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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040118010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904011801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904011801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-18
- Monat1904-01
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Extra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmrschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeige« sind stets an die Expedit io« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Ämtsvlaü des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, 7V" des Rates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Montag den 18. Januar 1904. 98. Jahrgang. Letzte Nachrichten. * Berlin, 17. Januar. Der Kaiser machte gestern nachmittag eine Ausfahrt, besuchte da- Atelier von Prof. Carl BegaS und besichtigte am großen Stern im Tiergarten eine Kulissen-Malerei des dort aufzuslellenden Hubertus- brunnenS. * Berlin, 17. Januar. Die definitive Uebersiedelung de ka iserlich en HoflagerS vom Neuen Palais nach dem Berliner Schloß, die ursprünglich am 15. Januar stattsinden sollte, ist verschoben und nunmehr für den 26. Januar fest gesetzt worden. Veranlassung zu diesem Aufschub hat, wie eine Korrespondenz erfährt, der Plötzlich eingetretene Wilte- rungSumschlag, sowie der Umstand gegeben, daß der Kaiser es so bequemer hat, den in der nächsten Woche stattsindenten Rekrutenbesichtigungen des 1. Garde-Regiments z. F. in Potsdam beizuwohnen. Diesmal werden die Leib-, 2., 7. und 11. Kompagnie vom Kaiser persönlich besichtigt. Am Abend des 21. Januar findet im Ofsizierkasino im Regiments haus in der Mammonstraße eine größere Festlichkeit statt, an welcher der Kaiser teilnehmen wird. * Berlin, 17. Januar. DaS „Berl. Tagebl." schrieb dieser Tage: „Ter offiziöse Tementicrapparat der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" arbeitet in der Angelegenheit der Reise des Ministers Studt n ach Weimar in der bekannten Weise. Man hält sich an Nebendinge, die man, mit mehr oder weniger Recht, abstreiten kann. Tatsache ist, daß Excellcnz Studt vor der Begründung des Künstlerbundes in Weimar war. Tatsache ist, daß er mit dem Großherzog über diese Begründung gesprochen bat. Tatsache ist, Laß der Großberzog in dieser Unterredung gesagt hat: „Je mehr Fehler in Berlin gemacht werden, desto besser ist es sür Weimar." DaS soll die „Norddeutsche" dementieren, wenn sie kann! Aber bitte, mit klarem Nein!" * Hierauf erklärt die „Nordd. Allgem. Ztg.": „Wir sind in der Lage, hierauf folgendes zu bemerken: Richtig ist nur, daß der Kultusminister Or. Studt vor der Begründung des sogenannten Künstlerbundes in Weimar war. Seine bereits für den Sommer geplante Reise hat sich infolge längerer Abwesen heit der grobherzoglichen Herrschaften bis zum 6. Dezember ver schoben und stand mit der Begründung des Künstlerbundes außer Zusammenhang. Die anderen vom „Berl. Tagebl." als Tatsachen hingestellten Angaben sind dagegen lediglich in das Gebiet der Er findungen zu verweisen. Es ist seitens Sr. königlichen Hoheit des Großherzogs überhaupt mit dem Minister kein Wort über Kunstangelegenheiten gewechselt worden." * Berlin, 17. Januar. Generalleutnant v. Liebert läßt erklären, daß er in seinem von den Blättern mehrfach erörterten Vortrag in Stuttgart über Deutschlands Rüstung zur See keine neuen Kriegshäfen gefordert, vielmehr der Hoffnung Ausdruck gegeben habe, daß ein weiterer Aus bau der Kriegshäfen von Kiel und Wilhelmshaven noch auf lange Zeit den Anforderungen genügen werde. * Berlin, 17. Januar. Die Hande lsvertragSinter- pellation der Konservativen, die Graf Kanitz im Reichstage vertreten wird, kommt vermutlich erst am Dienstag zur Verhandlung. Wie