Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.01.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190701010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-01
- Monat1907-01
- Jahr1907
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LV Pf- st»«z Anzeige» S0 -f^ für Inserat» von anStvttS S0 Pß Reklame« 75 Pf, anSwLrt« l Mark. Belli gebühr 4 Mark p. Lausend exkl. Postgeb> Geschäfwouzeigr, an bevorzugter Stelle Preise rrbüht. Rabatt »ach Tarik. MWM.TasMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «nd des Rolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. 1Ü1. Jahrgang. Dienstag 1. Januar 1907. Prinz Ed«ar König« von Siam »r öf«sch« Marrnem,Mister h Wadlicheu Panze^Mchiffe «in Nück> -s. stand di« 1«, die rbinLn -ertr ihrb I «> «beit 1 M 'fßr sichen v der A tndai« <l volitil^I SweudG nail» . Pi. >raän« «e Prinz Eduaro oon Anhalt. der Bruder de« Her ist seit dem 20l Dezembrr an" einer akute» Da entzünd»»- unter Vergift« ickea Pension zur DiS- lerkeanuag seiner laug- Nariaerangliste zu »ck Ä ächte ; r -alt« wen m * Ein bevsrsrheuder Besuch d« in Berti» wird aogelündizt. (S. r Grü»de »Sr die de« sassuss schastl Mo») Der« innetl loualliberale Führer Trust Bafsermanu, ,rrg kandidiert, als Kandidat der Nanoaal- Ldaservative» ausgestellt. Er uahm die mr. Da« deutsche Bürgertum, die politisch ller Volksschichten, ist gründlich «rfgerüttelt ngr' an, zu desreifen, daß nur politische Gel- ^«dr ein gesundes Erwerbsleben verbürgt, tiwt bloß Rabulisten und Ehrgeizige zu be ll tida« sie zu schwer ist, um in Stunden der »I erledigt »u werden, daß ernsthafte poli- "owohl staatsbürgerliche und ideale Pflicht ide ökonomische Forderung ist. Jahrzehnte» »tisch, unter der Protektion einer weltftem- smaxime, ist das Bürgertum der Politik bc- e parteilose oder ganz unpolitische Presse ent- . Seine oberen Schichten nützten die Jahre ktur und ließen sich genüge« am wachsenden l mittlere» und unteren suchten ihre Nöte der laus berusSorganisatorischem, gewerkschaft- I bekämpfen und verloren dabei vielfach Luft I, sich mit rein politi'chen, mit „unsrucht- III beiasien. DaS bat sich in kurzer Zeit ge- Uentlich auf die Dauer. DaS Interesse an Vte jedenfalls «an, ungemein rege. ES wach .peSUtour l eL SN, «r. 117L «S-Pureau: wnis Fudiuand- kr. «75 tat, was jo ziemlich mit einem schwarzen 2 ehelich nach Landesbra. über „Das Volksrecht r deutschen Kolonisation Keitse ' heit, hsttt der Personal- kretstmM» pÄitjscheu ««Gert«» Wunsche rde», Der reine Utz weitevehend« Ktöl «ls der Reichs- «iß oberster Gesetz bleiben. Am S. Sevtember «1«, sich daZ folgenschwerste Ereig nis he- ganzen Jahre». Der fte-vertretend« Direktor der I 1 1 iwt Znllellantz ins Pan» * «»«gab« S t «tert.» wättiqni AnSgabestelle» na bezogen (1 waltäqlichjtaa moaattich 1 Maik, für 5 L 4b d vtttteljükrtich lau« Fett«, ^ler IsdrenvrnOe. ist dem deutschen Volke ei» politl'cheS Schick- u. Aber erst nach deu ReichStagSwahlen einiger Sicherheit sehen können, wie daS lcheide» wird, vorläufig wissen wir nur, ^wift zwischen Licht und Finsternis wieder «azeigen-tznnalnae: A»»>st»»Ptatz 8, bet sämtliche« Fttlalen u. all« Lu»o«««- Expedttioa«, »e« Fn- mch AnSlaape«. — 's Die Spann Weltmächten -iikef^ Der »bürg, an seine Stelle. Zmächst wechsel nur den -Huratter eines inst Experiment», -in«« ost und dringlich de» Bürgertum« »« entsprach« « AssessonSmnS hott» tzbgmnirtschMet. «liMa stolge» Rchw tmn «Rnsch, 1 AeraUta« an» / stoda,,tswl Lelwbon «r. tktz M verltuer