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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040506024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-06
- Monat1904-05
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Vellage Srrttag, 6. Mat 1904. Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Nr. 230. Abend-Ausgabe. leiprigrk Rngelegesbeiten. * eetpzis, 6. Mai. * Anschluß MöckernS an das städtische Schleusennetz. Ein Teil der Möckernschen Abwässer flieht zur Zeit zu sammen mit Schmutzwässern aus einem Teile der Flur L.-Gohlis an der Thüringer Eisenbahn in die Elster. Hierin tritt nunmehr durch den Bau der Zweigschleuse, welche vom Kaiserpark aus in die untere Kirschbergstraße führt, infofern eine Aenderung ein, als die Abwässer aus der Flur Möckern durch diese Schleuse abgefangen und der städtischen Kläranlage zugeführt werden. Der Rat hat daraus Veranlassung genommen, mit der Ge meinde Möckern einen Vertrag abzuschliehen über die Aufnahme der in Betracht rammenden Möckernschen Schleusenwässer in die städtischen Schleusen. Darnach soll die Gemeinde an die Stadt eine einmalige Ab- f i n d u n g s s u m m e von 10 000 zahlen, ferner sind Klärkosten (jährlich 380 und Unterhaltungsbeiträge, sowie von den Grundstücken einmalig Vorflutbeiträge zu entrichten. Der Gemeinderat hat sein Einverständnis be- reits erklärt, und der Rat ersucht die Stadtverordneten, auch ihrerseits Zustimmung erteilen zu wollen. Für die umfangreichen militärfiskalischen Grundstücke in Möckern sollen noch besondere Abmachungen getroffen werden. * Ueber die Schulbauten in L.-Reudnitz und L.-Klein- zschocher sei noch folgendes mitgeteilt: Die Kosten des Schulbaues in L.-Reudnitz, der von den Herren Architekten Reichel L Kühn ausgeführt wird, sind auf 479 000 veranschlagt, wozu noch 91 000 für Einfriedigung, Mobiliar usw. hinzutreten, so daß sich ein Gesamtbetrag von 570 000 ergibt. Auf den gleichen Betrag stellt sich die Schule in L. -Kleinzschocher, ausgeführt von Herrn Architekten Hülßner, nur ent fallen hier 450 000 auf das Gebäude und 120 000 -lil auf Einfriedigung, Mobiliar, Stratzenherstellungen usw. Beide Schulen werden Räume für eine Haus- Haltungsschule enthalten, und außer dieser sind für die Schule in L.-Kleinzschocher nachträglich noch Räume für einen Knabenhort vorgesehen worden. Der Preis für den Kubikmeter umbauten Raumes stellt sich für das Hauptgebäude in L.-Reudnitz auf 13,10 in L.-Kleinzschocher auf 13,69 <>//. * Leipziger Jnnungswesen. Unter dem Vorsitz des Herrn Ottomar Wittig hielt gestern die Innung Leipziger Buchdruckereibesitzer im Sachsen zimmer des Deutschen Buchgewerbehauses die erste ordentliche Jnnungsversammlung dieses Jahres ab. Dem hierbei vom Jnnungsvorstand er statteten Geschäftsbericht ist u. a. zu entnehmen, daß der Geschäftsgang iin heimischen Buchdruckgewerbc in der ersten Hälfte des Vorjahres nicht befriedigte und daß erst im letzten Halbjahre allmählich ein lebhafterer Betrieb eintrat, der auch auf den Beginn des neuen Jahres sich ausdehnte. Die Ergebnisse waren jedoch im allgemeinen wenig befriedigend. Im Bericht werden die Gründe hierfür angegeben, namentlich trugen die Preisunter bietungen schuld. Dringend empfohlen zur Nachachtung wurden die vom Vorstand und einer Sechzehner-Kommis sion neuerdings aufgestellten „Zehn Grundsätze zur Er zielung normaler