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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.10.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061027021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906102702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906102702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-27
- Monat1906-10
- Jahr1906
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Abend-Ausgabe S ripMer Tageblatt Handelszeitung Amtsblatt -es Rates und -es Nolizeianttes -er Lta-t Leipzig Nevattton un» Ez;pe0»tt»»: JohaaniSgasse L Telepho« Sir. 153l Str. 223, Nr. 1173. Berliner Nedattions-Bureau: Berlin biAk. 7, Prinz Loui- Ferdinand. Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. Diese Nummer tostet ans 4 41 t» allen BahnhSsen und bei I II ^bl den stritungs-Verkäuter« BezuaS-Preis für Leipzig und Vororte: Ja der Haupt- Etprdilion oder deren Ausgabestellen ab geholt monatlich: Ausgabe a (1 mal täglich) 70 Ps., ««»gäbe v ,2 mal »glich) 80 Pf., bei Zustellung in» Hau- Ausgabe /I 80 Pf., Ausgabe ö I Mark. Durch nufere auS» würtigrn Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal täglich) für Deurichland und Oesterreich monatlich 1 Mark, für die übrige« Länder laut Zeitung-Preisliste. die SgefpaUene Petstzetle für Geschäft», tuseratr au« Leipzig uud Umgebuaa 35 Pf, Familie«^ Wohnung»- >. 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Herzogin-Mutter von Genua, der Tante des König-, einen Besuch abstalten wird. Morgen erfolgt die Weiterreise nach Genua. Rückkehr aus Afrika. Der Dampfer „Erna Woermann", von Swakopmund kommend, ist heute nacht mit 16 Ossizieren und höheren MiUlärbeamten und 630 Unteroffizieren und Mannschaften aus der Reeve von Cuxhaven eingetroffen. Tie deutsche Kolonialgesellschaft. In der heutigen Schlußsitzung des Borstandes der veulschen Kolonialgesellschaft unter dem Präsivium des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg wurve Worms als Ort rer nächsten Borilandssitzung unv Generalversammlung gewählt, und zwar wurde als Termin Mittwoch nach Pfingsten festgesetzt. Weiter wurde beschlossen, dem Kartographen Sprigace eine Beihilse von 3000 zu gewähren zur An fertigung von kartographischen Aufnahmen in den Kolonien zum Zwecke der Unterweisung der Ojsiziere in solchen Auf nahmen. Ferner wurden 3000 bewilligt für die Nord- oeutiche Mission als Unterstützung für ein grundlegendes Werk über Togo. Die Berhandlungen wurden am Bormittag zu Eure geführt. Am Nachmittag sinket die Besichtigung von Etablissements und öffentlichen Gebäuden statt. Hohenlohes Nachfolger. Zum Nachfolger des Prinzen Alexander Hohenlohe als Bezirksprägdent des Ober-Eisaß ist nach den „Berl. N. N." Ober-Regierungsrat von Punkamer in Aussicht genommen, ver erst nn vorigen Jahre aus Preußen als Hilfsarbeiter in das elsaß-lothringische Ministerium berufen worden ist. Amerikanischer Kabinettsrat über den Konflikt mit Japan. Das amerikanische Kabinett hatte eine 3 >/, stündige Be ratung, der alle Mitglieder beiwohnten. Unter den erörter ten Fragen slaud in erster Linie die antiamerikanifche Agita tion in Japan und die Ausweisung japanischer Kinder aus ven öffentlichen Schulen San Franciscos. Wie ans Wa- ihinglvn gemeldet wird, begibt sich der Hanvelsfekreiär Met» calf heute nach San Francisco, um an Ort und Stelle eine Untersuchung über die Berechtigung der Klagen der dortigen Japaner über übelwollende Behandlung zu veranstalten. Beranlaßt ist der Schritt der Bundes regierung dadurch, daß der japanische Botschafter den Staatswlretär Roor auf die sapanischen Konsulats berichte