verlautet, wird die Antwort vom DundesratStische, die nicht der Reichskanzler erteilen wird, ziemlich mager auSfallen ; sie wird vermutlich im wesentlichen dahin lauten, daß eS während der schwebenden Verhand lungen mit auswärtigen Staaten allen Gepflogenheiten widerspreche, im Parlamente Auskünfte zu geben. Berlin, 17. Januar. Für die am Dienstag bevor stehende Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses hat die nationalliberale Fraktion einmütig beschlossen, an dem bisherigen 2. Vize präsidenten vr. Krau se-KönigSberg festzubalten. DaS Zentrum wird ihm gleichfalls seineStimme geben, und auch die Konservativen haben sich, nachdem Herr v. Kroecher warm sür ihn eingetreten, für ihn entschieden. Die Präsidenten wahl im Abgeordnetenbause dürfte sich daher ohne Zwischen fälle vollziehen. * Berlin, 17. Januar. Die über das ganze Gebiet der Vereinigten Staaten verbreiteten deutschen Krieger vereine Nordamerikas, die bisher in einer Anzahl von Verbänden organisiert waren, haben sich unter dem Vorsitze des Präsidenten deS Deutschen KriegerbunkeS New'Aörks, Herrn Richard Müller, zu einem Zentralverbande der Deutschen Veteranen und Kriegerbunde von Nordamerika vereinigt. Der Zweck diese- großen Ver bandes ist nach seinen Satzungen folgender: „Der Zentralvcrband soll das mächtige, einheitlich geleitete, ge schlossene Ganze aller deutschen Kriegervcreine der Vereinigen Staaten mit dem Zweck sein, überall in unserem Adoptiv-Vaber- lande das Gefühl der echten deutschen Kameradschaft und Der stolzen einstigen Waffenbrüderschaft in Deutschlands tüchtigem Bolksheere kräftigst zu heben und zu fördern. Alle Fragen, die das besondere Interesse der deutschen Kriegervereine wie auch deS Deutschtums im Allgemeinen, dessen Ideale, Güter wie Sprache, Sitten und Gebräuche berühren, gehören in den Bereich der tatkräftigen Wirksamkeit und Mit hilfe des Zentralverbandes. Als einen noch ganz besonders edlen Zweck sieht es der Zentralverband, dessen Mitglieder zwar alle in Deutschland geboren, die jedoch nun loyale Bürger der Vereinigten Staaten sind, an, stets als ein mächtiger Stützpunkt und ein kräftiger Rückhalt der zwischen dem alten und dem neuen Vaterlande bestehenden mehr wie hundert jährigen Freundschaft angesehen zu werden. Alle gesetzlichen Mittel, wie Vorträge, Vorlesungen und Agita tionen, um dieses Freundschaftsverhältnis zweier mächtiger Kultur staaten auch für die Zukunft zum Wohle beider erhalten zu sehen, gehören mit zu den Zwecken und Zielen des Zentralverbandes." Der neue Zentralvcrband wird, wenn die große Zahl der in ihm vereinigten Deutsch-Amerikaner im Sinne dieser Satzungsbestimmung wirksam tätig sind, eine starke Stütze für das Deutschtum in Nordamerika werden und er ist daher vom deutschnationalen Standpunkte und im Interesse der Fortdauer der guten Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten mit Genugtuung zu begrüßen. * Berkin» 16. Januar. Zur Verwendung in Südwestafrika werden auf Befehl des Kaisers in Kiel und Wilhelmshaven je 250 Mann der Marineinfanterie nebst den zugehörigen Offizieren mobil gemacht. Tie 2. Matroscndivision wird außerdem ein Detachement mit 4 Maschinenkanonen stellen. Die Abfahrt ist mit einem Dampfer des Norddeutschen Lloyd für Donnerstag, den 21. Januar, von Wilhelmshaven aus geplant. * Gmunden, 17. Januar. Der Königvon Dänemark ist mit der Herzogin von Cumberland und dem Prinzen Walde mar heute mittag nach Kopenhagen abgereist. DaS Befinden des Königs ist vollkommen zufriedenstellend. * Este«, 17. Januqr. (Amtliche Meldung,) Gestern morgen gegen 7 Uhr erfasste die Lokomotive des Personenzuges 653 auf der Strecke Saarn-Kettwig bei Nummerstein 8,5 und 7 einen dem Arbeiterstande angehörigen Mann namenö Johann Wolter- Hof bei dem Versuche, den Personenzug