Druckpreise im Buchdruckgewerbe." An läßlich verschiedener Vorkommnisse bei Bewerbungen um öffentlich ausgeschriebene behördliche Drucksachen erklärt der Vorstand, auch fernerhin unnachsichtlich gegen alle Preisschleudereien vorzugehen. Verschiedene Konkurrenz fälle wurden dem Ehren- und Schiedsgericht zur Erledigung übergeben. In dem Berichte über die weiteren die Innung betreffenden Jahresvorkommnisse wurde mitgeteilt, daß die Gesamtzahl der angemeldeten Gehülfen von 2179 auf 2049 zurückgegangen ist. Durch Vermittelung des Arbeitsnachweises der Innung er hielten 1151 Stellung, gegen 1649 im vorausgegangenen Jahre. Die Unterstützungskassen sind im vergangenen Jahre wiederum stark in Anspruch genommen worden: die Gesamteinnahmen betrugen 46 759,50 die Aus gaben 38 597,67 ^!, so daß ein Ueberschuß von 8161,83 .<i! erzielt wurde. Der Bericht über das für das gesamte Buchdruckgewerbe so überaus wichtige Lehrlings- und Schulwesen ist von Herrn Julius M ä s e.r er- stattet worden, der sich eingehend über die Fortschritte der Buchdrucker-Lehranstalt, die 613 Schüler zählt, ver breitete. Den Bericht des Ausschusses für das Ehren- und Schiedsgericht hat Herr Wilhelm Bär erstattet, während Herr Baufeld sich über den Rechnungsab schluß verbreitete. Danach halten sich Einnahmen und Ausladen der Innung skasse für 1903 mit 10 689,77 die Wage: in den Hanshaltvlan für 1904 wurden Einnahmen und Ausgaben mit 10 460 einge stellt. Das B. G. Tcubner-Legat beträgt 1500 .< die Weidemgnn-Stiftung nnd die ihr zngefallenen Schenkun gen 10 777,23 die Nieseschc Stiftung 9214,81 das Heinrich Brockhaus-Legat 17 606,32 und die Stiftung der Frau verw. Kommerzienrat Klinkhardt zum Gedächtnis ihres am 17. November 1897 verstorbenen Gatten 5751,40 Der Mitgliederbestand der Innung ist folgender: 171 Firmen mit 229 Inhabern und 6 Ver tretern. Die Buchüruckerlehranstalt balanciert in Einnahmen und Ausgaben mit 18 519^0 — Im weiteren Verlaufe dec gestrigen Jnnungsversammlung wurde Herr Ottomar Wittig, nachdem ihm für seine überaus ersprießliche Tätigkeit für Innung und Gewerbe Dank und Anerkennung gezollt worden war, einstimmig zum Vorsitzenden der Innung wiederge wählt. Satzungsgemäß wurden dann von der Ver sammlung ferner gewählt: als Vorstandsmitglieder die Herren Fischer und Stephan, als stellvertretender Vorsitzender im Lehrlings- und Schulausschuß Herr Baufeld; als Gehülfenmitglieder des Schulausschusses die Herren Setzer Zahn, Maschinenmeister Hoff mann und Setzer Ouandt. Hinsichtlich des städtischen Submissionswesens bei der Vergebung von Druckarbeiten hat der Jnnungsvorstand eine erneute Eingabe an den Rat gerichtet, die Innung Leipziger Buchdruckerei. belitzer an allen Submissionen städtischer Druckarbeiten insofern teilnehmen zu lassen, daß ihr sämtliche Arbeiten zur Vorberechnung und Feststellung der gewerblichen Preise durch das Ehren- und Schiedsgericht gleichzeitig zugesendet werden und daß von den eingehenden Of ferten dann diejenigen zu berücksichtigen sind, die den vom Ehren- und Schiedsgericht ermittelten gewerbs- üblichen Preisen am nächsten kommen. Der Rat hat dieses Gesuch aus grundsätzlichen Bedenken nicht ge nehmigt: würde der Innung der Buchdruckereibesitzer, so hebt der Rat hervor, die erbetene Teilnahme im Sub missionswesen zugestanden,so würden andere Gewerbe- treibende bei den sie betreffenden Vergebungen