Aedakk B«li» KV. 7, Pri< SttaßL Lelevdo» 1. st «AE ,-d. L 8t) Pf, » nas«, »aS^ dnrch btt Post ibDrutlchlaadS rretch-Ungar» übrige» Länwr tlk«. * Der französische Marinemimister hat beschloss vier in Bau «iavlicheu Panze^Wchiffe mit Tur zu ve jeher». s . / ß » Im Wahlkreis Rotenbura-HoyerSwerva (Ober lausitz) wurve/an Stelle de» erkrankten Grafe» Ararm- Mu-kau der n« der auch in Co liberale« und Kandidatur au. »Die bulgcVusche Regieruug hat deu Ankauf der Orieutbahu denhloffea. >, i * Großadmiral ».Köster ist iu Genehmigung seine« Abschiedsgesuche« mit rer gesek^'^- «-«— — positioa gestellt Worten. Er ist in l jadrige» Dienste auch seruer in der führen. >- Hautzt-Filtate Verltte: LarlDnucke r,Herzg1BayrHofbuchhandla„ Lützowilraß« 10 Kelephon VI, Nr. 4603). FMak-ErvePttta»: Drespe».MarienstrL4. rinne »historisch-ökonomischen" Geschichtsaus- ^die bchiallem Geschehen nur deu Zwang der wirt- Mhältuisse erkennen will und die grwattige rdividualität auSschaltet. Aber so, daß wir s»innen sür Rotive und Ziele. Die war die ',Laae im Deutsche« Reiche um die voriqe p Es war eine Zeit größter Ungemütlichkeit, t in unsere» Verhältnis za deu alliierte« Akte auch das innere Getriebe stark Leeinfk/tt. ttte de» Generäle» erzähl», „wie es »» unS Gelt-, »ab der ofsiziöie Telegraph hatte die st. Die Marokko-Konferenz war »war ge- sgang für Deutschland aber sehr ungewiß. Der ster de« Aeußeren hatte sich bereit» «it allem Frankreich -ingesetzt, und di« Gruppierung wr an» von Lrrfana an nicht günstig. Der zwar die düstere Vti»»nng i« Parla»«»t nacht. Aber bi« Tatsache» wrackten »ach be» »«rächte deutlicher Pr»»e»i«z< wallte» bereit« chum-arbeit« i» »ich »b WilhelwMw« kubeiägsichkeit der Sa« w»rda verschärft h«pch e»d Verhältnisse i» Jmwre». Meisch»Mttz»G. sich aus ernste Schwierigkeiten wegen ihrer Geschäftsführung in auswärtigen Angelegenheiten gefaßt machen. Trotzdem war die lange und formell, wie immer, sehr gewandte Rede des Kanzlers auf den alten Ton der Beschwichtigung ge stimmt, ohne die Berechtigung der wichtigsten Klage auch nur andeutungsweise -uzugestehen. Man sah gerade deswegen heftigen Auseinandersetzungen bei den EtatSberatungea eut- gegen. Dann brachte daS Eingreifen der neuen Kolonial exzellenz Dernburg in die ParlamentSverhandlungea den großen Umschwung in der Reichspolitik hervor, dnr Mr Auflösung deS Reichstags führte. Das Dernburgsche Debüt war noch recht harmlos verlaufen. Dernburg konnte die gelösten Verträge mit Tippelskirch, der Woermann-Linie, der Apotheke am Berliner Oranienplatz auf den Tisch deS HouseS niederleqen und hatte dadurch einen ersten großen Erfolg erzielt, den auch di« anfechtbaren kolonialen Renta bilitätsberechnungen nicht erheblich zu beeinträchtigen ver mochten. Erst sein heftiger Zusammenstoß mit dem Zen- trumSführer Roeren, seine Enthüllungen über die ultramon tan« NÄbenrsgierung erweckte KonsliktSahnungen. Die Si tuation lag damals so: die Regierung hatte in der Ostmark infolge deS volulschen Schulkinderstreiks die allergrößten Schwierigkeiten, bie der Erzbischof von Gnesen-Polen, Herr Florian v. StablewSki, durch einen Erlaß an seine Diözesane noch vergrößert batte. Und daS Zentrum, die einflußreichste Partei im Reiche wie in Preußen, stellte sich auf die Seite der Polen. Diese nationale Unzuverlässigkeit mag einer der stärksten inneren Antriebe mit gewesen sein, die schließlich zum Bruch mit dem Zentrum führten. Der Tod dcs Erz bischofs am 24. November schaffte der Regierung zwar