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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192812152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19281215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19281215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-12
- Tag1928-12-15
- Monat1928-12
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1928
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D«nZcE «n HWMWWWWWWWstVMWMWWWUWWWWststWWWMMWWWWWSMSSSMSSSSSWMWWWWWEWVWEWEWAWWWU^SSSWMVMW^SSSSSSSSSSSSSSSM Gesicht und geballten Fäusten. Drollig sah das aus, er hätte fast lachen müssen. Aber irgend etwa- würgte ihn. Was soll das bei uns', brachte er stockend hervor. Der Vater lächelte: „Da» ist Dem kleiner Bruder, mit dem wir unS doch alle recht freuen wollen, nicht wahr? Du bist doch nun schon ein großer Junge, der den Kleinen gewiß beschützen wird." »Ich bm doch Euer Sinziger", sagte das Klnd leise, aber der Vater hörte die Worte nicht und der Mutter durste eS nur Guten Tag sagen. Dann saß eS m fernem kleinen Zimmer und spielte. .7 Wie jeden Tag, und sollte eS nicht gehen mit dem Flug in das bunte Land erkiesten Spieles. Die WtrMchkeit hielt das Kmd ^lt. Da drin war ein kleines Kind, von dem man sagte, eS sei sein Bruoer. Uno die Mutter war krank und kam nicht zu ihm, und er durste auch nicht zu ihr. Nach denklich und betrübt saß er oa. Er sprach wenig in diesen Tagen, niemand bemerkte e». Eine» Wend» aber fragte er beim Gutenachtsaaen die Mutter: „Warum darf der Bruder immer bei Dir NSW. einer «»»«feie. Bo« Sophie Landau. Dünf Jahre lang «ar er unbestrittener Alleinherrscher gewesen in seinem kleinen Reich. Zwei Diener waren da, di« ihm jeden Wunsch von den Augen gbzulesen verftan- den, di« auf all feine Gedanken einaingen, die scheinbar nur M ihn.lebten: Seine Elfern. Sein Lachen erweckte in ihnen Fröhlichkeit, während seine Tränen sich wie «in Wolkenschleier auf ihre Stimmung legten. Mit anderen Menschen kam der kleine Junge Ian« in Berührung. Und er vermißte auch keine Spielkameraden. Stundenlang saß da» träumerisch veranlagte «nd mit seinen Bausteine« und seinem andern Spielzeug auf der Erde, und seine Phantasie zauberte ihm «in regere» Leben vor, al» alle Wirklichkeit ihm hätte bieten können. Und wenn e» au» setuem Traumland heimfand, wie warm und wohl fühlte e» sich da. Da war der Vater um» vor allem die Mutter, der «r alle» erzählen mutzt«, die seine Einfälle noch weiter auSspann, so daß da» Spiel am nächsten Tag« einen neuen Aufschwung nehmen konnte. Dem Vater kamen Zweifel, ob man gut daran täte, den Knaben so für sich zu halten, ihn von jeder Berührung mit der Außenwelt abzuschltetzen. Aber sowohl auf seine wie auf die Vorstellungen von Be kannten, die da» Kind zu empfindlich und altklug fanden, hatte die Mutter dieselbe Erwiderung: „Er ist so zart, er muß. ko behütet werden, daß ihn kein rauhes Wort trifft, er ut doch auch unser Einziger!" „Unser Einziger", dieses Wort klang wie lieblich« Mus» in der Seele des Kindes. Ihr Einziger, «S hüllte sich in die Wärme dieses Wortes, dessen Bedeutung e» gar nicht verstand. Es fühlte nur, daß ihm irgend «twa» Schöne» mttgegeben worden war. Irgend ein geheimer Reichtum. Wenn er andere Kinder vergnügt spielen sah und doch einmal «ine kleine Sehnsucht in seinem Her»«« aufsteiaen wollte, dann schlich er zu der Mutter, drängte sich möglichst nahe an sie, ließ sich oen Blondkopf streichel« und fühlte: ihr Einziger. Als er wieder einmal mit solch einem unbewußten Gefühl der Einsamkeit zu der Mutter flüchtete, sagtest« ihm liebevoll: „Bald wirst Du auch ein Brüderchen oder mr Schwesterchen haben, mit oem Du spielen kannst. Freust Keine Freude aber auch kein Schreck war in dem Gesicht zu lesen, nur Staunen. Wa» sollte das heißen, er war doch der Eltern Einziger. Die Eltern gehörten doch ihm allein, wie ihm allein sein Spielzeug gehörte. Er sagte gar nichts, uno