durch Auflegen von Steinen auf das Gleis zur Entgleisung zu bringen. Wolterhof wurde sofort getötet. DaS Gleis war auf eine Länge von ungefähr 80 m mit Steinen bedeckt. Der Zug hat keinen Schaden erlitten. * Köln, 17. Januar. In Sachen des Streites zwischen den Aerzten und Krankenkassen fand vorgestern abend im Rathause eine Beratung deS gewählten Ausschusses statt. Die Vertreter der Krankenkassen erklärten, daß zu einer end gültigen Stellungnahme die Vollmachten der Krankenkassen fehlten. Gestern und heute fanden Versammlungen der Aerzte und Krankenkassenvertreter statt. Auf Montag sind erneute Einigungsverhandlungen anberaumt. * Karlsruhe, 17. Januar. Die Zentrumsfraktion hatte in der ersten Sitzung der Zweiten Kammer den Antrag eingebracht, die Regierung solle ersucht werden, im Bundes rate dahin zu wirken, daß den Kriegsveteranen im Sinne deS Art. 1 deS Gesetze- vom 22. Mai 1895 die jährliche Beibülfe von 120 schon dann gewährt wird, wenn deren Erwerbstätigkeit unter ein Drittel herabgesunkeu ist, und daß ferner die Beihülfe von dem Tage an zur Aus zahlung gelangt, an welchem die Bezugsberechtigung an erkannt worden ist. Als Vertreter der Regierung versicherte der Minister deS Innern, vr. Schenkel, bei der gestrigen Beratung deS Antrages seine vollste Sympathie mit den Wünschen der Zweiten Kammer und stellte eine Vertretung desselben im Bundesrate im Sinne der Antragsteller in be stimmte Aussicht. * Parts, 16. Januar. Heute abend fand unter dem Vor sitze deS ehemaligen Deputierten Keller eine Protestver sammlung gegen die Ausweisung des Pfarrers Delsor statt. Strenge Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung waren getroffen; die Versammlung verlief jedoch ruhig. ES wurde eine Tagesordnung angenommen, in welcher die anti klerikale Politik der Regierung gemißbilligt und die Elsaß- Lothringer ermahnt werden, an Frankreich nicht zu zweifeln. — Die Beerdigung der Prinzessin Mathilde, welche ohae besondere Feier stattsindeu soll, ist auf den 18. Januar festgesetzt. * Bikba», 17, Januar. hiesigen Deutschen K»Lh brach gestern abend bei einer Festlichkeit ein Gardinen brand aus, durch den eine große Verwirrung in der Gesell schaft angerichtet wurde. Die städtische Feuerwehr löschte das Feuer; dabei erlitt ein Feuerwehrmann Verletzungen. * Petersburg, 16. Januar. Der erste große Hofball, welcher am 25. d. MtS. im Winterpalais stattfinden sollte, wurde heute, infolge Erkrankung der Kaiserin Alexandra cur Pleurites zunächst auf den 2. Februar verschoben. — Großfürst Nikolaus Michajlowitsch, bisher kommaudie- Feuilleton. Das berliner Opernhaus. Ei« Kapitel deutscher Thcatergcschichte. Von Camillo Heyden. -lliüiknucl »ervoieii. Di« Flammen des Chicagoer Theaterbrandes werden, wie es scheint, auch dem Königlichen Opcrnl-ause zu Berlin ins Grab leuchten. Da dies Haus sich nicht den Anforde rungen anpasjen läßt, die man nach den heutigen Ver hältnissen an ein großes Theater stellen muß, so hat man den Entschluß gefaßt, es durch einen Neubau großen Stils zu ersetzen. Mit Wehmut wird man dies Denkmal verschwinden sehen, das in der modernen Retchshauptstadt die Erinnerung an eine große Zett und an eine große Kirnst vertrat, das mit seinen fein ausgeglichenen Ver hältnissen und mit der würdigen Hoheit seiner Formen die modernen Prachtbauten immer noch in Schatten stellte und dessen altersgraue Mauern endlich von dem Zauber der Geschichte und der Ueberlieferung vergoldet wurden. So viel Bedeutendes und Interessantes hat dieses Haus gesehen und erlebt, daß seine Geschichte, zugleich ein eigenes Kapitel deutscher Thcatergefchichtc, ja, ein reiches Kapitel deut cher Kulturgeschichte bildet. Später als andere deut che Residenzen ist Berlin zu einem großen Theaterbau gekommen, dafür war es aber die erste