momentan etwas Luft durch den Trumpf, den sie bei der Be setzung des erzbischöflichen Stuhles in der Hand hat. Aber daS Unnatürliche deS Verhältnisses zwischen Negierung und Zentrum wurde dadurch nicht aus der Welt geschafft. Es kam hinzu, daß tatsächlich der Druck der Nebenregierung un erträglich geworden war, und daß die Negierung zu der Er kenntnis gezwungen wurde, ein« Fortführung der Geschäfte unter dieser Geißel sei ebenso unwürdig wie ruinös, ohne eine zuverlässige Haltung des Zentrums auch nur in den wichtigsten nationalen Fragen zu verbürgen. An eine groß angelegte Aktion der Regierung gegen die ZentrumSherr- schaft zu glauben, fällt trotzdem recht schwer. UnS scheint et immer «ach daS Wahrschei 'l.cherc. da^ hier Temper«.-mcnte, Zufälligkeit», po.itische Naivitäten Schicksal gespielt haben, wobei natürlich sehr ernsthafte politische Erwägungen oben skizzierter Natur den schließlichen Ausschlag gegeben haben weichen. Item: eS kam zum Bruch. In der Budgetkom mission wurde ein kolonialer Nachtragsetat abgelehnt und fand auch in der zweiten Lesung des Plenums keine Mehr heit. Der Reichstag wurde aufgelöst. ES hruoelte sich materiell um Bagatellen. Das Zentrum wollte von den 29 Millionen des Nachtragsetats nur 20 bewilligen und verlangte die Reduzierung, später die Vorbereitung der Re duzierung der Truppen in Süüwestafrika auf 2500 Mann. Es spielte Hofkriegsrat, was auch die Freisinnigen als NonseuS hinstellten. Wie weit Trotz und Rachsucht wegen der Noerenblamage dabei mitgewirkt haben, wie weit andere Motive, Rücksicht »irf Wählerstimmungen vielleicht, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich ist sogar, daß das Zentrum darauf rechnet«, überstimmt zu werden, und daß es sich dabei ver kalkulierte. Schon vor der Abstimmung hatte sich der Kanzler auf die Auflösung festzelcgt: „Wenn Sie die Krise wollen, so haben Sie sie noch heute." Die Auflösung er folgte mit einer rein nationalen Negierungsparole: Für die deutschen Waffenehre, am 13. Dezember. Es hat sich inzwischen gezeigt, wie recht wir hatten, als wir diese Parole für ungenügend erklärten. In Südwest afrika ist eine weitere Pazifizierung eingetreten, die von den 'Antinationalen als Negierungsblamage gedeutet wird. Die Tatsache der Perfidie dieser Deutung schützt nicht vor der Wirkung der Interpretation. Vielmehr muß jetzt unter allen Umständen auf die inneren Gründe der Krise zurückgegriffen, der Kampf gegen den Ultramontanismus auf der ganzen Linie erklärt werden. Das erfordert naturgemäß eine völlige Neuorientierung der Negicrungspolitik, eine Liberalisierung der Negierung, wobei wir ausdrücklich auf ein liberales Parteiministerium verzichten. Im Hintergrund« steht bei allen diesen Vorgängen die große Frage d«s 20. Jahr hunderts, die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat. Die Ereignisse treiben auf die reinliche Schei dung zu, die unserem im Glauben zerrissenen Vaterlands den religiösen Frieden, unserem Staat /Ellbogensreiheit, unserem öffentlichen Leben die Befreiung von greulicher Heuchelei bringen soll. Was vielen «erst ein Schreck gespenst schien, verdeutlicht sich immer greifbarer als Er lösung, die beiden großen Mächten, Staaf und Kirch«, neue Lebeusmöglichkeit in Frieden und innrer Wahrhaftig!