in gleicher Weise berücksichtigt zu werden wünschen, damit aber wür den unhaltbare Verhältnisse geschaffen werden. Der Vor sitzende erklärte, diese Bedenken nicht teilen zu können. Es folgte eine sehr eingehende Debatte, in deren Verlaufe auch neuere Fälle von Preisunterbietungen zur Er langung von Rats- und Druckarbeiten aus der Mitte der Versammlung zur Sprache gebracht wurden. Es wurde schließlich folgende Resolution angenommen: „Die In- nungsversammlung wolle dem Ehrenschiedsgericht den Wunsch aussprechen, daß diejenigen Firmen, gegen welche zum zweiten Male innerhalb eines Vierteljahres wegen Preisunterbietung erkannt worden ist, in der Jnnungs- Versammlung unter Anführung des Tatbe- stand es genannt werden. Ueber die Veröffent lichung in den Mitteilungen soll die Jnnungsversamm lung entscheiden." Mit der Annahme des Antrages er reichte die Sitzung ihr Ende. * Nationalliberaler Verein für Leipzig und Um- gebung. Wir machen nochmals auf die heute abend im großen Saale des Zentraltheaters stattfindende Mo- natsverfammlung aufmerksam, in der Herr Pro fessor vr. Karl Dove- Jena Uber den Aufstand in Süd- Westafrika sprechen wird. Herr Professor Dove kennt Land und Leute in Südwestafrika aus eigener Erfahrung. Von besonderem Interesse dürfte in den jetzigen Tagen ein Urteil sein, das Professor Dove vor ca. acht Jahren in seinem Skizzenbuch „Südwestafrika" abgegeben hat: „Die Hereros werden ein höchst gefährlicher Feind sein, wenn eines Tages bei ihnen der Glaube zur Gewißheit wird, daß es um ihre Selbständigkeit und den unbestrittenen Besitz ihrer Ländereien geschehen sei. Darum zeugt es von wenig Urteil, wenn man glaubt, daß die Ovaherero nach der Bildung von kleinen Garnisonen in ihren Haupt- orten für alle Zukunft und unter allen Umständen Frie den halten würden: ein verwerflicher Leichtsinn aber wäre es, wenn Gesellschaften oder Private es zu unternehmen wagten, Deutsche mit ihren Familien auf streitigem Grund und Boden anzusiedeln. Die Hereros würden auch dann wahrscheinlich nicht zum offenen Angriff gegen deutsche Truppen schreiten, aber eines Morgens würden die Bauern mit ihren Frauen und Kindern ermordet auf den Farmen gefunden werden." * Sommertheater in den „Drei Linden". Herr Emil Böbber hat sein Sommertheater zeitgemäß umgebaut und vergrößert und die artistische Leitung einem Künstler übertragen, der einen guten Ruf in der Bühnenwelt hat, dem Oberregisseur des Magdeburger Stadttheaters, Karl Treptow. Dieser, ein Neffe des Leipziger Bürger- schuldirektors vr. Hauschild, hat 1871 die Bühnenlauf, bahn begonnen, war in Kiel, Neustrelitz, Würzburg, Amsterdam und Bern als jugendlicher Held und Lieb- Haber, dann zugleich als Regisseur in Regensburg, Alten- bürg, Olmütz, Reichenberg tätig, darauf Mitdirektor des Dortmunder, artistischer Direktor des Teschener, Regisseur des Elbinger und Liegnitzer Stadttheaters und wirkt seit 1895 als Oberregisseur und Charakterdarsteller am Magdeburger Stadttheater. Für Leipzig hat er in der ernsten Absicht, ein einer Großstadt würdiges Sommer- theater zu schaffen, 12 weibliche und 15 männliche Dar steller von guten Bühnen gewonnen und nicht weniger als 23 Novitäten erworben, für deren würdige Jnscenierung er Sorge zu tragen gedenkt. * Feuerbericht. Ein Gardinenbrand fand gestern abend in einer Wohnung der Bornaischen Straße in Connewitz statt. Er wurde vom