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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190708247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19070824
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19070824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-24
- Monat1907-08
- Jahr1907
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1907
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I I"- L etwas Weiches, Verführerisches, zugleich, als wirke der Blumenduft, den ihr: ansströmte, betäubend. „Was gedenken Sie de in mit all den Blumen anzu fangen?" fragte er, sich zu ihr neigend. „Verschenken will ich sie". „Werden Sie mir...ch eine zum Abschied, zur Erinne rung geben?" „Ja, gewiß", aut:r0 " te das junge Mädchen mit zitternder Stimme, „wählten Sie, welche Sie wollen". „Nein, wählen Sie für mich. Oder doch nein, ich will lieber selbst diejenige in Ihrem Korbe suchen, die Ihnen am ähnlichsten ist". Unter Rosen und Orchideen, Flieder, Veilchen, Farn kraut und Kamelien entdeckte Nene endlich einen Strauß wilder Zyklamen. Er nahm drei Blüten heraus und zögerte einen Augenblick: Tann ergriff er den ganzen Strauß. „Erlauben Sie mir, ihn zu behalten", sagte er, „der Gedanke, daß irgend ein anderer dieselbe Blume ans Ihrer Hand erhalten sollte, ist mir unerträglich". Nell fand nicht Zeit zu einer Antwort- Ein allge meines, aus Erstaunen und Bewunderung gemischtes Schweigen war plötzlich in dem Salon eingetreten. In der Tür stand ein Weib. Etwas überrascht über den durch ihr Erscheinen verursachten Eindruck, blieb sie gleichsam zöa.rnd auf der Schwelle stehen. Ter Direktor der Billa sowie Glaczkvwicz hatten sich erhoben und eilten der Ankommenden mit einer tiefen Berneigung entgegen. „Prinzessin, welche Ehre, welche Ueberraschung!" stammelte der Tirektor, ihr ehrerbietig die Hand küssend. „Wer ist das?" fragte Nell. Und irgend eine Stimme »eben ihr antwortete: „Es Ist die Prinzessin Eorglione, Donna Marika". Ja, gewiß. Tas war sie, die schöne Vision aus Sankt Peter. Jetzt erkannten sie Nell und Nellie, es war dasselbe Gesicht mit den samrnetartigen Augen und den reinen Linien. Serafine hatte sie wahrlich schön ge wacht. Tvnna Bianka trug das Brautkleid der Corgliones, ein mit Silberlilien durchwebter Tamast, der sie wie eine Strahlengarbe umfloß. Tas Kleid war alt und ent stammte der schönen Florentiner-Epoche. Tie Corgliones waren mit den Montecorvellvs gleichen Ursprungs. Tie Korsage ließ Hals und Nacken frei; letzteren umrahmte ein wunderbarer Medici-Gipürekragen Sie trug keinerlei Schmuck, weder am Halse noch auf der Taille, denn wie sie es bereits Angelotti gesagt, besaß sie nichts mehr. Jn- jhrenr Haar indes funkelte das Rubin-Tiadem, dessen Strahlen einen Purpurschcin auf ihre bleichen Wan gen warfen. Das Erscheinen der Prinzessin glich einer Aufersteh ung. Es war die Auferstehung einer Epoche, eines Ge schlechts, einer Welt. Es war nicht bloß ein Weib, das sich dort von Gelehrten und Künstlern umringt sah, nein, es war das Italien der Medici, das hier aufs neue lebendig geworden war. Niemand fiel es ein, sich über diese Erscheinung zu Wundern. Tie Schönheit der Prinzessin erweckte in allen Anwesenden dieselben Gefühle, die ein Kunstwerk aus das stluge des Beschauers hervorruft. Mit einem matten Lächeln ließ Bianka die Blicke Vmherschweifen. Sehr bald begegnete sie denen Nells pnd Nellies, die fest aus sie gerichtet waren. Auch sie erkannte beü>e Mädchen. Anfänglich zögerte sie. Welche von derben mocUe es Wohl sein, der Don Cäsar sein besonderes Interesse entgegenbrachte? Welche war die Erbin? Obgleich ver schieden, sähen sich die