Abb. 336—337 Seite 92 Der Humor in der technischen Reklame Von vornherein sei es gesagt: der Humor in der Reklame, besonders in der tech nischen Werbung, ist ein zweischneidiges Schwert. Lesen wir, was einige Werbe fachleute hierüber schon geschrieben haben: „Selbstredend muß Humor auch wirklich Humor sein. Er darf vor allem nicht auf Kosten des Lesers gehen, darf diesen nicht selbst zum Zerrbild machen, denn sonst verkehrt er sich mit Sicherheit ins unerwünschte Gegenteil: in Ärger und Abneigung. über den Begriff des Humors, des Witzes gehen die Meinungen freilich viel fach weit und oft sogar gerade entgegengesetzt auseinander. Der sichere Instinkt für die Psyche des zu bearbeitenden Publikums wird zu entscheiden haben, was unter Humor zu verstehen ist, denn nichts wirkt so traurig, so fade und schal als ein deplacierter Witz oder ein Witz, der keiner ist. über das „Wann und Wie" des Humors ist eigentlich kaum theoretisch zu entscheiden. Die Beurteilung des anzuzeigenden Erzeugnisses, seiner Käufer- schiditen und des Humoristen selbst wird ausschlaggebend sein. Es leuchtet dem gesunden Menschenverstand ohne weiteres ein, daß Paul Simmelsche Witze für eine Großbank, eine Lebensversicherung oder ein Unternehmen der Schwerindustrie am falschen Platze wären. Esmag darum als eine Regel gelten, daß kostbare Q u a I i t ä t s o b j e kt e, Dinge der ernsthaften Wissenschaft und Industrie, wertvolle Auto mobile usw. dem Gedanken des Re kl a m e h u m o rs wider sprechen. — Und doch ist dieser Grundsatz nicht ohne Ausnahme. Der entscheidende Urteilsfaktor wird allzeit die Vergegenwärtigung der Psyche des zu treffenden Interessentenkreises sein müssen*)." Eine Ausnahme der obigen Regel sind zweifellos die beiden von Simmel gezeich neten Heckel-Beilagen (Abb. 336—337). In einer Besprechung technischer Anzeigen, die in einem Sonderheft der VDI-Zeitschrift erschienen, schreibt ein Werbeleiter**) über humoristische Anzeigen bzw. Beilagen: „Es ist sehr schade, daß unter 515 Anzeigen nur zwei (= 0,39 v. H.) humo- ristisch-karikierende zu finden sind. Von welch vorzüglicher Wirkung diese Art der Werbung auch in Zeitschriften und für Erzeugnisse sein kann, die ,seriös' sind, wird jeder bestätigen, der einmal die glänzenden Simmel- Anzeigen für Heckel gesehen hat. Heckel hat sich übrigens eine Serie solcher Entwürfe zeichnen lassen, die er audi als farbige Beilagen verwendet. Man lacht — aber nicht über den Inserenten, sondern über den gelungenen Witz — und vergißt den Namel Heckel nicht wieder. Nur müssen solche Entwürfe und Witze von Könnern, nicht von Stümpern gemacht werden." Die Firma Ernst Heckel selbst war, wie sie einmal schreibt, „mit den heiteren Dar stellungen aus dem Gebiete der Fördertechnik, die in weiten Kreisen lebhaftes Inter- *) Aus: „Endlich bessere Anzeigen im Kampf um den Kunden von morgen". Verlag für Wirtschaft und Ver kehr, Stuttgart. *’) Ronsdorf „Die technische Anzeige". „Technik und Wirtschaft", 1929, Heft 10. VDI-Verlag G. m. b. H., Berlin.