ausmerkiam gemacht hat, wonach sich rer Boykott der Japaner in San Francisco auch auf die japanischen Restau rants erstreckt habe. In einigen Lokalen wurden die Fenster cingeworfen. Der japanische Botschafter äußerte c'::m Interviewer gegenüber, baß er nur ungern die amerikanische Regierung aus die japanfeindlichen Kundgebungen ausmerksam gemacht habe, da sie rein örtlicher Natur und nur aus San Francisco beschrankt geblieben waren, während ihm von anderen Orten keine Klagen bekannt geworden seien. Boa anderer Seite sucht man die Spannung als weniger stark darzustellen: Nach einer Meldung deS „Daily Telegraph" aus Tolio geben die von dort über England gegangen n hochsensationellen Kabelmeldungen die wirkliche Stim mung in Japan nicht richtig wieder. Die Vor kommnisse in San Francisco würden vielmehr dort nur als ein einzelner Ausbruch von feindseligen Gefühlen angesehen und nicht in schlimmerem Sinne gedeutet. Da indessen Behörden dabei in Frage kämen, so würde Japan in irgend einer Form Genugtuung verlangen, dem Falle jedoch keine internationale Bedeutung beilegen. Ja maß gebenden Kreisen findet die Tendenz, die Stimmung in Japan in Telegrammen nach dem Auslände als erregter hinzustellen als sie wirklich ist, keine Billigung. RutzlandS innere Anleihe. Aus Petersburg wird gemeldet: Die Vorkehrungen zur Heranziehung des Schatzes der orthodoxen Kirche zur Aus gleichung des Fehlbetrages im Staatshaushalt sind erheblich gefördert. Ferner hatte der Handelsminister Filossoww Unterredungen mit den leitenden Persönlichkeiten der Mos kauer Kaujmannsgilven, die große Beträge der 4pro;entigen russischen Rente besitzen, wegen Ausgabe einer neuen inneren Anleihe von 150 Millionen Rubel. Der Heilige Synod bat eine ihm in dieser Anleihesache gemachte Anregung günstig ausgenommen, und ein großer Teil der Anleihe wird von den Klöster« übernommen werden, um dadurch dem starken Rück gang der Kurse der früher aufgenommenen inneren Anleihe entgegenzuwirlen. Eine Ente. Aus New L)ork wird gemeldet: Der sensationslüsterne „Sun" tischt neuerdings daö Märchen auf, daß die definitive Allianz zwischen England, Frankreich und Italien ab geschlossen wurde, aber erst in Kraft treten werde, nach dem der Dreibund aus irgend einem Grunde zu bestehen aufgehört habe. Diese neue politische Gruppierung sei durch die russische Knsis hervor gerufen worden unv bedeute einen weiteren Schritt zur Schaffung der frievlichen Liga, die König Evuard seit seiner Thronbesteigung angestrebt habe. Die aufrichtige Mit wirkung Spaniens und Portugals sei dem neuen Bunde ge sichert, auch die Sympathie ver Bereinigten Staaten sei auf Seiten 'der Allianz. Die Union sei von Beginn dec Vor- Handlungen bis zu deren Abschluß eingehend von allem unterrichtet gewesen. — Der Gedanke, daß Italien seine Politik für eine Eventualität in ganz unbestimmt gelassener Zukunft jahrelang vorher gebunden baden sollte, kann nur im Hirn eine- politisch völlig unerfahrenen Sonntagsjägers aus der Reportergilde entstanden sein. Einigung der Liberalen. In Ausführung des auf dem Münchener Parteitag er- l rltenen Auftrags hat der engere Ausschuß der Deutschen Bolispartei die vorbereitenden Schrine unternommen, um de» Anhängern der Linken Gelegenheit zu einer klärende« Aus sprache über das Zusammengehen zu schaffen. Für die Ver sammlung, die in Franksurt a. M. stallfinven soll, stad der 10. und 11. November in Aussicht genommen. politisches. * Tie ArtedenSgesellschaft hat an Herrn Kolonialdirektor Dera berg, der zu ihren Mitglieder» gehört, eine Adresse gerichtet, in der es u. a. beißt: „Die Versammlung ist