Wohnungsinhaber bald gelöscht. — Ein anderes geringfügiges Schadenfeuer kam aus der Conradstraße in VoÜmarsdorf zur Meldung, woselbst in einem Niederlagsraume durch Umfallen einer brennenden Lampe eine Partie Holzwolle in Brand ge raten war. * Unfälle. In der Wächterstraße wollte gestern Vor- mittag ein Radfahrer einer Frau ausweichen und fiel hierbei mit seinem Rade vor einen im Gange befindlichen Motorwagen, von dem er ein Stück geschleift wurde, ehe er zum Halten gebracht werden konnte. Der Radfahrer erlitt eine zum Glück nur unerhebliche Verletzung am Kopfe. — Am Roßplatze brach in vergangener Nacht ein auf der Durchreise begriffener Fleischcrgeselle plötzlich ohnmächtig zusammen und mußte in ärztliche Behänd- lung genommen werden. — Gestern Abend wurde in der Reitzenhainer Straße ein lljähriger Knabe, der auf der Straße Fußball spielte, von einem Radfahrer, dem er direkt in das Rad hineingelaufen war, umgerissen. Dabei schlug der Knabe mit dem Hinterkopfe mit solcher Wucht auf das Straßenpflaster auf, daß er besinnungslos in die elterliche Wohnung geschafft wurde, auch bis heute Morgen die Besinnung nicht wiedererlangte. — In ver gangener Nacht fuhr in Eutritzsch ein Automobil ohne Erkennungsnummer gegen die verschlossen gewesene Schranke des Magdeburger Bahnüberganges und beschä digte sie. Personen sind zum Glücke nicht verletzt worden. * Polizeibericht. Im angeblichen Auftrage eines Fabrikanten erschwindelte sich ein Unbekannter im Alter von etwa 35 Jahren, mit rötlichem Schnurrbart, in einem Geschäft am Dorotheenplatz Waren. — Dasselbe versuchte in einem Schuhwarengeschäft in der Liebigstraße eine Unbekannte, die schon in anderen Geschäften ausge treten ist. Die Betrügerin ist 25—30 Jahre alt, schmäch tig, hat schmales blasses Gesicht. — Von einem Grund stück in der Thalstraße wurde schon wieder zur Nachtzeit ein Firmenschild mit der Aufschrift „vr. Langner, Frauenarzt und Spezialarzt für Chirurgie" abgeschraubt und gestohlen. — Ein Rover, Marke „Adler Nr. 42" wurde am Hauptpostamt gestohlen. — In Haft genom men wurde ein 19 jähriger Commis aus Pegau, der sich eines Fahrraddiebstahls schuldig gemacht hatte. — Ge stohlen wurden in der vergangenen Nacht aus einer Ge schirrkammer in der Aeußeren Halleschen Straße in Gohlis, zwei ziemlich neue Kutschgesckirre mit Zaumzeugen und Kreuzzügeln im Werte von 350 ^!, auf die Wieder erlangung der Geschirre hat der Bestohlene eine Beloh- nung von 50 ausgesetzt: auS einer Wohnung in der Moritzstraße ein Geldbetrag von 200 aus einem Vergnügungslokal in der Ostvorstadt ein Damen-Opern- glas mit Elfenbeingestell und Goldeinfassung, sowie eine Partie Cigarren und Cigaretten. Hur Zachren. —* Burgstädt, 5. Mai. Zur würdigen Ausgestaltung des in diesem Jahre hier stattfindenden Heimats- festes beschlossen der Gewerbeverein und die Schützen- gesellschaft, für den geplanten Festzug je einen Festwagen zu stellen. —* Waldheim, 5. Mai. In der Verwaltung des hie sigen Stadtrates befinden sich gegenwärtig 24 Legate und Stiftungen mit einem Gesamtvermögen von 85 147,93 Sie verfolgen fast ausnahmslos wohl tätige und gemeinnützige Zwecke. r. Crimmitschau, 5. Mai. Dem Oberbriesträger Kießling hier wurde bei seinem Scheiden aus dem Postdienst das Allgemeine Ehrenzeichen verliehen. — Ihr lOjährigesStiftungsfest begeht nächsten Sonn- tag die hiesige Freie Vereinigung Kampfge nossen 1870/71. rt- Frauenstein, 6. Mai. Die Jubelfeier seines 50jährigen Bestehens begeht der hiesige Männergesang.Verein „Liedertafel" am 2. bis 4. Juli. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange. * Buchholz, 6. Mai. Der hiesige Kirchenvorstand hält die bunten Glaskugeln auf den Friedhöfen für unpassenden Gräberschmuck und hat die Gemeindeglieder aufgefordert, sie von dem hiesigen Friedhöfe zu entfernen. — Zwischen den Gemeinden Buchholz und Cunersdorf ist ein Vertrag geschlossen worden, wegen Versorgung von CunerSdorf mit GaS aus dem hiesigen städtischen Gaswerk. Ein erfreuliches Zeichen von dem Aufschwünge unseres oberen Erzgebirges ist die Tatsache, daß in den letzten Jahren in mehreren Stadt- und Land gemeinden, so in Wolkenstein, Ehrenfriedersdorf, Schlettau,, Scheibenberg, Crottendorf, Sehma, eigene Gasanstalten errichtet worden sind. l. Schneeberg, 5. Mai. Der Verein ehemali ger Schüler des König l. Gymnasiums zu Schneeberg, der seinen Sitz in Dresden hat, hält die diesjährige Hauptversammlung am zweiten und dritten Pfingstferertag in Dresden ab. Die beratende Ver sammlung findet im Kurhaus Kleinzschachwitz bei Pill nitz statt. * Bautzen, 5. Mai. Am 26. und 27. Juni soll in Neugersdorf das 11. Oberlausitzer Bun- des-Sängerfest abgehalten werden. Schon jetzt werden eifrigst Vorbereitungen getroffen, um auswärtige Gäste würdig zu empfangen und Quartier zu verschaffen. — In Großschweidnitz bei Löbau ist eine neue Eisenbahnhaltestelle eröffnet worden. * Neschwitz, 5. Mai. An Stelle des Herrn von Zez schwitz auf Deutschbaselitz, der sein Amt nieder- gelegt hatte, wurde vom Provinziallandtage des Mark- grafentums Oberlausitz der bisherige Landesbestallte Herr Regierungsrat a. D. Graf und Edler Herr zurLippe - Die st erfeld-Weißenfeld auf Döberkitz gewählt. An dessen Stelle Herr Frhr. v. Vietinghoff- Riesch, Majoratsherr von Neschwitz, trat. * Freiberg, 5. Mai. Am 8. Mai wird dieMonats- oper im hiesigen Stadttheater geschlossen. Erst im September werden sich die Pforten des Theaters wieder öffnen. -o- Königstein, 5. Mai. Aufsehen erregt das Fallisse ment der hiesigen Firma C. E. Hickmann. Es sollen Verluste von mehreren Hunderttausend Mark in Betracht kommen. Der eigentliche Inhaber der Firma, Stein- bruchsbesitzer Carl Hickmann, ist seit einigen Tagen ver- schwunden. Da man Kleidungsstücke des Genannten an der Elbe fand, glaubte man zuerst, daß er Selbstmord begangen habe, cs ist jedoch anzunehmen, daß H. das Weite gesucht hat. Mit dem Inhaber der Firma ist auch sein Bruder verschwunden, der sich nach Wien gewandt haben soll. Wie es heißt, kommen auch Wechselfäl- schungen größeren Umfanges in Frage. R«r Zacbrenr Umgebung. Weißenfels, 5. Mai. Der Zimmerer streik dauert unverändert fort, da die Zimmerleute auf einen Stundenlohn von 42 Pfg. bestehen, die Arbeitgeber ihnen jedoch nur einen solchen von 39 Pfg. zubilligen wollen. Da der Bauunternehmer Halt Zimmererarbeiten mit Hülfe von Maurern und Bauarbeitern hatte Herstellen lassen, verhängten die Organisierten die Bausperre über H., worauf die vereinigten Arbeitgeber des Baugewerbes am Platze erklärten, wenn bis heute abend die Bausperre bei H. nicht aufgehoben wäre, würden sämtliche hier be schäftigten Bauarbeiter und Maurer ausgesperrt werden. Da die organisierten Zimmerer, Maurer und Bauarbeiter beschlossen haben, der