dann schien er die Worte der Mutter vergessen zu haben, und war zufrieden und froh mit ihr in ihrer Zweisamkeit. Da holte »hn eine» Morgen- der Vater in dar Schlaf zimmer. und da schlummerte in demselben Wagen, ln dem er einst gelegen, ein kleinwinziger Mensch mit einem roten Gesicht und geballten Fäusten. Drollig sah da» au», er hätte fast lachen, müssen, Aber irgend efwa». würgte ihn. ... _>em kleiner Bruder, mit dem wir , -ste recht freuen wollen, nicht wahr? Du bist doch nun schon ein großer Junge, der den Kleinen gewiß beschützen wird." durfte e» nur Guten Tag sagen.' , Sein"Spielzeug" hatte 'es "vor "sich wie jeden Ta, doch wollte " " "" ' ' deS tu " ' gefesselt. kest, und ich n icht?" Die Mutttr such« ihm die Bstslostzkeit de» gan» kleinen KinoeS zu erklären, erzählt« ihm, daß er früher auch immer bei ihr gewesen sei. ,Lch war ja «er «ich Dein Einziger l" sagte er mit einem fremden Klang st, der Stimme, der die Mutter aufhorchen )iek. Fühlte der bi» dahin so verwohnte Knabe sich vernachlässigt, oder war e» gar Mißgunst, Neid auf oen Kleinen, die ihm kür einen Augenblick seine lautere Kindlichkeit zu trüben ^.Mestr GriHer", sagte sie zärtlich, «nd er überlegte «och in seinem Bett, ob da» wohl auch eine Liebkosung sei. Einziger, da» war etwa» gan» andere» gewesen, jetzt kannte er auch verstandesgemäß die Bedeutung diese» Wor te». Dem Einzigen hatte man nicht» an die Seite zu stellen, er war der Mittelpunkt, alle» um ihn war Nebensache. Ader ob man nicht dem Großen immer den Klein«« vorzwhe« würde? An sich machte ihm der kleine Bruder auch Spatz, wa» für drollige Grimassen er schnitt, wie fest er die Fäustchen ballte, wie er beim Schreien mit den »einen runden Gliedern herumfuchelte St» die Mutter wieoec aufstehe« konnte, beruhigte sich der Knabe ein wenig. Sie saß wieder oft im Zimmer, wenn er spielte, und beantwortete seine Fragen. Aber der Kleine mit dem feinen Instinkt empfindsamer Kinder fühlte Wohl, daß die Mutter doch nicht ganz so antwortete wie früher, daß ihre Aufmerksamkeit geteilt war. Einmal fing er an zu weinen aus Unwillen darüber, daß die Mutter so oft zu dem Kleinen ging. Als aber die Mutter ferne Tränen sah, tröstete sie ihn nicht, wie er wohl gehofft, sondern sagte nur kurz: „Mein Großer wird doch nicht weinen wie ein kleines Kind. Denk daran, Klaus, Ostern bist du ein Schuljunge " Zum ersten Mal in seinem Leden wurde er von der Mutter bei seinem richtigen Namen genannt. Bi» dahin war er nur immer Bübchen gewesen. We ein Blitz durch- zuckte e« ihn beim Nachdenken: „Bübchen," war jetzt gewitz der andere, der Kleine. Adventsgeister. «SMI Nstrßst st» Traume schon die Menschen ruh», Kann regt zur Nacht sich', sacht in alle« Eck««. Mw über Tag verbarg «l« heimlich Tn«. «wmcht da«» nicht m«hr sich sorglich z« »««steck««. Scho« Hän»i hwh drob«« brüt der Weihnacht,»»««» Dran Kerze« ragen stolz an, goldne« Flitter«. Verstohlen schnuppert noch im «eit der -an». M», Lnnnrndüst« schmeichelnd iha «mmittrrn. Und durch die Stut« w«ht «st« zarter Ton. von Harfe« »a«chmal «nd non fernen Klocke«, Ein süßer Klang, al» naht«« Engel schon An preis«« Sott i« himmlische« Frohlock««. Di« sleiß'g« Rav«l, dort d«r stink« Stift, 2« Handwerkslaft«« Säg«, Bohr' «np Feil« Ruh'» «Sd« au», ,«d «uw zuweilen trifft El« Rondstrahl p«, v«r «wtt«r hüpft st, EU«. Dan« wieder Raune«, Kichern, neckisch Spiel. Da, ist der Wrihnachi^eifter lust'ger Reigen. — Da konnnt d«r Morgen. Dämmernd «an und kühl Sieht «an ihn grämlich ans die Dächer stetgmr. Inr Ha«, geht', bald gar emsig Hin «nd h«r. — Die Seift«, zwar de« Allta« Schatte« schenchte» Doch schann' pch zwei in. Äug' »on ungefähr, SUinunt tief pari» «in wnnderfrobe« Lenchten. M. Rogge. Ein Trost war ihm in der Zeit seine» plötzltchen schmerzhafte« Sroßwerdens noch die abendliche Plauderei mit der, Mutter. Wenn er im Bett lag und der kleine Bruder längst schlref, setzte sie sich auf den