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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.12.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061210012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906121001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906121001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-10
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lwdmu! Ill M. r Keita« E ksrden »ex« ä— H»er6«, > v«1«ss! . 0«t«.). «».-Str.L t brkmicke lethnachtS- Lch d»«i> »d w s» idl»g di umer be' tejovda« »« xtrabella-e )!. «eis' BeznqS'PreiS für Leipzig und Lororte: In der Haupt. Ekpedüioa oder derea AsSgabeslrlleu at>- geholt monatlich: Ausgabe (I mal täglich) 70 Pf., Ausgabe L <2 mal täglich) 80 Pf., bei Zustellung inS HauS Ausgabe 80 Pf., Ausgabe 3 l Mark. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal läßlich) für Deutschland und Oesterreich monatlich 1 Mark, für dir übrige« Länder laut ZeitungSpreiSliste. Liese Nummer kostet aus - st sdü? allen Bahnhöfen und bei I II den ZritungS-Berkäuseru V > ReSatttou uu» Expepttto»; JohauuiSgasfe 8. Telephon Nr. 15L Nr. 222, Nr. 1173. Berliner NeoatttonS-Bureau: Berlin dNV. 7, Prinz LouiS Ferdinand- Straße 1. Telephon I. Nr. 9275. Nr. 5K8. Morgen-Ausgabe 8. Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Montersl 10. Dezember 1906. Anzeiqen-PreiS di« K gespaltene PetUzrile für Geschäfts- tnserate au« Leipzig und Umgebung 25 Pf. Familien^ Wohnung«- a. Stellen-An-etgen, sowie An- und Berkäufe 20 Pf. stnauzlell« Anzeigen 80 Pf. für Inserate von au-wärtS 30 Pf. Reklamen 75 Pf. au-wärts l Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend ex kl. Postgebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Anzeigen-Annahme: Au-uftuSplatz 8, bei sämklicheu Filialen u. alle» Annoncen- Expeditionen des In- uud Auslände«. ür bas Ericheinen an bestimmten Tagen u. lätzen wird keine Garantie übernockmen. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuuck e r, Herzgl.Bahr.tzofbnchhandlg., Lü-owstraße 10 «Telephon Vl, 'Nr. 4603). Ftltal-Erpedition:TreS-en,Marienstr.3L 100. Jahrgang. »ar Äicdtigrle vom Lage. * Im preußischen Landwirt schastsmini- sterium ist eine neue Polenvorlage ausgearbeitet worden, die schärfere Handhaben für den Kampf um den nationalen Boden vorschlägt. * Im Befinden des Handelsministers Kossuth ist, wie uns aus Pest telegraphiert wird, eine Besserung eiugetreten. Die Aerzte erklären, jede Ge fahr sei beseitigt. * In Petersburg fand gestern eine bedeutsame politische Versammlung des „Verbandes des wahrhaft Russischen" statt. sS. Letzte Dep.) * Die Unruhen gegen die Fremden in der chinesischen Provinz Kiang-tihunan nehmen größere Dimensionen an. (S. Letzte Dep.) * Das Mirglied der Akademie, Ferdinand Brunetiäre, seit 1893 Herausgeber der „Revue des deux Mondes", ist gestern in Paris gestorben. * Amälie Nikischs Weihnachtsmärchen „Das Tausendschönchen" trug gestern im Hamburger Thaliatheater einen durchschlagenden Erfolg davon. sS. Letzte Dep.) * Das Schulschiff ^,G roßherzogin Elisabeth" ist wohlbehalten in Puerto Cabello eingetroffen und nach St. Thomas weitergesegelt. Vie allgemeine Querung. Am Heuligen Abend spricht der Reichstagsabgeordnete H. o. Gerlach in Leipzig — großer Saal des Zentraltheaters — über Lebensmittelverteuerung und Volkswohl. Als Ein leitung zu diesem Vortrag hat er uns folgende Ausführungen zur Verfügung gestellt: Seit einigen Wochen sinken die Schweinepreise. Nur sie. Für die übrigen Viohsorten bestehen noch immer die un geheuerlichen