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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040519018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904051901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904051901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-19
- Monat1904-05
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BezugS-PreiS in der Hauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abg »holt: viertel jährlich 3.—bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus ,/l 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich ./l 4.50, für die übrigen Länder laut ZettougSpreisliste. ' Revaktton: JohanniSaasse 8. Sprechstunde: 5—6 Uhr Nachm. Fernsprecher: 1b«. Expe-ttton: Johannisgaff« 8. Fernsprecher: 222. Filialer-evttionen: AlfredHah n,Buchhandlg., UniversitätSstr. 3 (Fernspr. Nr. 4046s, L. Lüsche, Katharinen- straße 14 (Fernsprecher Nr. 2S35) u. Königs« Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden. Marienstrahr 84 (Fernsprecher Amt INr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzgl.BayrHofbuchbaudlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmt VI Nr.4608.) Morgen-Ausgabe. MpIgtr Tmstblait Anzeiger. Ämtsvlatt -es Hönigkichen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamles der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 nach den Familienuach- richlen (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Vrilageu (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung -ckl 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 40 Uhr. Morgen-Ausgabr: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Di« Expedition ist wochentags unuuterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Or. V., R. L W. Kltukhardt). Nr. 252. Donnerstag den 19. Mai 1904. 98. Jahrgang. Var Wichtigste vom rage. * In der Sächsischen Zweiten Kammer teilte gestern Finanzmimster vr. Rüger mit, die letzte Etatsperiode habe einen Ueberschuß von fast 17 Millionen Mark ergeben. (S. Bericht.) * Der Reichskanzler hat den Bundesregierungen den Entwurf einer neuen Maß. und Gewichts- ordnung zur Prüfung mitgeteilt. (S. Deutsches Reich.) * In Graz wurde gestern ein Hamerling- Denkmal enthüllt. * DaS britische Ministerium Balfour wird heute im Unterhause die Vertrauensfrage stellen. (S. Großbritannien.) * Im englischen Oberhause erklärte der Paria- mentsuntersekretär für Indien ganz offen, England befinde sich im Kriege mit Tibet und werde sich dort mit den Waffen in der Hand seine Stellung er- ringen. * Der Kaiser von Rußland besichtigte gestern in Krementschug die nach Ostasien abgehenden Truppen und reiste gegen Mittag weiter nach Poltawa. (S. russisch-japanischen Krieg.) kini8 LorusALtz? Aus Berlin wird uns geschrieben: Seit Wochen sind weite Kreise Berlins über das Schick- sal des Opernhauses in Unruhe. Bekanntlich ist der Herr- liche Bau unter dem Eindrücke des Theaterbrandes in Chicago durch eine Reihe von Schutzvorrichtungen äußer lich derart entstellt worden, daß er dem Volkswitz anheim gefallen ist, der von ihm behauptet, im Opernhause werde „Der Hochtourist" gegeben. Zehntausende von Fremden, die das immer internationaler werdende Berlin be- herbergt, stehen Tag für Tag kopfschüttelnd vor der monströsen Verunzierung, die man in einer Zeit, die das Schlagwort „Die Kunst fürs Volk" geschaffen hat, wirk- lich für unmöglich halten sollte. Als nun das Gerücht umlief, ein neues Opernhaus solle gebaut werden, hofften die kunstliebenden Kreise Berlins, der Lieblingsbau Friedrichs des Großen werde uns erhalten bleiben und das neue Haus werde an anderer Stelle entstehen. Dem ist nicht so. Wie jetzt gemeldet wird, ist der Kaiser nicht gesonnen, seinen Plan sallen zu lassen. Er will an der jetzigen Stelle ein neues Opernhaus