Bettrand, und mm fühlte er sich glücklich, in dieser Stund« gehörte sie ihm ganz wie früher. Aber während er früher rückhaltlos ihr alle» anvertraut, hielt er jetzt ein Gebiet seines Inneren für sich. Er wollte der Mutter nicht sagen, wie weh e» tat, nicht mehr ihr Emziger zu sein An einem schneeverhangenen Wintermorgen hörte «r erregte Stimmen. Der- Arzt war gerufen worden, well der kleine Bruder in der Nacht erkrankt war Der Knabe letzte sich mit seinem Spielzeug hin, wußte aber nicht» damit anzufangen. Er schlich in das Schlafzimmer der Elter« wo der Kleine lag, wurde aber von der Mutter sofort hinauSgeschobeii. Da holte er seinen alten, von Motten aufgefressenen Teddy hervor, den er schon solange nicht mehr angesehen hatte, er spielte nicht mit ihm, er hielt ihn nur sorgsam im Arm und drückte ihn hin und wieoer an sich. „Mein Einziger," sagte er leise, und während er da» Wort sprach, füllten seine Augen sich mit Träne«. Am Abend mußte er sich allein ausziehen, die Mutter ver sprach aber, noch an sein Bett zu kommen und auch den Vater zu ihm zu schicken. Sie müsse noch bei dem fiebernde« Kleinen bleiben, bis er eingeschlafen sei. Mit großen bren nenden Augen lag Klau» im Bett und wartete, wartete auf die Mutter, die ihn noch me vergessen, wartete auf oen Vater, der ihm noch jeden Abend seinen Gutenachtkuß ge geben hatte. Auf jede» Geräusch lauschte er Tas Wimmern de» Kleinen wollte nicht aushören. Wie fest gebannt, regungslos lag er da, wagte kaum zu atmen. Hatten sie ihn denn nicht mehr lieb, was hatte er getan, war er unge zogen gewesen? Er konnte nichts finden, als einzige Ant wort auf seine Fragen wußte er: es ist, weil ich nicht mehr ihr Einziger bin. Und plötzlich lag das Leben fo trüb vor dem kleinen Jungen, daß er sich ängstigte, ängstigte, bi» die Augen gegen feinen Willen zufielen. Plötzlich fuhr er in die Höhe. Er rieb sich die Augen und überlegte. Wie war das doch gewesen? Der klein« Bruder hatte an seinem Platz gesessen und sein Spielzeug in den Händen gehalten, und als er ihm seinen Besitz entreißen wollte, hatte die Mutter streng zu ihm gesagt: „Latz Bübchen doch in Ruh. Du bist doch schon em großer Junge." Nun wär er stlbst also wirklich nicht mehr da» Bübchen. Dann war die Mutter gerufen worden und er war mit dem Bruder allein geblieben. Da hatte er de« Kleinen einen Baustein au» den Händen gerissen und mit solcher Wucht an das Köpfchen geworfen, daß das Blut herunterrann. Dann war er in seiner Angst weit, wert weggelaufen, soweit, daß ihm sein ganzer Körper wehtat. Er seufzte tief Aus Schmerzen und aus Sehnsucht nach der Mutter. Wie böse die Wohl aus ihren Großen sein mochte. Er fing bitterlich an zu schluchzen. Da hörte er eine ihm wohlbekannte Stimme: „Ist mein Bübchen nun auch krank'?" Er gab sich Mühe, me Augen aufzureißen. Die Mutter legte die Hand auf fernen fieberheißen Kopf. Sie sah aber aarnicht böse aus, sonder« genau so liebevoll und besorgt wie früher, wenn er einmal krank gewesen. „Bin ich doch noch Dein Bübchen", sagte er schmei chelnd. Er wollte nach dem kleinen Bruder fragen, aber er wagte es nicht, so lehr staird er noch im Bann seine» schrecklichen Traumes Die Mutter aber erzählte von selbst: „Dem Brüderchen geht eS schon viel besser, es schläft jetzt noch. Gestern abend ist es aber sehr spät zur Ruhe ge kommen. Als ich dann zu dir kam, schliesst du schon. Da hab ich dir nur noch einen Gutenachtkuß gegeben." „Du hattest mich nicht vergessen?" schluchzte das .Kind auf, und in diesen Worten lag die ganze verborgene Qual einer verschlossenen Kinderseele. Die Mutter nahm da» Kino in de« Arm so nah «rd warm wie der kleine verlassene Knabe am Tage vorher seinen Teddy genommen hatte, und er fühlte: wen» ich auch nicht mehr ihr Einziger bin, so bin ich doch ihr Inn«. Und die Mutter fühlte, daß ihr Großer sie noch genau f, nötig brauchte, wie ihr Kleiner.
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