Mutter kann den Jungen nickt einholen, sie tratscht (schwerfällig auftreten, Verstärkung von mhd. tretten — treten) in ihren Bambuschen (Hausschuhe, franz, babouche) zu langsam und hat Angst, daß sie damit in dieMantsche (Mantschepantsche, mhd. mangrzen — durcheinandermengen) fällt. Sie hat aber keinen rechten Mumm (aus der Soldatensprache; Entschlossenheit, ver stand, von lateinisch animus — Geist, verstand). Dem Kind war die Schelte jedoch ganz piepe (gleichgültig, schnuppe, von niederdeutsch piepe pfeife, auf etwas pfeifen), denn es ist ja nun der zugedachten Dachtel (Ohrfeig«, von mhd. dchsen — schlagen) entgangen. Der klein« Porpel (Porps, die Porpe; Kind, das sich wie ein Erwachsener wichtig macht. Porpe wohl durch Umstellung der Laute Propf-en, obersächsisch Proppen; wir sagen ja anstatt Porps gleichbedeutend auch Stöpsel) nimmt sich nun gerade rechte Zeit und tämpert (lat. tempus — Zeit), blinzelt erst nochmals zurück (mit halbgeschlossenen Augen oder verstohlen blicken, von mhd. blindezen — blind machen), dann geht der Griebs seines Weges (kleiner Junge, eigentlich Obstkern gehäuse, Kehle, Gurgel; demnach ein Körperteil als Bezeichnung für den ganzen Menschen. Mhd. grobiz, grubz — Kehlkopf, Kern gehäuse). Trotzdem es leis« nieselt (Sprühregen, nässeln), geht er mit einigen Kameraden in die Hahne butten (mhd. Hag — Gebüsch, Butte — Gefäß, Kcrngehäus) und muß keuchend den Berg Hinaufkrappeln (hastige Bewegungen machen, kriechen, kratzen, von mhd. krappelen — leise jucken, klettern). Hier füllt er sich seine Gapse (Kleidertasche, Beutel, von lateinisch capsa — Be hältnis, davon oberwendisch kapsa — Tasche), dann verknuselt er einige Früchte (behaglich verzehren, Verkleinerungsform von knusen — verdauen, vertragen von mhd. gnusen — drückend zerreiben; ver- chnusen ----- zerquetschen). Vie Hutzeln wirft er als unansehnliche Früchte weg (mhd. Hutzel — vertrocknet« Birne; auch kleine Person, altes Weib). Nun machen sich die Kinder einen Jucks (lateinisch iocus — Scherz) und jächen einander (gechen, Gegeche — jagen, rennen, von mhd. jöuchen — jagen, vertreiben). O Jem inee (Jesus Oomine, wie Herrje), da kommt ein großer Stäins (stämmiger Junge, von Stämpel; auch stämsig — kurzer, dicker Mensch; gebildet von stammhaft), der stiebizt die gesammelten Früchte (mhd. stüppcn — stechen, stehlen, kaum von mbd. stiebt», stäuben, stöbern), er packt einen der Jungen beim Nischel (Kopf, althochdeutsch Hirniscala ----- Hirnschale; falsche Trennung und Deu tung) und tut, als wollte er ihn abmurksen (töten, abschlachten, ungeschickt und erfolglos an etwas arbeiten; zu mhd. murc — inorsch oder bloße Lautnachabmung). So treibt der lange Scklottch (langer Lottich ----- großer Mensch, Lümmel zu Latte ----- Schoß, Sprosse sprachlich gehörend, also etwa — hoch aufgeschossen) mit den Kleinen Schindluder (wie der Schinder — Henker mit dem Luder — Aas — tierischen Leichnam umgeht) und walgert die Jungen noch tüchtig am Boden herum (rollend hin- und bcrbcwegen von mhd. walgen, welgen — wälzen). Es entsteht schließlich ein tüchtiger Krakeel (geräuschvoller Streit; gleicher Wortstamm mit krachen, aber nach französisch querelle ge bildet) und Schlamm assel (— Durcheinander; jüdisches Wort von hebräisch schla-massel — Unglück), bei dem jeder gehörig ge- gunkst wird (Gunks — Stoß; bayrisch noch jetzt gumpfen, aus mhd. gumpen — springen). Unser Kleiner ruft noch schnell dem Unhold zu „Alter Stieße!" (stoßender Ochs, tölpelhafter Mensch; stießlich — dumm, mhd. stoczel zu scozen, sticzen — stoßen), aus größerer Ferne ruft er ihm sogar „Alter Unflat" zu (säuischer Mensch, mhd. unvlat — Schmutz, dagegen vlaete — Sauberkeit). Nachdem er ihn so geuzt hat (ärgern, necken, entweder von jüdisch uz — drängen oder von italienisch uciecha — Belustigung), reißt unser Knabe stände Beene (stehenden Fußes, lateinisch stante pede) aus. Man hört ihn noch ziefzen (Schmerzenslaute äußern, von mhd. siufzen — seufzen; auch ziefern, ziepen), er war ganz mank (matt, von lateinisch mancus — verstümmelt, gebrechlich; vgl. unser: er war ganz mengenge), er zutscht seine Fingerwundc aus (trinken, mhd. zutzel — Sauglappen; wie lutsch, nutzschen gebildet) und betrachtet den Flatschen, der von seinem Hosenboden hcr- untrrgerissen ist (breites, flaches Stück, ahd. flaz — flach; davon stammt mhd. vlatsche, Vletsche — Schwert mit breiter Klinge). Ihm kommt es natürlich nicht in den Sinn, daß dieser Flatsch sprachgeschichtlich aufs innigste mit unserem Schimpfnamen „alter Fl ätz" zusammenhängt (erzgeb. fletschen heißt breit, flach schlagen; heute noch sich Hinfletzen, flätzen, d. h. sich breitspurig, unanständig hinsetzen. Ein solcher Mensch ist «in Flätz — unanständiger, unge hobelter Mensch). Um daheim keine Schwummse oder Wamse (prügel, eigentlich das Wams klopfen) zu bekommen und bei der Mutter „Eindruck zu schinden", nuddelt und kn ätscht unser Kleiner (beide Male weinen bedeutend. Nuddeln — weinen, trällern, in Wiederholungen singen, von althochdeutsch hnutten, mhd. nütteln — schwingend zuschlagen, notten — sich hin- und herbewegen. Knar- schen, naatschen, Genatsche, auch knietscl>en — weinen, weinerlich sprechen. Dies hängt wohl sprachlich mit knetscken ----- durchdrücken, zerquetschen zusammen, das wiederuni eine Verstärkung von kneten ist. Unser Knatschen — weinen bezieht sich dann auf das aus gesuchte Auspressen von Tränen. Genatsch machen bedeutet auch etwas weinerlich verlangen). Der Junge kannte seiner Mutter Schwächen wie jedes Kind genau, er war sonst stets ihr Owät sch e r l e (Nesthäkel, mhd. abars, awasel, awesel — Aas. Man hört beute noch gelegentlich die Koseform: Du kleines Aas!). Sie nannte ihn auch oft im Scher; ihren Ouärgel (kleiner Junge, Knirps,
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