errichten. Was wir jetzt besitzen, ist nach dem Urteil aller Kunst- verständigen in seiner vornehmen Einfachheit, in der Har monie mit seiner architektonischen Umgebung unübertreff lich: was wir erhalten werden, wissen wir nicht. Zum mindesten also ist die Bereitstellung der Mittel, die dem Abgeordnetenhause obliegt, ein Sprung ins Dunkle. Aber noch mehr. Nach den Pröbchen, die das letzte Jahr zehnt uns von dem offiziellen neu-deutschen Baukurs ge liefert hat, können wir uns auf ein ebenso pompöses wie kitschiges Werk gefaßt machen. Das historische Straßen- bild der „Linden" wird entstellt werden. Die Umgebung, die Bibliothek mit dem Palais Wilhelms I. wird von einem Riesenbau verdrängt werden, die Einheit des ein- zigen wirklich schönen Platzes, den Berlin sein nennt, wird durchbrochen werden. Es bleibt dann nur noch übrig, an Stelle des Zeughauses ein Warenhaus mit recht viel Glas und Eisen zu setzen, und am besten täte man vielleicht, jene ganze Gegend Herrn Wertheim zur bau- lichen Umgestaltung in Entreprise zu geben. „Olrün Lorussirisl", das alte Preußen ist tot, was kümmern uns die Traditionen, was kümmert uns das Andenken des alten Fritzi Dieser Mann, der eine tabakbefleckte Weste trug und sehr wenig Sinn für standesgemäße Repräsen tation, sehr wenig Talent zur Feierlichkeit hatte, ist ja längst überholt und ebenso „antiquiert" wie Fürst Bis marck. Ter Lebende hat recht! Also nur herunter mit dem Bau, der von Zeiten zeugt, da reinerer Geschmack in Preußen herrschte. Tas Knobelsdorfsche Haus ist zu schlicht, zu simpel für den Kurs, dessen Lieblings- instrument die Posaune ist. Ob das Bauwerk, das nun geschaffen werden wird, in das organische Leben dieses Stadtteils hineinpaßt, das ist ja völlig gleichgültig. Völlig gleichgültig ist es auch, daß die Berliner Architekten in einer ausführlichen Eingabe alle Gründe dargelegt haben, die für die Erhaltung des OvernhauseS sprechen. Völlig gleichgültig ist cs, daß die überwältigende Mehr heit der Berliner Bevölkerung sich gegen dieses Beginnen empört, daß die Presse fast aller Richtungen protestiert. Und doch ist Berlin nicht eine beliebige Kommune. Es ist auch nicht etwa, wie man nach all diesen Vorgängen annehmen sollte, die eigentliche Residenz der Hohenzollern, es ist die Haupt- stadt von Preußen und — wenn auch dieser Ausdruck staatsrechtlich nicht korrekt ist — die Hauptstadt des deut- schen ReickeS. Alle Deutschen, seien sie Schwaben, Bayern oder Sachsen, haben gewissermaßen ein Anrecht auf diese Stadt und können nicht ruhig zusehen, wenn auf sie der Satz „Alles muß verungenieret sein" in Anwendung ge bracht wird, indem eine einseitige Geschmacksrichtung nach souveränem Gutdünken niederreißt, aufbaut, ausholzt und die schönste Idylle, die eine europäische Großstadt besitzt, mit theatralisch anmutenden Schöpfungen be völkert. Wir leugnen nicht, daß das alles sehr gut ge meint und sehr wirkungsvoll gedacht ist. Wir können aber nicht zulassen, daß Berlin wider Willen „verschönert" werde. Was bisher auf diesem Gebiete geschehen ist, ge nügt bereits, um ganze Partien der Stadt völlig un genießbar zu machen. Gewisse Bauwerke umkreist man in weitem Bogen, um sich nicht für den ganzen Tag mit einer gemütlichen Verstimmung zu belasten. Nun fragt man hier bereits mit resignierter Miene, was denn geschehen solle, um das Opernhaus zu erhalten. Dieser Kleinmut erscheint uns unbegreiflich. Ganz ab gesehen davon, daß die öffentliche Meinung doch wohl auch noch ein Faktor im Volksleben ist, daß sie durch Ver sammlungen, durch Vorträge, durch Artikel aufgeklärt werden kann, so liegt doch die Entscheidung bei dem Ab geordnetenhause, und nach dem Verlaufe der letzten Kunst- debatten darf man hoffen, daß das Abgeordnetenhaus auch diesmal nicht versagen werde. Tie