deutsche Stadt, die eines von allen Seiten frei liegenden Theaters sich rühmen konnte. Kaum war Friedrich der Große auf den Thron gelangt, als er danach drängte, die Mnsikpflege des Idylls von Rheinsberg in den größeren Maßstab der königlichen Residenz zu über tragen. Er wollte ein Opernhaus haben, und das sogleich; er heischte von seinem Baumeister, dem Herrn v. Knobels dorf, daß es „binnen zwei Monaten zur Perfektion ge bracht werden solle". Allein, selbst königlicher Wille hat nicht über Steine und Holz Macht Schon langten die Sänger und Sängerinnen in Berlin an, die Graun in deS Königs Auftrag in Italien engagiert hatte, und Knobelsdorf hatte noch immer mit den Vorbereitungen des Baues zu tun. Es mutzte erst der Platz für das Haus geschaffen, die hindernden Festungswerke mußten beseitigt, die Gräben zngeschüttet werden; zudem erforderte bas Balken- und Hängewerk des Theaters einen ganzen Wald von Eichenstämmen, die erst im Mai 1742 in Berlin an kamen. Am 5. September des Jahres vorher war der Grundstein zu dem neuen Kunsttempel gelegt worden; mit aller Macht wurde der Bau gefördert, dessen Kosten sich im ganzen auf gegen eine Million Taler beliefen, und am 7. Dezember 1743 hatte der König die Genugtuung, die feierliche Eröffnung des neuen Prachtbaues vornehmen zu können. Die Vorstellung begann um 6 Uhr; cs wurde GraunS Oper „Cäsqr und Cleopatra" gegeben, und der König saß auf seinem Armstuhl im Parkett, dicht hinter dem Orchester. Das Hans erstrahlte in hellstem Glanze; wurde cs doch durch 3000 Pfund Wachslichtc erleuchtet, was allein das hübsche Sümmchen von 3000 Talern kostete. Machen wir hier einen Augenblick Halt, um uns das Opernhaus, wie es damals entstand, zu vergegenwärtigen Bon dem Bilde eines modernen Theaters war es weit entfernt. Es war weniger ein Theater, als ein Saat für Hofseste, der auch zur Aufführung italienischer Opern, be sonders zur Karnevalszeit, zu benutzen war. Ter Schnür boden fehlte; an seiner Stelle schloß eine feste Decke den ganzen Bühnenraum ab. Bei Anlaß eines Hoffestes brauchten nur die Kulissen und Dekorationen von der Bühne hinwcggeränmt und das Parterre zur Höhe der Bühne hinaufgeschraubt zu werden, um den ganzen Raum zu eiuem großartigen Festsaalc zu vereinigen. Im übrigen hatte der Saal elliptiiche Form und war wegen seiner ausgezeichneten Akustik berühmt. Hier war es nun, wo sich die erste Glanzperiode der Berliner Oper abspielte. Es war die Zeit bis zum Be ginne des Siebenjährigen »Krieges. Friedrich wandte seiner Schöpfung die größte Liebe zu und, nicht zu ver gessen, auch das nötige Geld. Der Gagenetat von 1750/51 weist unter anderem auf an Ausgaben für die Kapelle 15 562 Taler, von den einzelnen Sängern und Sänge rinnen erhielten die Astrua 6000 und der Sänger Salim- beni 4400 Taler. Gepflegt wurde, entsprechend dem Ge- ichmackc des Königs, ausschließlich der französische und italienische Stil; im Karneval erreichte die Saison ihren Höhepunkt; auf die Opernvorstellungen folgten dann häufig die Redouten, alle Anwesenden erschienen in Masken, der Adel zeichnete sich durch rosafarbene Domi nos aus; Sänger und Tänzer mischten sich in ihren Kostümen unter das Publikum, an üppigen Tafeln schmauste der verehrliche Adel, und die Berliner, die aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. mit Genüssen Vieser Art nicht verwöhnt waren, waren geradezu berauscht. Iyren Höhepunkt erreichte die Friedericianische Oper um das Jahr 1748; sie wurde damals von keiner italienischen Oper in ganz Europa übertroffen. Bald aber machten sich Zeichen des Niederganges bemerkbar. Schon 1748 ver schwand die viel gefeierte Barbarina, 1750 kehrte Lalim- beni, der „Unvergleichliche", Berlin den Rücken, und die sieben mageren Jahre begannen, als der König in den großen