Cousinen dennoch vollkommen Lhnlich. Bon dem Wunsche getrieben, die zukünftig« Prin- 134 - zessin Montecorvellvs kennen zu lernen, machte sie einige Schritte vorwärts. „Sie haben da sehr schöne Blumen, mern Fräulein", sagte sie, sich dem Flügel nähernd, auf dem der Korb stand und an den Nell sich leicht angelehnt hatte. Und sich an Glaczkvwicz wendend, fügte sie mit ge winnender Freundlichkeit hinzu: „Würden Sie wohl die Güte haben, uns miteinander bekannt zu machen?" Nachdem die Vorstellung beendet, wendete sich Bianka wieder an Nell: „Es war eine glückliche Eingebung, daß Sie gerade dies Kostüm wählten. Es macht nicht den Ein druck einer Verkleidung. Sie lieben Wohl das Echte, Mahre?" setzte sie mit einem bedeutsamen Blick in die Hellen Augen des jungen Mädchens hinzu. „Tarf ich Ihnen eine der Blumen anbieten, Prin zessin?" fragte Nell tief gerührt unter diesem Blicke, der von einer beinahe übernatürlichen Klarheit er glänzte. Tann begann sie in dem Korbe zu suchen. Bianka sah ihr mit einem verlorenen Lächeln zu. „Weshalb suchen Sie so lange?" fragte sie, wäh rend Nells Hände bald die eine, bald die andere unter den Rosen aufnahm und wieder hinlegte. „Ich suche die Blume, die schön genug ist, für eie, Prinzessin und ich finde keine. Hier, diese vielleicht", fuhr sie fort, eine vote Lilie wählend, die sich unter einen Haufen blaßgelber Rosen verirrt hatte. „Nein, erlauben Sie", entgegnete die Prinzessin, „sehen Sie hier, diese ist es, die am besten fir mich paßt". Unter dichtem Laub versteckt, zog Biankas Hand aus diesem für ein Freudenfest geschmückten Korbe, eine pur purne Blüte hervor, die ein wunderbarer Zufall hier verborgen hielt, es war eine Passionsblume. Wortlos, wie erstarrt blickte Nell sie an. Aber noch ehe sie begriff, verschwand die Prinzessin mit einem freund lichen Tank, am Arm des Direktors- der um die Gunst bat, ihr die Villa zu zeigen, die Bianka seit Jahren nicht mehr betreten hatte. Hin und wieder begegnete sie alten Bekannten aus ihrer Mädchenzeit, denen sie Ton Urbino mit wahrhaftem Vaterstolz, ohne es ahnen zu lassen, in geheimen als seine zukünftige Tochter vorge stellt hatte. In der Bibliothek hatte sich Glaczkowicz zu »ynen gesellt. Tie Fenster waren geöffnet und die Weiche warme Luft einer sternhellen Frühlingsnacht drang herein. Vor der Billa warfen die sie umgebenden Bäume dichten Schatten umher. UeberaÜ waren indes ihre Nest« derge stalt beschnitten, daß sich drzrch jeden dieser Ausblicke hindurch die düstere Masse von Sankt Peter mit seinen Kuppeln und Wrmen am Abendhimmel abhvb. Und über das schlafende Rom goß der Vollmond sein mildes, sil berhelles Licht aus. „Wie kommt es, haß Sie mich all die Jahre her p» gänzlich vergessen haben?" fragte die Prinzessin den lie benswürdigen Polen. „Ich hatte sie wahrlich nicht vergessen! Mer, ein eingefleischter, alter Egoist, wie ich es nun einmal ge worden bin, flieht alle schmerzlichen Eindrücke. Ich habe deren zu viele jn meinem Leben zu verzeichnen. Ein Wiedersehen mit Ihnen, Prinzessin, hätte ihre Zahl nur vermehrt — heute gestattet mir das Alter, offen zu Ihnen zu reden. Wenn ich an Ihre glänzende Jugend zurückdenke, an alles, waF das Leben ihnen zu verheiheü schien, an das, was Sie dagegen fanden, an die un nützen Opfer, die Sie brachten, und an Ihre heutige Lage. Tas war zuviel, Prinzessin, und ich konnte es nicht er tragen, Sie zu sehen. Wissen Sie denn nicht, daß Sie für mich mein Leben lang das verkörperte Ideal von Rein heit und Schönheit gewesen sind? Das in Ihnen das ganze zauberhaft verführerische Italien, dem meine heiße Äebe gehört, vereint lag? Lassen Sie mich Schweigen^ Prinzessin, um