sich wohl bewußt, daß es gerade auf tolonialem Gebiete besonders schwer sällt, diese Grund sätze durchzmühren, weil die Ueberhebung der in der Kultur fortgeschrittene» Rassen oft zu einer völligen Mißachtung de* Rechte der eingeborenen Völker führt und eS nicht immer festgestellt werden kann, auf wem die moralische Verantwortung für den Ausbruch der grausamen Kolonial kriege lastet; sie hofft aber, baß es Eurer Exzellenz in der jetzigen einflußreichen Stellung dank Ihrer bewahrte» Energie gelingen wird, für die friedliche Verständigung zwischen den Völkern in erfolgreicher Weise tätig zu fein." * Ter Fall Eesar scheint immer noch nicht durch den Oberkirckenrat entschieden zu sein. Wenigstens behaupten konservative Berliner Blätter dies gegenüber der „Köln. Zlg", deren Nachricht, der Oberkirckenrat sei der Ablehnung CesarS durch das westfälische Konsistorium nicht beiaetreten, ortbo- doxe Mitglieder der Dortmunder Reinolvs-Gemeinde schon bewogen baden soll, sich zurGiündunz einer freien „bekenntnis treuen" Gemeinde zu entschließen. Man wird also Weiler abwarten müssen, wie sich diese für die kirchlichen Verhält nisse Preußens so hochwichtige Angelegenheit fchließlich ent wickeln wirv. * Der konservative Dekegiertentag findet, wie gemeldet, am 30. November statt. Die jetzt bekannt gegebene Tages ordnung lautet: 1) Politische Lage; Berichterstatter Freiherr: von Manteuffel-Krossen. 2) Wirtschaftspolitik: Graf von Kanitz- Povangen. 3) Sozialpolitik: Freiherr von Richthofen-Mert- schütz. * Kropatscheks Nachfolger. Bei der LandtagSersatzwahl in Brandenburg-Westhavelland für den verstorbenen Abgeord neten Kropatschek wurde Kommerzienrat Metzcnthiu gewählt. * Drohender Streik der Metallarbeiter. Nach Streik sieht eS wieder einmal in der Metallindustrie auS. Die Metallformer, Kernmacher unv Gießerciarbeiter haben den Arbeitgebern Forverungen unlerbreitet, die in der Hauptsache auf neunstündige Arbeitszeit und Festsetzung eines Minimal- stundenlohns von 46 für Former unter 21 Jahre, von 50 für solche über 21 Jabre, von 40 F für Kernmacher, 45 für Schmelzer und 40 für Hilfsarbeiter hinaus- laufen. Die Hälfte der in Betracht kommenden Betriebe bat diese Forderungen ohne weiteres bewilligt. Die übrigen sollen, falls die heute statisindeuden Unterhandlungen zu keinem die Arbeiter befriedigenden Ergebnis führen, durch Arbeitsniederlegung dazu gezwungen werden. * * v. Tkchirschky. Der Staatsminister v. Tsckirschky wird sich nach San Rossore begeben, wo er von König Victor empfangen wird. * Selbstverständlich. Wie ein Wiener Blatt schreibt, ist die Tatsache, baß der russische Minister des Acußern, Is wolskij, mit Fürst Bülow eine Unierrerung haben wird, ein sicheres Zeichen dasür, daß Jswolskiss Reise einen politischen Charakter trägt. Da in letzter Zeit Gerüchte von Verstim mungen zwischen Berlin uud Petersburg umgingen, ist sicher damit zu rechnen, daß die Beziehungen beider Reiche in ter Unterredung zur Sprache kommen werden. * Der Streik tn Pest. Die Demonstrationen dauern fort. Interessant ist, daß die Streikenden einmütig beschlossen, an der Raloczy-Feier korporativ leckzunehmen. Selbst in dem Falle, raß der Friede bis Sonntay hergrstellt ist, wollen sie damit beweisen, daß auch ihnen dre Rakoczy-Feier heilig und daß es nicht ihre Schuld sei, wenn die Feier durch den Streik eine Störung erleidet. * Militärreform in Spanien. Der Kriegsminister legte den Cortes den Gesetzentwurf über die militärische Reorga nisation vor. * Weitere Nachrichten au) Marokko. Die Lage in Arzila bat eine neue Wendung angenommen. Die BeaiaroS sind Herren der