Preise der bösen Zeit der Fleischnot. Und auch die Schweinepreise sind noch sehr anständig. Aber die agrarische Presse möchte am liebsten, daß schon jetzt jede Erörterung der Fleischnotfrage eingestellt werde. Den Ge fallen werden ihr die übrigen Sterblichen natürlich nicht tun. Denn bei dem Sinken der Schwcinepreise handelt es sich voraussichtlich nur um einen vorübergehenden Zustand. Das läßt sich nachweisen aus dem Hauptorgan der Agrarier selbst. Am 14. Oktober brachte die „Deutsche Tageszeitung" einen Leitartikel über den „neuen Fleischnotrummel". Der Artikel sucht nachzuweisen, daß auf zwei fette Jahre mit konstanter Regelmäßigkeit immer zwei magere folgen. Er stützt sich auf nachstehende Tabelle über die Preise von Tchlachtschweinen Qualität Qa für 100 Kilo Schlachtgewicht auf dem Berliner Schlachtviohmarkt: Hohe Preise. Niedrige Preis« Jahresdurchschnitt 1893 109 - - 1894 102 - » - 1895 — « 90 - - 1896 — « 86 - 1897 105 - —— « 1898 111 - — » 1899 — 1 94 - 1900 — « 95 - . 1901 112 - 1902 119 - - 1903 — » 99 - - 1904 , 98 - . 1905 128 - —— » Januar-September 1906 135 - — « Die Tabelle ergibt in der Tat einen regelmäßigen Wechsel von teueren und billigen Perioden. Aber sie ergibt noch mehr, nämlich die Tatsache, daß trotz des Wechsels zwischen billig und teuer der Durchschnittspreis konstant steigt, und -war in sehr erheblichem Maße. In der Periode 1895/96 war der billigste Preis 86, in der Periode 1903/04 dagegen 98! Und in der Hausseperiode 1906 betrug der Preis pro Doppelzentner volle 33 mehr als in dem Haussejahr« 1894! Also selbst in den „billigen" Jahren wird das Schweinefleisch immer teurer, und in den teuren Jahren werden die Preise immer unerschwinglicher. Gestützt auf die Ausführungen der „Deutschen Tageszeitung", kann man schon jetzt erklären: bleibt unsere agrarisch-schutzzöll- uerische Politik unverändert, so müssen uns die Jahre 1909/10 eine noch diel ärgere Schweinenot bringen, als wie wir sie eben durchgemacht haben. Den Agrariern ist das natürlich absolut gleichgültig. Mehr noch, je exorbitanter die Preise, um so größer ihr Wohlgefallen. Findet sich einmal eine landwirtschaftliche Vertretung wie die rheinische Landwirtschaftskammer, die auch an das Gemeinwohl denkt, so fällt di« ganze agrarische Presse mit Jndianergeheul darüber her. Von einer Selbst bescheidung der Unersättlichen kann nicht die Rede sein. Will die ganze übrig« deutsch« Bevölkerung nicht wehrlos den Agrariern auSgeliefert sein, muß sie sich selbst zur Wehr 'eben, zumal bei den Wahlen. Natürlich verlangt kein vernünftiger Mensch die Be- 'iitigung des Seuchenschutzes. Wogegen man protestieren " uß, ist nur, daß die Seuchenges«tzgebung dazu mißbraucht wird, um unsere Grenzen gegen Länder wie Dänemark und Holland z« sperren, die wir um die Gesundheit ihrer Vieh bestände beneiden müssen. Protestiere« muß man ferner gegen die Erhöhung der Vieh- und Fleischzölle. Protestieren muß man gegen jeglichen Futtermittelzoll. Protestieren muß man gegen die hohen Gctreidezölle, die einer ratio nellen Kultur der deutschen Viehzucht im Wege stehen. Deutschland kann unmöglich gleichzeitig das Brot- uns Fleischbedürfnis seiner 60 Millionen Einwohner, zu denen jährlich fast eine Million hinzukommen, selbst befriedigen. ES muß sich für das eine oder das andere entscheiden. Handelt es zweckmäßig, wirft es sich auf die Viehzucht. An ihr ist in einem Lande mit dichter Bevölkerung und wachsen der Industrie am meisten zu verdienen. Der Getreidebau, der ja wegen des Fruchtwechsels nicht zu entbehren