Forderung der Arbeitgeber nicht zu entsprechen, sondern der Aussperrung ruhig entgegenzu sehen, so steht zu erwarten, daß Sonnabend einige hun- dert Personen des Baugewerbes ausgcsperrt werden. Altenburg, 5. Mai. Aus Anlaß des 75 jährigen Gefchäftsfubiläums der Wollenstrickgarnfabrik von I. G. SchmiLt suu. Söhne hat die Firma die vor handene Arbeiterstiftung von 60 000 auf 120 000 er höht, jedem Arbeiter wie jeder Arbeiterin einen Wochen lohn zum Geschenk gemacht und die Beamten ebenfalls reich bedacht. Greiz, 5. Mai. Der Feuermann Weller aus Gera wurde heute als Leiche aus der Elster hier ge zogen. — Ein unbekannter Betrüger, der hier eine mit dem Namen des Konsistorialrats Gerhold unterzeichnete Sammelliste vorzeigte und milde Gaben für eine Anstalt sammelte, wurde — da die Liste gefälscht war — verhaftet. H Aus dem bayerischen Grenzgebiet, 5. Mai. Eine fatale Verwechselung wurde auf dem Bahnhofe Bay reuth am Dienstag entdeckt. Daselbst kam ein Reisen der an, welcher sich durch keine gangbare Sprache irgend- wie verständlich machen konnte. Das Bahnhofspcrsonal betrachtete die Fahrkarte des Orientalen und fand, daß ec aus London kam und statt nach Beirut eine Fahr karte nach Bayreuth erhalten hatte. Der Reisende wurde nach München an das türkische Konsulat verwiesen. Feuilleton. MauruS J6kai MauruS Jükai ist tot. Mancher horcht auf und besinnt sich. Jükai? WaS habe ich nur schnell von ihm gelesen? Ach richtig: „Der Goldmensch", Komödianten deS Lebens", „Tas geheime Gold land". Aber ich kann mehr von ihm gelesen haben. Es muß schon lange her sein, daß mir Titel und Zusammenhang gar nicht mehr einfallen wollen. In den 90 er Jahren war es wohl. Da las alles Jükai. Man verschlang die Engelhorn-Bände, die Ucbersetzungen seiner Romane brachten- Aber nun hab' ich lange nichts mehr von ihm gelesen, lange nichts mehr über ihn gehört. Meine letzte Erinnerung knüpft sich an einen vrinlichrn Familienskandal, der die Runde durch die Blätter machte. Aber daS ist auch schon eine gute Weile her. So denkt wohl mancher. In der Tat: die Beliebtheit Jükais hat abgenommenr Man liest ihn auch heute noch. Natürlich. Aber man stürzt nicht mehr auf ihn, man geht zu ihm hin. Jükai ist kein Original gewesen. Wenigstens nicht für uns Deutsche. Wir könnten ihn vielleicht mit unserm Spielhagrn zusammen stellen. In der Kunst, die Leser zu spannen, kommt er ihm gleich. Nur daß Spielhagrn gründlicher ist und den Problemen mehr nach geht. Jükai hatte schließlich von allen etwas. Er schrieb realistisch wie Zola, mitunter pikant wie Maupassant (man denke an die Novelle „Magnets"), farbenreich wie d'Nnnunzio, effektvoll und sensationell wie Viktor Hugo. Wäre er rin ausgesprochener Dra matiker, würde er vielleicht ein Philippi geworden sein. Aber von all denen hat er nur immer etwas. Man darf diesen Vergleich nicht im Sinne bewußter oder un bewußter Anlehnung verstehen. Jükai hat dies« Autoren vermutlich gar nicht gekannt. ES muß unS Deutschen aber freistehen, Jükai nach unseren Begriffen zu rubrizieren, wenn überhaupt rubriziert werden soll. Den Ungarn war und ist er weit mehr. Die lieben ihn. Er war zeit seines Lebens ibr Fürsprecher im Parlament. Er war ihr Cicero, beredt wie dieser und mehr Philosoph al- Parteigänger. Kaum war er tot, da beschloß die ungarische Regierung den Ver-1 storbenen als einen „Toten der Nation" zu