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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192805213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19280521
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280521
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-05
- Tag1928-05-21
- Monat1928-05
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1928
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117. S. Beließe zu« Aleserr r,»e»l«tt. Miete«, S1. Mei llSS8, «» »»» 81.Netzr». Politisch- rag-SW-rslcht. gestern früh um 8 Uhr 30 in Bealeituna de» Staatssekre tär Meißner sein Wahlrecht im Dahlwkal Laubenstr. 7 in Berlin auSaeübt. Staatssekretär v Schubert vom Urlaub zurück gekehrt. Der Staatssekretär de« Auswärtigen Amte« v. Schubert ist von seinem Erholungsurlaub zurück gekehrt und hat die AmtAeschäfte wieder übernommen. Der Kommunist Braun in Moskau? Die kommunistische „Rote Fahne" berichtet, daß Otto Braun und auch Olga Benarto, die die verwegene gewaltsame Befreiung Vxaun« aus dem Moabiter Untersuchungsge fängnis inszeniert haben, in Moskau einaetroffen seien. Sie hätten sstb hi» vor wenigen Tagen trotz der Verfolgung in Deutschland aufgehalte» und sogar an der Wahlarbeit der Partei teilaenommen. ES besteht natürlich die Mög lichkeit, daß die Meldung de« kommunistischen Organ nicht »utrifst und nur gebracht worden ist, um die Polizei irrezuführen. - Bbg. «ach dem Monatsbericht der Reichsbahn für Svrkl war der Güterverkehr etwa« schwächer al» im Vormonat. Das hat seinen Grund einmal in der Beendigung der Frühjahrsbestellung, dann be ansprucht auch die Hausbrand-Versorgung keine größeren Transportmittel mehr und der Holzversand flaut un Früh jahr ab. Dazu kam in diesem Jahr noch, daß an einzelnen Stellen der Verkehr durch Arbeiter-AuSständ« und Aus sperrungen ungünstig beeinflußt wurde. ES wurden ge stellt 3438578 Wagen, das sind arbeitstäglich 149 ÄK Wagen gegen 4068856, d. s. arbeitstäglich 1^0698 Wagen im März. Der Verkehr konnte ohne nennenswerte Schwie rigkeiten abgewickelt werden. Die Betriebsleistungen m Personenver kehr waren allgemein stärker als i Vormonat. Infolge de» guten Wetters zu Ostern und auch an einzelnen Sonn tagen erreichte der Ausslugsverke'"' stellenweise, besonders am zweiten Ostertage, die gleiche Höhe wie an guten Sonn tagen im Sommer. Der Blütenverkehr nach Werder setzte am 29. 4. mit 57000 Fahrgästen stark ein Insgesamt wurden im April 4 637 überplanmäßige Züge gefahren (im März 1664), davon 104 für die Besatzung im Rhein land. Die Betriebseinnahmen im März stellten sich auf 427,9 Millionen. Ihnen standen gegenüber Aus gaben für Betrieb und Unterhaltung 303,1, für Erneuerung der Bahnanlagen 44,6 Millionen, insgesamt Ausgaben der Betriebsrechnung 347,7 Millionen. Hinzu kommt an Ver zinsung der Reparatronsschuldverschreibungen 45,4, gesetz liche Abschreibung des übernommenen ReichSbahn-Ver- mögenS 9,4, Ausgleichs-Rücklage 8,5 und Rückstellung für die Borzugsdividende 6,3 Millionen. Die Gesamtaus gaben betrugen daher 417,5 Millionen. Das Ansteigen der Betriebsausgaben ist neben den durch die Berkehrszu- nahme entstandenen Mehraufwendungen darauf zurückzu führen, daß mit Beginn der besseren Witterung eine Reihe von Bauten in Angriff genommen wurde. Nach Ab deckung aller Ausgabe-Verpflichtungen verblieb ein Mehe be tragvon rund 10 Millionen, der zur teil weisen Diederauffüllung des in den Vormonaten in An spruch genommenen Vortrags aus 1927 verwendet ist. An den Generalagenten