üt bietet. / / Ein Mittel Mr Erreichung diese» großen Zieles, die Einigung der deutschen liberalen Parteien, ist noch im Ent stehe» bögriffen. Die Freisinnigen chaben ihr nationales Herz entdeckt, di« Nationalliberalen / haben sich in vielen Frage» nach links entwickelt. Besonders bei u»S in Sachsen ist diese Tendenz ganz unverkeimbar. Und wie weit die Ueberzeugung von der Notwendigkeit der liberalen Einigung gedrungen ist, hat da», ehrlich yckagt, un4 selbst verblüffende Ergebui» unseres Aufrufes «teigt, «lit dem sich viele Tausende von Mäuaer» Leipzig» durch Unterschrift einver standen erklärt habe». Eia^neu« Zeit ist im Werden, eia« Zeit, die andere BoranSsetzpigen,/andere Mittel braucht. De» deutsche» volle liegt e» dler neue» Zeit die Richtung M weise». Diese verantt» Hg kann e» nicht von sich wälze», denn di« Reichstags akn gebe» ihm die Macht in die Hand, seine» Mia» Ml Geltung zu bringe«. Möge da» dentsche voll von seine» Hk,^reu volksrecht« am 25. Januar de» rechten Gebrauch tzch^e», zu» -eile uusereS teuere» deutschen Vater lande» I HZ» sei unser Neujahr R»u»sch. ale» Verein» für . - Wahlaufruf für »te Reich«- tuUkautzttzalukr liö» Herr» Justiz»ats Juuck. wenig. Deutschland nahm berzlichen Anteil an den Festen im Kaisexhauie, dessen Familienleben in Zeiten der Miß verständnisse sich al» Knüpfer unzerreißbarer Gefühlsbande zwischen der Nation und ihrem Oberhaupte bewährt hat. Und die Protestaktion der Sozialdemokratie gegen daS preußische LandtagSwahlrecht ging ohne tiefere Erregung vorüber, wenn eS auch an einigen Orten zu blutigen Zu sammenstößen kam, au denen Ungeschick, Alkohol und andere Umstänbe eine« gröberen Anteil halten, als llmsturzfana- tiSmuS. D«n Führern der Genossenschaft war die Sach« zu bedenklich geworden. Die Generalstreikidee hatte die Geister revolutioniert, und törichte Köpfe glaubten schon die Grün- dungSstunde de» ZukunftSstoateS schlagen zu hören. Da aber bremsten die Führer mit Macht, und es gelang schließlich, die Genossen von dem Gedanken an Straßendemonstrationeu ab- zubringe» und sich an den tönenden Versammlungsprotestrn genügen zu lassen. Daß im übrigen die Wünsche nach Reform de» LandtagSwahlrecht» in Sachs«u wie in "re-ßen berech tigt sind, daran sei auch bei dieser Gelegenheit erinnert. Fast gleichzeitig mit dem Abschluß der Marokkokoufereuz, der unS wenigstens die Wahrung deS Gesicht» ermöglicht hatte, trat ein sür die innerpolitiseye Lage folgenschweres Ereignis ein: Fürst Bülow erkrankte am 5. April im Reichs tag nach einer Rckre über die Marokkopolitik und sch'ed für die nächsten Monate auS dem politischen Getriebe auS. Die Reichs'inanzreform und der Etat mußten ohne die damals noch glättende Hand des Kanzler» erledigt werden, und die Soloniolsriktionen zwischen Regierung und Zentrum führten zu der Ablehnung der Farmerentschädigung und de» selbst- stSndigeu KolonralamtS. Mangelhafte Regie duldete un- geschickte Neven naivpolitischer Kommissare, und daS Zen trum ließ deu stellvertretenden Kolonialdirektor entgelten, was der Regent von Koburg^Sotha in der Jesuiteupolitik ge sündigt haben soll. Die RegieruugLzügel schien - m Er barmen am Boden, und niemand war da, der sie airkqenommen hätte. Herr v. Tschirschky und Bögeudorfs, deS Reiches Staatssekretär der auSwärtigeu Angelegenheiten als Narb- folger NichthofeuS und direkter Vorgesetzter de» Erbprinzen zu Hohenlohe, beschränkte sich auf die gelegentliche Vertei digung eine» kaiserliche» Telegramm-. So war da» kläglime Resultat erklärlich.. Immerhin hatte der Reichstag andere, nützlich« Arbeit ' n. Die Fin-mznöte de» Reiche» w^ren doch nokdüntig kv: -t. D^ese Leisniag hoch <u,«richt, i.» we^e», auch wen», wir unS mit den Mitteln ,;rrm Teil n t>t einverstandeu erklären köun«n. Noch heute halten wir die Verteuerung des Verkehrs durch Fahrkarteustsnipel und Aus hebung der billigen Ortsportotax« für einen schweren Fehler. Halten eS »och immer für möglich, aus eiuer ver ständigen Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Deszenden ten und Ehegatten bei sehr großeu Vermögen die Restlöcher der ReichSfinanzdecke zu stopfen. Doch müssen notwendiger- weise alle diese Erwägungen und Wünsche den dringenderen Erfordernissen unserer Zeit gegenüber in den Hintergrund treten. AuS den erregten kanzlerlosen parlamentarischen Sitzun gen dieser Zeit stammte der Anstoß, der iu den Sommer monaten die Affäre PodbielSki ins Rolle» brachte. Zwar war die Beteiligung des preußischen Landwirtschafts minister» v. PodbielSki an den Unternehmungen der Kolonialfirma o. Tippelskirch <L Co. schon lange bekannt, auch schon häufig genug gerügt worden. Aber erst die Kunde von pekuniären Beziehungen zwischen dem Kontrolloffizier Fischer au» der Kolonialabteilung und den Inhabern der Firma Tippelskirch, auch zu Herrn v. PodbielSki, entfachte den Skandal, der durch die herzhaften Preise für die Liefe rungen nach Südwest und anscheinend unlösbaren Verträge mit der Firma noch gesteigert wurde. Es entspann sich schließlich daS journalistisch« Duell Bülow-Podbielski, aus dem uach heftigen Krisen uud nicht unblessiert am lebten Ende, unmittelbar vor dem Zusammentritt deS Reichstages, der Kanzler al» Sieger hervorgiug, der endlich wiederae- nesene Kanzler, der erst am 17. Oktober auS Homburg v. d. H. nach Berlin zurückkehrte. Inzwischen war dem kronprinzlichen Paare, am 4. Juli, der erste Sob» «eboreu worden. Uud am 13. September stand daS braunschweigische Volk vor einer neuen Entschc.» düng in der Thronfrage infolge de» Ableben» seine» Re genten Prinz Albrecht von Preußen. Seine untadelhefte Korrektheit der Geschäftsführung hatte die -erzen der Be völkerung nicht M gewinnen vermocht. Sein« Söhne waren dem braunschweigischen Lande entfremdet. Bravnschweig -alte au dem ewige« Provisorium keine Freude uUd verlangte »ach einer «udgültigeu Regelung der Throufrage. Der Laudsag besonders erwie» sich al» energisch treibender Fak tor in der Angelegenheit, ließ sich auch darch di« preußisch« Kühl« nicht von seine« Ziel« obschrecken uud stellt« schließlich dem -erzog von Lnmb«rlauL 'm» bekannte Ultimatum, da her -erMg, l» v«rk«u»nng der Verhältnisse und Möglich- leiten, zu umgehen trachtete. G«in Verhalte« wird di» Er legung der Streitfrage vielleicht verzögern, aber bossent- lich nicht wiederum vereitel», dem» das Wohl de» Staates sperre nnä Lede». Auf die Zeitung, die »an liest, dar« aber auch auf di« Presse i« allgemeine» «schelte«, ist den Mensche» ei» lieber Brauch aewvrden. Denn Eündenböcke gesucht werde«, di« »an für all« Unerfreulichkeiten d«S Daseins verantwort lich »scheu kann: schleunigst zerrt »an die Press« Hera». Die alte Geschichtet Institutionen, die doch dar Mensch« Werk sind, werde« vergöttlicht; ihres irdische» UrsprmiaA KogS, ^arm- „ .. aSerscheinunge» er ¬ krank». Seit de« letzten Tagen ist in rem Befinden des Patienten eine langsame Besserung zu konstatieren. und Herrn Rorren gegenüber wäre es ia allerdings klüger, wenn die Beamten in den Kolonien auch im Zölibat lebten. Fast ist eS zu verwundern, daß diese Forderung nicht schon generell ap das Kolonialamt gestellt wurde. Wer sich aber auf den einfachen Rechtsstandpunkt der Eingeborenen stellt, sür den