ist, muß immer mehr als Nebensache gegenüber der Viehhaltung an gesehen werden. Statt dem Beispiel Dänemarks zu folgen, das seine blühende Viehzucht nicht zum wenigsten der abso luten Zollfreiheit für Getreide und Futtermittel verdankt, haben wir am 1. März die Getreide- und einen Teil der Futtermittelzölle erhöht. Das heißt, wir veranlassen die Landwirte, einen Teil des Bodens, den sie mit Futter mitteln bestellen sollen, dem Brotgetreidebau zu widmen, und wir hindern die Bauern, die Futtermittel so billig aus dem Auslande zu beziehen, wie das bei Freihandel möglich wäre. Nicht bloß direkt durch die Vieh- und Fleischzölle, sondern auch indirekt durch die hohen Getreide- und Futter mittelzölle ist die deutsche Zollpolitik schuld an der Fleisch teuerung. Ueber der Fleischteuerung, so wichtig sie ist, soll man freilich die allgemeine Teuerung nicht vergessen. „Alles wird teurer!" lautete kürzlich die Spitzmarke einer Notiz in der „Deutschen Tageszeitung". Seit lange hatte nichts so unbedingt Wahres in dem agrarischen Blatt« ge standen. Daß die von den Agrariern betriebene Gesetz gebung die Hauptursache dieser allgemeinen Teuerung sei, stand in der Notiz natürlich nicht zu lesen. Und doch ist es so. Man vergegenwärtige sich nur einmal an einem prak tischen Beispiel, in welchem Maße und aus welchen Gründen der einzelne die allgemeine Teuerung -u spüren bekommt. Nchwen w,.- z. B. ein größeres Schuhgeschäft, das einem Schuhmachermeister gehört. Der Inhaber wird die Teue- rung nach folgenden Richtungen hin spüren: Er als Konsument empfindet die Verteuerrrng aller Gebrauchs- und Verbrauchsgezenstände an seiner Person und den Ausgaben für seine Familie. Er muß seinen Gesellen höheren Lohn geben, damit sie die Verteuerung ihres Lebensunterhalts ausgleichen können. Er als Produzent muß seine Rohmaterialien infolge der höheren Zölle höher bezahlen. Seine Lieferanten schlagen die Kosten, die die Fahr kartensteuer ihren Reisenden verursacht, sowie den Betrag des Frachturkundenstempels für den Transport aller Gegen stände auf die Preise ihrer Lieferungen drauf. Seine Geschäftsspesen erhöhen sich um den Betrag der Erhöhung des Ortsportos. Inseriert er, so steigen seine Jnseratkosten, weil sehr viele Zeitungen den Preis für die Inserate erhöhen, um einen Ausgleich zu dem neuen erhöhten Buchdruckertarif z« schaffen, der wieder eine Folge der allgemeinen Teuerung aller Lebensbedürfnisse ist. Eins greift ins andere, man kommt gar nicht m«hr ans Ende, wenn man erst anfängt, sich zu überlegen, wie die Teuerung auf die verschiedenen Volkssckickten wirken muß. Außer den wenigen, denen die neue Zollpolitik unerhörte Summen in den Schoß geworfen ha-, wie den Großgrund- besitzern und einem Teil der Großindustriellen, leidet fast die ganze Bevölkerung darunter, die „Festbesoldeten" viel leicht am meisten. Selbst die Arbeiter haben theoretisch wenigstens die Möglichkeit, sich durch Durchsetzung von Lohnerhöhungen schadlos zu halten. Aber was soll ein Be amter machen? Ihm bleibt nur übrig, zu leiden, ohne zu klagen. Nur eine Gelegenheit der Revanche gibt es für ihn: die Wahl! Drei politische Forderungen erheben sich mit zwingender Notwendigkeit aus der Situation der heutigen Teuerung heraus: Aufbesserung aller unteren und mittleren Be amtengehälter. Kampf gegen die Hochschutzzöllnerei. Abwehr jeder neuen Steuer, die, wie die drohende Mühlenumsatzsteuer, wi«der die Massen des Volkes belasten würde. Var llrbedemcdt u»<l «sie Zacdvrrttänäigenlianimern. In einer der letzten Reichstagssitzungcn hat