ist die fällige Zahlung richtig geleistet worden. AlMy-PNA. SSyMnM, lektor der Universität stoSkau, der den Vorsitz führt. Krolenko. der kür den Obersten StaatSaerichtSbok di« An klage vertritt. Moskau, IS. Mai. (Meldnna der Vertreters de« WLV.l Zweifellos wird der Versuch unternommen, aus da» Geeicht, das über die Done'-Anaelegenheit urteilen soll, eine« Druck auGsuüde«, der sich weniger gegen Hand lungen der Angeklagten richten al« .dir Schädlichkeit des Kapitalismus" nachweisen soll. Drawda oibt zu. daß da« Bezirk-Plenum der Bergarbeiter In Schacht» da« Gericht zu beeinflussen versnchte, indey, »s im Namen von 20000 Arbeitern den Obersten Gerichtshof um ein schonungsloses Urteil ersuchte. ISweftija bat — wohl In Erkenntnis de« schleckten Eindruck« dieses Schritte« — nickt den Gerichts hof. sondern den Staatsanwalt als den Adressaten dieses Ersuchen» aenannt. Vor dem Obersten Gerichtshof wurde heute mit der Verlesung der Anklageschrist fortarsabreu. XRiaa. Wie in Berlin bereit« bekannt ist. Hot sich da« Grelcht den Ablehnnuaen von GntlastungS,engen, die van der Verteidigung in Vorschlag gebracht wurden, bis auf vier, angeschlossen. Neber diese Vorgänge liegen folaende Mitteilungen au? Moskau vor: Unter den vier nicht Abaelebnten befindet sich der Dolmetscher, dessen sich Maier bei seinen Unterrrdnnoen technischer Art bedient bat. E« fällt auf, daß der Staatsanwalt sich gegen die Ladung de» Direktor« Bleymann von der Russischen Ab- teilung der AEG. ausgesprochen bat und zwar mit der Begründung, er sowie Titfchak und Vöhl müßten, wenn sie im Gebiet« der Sowietunion wären, sofort unter An klag« gestellt werden. Man meint, daß der Anklage Loch daran liegen müßte, Direktor Bleymann zu laden, der in der Anklageschrift gewissermaßen als »piriiue rsotor der Ver- schwörung bezeichnet worden ist und dem vorgebalten wird, daß er die Geheimsttzung in der AEG., an der Dwort- schonSki und die anderen früheren Grubenbesitzer teilae nommen haben sollen, geleitet habe, und daß da« Gericht aus di« Ladung BleymannS besonderen Wert legen müßte. Ebenso unverständlich erscheint es, daß der vom Gericht für die drei deutschen Angeklagten bestellte Dolmetscher weder dir Anträge auf Ladung der Entlastungszeugen mit der sich daran schließenden Begründung, noch di« ent- ivrechenden AblehnungSvorschläge des Oberstaatsanwalts Krylenko ins Deutsche übersetzt bat. Uebersetzt wurden ausschließlich Fragen, die der Vorsitzende unmittelbar an die deutschen Angeklagte« richtete. Die Zeugenaussaaen von Seebold, der, wie gemeldet, vor einigen Lagen hier einaetroffen ist und sich letzt bereit« wieder an seiner Dienst stelle in Charkow befindet, und von Koester, beide Ange- bärige und Vertreter der AEG- wurde« ebenfalls nicht zur Kenntnis genommen; der Oberstaatsanwalt begründete da» damit, daß er ihre Aussagen nicht als .einwandfrei" anzuleben in der Lag« sei. Di« beinahe restlose Ablehnung aller Personen, die al« Entlastungszeugen dienen könnten, bat nach hierher gelangten Meldungen bei der ausländischen Dresse einen peinlichen Eindruck gemackt. Doch dürste iS verfrüht sein, au» dieser einseitigen Einstellung bei der Einleitung de« Prozesse, aus da« gerichtliche Verfahren selbst Rückschlüsse zu ziehen. ?U MkumM I» KMltWrtttM WMMt«. , —g. Dresden. Zu dem Autobusunglück am Himmelsahrtstaae ,m Müglitztal wird noch folgendes geschrieben: In verschiedenen Zeitungen delinket sich eine Meldung, nach der jener Autobus in die Mttglitz gestürzt sei. Dies beruht nicht auf Wahrheit. Im