Krieg um die Existenz seines Staates und seines Hauses eintrat. Russische Kugeln schlugen in das Dach des Opernhauses, die kostbaren Dekorationen Bellavitas und Bibicnas faulten, Kapelle und Opernper''onal zerstob in alle Winde. Und als dann der König endlich aus dem Kriege zurückkehrte, da war er ein anderer geworden. Da war ihm Sparsamkeit das oberste Gebot, mit schwerem Herzen entschloß er sich zur Bewilligung der unvermeid lichen Rcparaturkosten, und jede neue Ausgabe für die Oper und ihr Haus brachte ihn in Harnisch. Begreiflich genug; denn zwei neue Karnevalsopern im Jahre er forderten, abgesehen von den lausenden Ausgaben des Theaters, 14 400 Taler. Und das für ein Institut, das im ganzen Jahre vielleicht ein Dutzend mal in Tätigkeit trat! Dazu kam, daß damals kein Entröe erhoben wurde, sondern alle Unkosten aus des Königs Tasche gingen. Und schließlich: die Vorstellungen wollten dem Könige nicht mehr gefallen. Er schob den Grund aus die Leistungen der Oper, nnd gewiß auch mit Recht Aber auch er war älter geworden und unempfänglicher für diese leichte» Ge nüsse. So ging die Oper rapide bergab; einmal dachte der König sogar schon daran, sie zu verpachten, von 1780 an betrat er das Haus in feinem Zorne über das In stitut überhaupt nicht mehr, und schließlich sing sogar daS Publikum an, wegzubleibcn. So endete die italienische Oper, die unter und durch Friedrich eine so glänzende Epoche erlebt hatte, mit seinem Tode in völligem Siechtum. Mit der neuen Regierung schien ein frischer Geist ein zuziehen. Zunächst wurde das Haus durch Langhans und Verona in der Weise umgebaut, daß es den eigentlichen Anforderungen eines Theaters besser genügte; in dieser Gestalt ist dann das Haus bis zum Brande von 1843 ver blieben. Die italienische Oper schien sich nun zu neuer Glorie erheben zu sollen; die erste Oper, die 1788 nach der Landestrauer aufgeführt wurde, kostete dem König allein die Summe von 14 402 Talern; auch die Redouten waren glänzender als je. Und doch trug diese ganze italienische Opernherrlichkeit schon den Keim des Todes in sich. Was half alle Pracht, was alle welsche Gaukelei, da doch gleich zeitig im Nationaltheater die Werke der großen deutschen musikalischen Genies erschienen, Glucks und Mozarts Meisterschüpfungcn! Und am 28. Februar 1796 unter nahm der deutsche Genius auch den ersten Angriff auf diese Hochburg der welschen Kunst. Denn an diesem Tage durfte „durch die besondere Gnade Sr. Majestät des Königs die Witwe des verstorbenen Kapellmeisters Mozart bas letzte Werk ihres verstorbenen Mannes: Ta Olvraon^a äi Dito" aufführen. Hier sind wir an einem Wendepunkte in der Geschichte der Berliner Oper an gelangt. Bis hierin: italienische Oper, als eine könig liche Privatangelegenheit aus der königlichen Schatulle bezahlt; von jetzt ab: schrittweiser Sieg der deutschen Oper, Organisation der Vorstellungen als öffentliche Veranstaltung und Verschmelzung der Leitung des Opernhauses und des Nativnaltheaters. War schon 1804, am Geburtstage der Königin Luise, allerdings als eine Ausnahme, Glucks „Iphigenie in Tauris" im Opern hause in deutscher Sprache gesungen worden, so wurde durch den Geist der Befreiungskriege die Fremdländerei dann endgültig hinweggefegt und der deutschen Oper Bahn gebrochen. Das will sagen: der Oper in deutscher Sprache und gesungen von deutschen Sängern. Die Per sönlichkeit aber, die nach dem Ableben Ifflands in der Entwickelung des Opernhauses die entscheidende Rolle spielte, war ein Italiener, n»ar Sponttni. Spontini hatte noch unter Ifsland der Oper in ihrer neuen Organi sation 1807 mit seiner „Vestalin" den ersten großen Er folg gebracht. Zelter schrieb damals allerdings an Goethe, Spontini sei ein junger Mann, aus dem niemals was Ordentliches werden würde; aber Isfland