nicht lächerlich zu erscheinen. In einigen Tagen vollendete ich mein zweiundstebzigstes Jahr, Sie - 135 allein, Tvnna Bianka, sind imstande gewesen, in mir die Sehnsucht nach der entschwundenen Jugend wieder wachzurufen". Gerührt und erstaunt sah Bianka den alten Verehr ten an, unterdes aus dem Salon die Töne von Griegs „Frühlingslied", das Nellie spielte, an ihr Ohr drangen. Einige Augenblicke später nahte ein junger Mann und setzte sich neben Nellie ans Klavier. Es war ein neuer Pensionär der Villa. Man bat um Lohengrins Hvch- zeitsmarsch. Er zögerte. Sein Auge fiel auf Bianka. Von dem Flügel aus konnte man ihre, an das Fenster gelehnte, vom Mondlicht überhauchte, schimmernd weiße Gestalt sehen. Und der Schönheit gedenkend, dte sie m diesem Augenblick symbolisch darstellte, erklangen unter dem mei sterhaften Spiel des Jünglings die Töne der in ewiger Schönheit verharrenden „Mondscheinsonate". Indes, der Abend rückte vor, und Frau von Verneutl gab ihren Njchten das Zeichen zum Aufbruch Es war Zeit zum Ball. RenL von Valgrand begleitete die Tomen zu ihrem Wagen. Fortsetzung MA Cannabis indica. Eine seltsame Geschichte von Adolf Stark. — Nachdr. verb. „Also Wir Wären einig", sagte Professor Zizingiberis und heftete den stechenden Mick seiner Augen durch die Brillengläser auf mich „Also, wir wären einig. Sie treten als Assistent unter den vereinbarten Bedingungen bei mir ein. Ich kann Ihnen versprechen, daß die Zeit, welche Sie in meinem Hause verbringen, in keiner Bezieh ung für Sie eine verlorene sein wird. Sie werden lernen, viel lernen, und Sie werden verdienen, viel verdienen, denn ich habe eine noble Klientel, die sich nicht schmutzen läßt, und ich sorge schon dafür, daß meine Assistenten zu etwas kommen. Der Tienst ist nicht übermäßig schwer. Ihr Ressort ist der linke Flügel, die Männerabteilung. Die rechte Seite hat mein zweiter Assistent unter sich, Dr. Pearsen, und das Zentrum, der Mitteltrakt, ist mein Privatgebiet. Ich schärfe Ihnen noch einmal ein, daß sie diese» Teil des Hauses, ohne gerufen zu werden, nie be- treten dürfen, daß Sie sich um die Vorgänge in demselben nie interessieren, daß Sie nie eine diesbezügliche Frage stellen dürfen, bei Vermeidung sofortiger Entlassung. Und jetzt bitte ich, mich für eine Stunde zu entschuldigen. Die Zeit der Visite ist gekommen, wo ich den Rundgang durch die Krankenzimmer machen Must Richten Sie sich inzwischen so behaglich ein, wie es Ihnen beliebt. Da drüben auf dem Rauchtisch finden Sie Zigaretten verschie dener Sorten und daneben auf dem Tischchen liegen die neuesten medizinischen Journale. Also, entschuldigen Sie, und auf Wiedersehen." Er drückte mir die Hand mit einer Kraft, die man dem kleinen, hageren Manschen nicht zugetraut hätte, seine stahlgrauen Augen blitzten mich nochmals scharf und durchdringend an und dann wär ich allein. Ich tat, wie mein künftiger Chef gesagt hatte, streckte mich behaglich auf Kem Svpha aus, langte eine von den Zigaretten herbei, die im Bereich meiner Hand standen und während ich die duftigen Rauchringe in die Luft blies, überdachte ich meine Lage. Daß ich hier in der Anstalt des Tvktor Zizingiberis als Assistent unterkam, wär ein Glücksfall/ auf den ich kaum gehofft, als ich auf die Anzeige in den medizini schen Blättern hin mein Gesuch eingeschickt hatte. Der Doktor hatte vollständig recht: die Stelle war glänzend dotiert und Zizingiberis galt allgemein als Gelehrter und Meister in seinem Jach, bei dem ein Assistent sich ganz wohl vervollkommnen konnte. Mein Gott, gewisse Eigen heiten hatte er ja, zum Beispiel diess strenge Verbot, seine Privatklinik im Mitteltrakt zu betreten. Aber das