Gegen- teil bat »er betreffende Führer durch seine rasch ent schlossene Handlungsweise ein derart schweres Unglück, das sicherlich eine ganze Anzahl Tote zur Folge haben mußte, noch zu verhindern vermocht, und so sich selbst und den ihm anvertrauten 42 Fahrgästen gewissermaßen vas Leben gerettet. Was den Unfall anbetrisst, io dürsten noch die folgen den Mitteilungen darüber ein besonderes Interesse haben: Die beiden Vereine, der Kegelklub Roscnkavaliere und der Schießklub Rosenschützeu hatten sich in der Reitbahn straße in Dresden gesammelt, und von dort aus in bem ae- mieteten Autobus die Fahrt über Pirna und Zehista nach Berggießhübel, Gottleuba und dem Oclsengrund ausiübreu lassen. Beim Passieren einer schirien Kurve im Oelsen grund hatte der Führer des Autobus, Hopst aus Gründen der Vorsicht und Sicherheit die sämtlichen Fahrgäste aus steigen lassen. Auf der Wciteriahrt nach Laucnstein war ibm dann geraten worden von ortskundigen Personen, nicht die Straße, die direkt nach Laucnstein führt, zu benutzen, weil die über die Müglitz führende Notbrücke nur 5 Tonnen llOO Zentner) trage, und ein Lastkraftwagen am dieser be reits eingebrochcn sei Auf dieses Anraten hin hatte Kraft- Wagenführer Hopf deshalb den nach Bärenstein ins Müg litztal hinabsübrenden Kommunikationsweg benutzt. 'Nicht« weist daraus hin, daß der etwa 1800 Meter lange, und reichlich 100 Meter abfallende Fahrweg bcisvielsweiic für Kraftfahrzeuge verboten wäre. Im Gegenteil, am oberen Anfänge sind die ersten rund 400 Meter Straße direkt als gut zu bezeichnen. Keinerlei Befürchtung lag vor. Ter Beifahrer, ein schonungsbedürftiger Oberführer, und auch der Vorsitzende der beiden Verernigungen gingen dem 'Auto bus voraus, der im Schrittemvo folgte Der schwierigste Teil mit den zahlreichen Wasserabschlägen war bereits durchfahren, als der Ganghebel heraussprang. Die jetzt entstandene Gefahr erkennend, steuerte Hop? sein schweres Fahrzeug gegen die rechts der Straße befindliche Berg lehne in der Erwartung, daß durch das Einboren in das Erdreich der Wagen schleift und doch noch zum Stillstand gebracht werden tonnte. Und da geschah das zweite Un glück Dem Autobus wurden die beiden Vorderräder glatt wegaedrebt, er legte sich hierauf langsam nach links um Krastwagenführer Hovf und der neben ihm sitzende Fahrgast krochen dann durch die zertrümmerten Scheiben heraus, um den verletzten Personen mit zu Kelten. Es ist die Frage aufgeworfen worden, warum man die Fahrgäste nicht vor her hat aussteigen lassen. Dazu hat kein zwingender Grund Vorgelegen. Das Unglück geschah erst, nachdem bereits der Sommer nach dem Norden. Es sei doch sehr verlockend, ein volles Jahr auf Reisen zu verbringen. Die ge- sammelten Eindrücke seien köstlicher Gewinn. Auch sei sie überzeugt, daß das Reisen Groß besser bekomme, als die scharfe, rauhe Luft hier auf der freien Höhe. Sie errötete ein wenig, als sie ihren Plan vorbrachte und sah befangen auf ihren Teller. Groß beobachtete sie verstohlen, und es entging ihm nichts von dem, was sie ihm zu verbergen suchte. Er lächelte mild. Diese Reisevorbereitungen kamen ihm sehr gelegen. „Du weißt, daß deine Wünsche auch die meinigen sind, liebes Kind," sagte er freundlich, „packen wir also die Koffer. Heute ist Montag. Wollen wir am nächsten Sonntag auf und davon? Ich denke, bis dahin können wir reisefertig sein und unser Haus bestellt haben?" Therese hatte geglaubt, schon am Donnerstag fahren zu können, anderseits hatte sie nicht gehofft, Groß so bereit willig