ist die ganze Sache gar nicht vom Standpunkte der Moral zu beurteilen, sondern sie zeigt nur den schwere» RechtSkonslikt, in den Europäer wie Erugeborene bei völlig unfertigen Rechtsverhältnissen kommen. Auch das Vor zeiten deS Roerenschen Knüppels hat etwas ungemein Lächerliches für jeden Kenner der Rechtsverhältnisse der Eingeborenen, bei denen selbst die Prügelstrafe herrscht, in Ermangelung von Gefängnisse». Im übrigen gibt es fromme Katholiken in Deutschland, und vielleicht jo- gar unter den Abgeordneten, die auch für Deutschlaud die Prügelstrafe in gewissen Fällen für angezeiat halten. Biel- leicht wäre sie bei uns zum mindesten auch heilsam für sensationssüchtige Koloulalskaudalmacher. Doch — Scherz beiseite. Bedauerlich ist, daß weder am Regie rungstische noch unter den Reichsboten auch nur einer war, der Herrn Roeren zurechtwie» über daS, was afrikanisches Recht ist. Der 8 176, 3 steht i» Widerspruch mit de» natürlichen Verhältnissen und mit de» Rechtsgewohnheiten der Afrikaner selbst, bei denen keine standesamtlichen Register geführt werden, an deren Stelle daS einfache Walten der natürlichen Entwicklung tritt. Da bei ist Afrika um viele- moralischer al» da» überkultivierte Europa. Es wäre uur zu wünschen, daß die gesunden Be strebungen der naturrechtlichen Richtung wenigsten» in Afrika eine Zuflucht fänden. Man halse den Regeru nicht unser fertige« Recht auf, wie un» seinerzeit da» fertige römische Recht nebst Glosse aufgehäugt wurde, waS unS die Bauernkriege eintrug. " - " DaSZ salSjcchr werden Geschick -aß der erumal entbraiW ist, und daß endlich einmal wieder der Staat, wenn azch noch zoübaft, seinen Platz im Kampf aus der Seite desAchte- <:iucht Hot. Ein Erfolg ist Übrigen dach schon .chff .— indinrrenHies- Worten. Es » tungllfür die ß und^iß Dolitl sch-ftlgen broit , Muße geleqenl tische BetätiarP als auch drin« lang und 'yste^ den Regierung sonders durch fremdet worder» ihrer Hochkonfm Wichlstand, sei» Zeit höchsten» I lichem Gebiet « und Dtn'tändnI baren" Dingens wandelt und b,j der Politik ist'. zu halten uud^näch Möglichkeit «r vertiefen, fasse» wir als wesentlichste Abgabe der nationalen politischen Publi zistik Mit. Verständnis tz«, heutigen Situation ist «in Rück- A? sps -oS ve fjossene Kalenderjahr nützlich. AuS viel«» G«ch«pnisse» und manchen Erscheinungen sind die tieferen e/etzt akuten Konflikte zu erkenne«. Richt in «»er „historisch-ökonomischen" GeschichtSaus- Üte, di« DiSliMm. Unterdrückung des »ckstggües in VWtz» »och mehr «G jGt Mf dt» GtstnmnnG-« oar MSllgrle vo» rage. * In» Anzeigenteil dieser Nummer p«r-ffe>Ult»t der Borstgnd de» «atioualltderc. ^7 . 5 ' Leipzig un» llmzeüni g »en Wolstau ssechlrverdällnirre in äe» ürntrche» ssslome«. Der Solonialskandal, den Herr Roereu angerichtet bat, sollte i» sebr deutlicher Weise klaraestellt haben, daß auch für unsere Kolonien dasjenige zutrint, worüber hervorragend« Juristen und Nichtjuristea schon sattsam geklagt haben: daß es unserer Zeit an rechtSblldeuder Kraft fehlt. Wäre in unseren Kolonien auch »ur das RechtsverhaltuiS »wischen den Eingeborenen nud de» Europäern sachgemäß geregelt, so hätte Herr Roeren nicht versuchen dürfen, seine lächerlichen Anschuldigungen gegen Beamte vorzubrinaeu, di« aller- höchstens der Vorwurf treffen könnte, daß sie sich Äeu auf den Rechtsstandpunkt ber Eingeborenen stellten. Die Sache ist doch, da sie sich stündlich wiederhole» kann, von solcher Be deutung, daß mau ihr und Herrn Roeren ins Gesicht