betrachten. Man be-1 traute den Kultusminister mit den Maßnahmen für eine imposante I Leichenfeier. Tausend« werden an seinem Sarge stehen. Ganz Budapest wird dem geliebten Mann daS Ehrengeleite geben. Wie gesagt: den Ungarn ist er mehr als uns. UnS Deutschen ist die Eigenart seiner Phantasie, die in seinen Werken oft ab sonderliche Wege wandelt, nie so recht ins Blut gegangen. Wir betrauern ihn, wie wir den Tod jedes ManneS betrauern, der un» im Leben geistig beschäftigt und den wir für einen feinen Kopf hallen. Ader wir empfinden seinen Tod nicht so tief wie beispiels weise den eines Zola. Jükai war und ist wohl beliebt bei uns, aber seine Werke sind unS mehr Verstandes- alS Herzenssache. Der ungarische Humor liegt uns ebensowenig wie der amerikanische. Innige Fühlung haben wir nie mit Jükai genommen. Geschweige denn, daß er Schule bei unS gemacht. Einiges Wenige über seinen Lebenslauf: Jükai war geboren am IS. Februar 1825 in Komorn. Er studierte in Preßburg, Püpa und Kecskmüt und erlangte 1846 das Advokatendiplom. Ohne jedoch jemals die Advokatnr auSzuüben, widmete er sich frühzeitig der literarischen Wirksamkeit und schrieb 1842 das Drama „ti. rsiüüüü" („Der Judenknabe"). Im Jahre 1846 erschien sein erster Roman „llütköruapolc" („Werktage"), mit dem er sogleich die Gunst des Publikums gewann. Im nächsten Jahre übernahm er die Redaktion des damals tonangebenden belletristischen Wochen- blattrS .Zletdüpsh" („Lebensbilder",). Gleichzeitig erschien die erste Sammlung seiner Novellen „Vackon viiüKiü" („Blumen der Wildnis"). An der politischen Bewegung von 1848 nahm Jükai hervorragenden Anteil; er war mit Petöfi der Führer der Jugeng, die am 1b. März die „Zwölf Punkte" (Preßfreiheit usw.) erkämpfte. Nach dem Freiheitskriege mußte er längere Zeit als Flüchtling im Lande umherirren, da er geächtet war; doch entkam er der Verhaftung. Sein erstes Werk nach der Revolution waren die „Dorractalmi üa oaatnüüpolc" („Revolution-- und Schlachtru- bstder"). Seit 1856 war Jükai ununterbrochen als Redakteur tätig; früher redigierte er daS große politische Tagesblatt .,8ou" I („Vaterland"), dann war er Chefredakteur des RegiernngS I blattes „Xemret" („Nation"). Da« humoristische Wochenblatt I„Uestöki>s" („Komet") war unter seiner Leitung und Mitarbeit (1858—81) ausgezeichnet. Seit 1848 war Jükai mit Rosa Labor- falvi (geb. 1820 in MiSkolcz, grst. am 20. November 1886 in Pest), der ersten Tragödin Ungarn-, verheiratet. Die Schriften JükaiS füllen gegen — 300 Bände. Daß sie un gleichwertig sind, auch in den Augen seiner Landsleute, versteht sich. Ein fesselndes Enählertalent und eine reiche Phantasie sprechen an allen. Doch entgeht dem kritischen Auge nicht der durchgängige Mangel an Wahrscheinlichkeit der Handlung wie der Charaktere. Die Phantasie ergeht sich deS öfteren in unS Deutschen unverständ- Uchen Uebertreibungen. Auch im Drama hat sich MauruS Jükai versucht. Ich weiß nicht, ob seine Stücke in Ungar» gespielt werden. I» Deutschland ist meines Wissens noch keine» über die Bretter gegangen. Der Schwerpunkt seines Schaffen- beruht ohne Zweifel in der erzählen den Prosa. Der Dichter hat die Gattin um 18 Jahre überlebt. Am gestrigen Abend gegen 8 Uhr stellten sich infolge BrustfellexudatS StmungS- brschwerden ein und die Kräfte nahmen rapid ab. Auch eine Ein spritzung blieb erfolglos. Seine Tage waren gezählt. Jokai