Stadt und haben Raisuli aus Eigennutz im Stiche gelassen. Die Angheras wolle« diesen Zwist aus nutzen, um sich Gran SokkoS zu bemächtigen. Die amerikanische Gesandtichaft will Fez nicht eher ver lassen, als bis der Maghsen gewisse Auglegenheitea, wie die Zahlung von Entschädigungen an verschiedene ameri kanische Schutzbefohlene, geregelt hat. Das scherifische Schatz amt behauptet, eS fehle ibm an Geld. Die Bem Bengator haben das HauS des Kaics, der den Schwiegervater des Prätendenten geplündert hatte, verbrannt. Der Kaid ist nach Tetuan geflüchtet. * Tie russische ZentrumSpartei. In der letzten Sitzung der Zenirumsgruppe des Staatsrates gelangte die Frage der politischen Gleichstzülung der Jaden zur Verhandlung. Tie Ansichten darüber waren verschieden. Graf Reitern bestand darauf, daß die politischen Reckte der Juden sofort anerkannt werden sollten, während Balaschef im Gegenteil empfahl, die Gleichstellung der Juden mit den Russen zu ver melden. Dann wurde mit 28 gegen 16 Stimmen beschlossen, die jüdische Frage nicht gesondert, sondern zusammen mit der Frage der Gleichstellung der Rechte aller Nationaliiätea der Bevölkerung Rußlands zu verhandeln. — Wie der Korre spondent der „Voss. Zlg." erfährt, bat der Kongreß der ZentruiuSgruppe res SiaatSiats d»e Ausgabe, in dem Staats rate die während der ersten Duma schmerzlich vermißte kompakte Regierungspartei zu bilden. Mit der Durchführung des Planes ist Ermolow mit drei andere« StaatSratS» Mitgliedern beauftragt worden. * Proretz gegen Pen Arbeiterdeputiertenrat. In dem Prozeß gegen den Arbeiterdeputiertenrat lehate der Gerichts hof den Antrag der Verteidigung ab, das Schreiben de« früheren Direktors des Polizeidepartements Lopuchin a» Stolypin den Prozeßakten beizufügen, weil es von keinerlei Bedeutung für die gegenwärtige Prozeßverhandlung sei. Auch der Antrag, Lopuchin als Zeugen vorzuladen, wurde abgelehnt. Hieraus ertlärte dieVcrteivigung, sie habe sich die Aufgabe gestellt, über die Organisation der Pogroms und der Gegenrevolution durch die Verwaltung Licht zu verbreiten. Der Kampf gegen das Schwarze Hundert und gegen die Gegenrevolution sei die Aufgabe des Albelterdeputiertenrates gewesen. Die Fest stellung dieser Tatsache bilde einen wesentlichen Teil der Ver teidigung, zusammen mit dem von den Angeklagte» au«ge- arbeiteten Verteidigungsplane. Daher entstehe »ach der Ablehnung des Antrages Grusenberg die Frage, ob d,e Leo- Feuilleton. Der üäensch? IVo ist er her? In schlecht für einen 6ott, ru gut für» Ungefähr, velllng. Hist ckem Tlergeschlechte, kAensch genannt, pichte. Ich habe nicht ckie geringste Oeckulck mit cter Iheor e, cksst Oer Flensch rum Uorills verstimmt sei. esstyle. An» den» Berliner ltunftleben. Erinnerungen. Von Dr. Albert Dresdner (Berlin). Tie Jahreszeit der Berliner Kunstausstellungen ist ganz passend mit geschichtlichen Erinnerungen emgeleite: morden, durch deren Betrachtung wir der Gegenwart um so kräftiger inne werden können. Tenn auf die Gegenwart wollen wir doch bei allem Studium der Vergangenheit immer wieder hinaus, oder richtiger noch: auf die Zukunft. Es ist abgeschmackt, den lsullutvr tsmporis nati zu spielen. „Es war einmal" ist ein angenehmes Lied kür Kinder; für Reife paßt besser die Weise; „Es wird einmal." Die Ausstellung, die die Berliner Künstler dem 75jährigen Reinhold Begas gewidmet haben, ist gleichsam ein Appell von dem falschen an den wahren Begas. Es ist ein Unstern und freilich auch eine künstlerische Schul», daß man in Begas heut vor allem den Schöpfer der großen Denkmäler Wil helms I. und Bismarcks sieht. Begas ist aber niemals