leuchten muß. ES handelt sich -»r allem um ein angebliches Sittlichkeits vergehen eines ätschen Beamten gegen ein eingeborene- Mädchen. Herr Roeren weiß ganz genau, daß bei viele» afrikani schen Stämmen die Todesstrafe steht auf vergehe» g«en un reife Mädchen. Dann sollte er aber anch wissen, daß die Reife und die öffentliche Reiseerklärung bei afrikanischen Mädchen im dortige» Klima um zwei bÄ selbst vier Jahre früher eintritt, als bei Nordeuropäeriuneu. De« Volke gegenüber kommt in Afrika am allerwenigsten da- Jahr „14" in Betracht, aus dem einfachen Grunde, weil daS von europäischer Kultur noch nicht beleckte Volk aaruichtnach Jahren zählt. Die Begriffe pb« lJahr), pbototro (Jahreswende) sind erst durch die Missionen ausgebildet; be deutet doch auch pbs eigentlich „Ort", uud dann erst künst lich einen Ort m der Zeit. Südliche Völker sind anders geartet als nördliche. I» Spanien und Italien sind Ehen von vierzehnjährigen ost zu finden; in Costarica fand ich eine dreiunddreißigjährige Frau mit 17 Kindern: sie hatte mit drei-ehn Jahren eine legale Ehe geschlossen. Nach afrikanischem Recht nnu steht das Mädchen, das zur Reife gelangt ist, zur Ede bereit, und dies wird durch ein Freudenfest kundgeaeben. Die Kan didatin sitzt in einer zeltartigen Hülle unter vem Volk, Musik und Tanz ringsum. Dann fallt die Hülle — Jubel deS Volkes, besonders der Mädchen und jungen Burschen, ur)» Jubel der neugebackenen Jungfrau, die oft au demseLen Tage schon zur Ehe geholt wird. Häufig wartet sie aber ein oder zwei Jahre. Nun tritt die Reife l ei manchen M chen schon mit dem elften Jahre dort ein, bei anderu : dem zwölften, seltener erst unt dem vierzehnte» Jahre. 5 Zahl 14 ist also völlig bedeutungslos. Für den Skandalfall Roerens ist — als Jurist sollte ätzp Herr doch die Bedeutung tiefes Begriffes kennen — d»e Fragestellung falsch gewesen: uach afrikanischem Recht kommt gar nicht die Ziffer 14 in Betracht, sondern die Tat- fache, oo die Reifeerrlärung stattgefunden hatte oder nicht. Ist das nun Unwissenheit deS Herrn Roeren oder tenden ziöses Verschweigen? Nun hat man ja aber das deutsche NeichSstrafaesetzbuch in unseren Kolonien eingeführt, in ech> burzaukratischer Ge dankenlosigkeit. Wollte man den 8 /76,/j gegen die Ein geborenen von Togo anwendcn, so 'könnte man ungezählte Tausende von schwarzen Männern ins Zuchthaus stecken, die ihre Eheschließung mit Mädchen von 13 Jahren, oft aber auch mit noch jüngeren vollziehen. An der Rezeption des römischen Rechtes in Bausch und Bogen kranken wir Deutschen einig« Jahrhunderte, und doch begehen wir einen noch größeren Fehler dadurch, daß wir 'so weit abstehenden südliche» Völkern unser» gesamten Rechtsapparat bringen wollen. Die schweren Zusammenstöße mit den Eingeborenen wcrdeu nicht ausbleiben, gerade auf rechtlichem Gebiete. Eine andere Frage ist für den Roerenschen Fall, oRjener kaiserliche Beamte kl u^g/ehandelt batte, wenn er dasselbe tat, was so ziemlich allFEuropäer draußen tun, d. h. sich >en ehelich zu verbinden, nämlich iehe die Abhandlung Dr. Henri« «.pheueger und sein Verhältnis zur chen Kolonisation im Togooebiete", im 11. Bande oer chr. f. vgl. Rechtswissenschaft). Die Frage der Klug- ist aber rein örtlicher Natur, soweit es das Veichältnts zu den Eingeborenen betrifft. Den ortSangejeffenen Batres und Herrn Rorren gegenüber wäre es ia allerdings klüger, Dies« An»»« wtzet allen Vadnb»st» und de, steltnnaS-v«»»
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