Volksvertreter werden eben den Beutel fest zuhalten müssen, bis beruhi gende Versicherungen gegeben sind. Auch die konservative Partei, die sonst geneigt ist, Kunstfragen lässig zu be handeln, wird sich dieses Mal reiflich überlegen müssen, welche Stellung sie einnehmen will. Denn hier liegt eine Prinzipienfrage vor. Die Nichtachtung jeder Tradition tritt zu deutlich zutage, als daß man sie ignorieren könnte, und hier liegt die politische Seite der Sache. Wird das Opernhaus niedergerissen, so stürzen nicht nur Steine, Mörtel und Pfeiler, es stürzt viel mehr damit zusammen. DieserSchutthaufen würdezum Symbol werden. In betrübender, auffälliger Weise tritt auch hier der Widerspruch zwischen Leben nnd Lehre, zwischen Reden und Handeln zutage. Bei jeder Gelegenheit be tonen unsere maßgebenden Männer den historischen Zu- sammenhang mit der Vergangenheit. Nicht genug, daß die natürliche Tradition gepflegt wird, es sind sogar ge wissen Regimentern Traditionen verlieben worden aus der sonderbaren Empfindung heraus, daß man auch post kestum imstande sei, Traditionen, d. b. organisches Wachs tum, zu schaffen. Nur von diesem Standpunkte aus ist es ja auch zu begreifen, wenn der Kaiser bei der Wahl zwischen einem Lieblingsgedanken seines Vorfahren und einem eigenen Plane zu Gunsten seiner selbst ent scheidet. Für ihn liegt eben das eigene Tun stets in den Bahnen der Familientradition, und wir glauben schon jetzt mit Sicherheit sagen zu können, daß das Bauwerk, welches an der Stelle des alten Opernhauses aufgeführt werden wird, eine imposante Ehrung Friedrichs des Großen darstellen wird. Es gibt eben für die Epigonen verschiedene Arten, die Väter zu ehren, über deren Wert wir in den: engen Rahmen eines Artikels nicht philosophieren können. Der geschmeidige Herr v. Rheinbaben speiste im Herrenhause den Oberbürgermeister von Hildesheim, Dr. Struckmann, mit der Bemerkung ab: „Er tue so, als ob der Bestand Preußens von dem Bestände des Opern hauses abhänge". Die verehrte Exzellenz wird sich selbst darüber klar fein, wie überaus kümmerlich dieser Einwand ist. Tas hätte man dem Interpellanten entgegenhalten können, wenn eS sich um eine vereinzelte Maßregel handelte: aber das ist keineswegs der Fall. Es handelt sich um eine Prinzipienfrage, die in letzter Linie rückhalt los dahin formuliert werden muß, ob denn einzig und allein das Belieben deS Kaisers über die bauliche Aus gestaltung der Reichshauptstadt entscheide. Wir sollten meinen, die Vertreter der Stadt und die Vertreter Preußens hätten in dieser Frage ein gewichtiges Wort mitzureden: die Vertreter der Stadt „in Wahrnehmung berechtigter Interessen", die Vertreter des Landes, weil daS Land 5 bis 6 Millionen für das neue Haus bewilligen soll, annähernd also dreimal so viel, wie den ruinierten Ansiedlern Südwestafrikas in Almosenform dafür be willigt worden ist, daß eine verfehlte Politik dazu beige tragen hat, sie finanziell schwer zu schädigen, und unter ihnen gar manches blutige Opfer gefordert hat. Von Herrn Oberbürgermeister Kirschner ist wahr scheinlich nichts zu erwarten, um so mehr hoffen wir von der Initiative und Energie des Abgeordnetenhauses. Findet sich aber auch hier innerhalb der staatserhaltenden Parteien niemand, der offen ausspricht, wie die Dinge liegen, bewilligt das Abgeordnetenhaus die Mittel, die zur Durchführung des in jedem Sinne destruktiven Planes notwendig sind, dann wird man wirklich sagen müssen, daß das alte Preußen der Männer, die ihrem Monarchen die Wahrheit nicht verhehlten, dahingesunken ist und dem alten Menzel, der vergebens für die Erhaltung deS Opern hause» eingetreten ist, könnte dann eine Legende späterer Zeiten das Wort in den Mund legen: „kluls Sc-rwEs!" Das alte Preußen ist tot! ver stuktana clrr Herero. Zur