der Abg. Müller-Meiningen bei der Besprechung des Entwurfes eines Gesetzes über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und d«r Photographie an die Regierungsvertreter die Bitte gerichtet, „es möge eine generelle Anweisung erlassen werden über eine sachgemäße Zusammensetzung der Sachver ständigenkammern, vor allen Dingen dahin, daß auch das graphische Kunstgewerbe und die Kunstindustrie besser ver treten sind, als das bisher der Fall war". Eine Anweisung über die Zusammensetzung der Sachverständigenkammern, oder, wie sie früher hießen, Sachverständigenvereine, gab es schon bisher, nämlich die Instruktion deS Reichskanzleramtes vom 29. Februar 1876. Ihr Inhalt und ihre Handhabung bat aber durchaus nicht befriedigt. Die Sachverständigen vereine waren nicht so zusammengesetzt, daß man sie als einen Sitz der höchste» Fachkunde ansprechen konnte. Die Miß stände sind besonders fühlbar aus dem Gebiete des Ge- schmacksmusterwcsens hervorgetreten. In Geschmacksmuster- Prozessen handelt es sich regelmäßig um zwei Fragem Ein mal gilt es festzustellen, ob das angeblich verletzte Muster des Klägers zur Zeit seiner Anmeldung beim Musterregister neu und eigentümlich war. Tann ist zu ermitteln, ob das Muster des Beklagten eine Nachahmung ist. Es leuchtet ein, daß zurBe- antwortung der-rsten Frage, der Frage nach der Neuheit und Eigentümlichkeit eine genaue Kenntnis jenes Gebietes nötig ist, worein das streitige Muster gehört: diese Kenntnis darf sich nicht auf die Verhältnisse der Gegenwart beschränken, sondern muß geschichtlich vertieft sein. Es ist ein Spezia listentum im besten Sinne des Wortes erforderlich, aber ein Spezialistentum, das mit der Kenntnis der Muster in ihrer äußeren Erscheinungsform das Wissen von ihrer Herstellung verbindet. Tie Sachvcrständigenvcreine werden für einzelne oder je für mehrere Bundesstaaten gebildet. Man sehe sich die Zusammensetzung des preußischen gewerblichen Sachver- sländigenvereins an; ihm gehören an: der Universitäts richter, ein Stadtrat, ein Landgcrichrsdirektor, ein Bild hauer, ein Taperensabrikant, ein Lampenfabrikant, der Hof goldschmied und ein Vibliotheksdirektor. Man braucht nur diese Liste zu sehen, um zu wissen, daß der Berliner gewerb liche Sachverständigenverein unmöglich die höchste Instanz der Sachkunde auf dem Gebiete des Geschmacksmusterwesens im größten deutschen Bundesstaate sein kann. Ganze Ge werbszweige sind in ihm nicht vertreten. Bei dem nicht sel tenen Wiederaufleben von Kunstformen vergangener Zeiten muß auch die Geschichte des Kunstgewerbes besser berücksich tigt sein. So ist es denn nicht selten, daß der Sachverständi genverein seiner Aufgabe nicht recht gewachsen ist. Er soll sagen, ob es ein Muster früher schon gab, und weiß nicht, wo her er die Wissenschaft nehmen fall. So hat sich der Sachver ständigenverein bisweilen mit einem non liqust begnügen müssen, wo wirkliche Fachkcnner genau beschlagen gewesen wären. Es ist sogar vorgekommen, daß er, der gerade zur Widerlegung der Rechtsvermutungen des Gesetzes angerufen wurde, auf eben jene Vermutungen sozusagen mit einem Achselzucken hinwies. So tat er z. B. in einem Gutachten vom 10. Juni 1904. Auch hat er sich vielfach mit mißlichem Erfolge auf das Gebiet der Gesetzesauslegung begeben. Da bei ist er denn auf den Widerspruch angesehener Rechtslehrer gestoßen. So hat ihm erst kürzlich Josef Kohler in einem Aufsatze im Archiv für bürgerliches Recht schwere Rechts irrtümer nachgewiesen. Er hat den unhaltbaren Begriff der subjektiven Neuheit des