zu finden und sich auf einen kleinen Kampf gefaßt gemacht. Sie fügte sich daher und war froh, daß ihr Mann nicht weiter nach Gründen fragte. Al» sie der gerade hereinkommenden Jungfer mit teilte, daß die Koffer gepackt werden sollten, konnte diese einen Ausruf der Freude nicht unterdrücken und eilte hinaus, um auch dem Burschen die frohe Botschaft mitzu teilen. Die Leute hatten sich kreuzunglücklich in der Einöde gefühlt. In den nächsten Tagen kümmerte sich keiner sonderlich um den Hausherrn. Sogar Försters waren in Aufruhr. Sie entbehrten die ihnen liebgewordene Nachbarschaft nur ungern. Aber man mußte es ja einsehen, daß der alte Herr hier, wo er fast beständig an da» Zimmer gefesselt war, zugrunde ging. Mau war in dem Glauben, daß haupt sächlich seinetwegen di« Reise unternommen würbe. Frau Günter wurde beauftragt, zur Stadt Zu fahren, um die notwendigsten Einkäufe zu machen. Die Sorge um das Haus blieb ihr überlassen. Dore sollte Lohn und Kostgeld bis zum ersten April erhalten und einstweilen zu ihren Eltern zurückkehren. Hier wurde sie in absehbarer Zett nicht gebraucht. In der Nacht zum Donnerstag wurde da» Licht in der Herrenstube nicht ausgelöscht. Groß schritt stundenlang auf und ab, grübelnd und er wägend, ob er hier oder in der Fremde sterben solle. Denn baß sein Tod hier di« einzig richtige Lösung bringen könne, erschien ihm selbstverständlich. Oder sollte er etwa täglich Therese» Qual mit ansehen, Zeuge sein, wie sie um Graes; kämpfte und litt, ohne ihn je vergessen zu können? War es nicht auch für ihn eine Marter, den Zwang zu empfinden, den sie sich ihm gegenüber antat? Er konnte ihr ja doch nicht zürnen, die Liebe ist stärker al» der Wille. Was Therese auch beginnen mochte, die Liebe konnte sie nicht au» ihrem Herzen reißen, und Tat er das Rechte? Roman von A. v. Tröste dt. Schluß. Sie hatte sich eine Aufgabe gestellt, vor der tausend andere Frauen zurückschrecken. Ein« schwere, Entsagung fordernde Aufgabe! Sie wollte ihr junge» Leben ganz und ungeteilt dem Gatten widmen, der schon jetzt begann, sie mit den kleinen Sonderlichkeiten zu quälen, die das vor gerückte Mter mit sich bringt. Sie wollte! Ihre Stirn glättete sich, die Glut schwand ans ihrem Herzen. Ein Gefühl gänzlicher Erschöpfung, als habe sie einen weiten, vom Sonnenbrand durch glühten Weg zurückgelegt, bemächtigte sich ihrer. Rasch Neidete sie sich aus, und mit dem Bewußtsein, das Rechte getan zu haben, schlief sie sofort ein. Als Therese erwachte, war es Heller Tag, beinahe elf Uhr. Eilig kleidete sie sich an, und kaum war sie in ihren Morgenrock geschlüpft, so hörte sie auch schon den Post boten. Sie rief ihn herauf und gab ihm den an Graetz adressierten Brief zur Besorgung. Einen Moment war es, als setze der Schlag ihres Herzen« au», als sie das Schreiben fortgegeben hatte. Doch es mußte ja sein. Mit einer sicheren Bewegung klingelte sie dem Mädchen. Heuchler und Schauspieler find imstande, unter einer gleichmäßige« Maske zu verbergen, was in ihrem Innern vergeht. Nne Fran aber, welche mit ihrem Herzen ringt, trägt den Stempel schwerer Gemütsbewegung auf der Stirn. Rn« es in ihrer Brust still geworden, verriet Therese» Gesicht nur noch wenig von den seelischen Strapazen der letzten Tage. Ih« Luge« hatten wieder Glanz, und wenn sie PH auch nicht zu dem kleinsten Lächeln zwingen konnte, so mildert« doch ein Ausdruck weichen Erbarmen» den Ernst ihrer Züge. So, von de« beste» Vorsätzen beseelt, ging sie zu ihrem Manne und küßte ihn auf die Stirn. «r sah