Gerd Uhlmann, Peter Nothnagel Die Wissenschaftsstadt Dresden heute Heute betritt man keine Stadt, man erreicht sie mit der Bahn, dem Flugzeug oder dem Auto. Mit Letzterem näherten wir uns aus Berlin kommend Dresden auf der Autobahn. Wolf, der zeitweilige Wahlberliner mit Dresdner Vergangenheit und Zukunft, wollte später mit der Bahn weiter. Wir hatten verabredet, dass wir ihm die Wartezeit verkür zen und einiges Neue in seiner Heimatstadt zeigen. Neu, d.h. für ihn Unbekanntes, Dinge, die seiner Aufmerksamkeit aus den verschiedensten Gründen entgangen sind. Die Kunststadt Dresden war unserem Freund wie aller Welt in den letzten Monaten satt sam vor Augen geführt worden, schließlich war die wiedererrichtete Frauenkirche das Medienereignis des Jahres. Aber irgendwie war ihm auch zu Ohren gekommen, dass seine Heimatstadt als »Stadt der Wissenschaft 2006« ausgezeichnet worden war. Das sollte unser Thema sein. Wolf war auch nicht der einzige Uninformierte, denn selbst vie len Dresdnern war bisher kaum aufgefallen, dass der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ihre Stadt einer starken Konkurrenz vorgezogen und mit dem erwähnten Ehrentitel versehen hatte. Dass in der weltberühmten Kulturstadt Dresden auch Wissenschaft zu Hause ist, war für Wolf, den ehemaligen Physik-Absolventen der Technischen Universität, zu selbstver ständlich, um erwähnt zu werden. Um sich Stadt der Wissenschaft nennen zu dürfen, musste allerdings in den letzten eineinhalb Jahrzehnten Außerordentliches geschehen sein. Er war gespannt zu erfahren, wie es mit der Dresdner Wissenschaft weitergegan gen war nach der »Wende«, denn gute Wissenschaft, exzellente Forscher, renommierte Wissenschaftseinrichtungen sowie technologiebasierte Wirtschaftseinheiten gab es hier auch vor 1990. Über die Stadtgrenzen Dresdens hinaus kannte man den Namen Manfred von Ardenne, genossen die Absolventen der Technischen Universität einen guten Ruf, spekulierte man über vermeintlich geheime Arbeiten im Kernforschungszentrum Ros- sendorf vor Dresdens Toren. 1. Station: Dresden ist heute der größte europäische Produktionsstandort für die Mikro elektronik, begann Peter am Flughafen Klotzsche mit der Führung. Neben dem kleinen Dorf Wilschdorf im Norden Dresdens unweit der Autobahn und dem Flughafen stehen die zwei leistungsstärksten Chipfabriken für Mikroprozessoren des US-amerikanischen Unternehmens »Advanced Microdevices« (AMD), erfolgreicher Herausforderer des Welt marktführers INTEL. Die Standortwahl hat viel mit der mikroelektronisch geprägten