Geschmacksmusters geschaffen. Die ganze Unsicherheit seiner Beteiligung zeigt sich darin, daß er in einem Prozesse, der in Schriftgicßer- und Buchdrucker kreisen ziemlich viel Beachtung fand, mehrere einander wider sprechende Gutachten erstattete. In den beteiligten Kreisen ist man der Ueberzeugung, daß das beste Musterschutzgesetz nichts nützt, wenn tue im einzelnen Fall entscheidende Stelle ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist. Wenn auch die Muster schutzsachen von den ordentlichen Gerichten entschieden wer den. Das Schwergewicht des Prozesses ruht doch immer im Gutachten. Die Fälle sind zu zählen, wo das Gericht von dem Gutachten, das ihm ein Sachverständiger erstattete, ab weicht. Freilich sind nun gerade in den letzten Jahren einige Fälle bekannt geworden, wo die Gerichte dem preußi schen gewerblichen Sachverständigenvercin nicht folgten. In den melsten Fällen handelte es sich um typographische Fragen. Es bestätigt sich eben die Aeußerung des Abgeordneten Müller-Meiningen. Das graphische Gewerbe ist nur mangelhaft berücksichtigt in der höchsten Musterschutzinstanz. Und doch ist es sicherlich weit bedeutender wie die Lampen fabrikation oder die Goldschmiedekunst. vor dunärrt Zabrrn. Vie krdebung Sacdrenr r«m Königreich. Mit den Erinnerungen, die vor wenigen Wochen uns die Schlachtloge von Jena und Auerslädi nach 100 Jahren wie der lebendig vor die Seele haben treten lassen, verknüpft sich nicht nur .zeitlich, sondern auch ursächlich die Umwandlung des sächsischen Kurstaates in ein Königreich «Sachsen. — In unserer so überaus scstfrohen Zeit wird es bei kühleren, weniger sestsroh gestimmten Gemütern eine -«stimmende Beurteilung erfahren, wenn die Regierung un,ers Königs von einer größeren offiziellen Feier des 11. Dezember, an dem Sachsen jene Umwandlung erfuhr, oder des 20. De zember, an dem in Dresden die Proklamation des neuen Königreichs erfolgte, Abstand nimmt, hierin dem Beispiele der Höfe von München und Stuttgart folgend. Und doch hätten wir in Sächsen keinen Grund, mit einem gewissen Gefühl schamhafter Beklemmung an jenem Tage vorüberzugeben. Denn so gewiß die KönigSkronen von Bayern und Württemberg nur als Lohn Napoleons aufzu fassen sind, für die im Jahre 1806 gegen Oesterreich geleistete Gefolgschaft, so gewiß ist die sächsische Krone das Ergebnis einer vorerst von Napoleon ganz unabhängigen Entwicke lung, die dann erst als politische Notwendigkeit von Napo leon nicht geschenkt, sondern als Friedensbedingung zur An nahme gefordert wurde. Die Vorgeschichte. Diese Entwickelung geht zunächst zurück auf daS Jahr 1803. Wie es auch weiteren Kreisen heute wohl bekannt fein dürste, hatten die Friedensschlüsse zu Basel 1795 sPreuyen und Frankreich), Campo Formio 1797 lOesterreich und Frankreich), Lunsville 1801 Idas Deutsche Reich und Frank reich) erst insgeheim, endlich öffentlich, die Abtretung des linken Rbeinusers an Frankreich zur Bedingung gehabt. Gleichzeitig war ausgemacht worden, daß alle hierdurch ge schädigten weltlichen Reichsstände Ersatz sich holen soll ten am Gebiete der geistlichen Reichsfürstcn lSäkularisation) oder der kleineren Reichsstände, insbesondere der freien Reichsstädte <Mediatisierung). Zur Durckffübruna kamen diese Vereinbarungen erst nach langen Verhandlungen und vornehmlich unter dem Drucke des Ersten Konsuls Bonaparte von Paris aus durch den vom Regensburger Reichstage am 25. Februar 1803 vollzogenen ReichSdevutationshauptichluß. Indem alle geistlichen Stände bis auf den Mainzer Kurerzkanzler den Deutschmeister und