Lntfcha-lgungtfrage. Auf 3t. März hatte der Bezirksamtmann von Windhuk, Bergrat Dust, alle diejenigen Ansiedler, welche anläßlich des Hereroausstandes Schaden an Vieh, Häusern, Materialien, Mobiliar, Warenbeständen usw. erlitten, zwecks Angabe der Höhe ihres Schadens zu einer Versammlung eingeladen. In der soeben eingetroffenen „Deutsch-Südwestafrika-Ztg." ist ein längerer Bericht über diese Zusammenkunft enthalten, woraus hervorgeht, daß die Ansiedler ausnahmslos vollen Ersatz des Schadens wünschen, da sie sonst nicht imstande sein würden, im Lande zu bleiben. Hierauf entgegnete Be zirksamtmann Duft, daß die Entschädigungsfrage in Berlin entschieden werden müßte, daß die hiesige Negierung indessen ihren ganzen Einfluß ausbieten werde, damit ein jeder für den erlittenen Schaden voll entschädigt würde. Man kann es nur begrüßen, daß die Ansiedler durch eine geschlossene Organisation ihren berechtigten Forderungen Nach druck verleihen wollen. Zurzeit sind zwei Ansiedler, Schlett wein und Erdmann, von L>wakopmund nach Berlin unterwegs, um zusammen mit dem bereits in Berlin befindlichen Herrn Albert Voigts bei den zuständigen Behörden wegen der Entschädigungösrage vorstellig zu werden. Wir haben schon mitgetcilt, daß auf Grund des jüngst bekannt gewor denen Briefes des früheren Kolonialdirektors vr. Kayser, der den Ansiedlern um Windhuk Sicherheit für Leben und Eigentum gewährleistete, die ganze Entschädigungsfrage ein völlig neues Gesicht bekommen hat. Der Reichstag wird wohl seinen berühmten „Almosenbeschluß" gründlich revidieren müssen. Verstärkringrtranisxsrte. Für einen späteren Truppentransport nach Deutsch-Süd- Westafrika ist vom Reichsmarineamt außer deut Lloyddampfer „Schleswig" noch der derselben Reederei gehörende „Aachen" gechartert worden. Privatnackrichten aus Süd westafrika zufolge sollen die Herero noch für zwei Jahre mit Munition versehen sein. Der luttttcd-iapanircdr Weg. Valisy» Schicksal. Die Stadt Dalny, deren Hafenanlagen von den Ruffen selbst gesprengt worden sind, ist ebenso schnell entstanden, wie es jetzt vom Erdboden zu verschwinden bestimmt zu sein scheint. Die Geschichte des Entstehens und Vergehens dieses kleinen Wunderlandes liest sich wie ein Kapitel aus einem Märchen. Wie einst ein Zar eine Feder ergriff, eine gerade Linie von Petersburg nach Moskau zog und sagte: „So soll die Eisen bahnlinie gehen!", so etwa ergriff vor fünf Jahren der jetzige Zar eine Keder, bezeichnete auf der Karte zwölf chinesische Dörfer nnd sagte: „Dort soll eine große Stadt liegen." So entstand Dalny, das in einem Tal liegt und au drei Seiten von hohen Hügeln nnd an der vierten von der Bucht von Talienwan eingtschloffen ist, aus Brfedl des Zaren, allen Gesetzen vom Städte bau zum Trotz. Keine große Bevölkerung wartete darauf, kein Handel machte die Anlage der Stadt erforderlich; es ist wahr scheinlich die einzige Stadt der Welt, die gebaut wurde, nm auf eine Bevölkerung zu Watten. Sie Stadt wurde, wie ein englischer Beobachter schreibt, angelegt, wie ein Kind auf dem Tisch eine Spielzeugstadt ausbreitet. Der Petersburger Architekt, der die Pläne entwarf, teilte Dalny in drei Teile, die BLrgerstadt, die europäische und Handels stadt und die Chinesenstadt. Im ersten Teil liegen die öffent lichen Gebäude, die Bureaus der Eisenbahngesellschaft, die Wohnsitze des Gouverneurs und anderer Beamten, Post-, Telephon- und Telegraphenbureaus, das Gefängnis, die elektrische Betriebsanlage und Werkstätten und zweihundert andere Verwaltungsgebäude. Die europäische Stadt, das Geschäftszentrum Dalnys, umfaßt einen Flüchenraum von 1100 Acker und liegt um den Nikolausplatz. Von diesem Mittelpunkt öffnen sich zehn Alleen, eine davon, die Moskau-Allee, führt zu den Piers und dem Hafenviertel. Die Alleen sind nach allen Großmächten