Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.07.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060702026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906070202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906070202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-07
- Tag1906-07-02
- Monat1906-07
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Barras-Preis in der Hauptexprdüion oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 2.40, bei täglich zweimaliger Zustellung ins Hans vierteljährlich ^l 3.—. Durch unsere aus- ivürtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich vierteljährlich 4.50s für die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. Diese Nummer kostet auf 4 44 2 allen Bahnhöfen und bei III den Zeitung»-Verkäufer» I Nedatti»« ««» Erpr-iti-n: JohanniSgasie 8. Telephon Nr. 153, Nr. 222, Rr. 1173. Berliner Ae-atttons-Burea»: Berlin 7, Dorvtheenftraßr 83. Tel. I, Nr. 9275. Abend-Ausgabe. riMer TaMaN Handelszeitung. ÄmtMatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. A»zeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile für Leipzig und Umgebung 25 Pf., für auswärts 30 Psg. Familien-, Wohuungs- und Stellen- Anzeigen 20 Pf. FiaanzielleAuzeigrn, ltleschäftSouzeigeu unter Text oder an besonderer Stelle nach Tarif. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plagen wird keine Garantie überuommen. Anzeigen und Extrabeilagen nur iu der Morgen-Susgade Schluß der Annahme nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen-Annahme: Angnstnöplatr 8, Eck« JohanniSgasie. Haupt-Filiale Berlin: LarlD uu cke r, Verzgl-Bayr^osbuchhandlg-, Lutzowslraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603). AUial-Er-edittou: DreS-eu.Mariellsrc.84. Nr. 33V. Montag 2. Juli t906. Ivv. Jahrgang. 102. * Der Gesanglehrer und Erfinder des Kehlkopf spiegels Manuel Garcia ist gestern abend im Lebensjahre ia Lorrdon gestorben. (S. Feuilleton.) Var ÄiÄtigrtt vom Lage. * Der Kaiser ist heut« früh wieder von Potsdam nach Kiel gereist. * Weitere sechs Fälle von sibirischer Pest sind jetzt auch unweit von Petersburg, in einem Dorfe des Kreises Neu-Ladoga, fr st gestellt worden. Lolittrcke cagerrcha«. Leipzig, 2. Juli. Niedergang des europäischen Ansehens in Marokko. Die Beziehungen zwischen Frankreich und Marokko sind keine besonders günstigen. Der „Matin" teilt mit, daß der Maghzen keine Lust hat, aus die Entschädigungsforderungen ernzugehen, die Frankreich für die Ermordung des Franzosen Ehar- bonnier in Tanger verlangt. Das genannte Blatt will ferner wissen, daß in diesen Tagen ein französischer Spezialkurier nach Fez geschickt werden soll, um dem Maghzen einUItimatum zu stellen, bezw. ihm eine Frist von sieben Tagen zu gewähren, innerhalb welcher er sich über die Annahme der Forderungen der Regierung der Republik zu entscheiden hat. Wenn der Sul tan sich innerhalb dieser Frist nicht erklärt, will die französische Regierung diejenigen Maßregeln ergreifen, die ihr geeignet scheinen, ihren Forderungen Respekt zu verschaffen. Betreffs des letzteren Punktes sei bemerkt, daß bereits mehrere französische Kriegsschiffe auf der Reede von Langer vor Anker liegen. Der Sultan wird zweifelsohne schließlich nachgeben, so bart ihm bei seinen Geldnöten die Zahlung von 100 000 Francs auch an- tommen mag. Vielleicht bofft er, durck das Hinzögern etwas von der Summe abhandeln zu können. Auch wird er zeigen wollen, daß er sich nicht so ohne weiteres jeder Drohung einer europäischen Macht unterwirft. Er kann sich dabei auf die Stimmung der Marokkaner stützen, über die uns aus Tanger vom 20. Juni ge schrieben wird: Als eine unweigerliche, jedem seit längerer Zeit hier wohnenden Europäer sich ausdränaendr Bcobach- lun« erscheint die Tatsache, daß bei den Eingeborenen das Ansehen, das Prestige der Europäer im allgemeinen in den letzten Jahren bedeutend abgenmnmen hat. Die früher vor handene Rücksichtnahme aus sie, als Angehörige