grau und verfallen au», seine Augen lagen tief in den Höhlen. Zagte Therese freundlich, „wir wollen zu sammen frühstücke«, es schmeckt mir nicht allein. Ich möchte auch einige» mit dir besprechen." Groß erhob sich schwerfällig au» seinem weichgepolsterten Sessel. Er «kann«, daß Therese sich durchgerungen hatte. Heimllch und qualvoll seufzte er in sich hinein. Oh, daß « Zwanzig Jahr« jünger wäre, um die Liebe diese» herrlichen Geschöpfe» erringen zu können. Ihr Mitleid ver- Nm aErade-ur. Dann saßen sie sich kn dem gemütlichen und doch eine» gewissen Prunke« nicht entbehrenden Eßzimmer ge genüber. Therese sagte, daß sie sich da» Leben in der Ein samkeit doch weniger eintönig vorgeftellt habe und fort «olle an tue Riviera, von da nach Italien, und »um je mehr sie sich bemühte, Graetz zu vergessen, um so festere Wurzeln trieb die verbotene Neigung. Therese konnte wohl dahinwelken und vergehen, aber bis zum letzten Atemzuge würden ihre geheimsten Regungen ! Graetz gehören. Sie sollte aber nicht vor seinen Lugen dahinschwinden wie der Tag, dazu hatte er sie viel zu lieb. War Therese stark genug, Opfer zu bringen, so durste er erst recht nicht säumen. Er hätte ihr ja den Brief der Baronin verbergen : können. Aber über kurz oder lang hätte sie es doch er fahren, daß Graetz frei war, dann wäre der Konflikt dage wesen, wie eben jetzt. Heute stand Groß wachend am Fenster. Es war eine Vollmondnacht, in der funkelnder Sternenglanz sich mit dem magischen Licht des Mondes vereinte. Weithin konnte man die braunen Ackerflächen sehen, ! auf denen stellenweise festgefrorener Schnee lag, gespenstisch : leuchtend wie Leichentücher, die bereit waren, ein müdes Menschenkind einzuhüllen. ! Wie viel Freude hatte Therese an dieser Landschaft > gehabt und wie glücklich war Groß hier auf diesem Fleckchen Erde gewesen, umhegt von den zarten Aufmerk samkeiten seiner jungen Frau. Sie war bezaubernd lieblich in ihrer jungen Würde ge wesen, und täglich hatte er dem Himmel gedankt für so viel Glück. Und nun war alles dahin, denn nur flüchtig darf vollkommenes Glück an einem Orte weilen. Groß trat vom Fenster zurück und nahm sein« > Wanderung wieder auf. Sein Leben war Arbeit gewesen, zähes, unentwegtes Streben. Den holden Freuden, die mit einem harten Lose aussöhnen, war er vorsichtig aus dem Wege gegangen. Die Vergrößerung seines Kapitals ' war seine ganze Sorge und Befriedigung gewesen. Jetzt blieb ihm nur noH die Genugtuung, Therese als reiche Frau zurückzulassen. Er hatte sie zur Univer salerbin eingesetzt. Sein Nachlaß war unanfechtbar sorg- fällig geordnet. Er hatte früher, wenn feine Nerven durch lieber arbeitung überreizt waren und nicht zur Ruhe kommen konnten, von seinem Arzt Morphium erhalten, das er aber nur selten und dann in geringen Dosen benutzt hatte. Es sollte ihm jetzt zustatten kommen. Man würde glauben, er habe aus Versehen zu viel cie- nommen. Damit war jedem überflüssigen Geschwätz dio Spitz« abgebrochen. Groß holte das Morphium, da» er sorgsam verschlosst ', hielt, hervor. Er schüttete so viel in ein Glas, daß die Hälfte davon auch schon genügt haben würde, das Heiz i zum Stillstand zu bringen. Er glaubte, ganz ruhig Zu fein, und doch zogen sich ! schwarz« Ringe unter seinen Augen hin, und jeder NcrU in seinem Gesicht zuckte. „Lebe wohl, Therese, mein Liebling," kam es flüsternd von seinen blassen, bebenden Lippen, „werde so glücklich, > wie du e» oerditült. Du hast lange «ema ans dein Glück
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