43 Ulrich Rosseaux Fahrende Schausteller und Wander theater in der frühen Neuzeit Fahrende Schausteller und umherziehende Theatertruppen bildeten in der frühen Neu zeit soziale Gruppen mit einem eigentümlichen gesellschaftlichen Status. Einerseits gehörten sie zu jener heterogenen Gemeinschaft, die man zeitgenössisch unter dem Oberbegriff fahrendes Volk zusammengefasst hatte, und standen daher in einer Reihe mit umherziehenden Bettlern, Zigeunern und vergleichbaren Personengruppen, die in den frühneuzeitlichen Polizeiordnungen unter so wenig schmeichelhaften Bezeichnun gen wie Vaganten oder loses Gesindel auftauchten. 1 Quacksalber, Gaukler, Possenreißer, Komödianten und dergleichen Leute seien zu nichts nutze und ihre Vorführungen dien ten lediglich dazu, den Untertanen das Geld aus der Tasche zu ziehen und dieses - ein im Zeitalter des Merkantilismus schlagendes Argument - außer Landes zu bringen, wodurch es anderen Fürsten, nicht aber der eigenen Landesobrigkeit zugute käme. Auf diesen knappen Nenner jedenfalls lassen sich die Bestimmungen der einschlägigen obrigkeitlichen Mandate ebenso bringen wie es der Tenor der gelehrten frühneuzeit lichen Traktate und Abhandlungen über die Kunst der Staatsverwaltung und die Ausge staltung der Fiskal- und Wirtschaftsordnung war. 2 Andererseits bedienten die reisenden Unterhaltungskünstler mit ihren Angeboten das menschliche Grundbedürfnis nach Ver gnügen und Zerstreuung und erfüllten somit eine nicht unwichtige kulturelle Funktion. Diese war zudem in einer Residenzstadt wie Dresden, wo der Hof selbst die größte Nach frage nach Unterhaltung erzeugte, von noch größerer Bedeutung als in anderen Städ ten. Hinzu kam, dass sich die Angebote der umherziehenden Unterhaltungskünstler in inhaltlicher und qualitativer Hinsicht viel zu stark voneinander unterschieden, als dass eine einheitliche Behandlung durch die städtischen und landesherrlichen Behörden sinn voll gewesen wäre. Mit dem Puppenspieler Andreas Kopfsender, der im Juli 1794 die Erlaubnis erhalten hatte, in Dresden aufzutreten, ging man anders um als mit Sensationen von europäi schem Rang wie dem sogenannten Starken Mann, Johann Carl von Eckenberg, der in den 1730er Jahren mehrfach in Dresden Station machte, oder jenem lebendigen Nashorn, das Anfang April 1747 in der Stadt zu sehen war. 3 Während Kopfsender seine Konzes sion nach wenigen Tagen wieder entzogen wurde - vermutlich, weil er sich nicht an die Auflagen in puncto Sittlichkeit und Nichtbehandlung der Französischen Revolution in seinen Vorführungen gehalten hatte -, konnten sich Eckenberg und der niederländische Kapitän, der das Nashorn mit sich führte, lange Zeit und mit großem Erfolg beim Publi-