Monumentalbildhauer gewesen. Zur monumentalen Plastik gebürt eine unerbittliche Energie des Denkens, die aus der Fülle der ewig wcchselvollen Beziehungen des Lebens den Kern, die Quintessenz herauSzukristallisieren die Kraft und den Mut besitzt, und eine heroische Sparsamkeit, um durch die lockenden Rei - der Erscheinungen hindurch zur ehernen Strenge der Ur men zu gelangen. Aber Begas haftet gerade mit großer Liebe an allen Reizen der Erscheinunqs- weit, die er gleichsam zärtlich liebkost: er gibt seine Einfälle io leicht aus, wie er cinnimmt, und ist mit ihnen verschwen derisch, ohne sie gerade immer streng zu prüfen. So ist er seiner Natur nach ein Gegensatz zum echten Monumental bildhauer, und sein Gebiet ist jene Gattung, die man wohl als die des monumentalen Genre? bezeichnet: etn'ach-mensch- licke Motive in bedeutender Formgebung behandelt. Seine Gestalten badender oder sich spiegelnder Frauen, Venus, den Amor strafend, Pan und Psyche oder der Zentaur, der di« Nymphe auf seinen Rücken nimmt: in dergleichen Werken hat er seine volle Meisterschaft entfaltet, und er hat in ihnen dem blühenden, sinnlichen Reiz der menschlichen und beson ders der weiblichen Gestalt nach dem Puritanismus der preußischen Antike zuerst wieder zu seinem Rechte verholten. Winckelmann hatte diese verführerische und lockende Behand lung des Steins einst als den Tod'eind bezeichnet: nun war es Zeit geworden, wieder an die Traditionen des Barocks und des Rokokos anzuknüpfen, wenn die Plastik nicht an antikischer Feierlichkeit hinsiechen sollte, uns es bleibt das dauernde Verdienst Begas', diesen Weg betreten zu haben. Darin zehren heut alle von ihm; und es ist dieser Begas, den die Kunstgeschichte aufbewahren wird. Begas lebt, aber künstlerisch gehört er der Vergangenheit an. Otto Zcholderer ist 1902 gestorben, aber als Künst ler beginnt er erst jetzt zu leben. Von ihm hatte die Jahr- huiidertausstcllung jenes reizende Bild eines Geigers, der, im offenen Fenster sitzend, sein Instrument spielt, indes eine weiche silberne Lust hineinströmt, seine Gestalt umspült und das Zimmer erfüllt. Schulderer war den Siebzigern nahe, als er starb, aber sein Werk ist, so weit meine Kenntnis reicht, sehr wenig beachtet worden: wieder ein Fall, wo ein Künstler in seinem stillen feinen Wirken übersehen worden ist, weil er es verschmähte, sich dem Korybantenzuge herr schender S'ppen anzuschließen. Es ist ein Verdienst von Gurlitt, daß er uns von dem Werke Scholderers etwas mehr zeigt. Zwei Bilder tragen Stillebcn-Eharakter; das eine zeigt einen Fnchstand mit dem Verkäufer und einem Knaben, das andere einen jungen Menschen, der einen Hasen trägt. Diese beiden Bilder sind dunkel gehalten, Braun und Grau bilden die Grundtöne, ihre koloristische Erscheinung ist etwas stumpf, das Tonge'ühl jedoch schon innerhalb der gewählten Skala sein entwickelt. Die schöne Wald- und Hügelland- schäft, die wieder von jenem sanften Silberlichte erfüllt ist, zeigt dann die Aufhellung seiner Palette; man bemerkt die wohltätige Einwirkung Courbets, dessen robuste und etwas massive Art hier von dem träumerischen und zarten Deut schen glücklich verarbeitet erscheint. Endlich zwei Frauen gestalten, die einer ein Schmuckkästchen tragenden Venezia nerin in violettem Samtkleide und die einer Ophelia, deren rosa Kleid sehr sein vor dem grauen Grunde steht; beide Gestalten von ausgesprochen lyrischer Haltung. Die Per sönlichkeit, die diese Werke zeigen, tragt den Stempel des Feinen, Zarten, fast Mädchenhasten. Scholderers Kunst ist eine natürliche Kunst, frei von Affektiertheit: er posiert weder in