ließ sich nicht irre machen, und der „Ferdinand Cortez" errang im Jahre 1809 einen noch viel glänzenderen Erfolg. Zehn Jahre später wurde Spontini unter ausgezeichneten Be- dingungen Gcnreralmusikdirektor an der Oper; seine Werke wurden mit dem größten Glanze aufgeführt und beherrschten das Repertoire, wie ihr Schöpfer das ganze Musikleben Berlins beherrschte. Die Aufführung seiner in vielen Jahren vollendeten Oper „Olympia" war ein gewa'tiges Kunstereignis; aber noch während dieses rauschenden Erfolges siel ein Ereignis vor, das diese ganze Herrlichkeit untergraben sollte. Es war die Auf führung des „Freischütz", die freilich nicht im Opern hause, sondern im Nationaltheater stattsand und einen unerhörten Erfolg errang. Die Hoffnung, die Webers Freunde an diesen Erfolg knüpften, daß der Tondichter die Stellung eines Kapellmeisters in Berlin erhalten würde, wurde leider durch den Uebereifer eines Freundes zerstört, der mit dem Preise des deutschen Kom ponisten einen gehässigen Ausfall gegen Spontini ver band. Jedenfalls: für oder gegen Spontini! war jahre lang die Losung deS theaterfrohcn Berliner Publikums; und als dieser Kampf allmählich ebbte, bildeten sich neue Parteien um zwei rivalisierertde Sängerinnen, die 1837 gleichzeitig engagiert wurden. Die eine Partei hielt zu der blondlockigen Kaßmann, die eine sehr sympathische Vertreterin lyrischer Partien war, die andere schwor nicht höher, als bei der genialen Sophie Löwe, einer dramatischen und Koloratursängerin ersten Ranges. Uvbrigens war die Berliner Oper damals ganz außer ordentlich reich an hervorragenden Gesangskräften. Bis 1838 wirkte als Primadonna die vorzügliche Setöler, 1841 kam die Tuczek, die lange eine Zierde des In stitutes blieb. Bader war ebenso hoch gefeiert als Heldentenor, wie Mantius als lyrischer Tenor. Alle diese Trefflichen wurden freilich zeitweise vergessen, als 1831 Fanny ElSler auf der Bühne des Opernhauses erschien und das Publikum in einen Taumel des Entzückens ver setzte. Im übrigen war jene Zeit musikalisch außer ordentlich fruchtbar. Auf Webers letzte Werke folgten die Schöpfungen von Spohr, Marschner, Auber, Adam, Lortzing. Die grüßten Erfolge aber errana Meyerbeer, -er denn auch Spontinis Nachfolger als Generalmusik direktor wurde. Er bekleidete diese Stellung erst wenige Jahre, als 1843 der große Brand im Opernhause ausbrach. Es war am 18. August, und anscheinend hat das Abfeuern von Gewehren während des die Vorstellung beschließenden Balletts den Keim des Feuers in das Holzwcrk ge worfen. Nur die Musikalien konnten gerettet werden; alles, was das HauS sonst an Dekorationen, Kostümen, Instrumenten und Mobiliar enthielt, verbrannte. Die Umfassungsmauern blieben stehen, und der jüngere Langhans wurde in begreiflicher Pietät angewiesen, sie beim Neubau zu benutzen und überhaupt das Haus mög lichst in seiner alten Form wieder aus dem Schutte er stehen zu lassen. Die Wiedereröffnung am 7. Dezember 1844 war mit einem europäischen Tbcatcrereignisse ver bunden, dem Erscheinen der Jenny Lind, deren Ruf von hier ausging. Für diese Vorstellung hatte Meyerbeer, der schon mit den „Hugenotten" (1842) den Höhepunkt seines Ruhmes erreicht hatte, das „Feldlager von Schlesien" geschrieben; aber noch im selben Jahre erschien ein Werk eines noch wenig bekannten neuen deutschen Komponisten: „Der fliegende Holländer" von Richard Wagner. Noch machte er damals kein großes Aufsehen, aber mit dieser Auffübrung und mit der Ernennung des älteren Hülsen zum Generalintendanten (1851) beginnt eine neue Epoche des Opernhauses, jene Epoche, der der Nome Richard WagnerS den Stempel anfdrllcken sollte und die in ihren Hauptzügen noch in der Erinnerung beö gegenwärtigen Geschlechtes lebt.
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