den Großprior des Malteserordens, und alle freien Reichs- städte, mit Ausnahme der drei Hansastädte, Franksurls. Augsburgs und Nürnbergs, von ihren weltlichen Nacybarn verschluckt wurden und damit nicht weniger al- 112 mittel ¬ alterliche Staatengebilde verschwanden, neue Kurswürden geschaffen, auch italienische Potentaten mit bisherigem Reichsgute bedacht wurden, hatte das heilige römische Reich deuticher Nation cko kaoto zu existieren ausgehört. Bona- parte erkannte den Rest auch nur noch als einen Staaten- bund an. Auch das sächsische Fürstenhaus war geschädigt. Abge sehen von den durch die Revolution eingezogenen Gütern des Prinzen Xaver, des Oheims des Kurfürsten Friedrich August III., war sein Groboheim, der Kurer-bischos Cle mens Wenzeslaus von Trier, durch den Reichsdcputations- haupffchluß völlig um sein Erzknsrum und um das Bisrum Augsburg gekommen. Aber während sich die Mehrzahl der deutschen Fürsten vor dem Regensburger Schluß in Paris beun Ersten Konsul und bei Gott und aller Welt die Deine abraunten, um sich aus dem sreigewordcnen Reichsgute «inen möglich'! großen Anteil fu sichern, ließ Friedrich August der Gerechte einem daraufhin abzielenden Vorschläge seines Gesandten in Paris, Les Grafen Bünau, durch den Minister Grasen stoß antworten: „Die Idee ist den Ansichten und Grundsätzen des Kurfürsten durchaus.zu wider. Ich muß Ihnen wiederholen, daß jede auf Koste» eines dritten erzielte Schadloshaltung seinen Gerechtigkeit«!. Prinzipien widerspricht." — Es ist erwiestn, daß der damalig« Erste Konsul schon damals von Hochachtung mr eine so seltene Uneigennützig keit erfüllt wurde. Dieser Uneigennützigkeit kam des Kur fürsten unter den obwaltenden Umständen freilich veraltet« Vasallentreue dem doch nur der Form nach noch bestehenden Reiche gegenüber gleich. Als sich der Feldzug des neuen Franzvsenkaisers im letzten Viertel des Jahres 1805 gegen Oesterreich bei Austerlitz entschieden und Napoleon rm Frie den von Preßburg am 27. Dezember 1806 in einem der letz ten Paragraphen trocken erklärt hatt«, daß die biSheri«» Kurfürsten von Bayern und Württemberg von nun an den Königstitel 'ühren würden und als Könige anzuerkennen seien, war der sächsische Kurfürst mit dieser Rangerhöhung nstbt etwa bloß deshalb unzufrieden, weil er dadurch ron nun an jenen beiden im Range nachstand, sondern weil sie, und das war für ihn die Hauptsache, durch ihre königliche Souveränitätserklärung die Reichsvai'allität mrwiderruflich durchbrachen. Und nebendem beherrscht« den Vertreter des dammls ältesten Lehnsfürstentumes im Reiche noch ein an deres Gefühl, wie die? aus folgenden Worten ein«s Berich tes des preußischen Gesandten in Dresden, eines Herr» van Brockhausen, vom 23. Januar 1806 hervorgebt: „Man habe es schmerzlich empfunden, daß es Paris sei, wo die beiden neuen Könige sich krönen ließen, und daß dereinst auch ihre Nachfolger die Krone aus den Händen- der Kaiser von Frankreich als ein Zeichen der Abhängigkeit und der Va- sallenschaft empfangen sollten. Man finde in Dres den, daß es um solchen Preis bessersei,Kur fürst zu bleiben." Verhandlungen. Immerhin hätte man am Dresdener Hose den Kurfürsten gern als König gesehen, namentlich die Minister. Gleicher maßen ermunterte ihn in Uobcreinstimmung mit seinem Könige von Berlin aus der Minister Hardenberg. I» seinem Auftrage erschien in Dresden Herzog Karl August von Weimar, der fürstliche Gönner Goethes, um den alber- tinischen Vetter rn dieser Richtung zu bestimmen. Auch würde dieser Schritt bei keinem andern norddeutschen