derbem Realismus (bei einem Courbet-Schüler be sonders bemerkenswert), noch in idealistischer Phrase. Es ist in ollem, waS er macht, ein stilles, aber ewig rinnendes, immer fühlbares Leben, und eS ist eine milde Sehnsucht darin, worin sich vielleicht das Gefühl des Mangels an robuster Kraft ausspricht, an dem Schulderer gelitten hat. Was nun aber besonders wichtig ist. daS ist, daß Sckwlderer zu den wenigen Koloristen von Geburt gebärt, die Deutsch land im 19. Jahrhundert erzeugt bat. Er ist da neben seinen Frankfurter Landsmann Viktor Müller zu stellen, der jedoch die leidenschaftlichere und mächtigere Natur war. DaS Fleisch, wie es Muller malte, hat etwas vom tiefen Leuchten eines Opals oder des Perlmutters, unter SchoLerers Hand bekommt das Fleisch einen zarteren, ich möchte sagen: blu- menhaften Charakter. Es ist für die seutjche Malerei des 10. Jahrhunderts kein Glück gewesen, Laß der Einfluß Müllers und Scholderers sich nicht weit erstreckt hat. Ge wiß tritt Scholderer als Persönlichkeit hinter seinem Lands mann zurück: gemeinsam ist aber beiden, daß sie die franzö sischen Anregungen selbständig und eigenartig verarbeitet haben. Sie besaßen gesunde Schulung und innere Maß haltigkeit, und es wäre unserer Kunst vermutlich gut bekom men, hätte sie die französischen Wirkungen durch das Medium dieser Künstler empfangen. Es geschah nicht; Müller starb zeitig, Scholderer blieb ohne Einfluß, und eine jüngere Schar hat Deutschland mit dem Sturzbade der modernen impressionistischen Einflüsse überschüttet. Da halten wir nun wieder beim französischen Impressio nismus. Sein Oberhofmcistcr in Berlin, Cassirer, hat eine neue AusstelluiH von Werken Manets und Mo nets veranstaltet. Es sind dies die Werke der Sammlung Faures, jenes Opernsängers, der für die Begründer und Häuptlinge der impressionistischen Schule zeitig Interesse und Verständnis besaß, und ihre Werke zu einer Zeit ge sammelt bat, als sich sonst noch kaum jemand um sie küm merte. Diese Sammlung Faures ist wohl das wichtigste Dokument, das seit langer Zeit über die Geschichte des Impressionismus hier erschienen ist. Denn man sicht hier Manet und Monet in ihrem Werden, und das Werdende, das Ringende ist immer verständlicher und sympathischer, als die Starrheit, die Absolutheit des Fertigen. Da sieht man denn zunächst einen Studienkopf Manets aus seiner Lehr- zeit bei Couture, der beweist, daß er eine sehr gediegene akademische Schulung erhalten hat. Wie männiglich be kannt, ist es heut cka ripneur, auf die akademische Schulung loszuschimpfen. Man hebt immer hervor, was die Künstler davon vergessen müssen, — und daS ist viel; aber man spricht nie darüber, was sie davon behalten, — und das ist aleichfalls viel. Tatsache ist, daß man 'ast bei jedem wirklich bedeuten den Maler des 19. Jahrhunderts darauf stößt, daß er erst durch eine solide akademische Schule gegangen ist; eine Tat sache, die keineswegs mit der im Widerspruch steht, daß jeder von ihnen zugleich'auch die Akademie erst» wieder bat über winden müssen. Das ist das ewige „Stirb und Werde". .Doch zurück zu Manet. ES folgen zwei Kopien nach Ge mälden des Louvre, und zwar nach der Madonna mit dem Hasen von Tizian und nach Velasgucz' Edelleuten. DieS sind zwei Kopien vollkommen mustergültiger Art. Der juaae Mensch, der da im Louvre kopierte, lwt nickt sklavisch nachgnnnselt, sondern hat diese Werke aus ihren organischen Lebensprinzivien heraus nach- und neugeichaften, und eS zeigt eine echte Malerhand an, die Manet es verstanden bat, die nachgedunkelten Teile dieser Bilder, z. B die Bäume ans dem Tizianschen Gemälde, durchaus