war eine Kleinigkeit, die mau bei den vielen Vorteilen der Stellung schon in Kauf nehmen konnte. Ich warf den Stumpf der Zigarette weg unv zün dete mir eine neue an. Mir war so wohlig und behag lich zu Mute, wie schon lange nicht. Das machte Wohl die Aussicht auf eine gesicherte, ja glänzende Zukunft. Förmlich berauscht kam ich mir vor, so, wie wenn ich Champagner getrunken hätte und nun meine Gedanken, ohne sich gerade zu verwirren, leichtfüßig mit tollen Capriolen ihre Bahn durchsprängen. Wo war ich vorhin stehen geblieben? Richtig, bei dem Verbot, den Mitteltrakt zu betreten und sich um die Vorgänge dort zu kümmern. Warum diese Geheimnis krämerei? Hatte Dr. Zizingiberis dort vielleicht jene Fälle untergebracht, deren Studium er sich selbst vorbehielt, und fürchtete er, daß ein anderer Arzt ihm den Ruhm irgend einer entdeckten Heilmethode streitig machen könnte? Möglich, ein herartiges Mißtrauen, eine solche Eifersucht ist bei Gelehrten nicht so selten. Oder waren es andere Gründe, weshalb ein Uneinge weihter jene Räume mcht betreten durfte? Man munkelte allerlei von dunklen Geheimnissen, die hinter den Mauern der Heilanstalt schlummerten, ohne daß aber jemand sagen konnte, was Wahrheit, was Tratsch und Phantasiege bilde sei. Ich erhob mich vom Svpha. Sonderbar, ich hatte das Gefühl der Schwere ganz verloren; ich wollte ein paar Schritte gehen, aber meine Beine flogen in die Luft, als sollte ich einen Hopser tanzen. Und dabei hatte ich ein so eigenes Gefühl im Kopfe, als seien meine Gedanken nicht ganz in Ordnung und stunden auf ebenso schwachen Füßen, wie ich selbst. Bei dem allen aber war mir un endlich wvhlig und bezüglich zu Mute. Es kostete mich eine ziemliche Anstrengung, cne Lure zu gewinnen unk' auf den Gang hinaus zu treten. Das Zimmer, in welchem sich unser Gespräch abgewickelt hatte, lag in einem der Seitenflügel, aber der lange Gang, auf den es hinausging, setzte sich iw den Mitteltrakl fort. Eine Türe, welche für gewöhnlich die beiden Teile vor einander abschlioß, stand weit offen; vielleicht hatte der Doktor sie zufällig zu schließen vergessen. Jedenfalls konnte ich den langen Gang vollständig überblicken. Während ich noch zögerte, was zu tun sei, ins Zimmer zurückzukehren oder eine Stiege suchen, die in de» Garten hinabging, öffnete sich Plötzlich im Mitteltrakt eine Türe und eine Frau trat in den Gang hinauss Anfangs sah ich nur die hohe, geschmeidige, jugendliche Gestalt, welche von einem Weißen schleierartigen dünnen Kleide umhüllt war, das die schönen Körperfvrmen voll hervortreten ließ. Dann wandte sie mir ihr Gesicht zu, etn Gesicht von solch hoher Schönheit, daß mich der Anblick wie ein Witz traf. Auch sie stand scheinbar betroffen über meine Anwesenheit dw Dann aber glitt sie lautlos den Gang hinckb, gerade auf mich zu. Ich eilte ihr entgegen. Hart an der Grenze des ver- bvtenen Mitteltraktes begegneten wir einander^ Sie streckte mir die Hand entgegen und sprach etwas in einer fremden Sprache, die ich nicht verstand. Aber der Klang ihrer Stimme und mehr noch der Ausdruck ihres Gesichtes und ihrer Augen verrieten mir den Sinn ihrer Worte. „Ich rette Dich, süßes Mesen", xief ich, „ich rette Dich, und wenn zehn Zizingiberis sich uns Entgegen stellen. Komm, komm mit mir " Ich schlang den Arm um ihren Leib und fühlte durch den dünnen Stoff hindurch die Wärme ihres Körpers^ Das Blut stieg mir vor Erregung in die Schläfen und' meine Brust keuchte. Sie aber warf plötzlich ihre Arme um meinen Hals, drückte mich an sich und küßte mich heiß und innig. Eine unendliche Wonne durchströmte mich in diesem Momente.
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