benannt. Der dritte Teil der Stadt ist für die Chinesen Vorbehalten und von den beiden anderen durch einen öffentlichen Patt und Pflanzschulen getrennt. Das mächtige Rußland hat Millionen Rubel für Dalny auSgegeben, und in Bezug auf Luxus und Rettig- leit kann sich nur Paris mit dieser neuen Stadt des Ostens ver- gleichen. Die breiten, gutgepflasterten Straßen, die fünfzig Meilen Makadamwege, die Parks, Gärten, Straßenbahnen, Krankenhäuser, Kirchen, Hotels, Theater und Gerichte, der wundervolle, 40 Fuß breite Fahrweg, der sich sieben oder acht englische Meilen lang durch die Berge ziebt, alles das spricht für Rußlands Glauben an die Zukunft. „Dabei ist Dalny die Endstation der größten Eisenbahn der Welt, die den Berlebr Asiens auf 5000 Meilen trägt. Zweimal wöchentlich ging der transsibirische Zug von Dalny nach Moskau, und dreizehn Tage dauerte eS, ehe er sein Endziel erreichte. Dalny verkürzt die Reise um die Welt und nähert China um sieben Tage Europa. Sein Hafen nimmt die größten Schiffe auf, wie auch die Flutzeiten sein mögen. Ter Junenhafeu ist durch einen Wellen brecher aus Stein und Gnßmörtrl geschützt, der fast 6000 Fuß lang ist, und daS Tieswassergebiet beträgt 500 Acres. Drei große Dampfkräne heben je 50 TonS; ein Granitdock von 380 Fuß Länge und 50 Fuß Breite ist gebrauchsfettig, ein anderes, 600 Fuß langes Dock war fast vollendet, und zu beiden gehören große Reparatur- Werkstätten. Dir Werslen sind elektrisch erleuchtet und die Kanäle mit GaSbojen, und der Hasen von 132 Acre- ist mit allen modernen Einrichtungen ausgestattet. Hinter den Eisenbahnlinie», die bi- zu den Schiffen führen, liegen geräumige Speicher aas Lisenwellblech, die einen Raum von 100 000 Quadratfuß bedecken. ES liegt eine seltene Jrouie in dem Erlaß des Zaren, daß Dalny den Flotten aller Völker offen stehen soll, und daß »an diese mit so ungeheuren Kosten erbaute Stadt mit einem Schlage von derselben Macht zerstört worden ist, um die Flotte Japans zu behindern. Vie Vefichtlgungrreise de» Aaren. * Kreureulschug, 18. Mai. (Provinz Poltawa.) Kaiser- Ni ko laus ist heute vormittag 9>/i Uhr hier eingetrosfen und am Bahnhof vom Kommandanten des Kiewer Militär- bezirks, General Sukomlinow, sowie Abordnungen des Adels, der städtischen Semstwo, der Bürger- und Bauernschaft empfangen worden, die Brod und «al; überreichten. Die Stadt ist reich geschmückt. Der Kaiser nahm die Parade über die nach Ostasien abgehenden Truppen ab und reiste um 10y, Uhr unter den begeisterten Kundgebungen der Einwohnerschaft nach Poltawa. Di« japanische Landung bei Aaitscha«. Der Sonderberichterstatter de« „Daily Telegraph" in Niutschwang meldet unterm 17. Mai: Gestern früh erschienen die Japaner auf der Höhe von Kaitschan, 20 Meilen süd östlich von Niutschwang, mit einer großen Flotte von Trans port- und Kriegsschiffen. Die letzteren begannen unverzüglich ein heftiges Bombardement gegen die Küstenforts, woraus die Truppen in Kaitschau landeten. Nachdem die UferfortS nach mittags um 4 Uhr zum Schweigen gebracht waren, zogen sich dre Russen nach Taschitschao zurück. Heute rücken die Japaner rasch vor und umgehen Taschitschao und Niutschwang. Dem „Standard" wird aus Tientsin telegraphiert; Die Japaner haben Taschitschao bereits besetzt, wahr scheinlich mit einer Avantgarde. Kuropatkin ist nach Charoin gegangen. Alerejew steht mit 20 000 Manu in Liaujang. Zwischen Charoin und Liaujang findet ein reger Transport von Truppen und Vorräten statt. Die Ruffen halten den Verkehr mit Port Arthur noch aufrecht, doch find die Japaner von Kaitschau au« über die ganze Liautung-Halbinsel zerstreut. Nach einer Meldung aus Söul sind keine Kosaken in der Umgebung von Phjöngjang, dagegen hielten sich im Gebirge nördlich von Andschu 200 Kosaken auf, welche von den