nach den Gesetzen deS ganzen Bilde« in ihrem ursprünglichen Sinne wieder herzustellen. Während er so oei diesen beiden großen Meistern den Kontrapunkt dv Tonmalerei studierte, gewann doch BelaSquez die Oberhand Bei ihm, und der Absintotrinker von 18SS zei-t ihn auf seinen Spuren. Es ist »in Bild wesentlich in gelbbraunen und schwarzen Tönen, im kolo ristischen Aufbau stellenweise noch etwas naiv (z. B. i» der Art, wie das Schwarz der Schuhe durch das Schwarz der auf der Erde liegenden Absinthflasche ausgenommen wird), aber bereits ein feines Stück Tonmalerei. Die Zeichnung zeigt große Mängel, die Beine z. B. sind völlig verunglückt; der Formsinn ist von vornherein Manets Achilles'erze ge- wesen. Im ganzen kann man nun sagen, daß Manet an »er Linie des Velasquez etwa zehn Jahre lang mit steigendem Erfolge sestgehalten hat; der „Le,er" von 1864 und das be rühmte Gemälde des „Von Look" von 1873 bilden den Höhe punkt dieser Richtung. Dieses unAweiselhaft schöne Bild zeigt eine breite sichere Malerei, die bei allem Temperamente doch jener inneren Ruhe nicht entbehrt, an der man immer eineu echten Meister erkennt, der künstlerisch über seinem Stos'e steht. Die Tonempfindung ist sicher und sein; die verschiedenen Nüancen des Grau sind meisterhaft zueinander gestimmt, der koloristische Aufbau zuverlässig. Die Zeich nung ist besser, als bei Manet gewöhnlich. Die Charakte ristik ist nicht gerade besonders tief, aber natürlich, frisch und sprechend und, alles in allem genommen, neige ich dazu, dies Bild für das Meisterstück Manets überhaupt zu halten. Freilich wäre er mit diesem Gemälde nicht der Manet ge worden, der er geschichtlich geworden ist. Das ward er erst durch das neue Prinzip: durch das Prinzip der absoluten Freilichtmalerei. Man sicht dies neue Prinzip lang)am in ihm aufdämmern, tiefer in sein Schassen eindringen, sich entwickeln, bis es ihn schließlich beherrscht. In der letzten Periode seines Lebens ist die Skala völlig verändert. Er malt jetzt jene Bilder, auf denen neben intensivem Grün das blendende Gelb der von der Sonne beleuchteten Sandwege und das Blau der Sonnenschatten erscheint. Alle Verhält nisse sind verschärft, die Zartheiten seiner nach meiner An sicht besten Periode ausgeschaltet, das neu« Prinzip führt zu neuen Entdeckungen, aber cs verzehrt ihn auch. Er gibt diesem Prinzip zuliebe eine Unmenge dran: die Feinheit ver Tonbildung, die eigentliche Stimmung, die den koloristischen und optischen Experimenten zum Opfer sällt, vor allem aber auch in gewissem Sinne seine eigene Persönlichkeit. Denn auf diesen Bildern ist er nickt mehr der überlegene Maler, den man im „Lon Laak" erkennt und achtet, sondern man sicht ihn von einer bestimmten Idee überwältigt »nd mit leidenschaftlicher Einseitigkeit ihr nachgebend. So ist er ebe» durch dies neue Prinzip Anreger uni» Zerstörer zugleich ge worden. Die Entwickelung MonetS geht ungefähr parallel. Monet ist im Anfänge ein seiner Fortsetzer der Traditionen der Schule von Fontainebleau und hat auch von Courbet. wie ge bührlich, manches angenommen. Er ,st nun freilich immer weniger Geist gewesen als Manet. Er war eigentlich immer nur Auge, während Manet erst in seiner letzten Periode dem Auge alles geopfert bat. Insofern zeigt die Entwicke lung MonetS einen weniger dramatischen Charakter. Man sicht ibn Schritt 'ür Schritt dem Prinzip« drr Freilicht malerei näher rücken und eS erfassen, bis «r schließlich be- kanntlich selbst zum Pointillismus gelangt. Die Form, die schon Man«ts Srie'ktnd ist, hat dH Manet a«ch »ottzer
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