Fürsten auf Widerstand gestoßen ^ein: ja der Kurfürst Wil- Helm I. von Hessen, der selbst gern die „Chattenkronc" ge tragen hätte, wünschte sogar nichts mehr, als daß ihm Fried- rich August mit gutem Beispiele voranyehc. Trotz alledem konnte sich der sächsische Kurfürst nicht entschließen, im Sinne aller dieser Berater zu einer weiteren Auflösung des Reiches auch seinerseits berzutragen. Ein anderes Gesicht gowann di« Sache, als nach kurzer Verhandlung mit den Vertreter» Bayerns, Württembergs. Bodens, Hessen-Darmstadts, Nassaus irsw. in Poris am H. und 12. Juli 1806, Talleyrand am 17. Juli den „Rhein bund" abschloß, als ferner alle Teilnehmer am 1. August am Regensburger Reichstage sich feierlich vom heiligen Römi schen Reiche lossoyien, als gleichzeitig der französische Ge sandte Bacher an derselben Stelle erklärte, daß sein Herr und Kaiser dieses Reich nicht mehr als bestehend an erkenn«, und als endlich Kaiser Franz Q. am 6. August eine Proklamation erließ, daß er die deutsche Kaiserkrone nieder lege und daß damit „das reichsoberhmrptliche Amt uud Würde" erloschen sei. Nunmehr hätte also der Annahme der KönigSwürde von Reichs wegen nichts mehr enlgegenqestan- den, und es traten auch erneute Aufforderungen, wenngleich unter veränderten Voraussetzungen, an Kurfürst FriArich August heran. Bei der immer wachsende» Gefahr, die von Waste» her drohte, suchte Preußen noch vor dem Bekanntwerde» des Rheinbundes über die Begründung eines norddeutsche» Der- teidigungsbündmsses mit Kirrhessen Fühlung and bald da- nach, am 25. Juli, auch mit Kursachfe». Hatte ja auch Talleyrand am 22. Juli scheinbar wohlwollend die preußische Regierung aufgefordert, die norddeutschen Staaten ebenfalls zu einem Bunde zu einen. Während Hesse« auf den preußi schen Vorschlag in der Hoffnung, hierbei sein Gebiet ver größern zu können, sofort cinging, hatte Sachsens Kurfürst zmnöchst gar keine lo große Meinung von der Dringlichkeit irgend einer Gefahr und meinte, es genüge eia« eaqere Union — auf Grund der zwischen den Häusern Sachten, Hessen und Brandenburg im Jahre 1614 geschlossenen Erb- Verbrüderung! — Wäre man rn Preußen klug gewesen, so wäre man auf diese wunderliche Schrulle des alten Herr» ein gegangen, um sic dann doch in der qowü Nichten Weis« mn- zumodeln. Abcr man war selbst über di« zu ergreifenden Maßregeln nickt ganz im klaren and schwankte Mische« zwei Plänen hin und her. Der eine, von dem KamwervizeprSst- dent Hänlein verfaßt, wollte einen Bund der »ordd«ttfchen Staaten, in dem Preußen über Sachsen und Hessen aber mit diesen beiden zusammen wieder über di« anderen Staaten «ine dominierende Stellung einnehmen sollte: gewisse Ein- richtiinaen dieses Bunde? erstrebten offenbar die allmähliche Mediatisierung der kleinen Staaten. Vor allem bracht« die- ier Plan auch Rangerhöhungen: der preußische König sollte den Titel eines norddeutsche« Kaisers anaehmen, S»r- sacksen und Snrhefscn zu Königreichen, Sachsen-Weimar und Braunschweig zu Großherzogtümern usw. erhoben werden. — Der andere Plan, von dem Kabi- nettsrat Lombard entworfen, wiicherholte im wesentlichen nur die schon erwähnten Bündnisvorschlägc vom 25. Juli, gleichzeitig abcr tragt« bei seiner Uebersendung an den Kur- fürsten Graf Haugwitz in Dresden an, ob der Kurfürst nicktsogleichdieköniglicheWürdeonnehmen wolle, wie si« auch Hessen ungetragen sei, das übrigens es zugleich auf eine Gebietsverärößerung abgesehen Hobe. Mit dieser einzigen Andeutung nahm der preußische Minister
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