sie umzingelnden Javanern ausgehungert werden. Die Beer digung der am Jalu gefallenen Russen dauert noch fort. Die Zahl der bereits bestatteten beträgt ungefähr 1000. „Daily Telegraph" erfährt aus Shanghai: Laut einer Meldung au« Mulden verständigten die Javaner den Tar- tarengeneralTsengchi, daß sie Antung für China zurück erlangt hätten uud ersuchten ihn, die chinesischen Kaufleute zu veranlassen, nach Autuna zurückzukehren, sowie Beamte zur Wiederaufnahme der Hafmverwaltung dahin zu ent- senden. vrukscber Keich. * Schqtg, 18. Mai. * Die Leipziger Metzringiauer und da» vcrttner Schieds gericht. An der Spitze der heutigen „Leipz. Volkszeitung", jedoch in sehr unauffälligem Druck, findet sich folgende Er klärung: „Das AgltattouScomits und die Vertrauensleute der Leipzig« Parieigenossenschast geben einstimmig diese Erklärung ab: DaS AgitationScomit« uud die Vertrauensleute das 12. nnd 13. sächsischen Reichstagswahlkreises scheu in dem Urteil deS Schieds gerichts gegen Bernhard und Heine einen Fehlspruch. Sie erwarten von dem Ankläger, dem Genossen Freiwaldt- Pankow, daß er gegen diese» Schiedsspruch die weiteren In stanzen anruft. Die Leipzig« Parteiorganisation wird in dieser Sache geschloffen hinter ihm stehen. Zugleich sprechen die Vertret« der Leipzig« Parteiorganisation dem Genoffen Mehring, sowie der Gesamtredaktion der „Leipziger Volkszeitung" ihr unbedingte- Ver trauen aus". Jeder Bürgersmann hat die Berechtigung, seine Hell- Freude an dieser Erklärung zu habeu. Also auch die soziale demokratischen, stets infallivlen Parteigerichte können Fehl sprüche tun. DaS ist doch wenigstens ein Trost. Im übrigen liegt der Humor der Sache noch darin, daß die Leipziger Mehringianer in dieser Erklärung sich zugleich gegen August Bebel und die übrigen Berliner Unentwegten und Zielbewußten wenden, die bisher über das psychologische Räthsel Mehring ihre Hände gebreitet hielten. Denn aus der ganzen Behandlung der Affaire im „Vorwärts" und anderen Blättern geht hervor, daß man im Rate der Parteigötter beschlossen hat, möglichst wenig Aufheben von der Sache zu machen. Man hat da« Gezänk angesichts der bösen Wahl niederlagen der letzten Zeit satt und möchte die „Genoffen"- schaft gern wieder als homogenen Koloß stabilieren, natürlich zur nützlichen Augenverblendung derer, so nicht alle werden. So recht ernsthaft scheint aber auch die „Leipz. Volksztg.", soll heißen Mehring und Genossen, die Sache nicht zu nehmen. Man wahrt äußernch seinen Standpunkt und läßt die Dinge im übrigen gehen. Nach drei Monaten ist Gras darüber gewachsen. In der Zwischenzeit wird mit dem üblichen Brustton auf die Bourgeoisie geschimpft, insbesondere auf die Klassenjustiz. Bei der heißt natürlich Rechtsbeugung, waö bei dem Parteigerichte sanft als „Fehlsprnch" hingestellt wird. So verteilt die Sozialdemokratie Licht und Schatten in souveräner, aber grundgerechter Weise. * Berlin, 18. Mai. * Verschmelzung von Anvaltden- nnd Krankenversicherung. Die deutschen Landesversicherungsanstalten treten am 27. Mai zu einer Konferenz in Hannover zu sammen. Als erstes und Hauvtthema steht auf der Tages ordnung die Frage der Verschmelzung der Krankenversiche rung mit der JnvaliditätSversicherung. Dazu hat der erste Referent der LandeSverficherungSanstalt Berlin, I)r. Freund, folgende Leitsätze aufgestellt: 1. Tie Durchführung der Krankenversicherung wird den Landes- Versicherungsanstalten und zugrkaffrnen Kaffeiielnrichtungeil über tragen. 2. Die Awangskrankenversicherung hat ausschließlich bei den Landesversicherungsanstaltrn und zugelaffrnrn Kassrneinrichtungen zu erfolgen. 3. Das Vermögen der bestehenden Krankenkassen wird nach Aus scheidung «ine» den Mehrleistung« entsprechend« Teil» den Brr-
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