ist 79 Jahre 2 Monate und 16 Tage alt geworden. Der Tod trat nach einer viertelstündigeu Agonie unter Erscheinungen von Herz lähmung ein. Loyuioocat in paool d ?»u1 LwborUod. Thrater. Neue» Lheater. S-akefPeare-Tyklu». Ein Cyklu«, der unS die Meisterwerke deS großen eng- kischen Dichters vorführt, muß besonder- von den Darstellern mit Freuden begrüßt werden, denn es handelt sich dabei um die größten Aufgaben der dramatischen Kunst, und wenn der Mensch mit seinen großen Zwecken wächst, so wächst auch der darstellende Künstler mit den Aufgaben, die ihm gestellt werden. Mit den ephemeren Nichtigkeiten, welche da- alltägliche Futter in der Kripp« der Theaterrepertoire bilden, kann er nickt viel anfangen, und zu diesem Futter rechnen wir auch viele auS- posannte Novitäten der letzten Saison. Die Charaktere Shakespeares verlangen nicht nur jene psychologische Detail malerei, welche neuerdings vielfach al» die Hauptaufgabe! der dichtenden und darstellenden Kunst betrachtet wird, sondern auch einen großen Stil der Darstellung. Gegen über der neuen Ehedramatik, welche teils von der Seine, teil» von den norwegischen Fjord» zu un» herüberkommt, ist Shakespeare» „Oth ello" ein grandiose» Ebedrama, dessen erschütternde Wirkungen von jenen meist auf flache Rührung berechneten Stücken durchaus nicht erreicht werden. Gestern spielte Herr Volkner den Othello mit vielem Beifall; er überraschte un» durch die der Rolle angemessene Wildheit seiner Darstellung, während un» sein Tasso und Hamlet mehr durch träumerische Innerlichkeit und sinnige Vertiefung anzogen. Ueber den Charakter des Othello sind die Shakespeareerklärer verschiedener Ansicht. Einige, u. a. W. Schlegel, legen den Nachdruck auf den „Mohren" Othello, und machen die bestialische Wildheit de» Neger» zum Kerne desselben; andere, wie Ulrici und zum Teil auch Gervinu», heben den Adel seiner Gesinnung, seinen männlichen Stolz, seine edle Würde hervor und daß Liebe und Ehre die Grundfesten seine» Leben» waren, erst nach der Erschütterung derselben kam jene Leidenschaftlichkeit zum Durchbruch, welche durch das Pigment der Reue noch eine dunklere, tiefere Färbung erhielt. So faßte auch Herr Volkmar den Charakter auf. Anfang» war er der raube KriegSmaun und die Erzählung, wie er De-demona» Liebe gewonnen, trug er in einer durch ihre Schlichtheit ergreifen den Weise vor. Innig war sein Wiedersehen mit DeSde- mona auf der Insel Cypcrn. DaS Werden und Wachsen de» Argwohns bi» zu seiner ihn überwältigenden Macht wußte Herr Volkner in den Scenen mit Jago durchaus anschaulich zu machen und hier fehlten ihm auch nicht jene Naturlaute, in denen die Reue in ihm durchbricht, die er bi» dahin durch seine Charakterfestigkeit gebändigt. Der Darsteller wußte un» davon zu überzeugen, daß dieser Othello, um mit Franz Moor zu sprechen, kein gemeiner Mörder war, al» er an da» Lager seiner DeSdcmona heran trat und stolz und edel klang seine letzte Rede. Dre übrige Darstellung haben wir schon früher besprochen. Herr Walter hatte seinen Jago noch schärfer herausgearbertet al» da» letzte Mal und wußte ihm besonders m den ersten Scenen mehr biedermänmscke Allüren zu geben, und Herr Hab« als Cassio spielte diesmal die Rau,ch)cene mit uner schrockener Lebenswahrheit und einigen sehr wirksamen Nuancen. L-uckolk vou CottscstM.
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