einer höheren Rasse, ist geschwunden, es wird ihnen aus der Straße seien sie zu Pserde oder zu Fuß, nicht mehr selbstverständlich aus gewichen, es wird ihnen lauter und gröber geantwortet, von unbeteiligten Eingeborenen wird Partei gegen sie ergrifsen, ivenn sie sich einer Ungebühr erwehren wollen, und ost genug kann man mit eigenen Obren die Flüche und Schimpsreden hören, die ja der Gläubige von jeher im stillen für den vor übergehenden Numi in Bereitschaft hatte. Und die Europäer l>aLcn dies natürlich schon bemerkt und sind vorsichtiger im Verkehr mit der braunen Bande, um Reibereien zu ver meiden, die ihnen nichts einbringen können Der Grund solcher Sinnesänderung kann bei dem Charakter der Araber, welche Gerechtigkeit nicht kennen, der Macht aber sich unbe dingt unterwerfen, keine andere sein, als daß sie die Europäer für weniger stark halten, als früher, und den Beweis dafür sehen sie in verschiedenen Vorkommnissen, wo Vergeben gegen Europäer unbestraft geblieben sind, vor allem in der Erhöhung Raisulis, des Räubers des Herrn Perducaris, zum Gouverneur, der sich dem Sul tan und dem diplomatischen Korps zum Trotz in feiner Würde erhält. Dergleichen wäre wiederum nicht möglich, wenn nicht die Rebellion des Prätendenten dieAutorität des Sultans geschwächt hätte. So lange noch der Vater des jetzigen Sultans alljährlich gegen seine Unter tanen siegreiche Feldzüge führte, haben die Mächte I niemals darauf verzichtet, sich mit seiner Hilfe I Genugtuung und Bestrafung der Schubdigen zu ver- ' schaffen. Heute mutz es Frankreich erleben, daß man Li« Mörder des Mr. CharHonnier kennt, daß es aber vor aussichtlich nicht gelingen wird, sie dingfest zu machen. Es erntet hierbei in gewisser Hinsicht, was es selber gesät bat und noch sät, indem es sich selber gegen Marokko großer lln- aerechtigkerten schuldig mochte. Es tut nie gut, mit zweierlei Maß zu meßen, und wenn man gar zu sehr den Grundsatz „Macht geht vor Recht" einem barbarischen Volke gegenüber zur Geltung bringt, so darf man sich nicht über den Mangel an Rechtsbewußtfein bet demselben beklagen. Die große Frage der Zukunft für Marokko ist es ob die mit europäischer Hilfe zu schäftende Polizei die Dtacht haben wird, die Räuber, mit denen man sich zu Transaktionen herbeüieß, durch Gewalt zur Vernunft zu bringen, und ich das neue In strument der Staatsautorität in den Dienst des Rechtes und auch des politischen Anstandes gestellt wird. Die Massenftreikblamage der Sozialdemokratie steht nach den jetzt veröffentlichten Erklärungen der Generalkommission und des Parteivorstandes voll kommen zweifellos fest. Hatte Bebel den der „Einigkeit" als Grundlage dienenden Bericht des „Genossen" Silber- schmidt als „stark entstellt" bezeichnet, so enthüllt nun mehr die Generalkommission, daß Silberschmidt die frag lichen Punkte in der Konferenz vorgelcsen, daß Bebel dazu Monita vorgebracht, Silberschmidt sie berücksichtigt und dann die Sätze nochmals vorgelesen habe. Indem die Generalkommifsion dies „konstatiert", erhärtet sie die Richtigkeit des Silberschmidtschen Berichts. Der Vor sitzende der Generalkommission, Reichstagsabgeordneter Legten, tut noch ein übriges durch die Erklärung, daß der Parteivorstand das fragliche Protokoll sechs Wochen in Händen batte, ohne es zu beanstanden I Die Wucht dieser Feststellungen möchte der Parteivor- ^stand durch die Ausflucht abschwächen: Bebel habe keine „detaillierte" Richtigstellung der Niederschrift Silber- schmidts gegeben, und aus Versehen sei die Mitteilung von dem Eingang des Protokolls in einer Vorstands sitzung unterblieben, weshalb die Angelegenheit erst am 8. Juni zur Sprache gekommen sei. Die Bedeutungs losigkeit des vom Parteivorstand Dorgcbrachten erhellt aus der weiteren Behauptung, daß der Sinn der in der Hauptsache von Bebel nicht bestrittenen Punkte 2 bis 6 die Richtigkeit der Bebelschen Formulierung des ausschlaggebenden Punktes 1 klar beweise. Nach Bebel lautet Punkt 1: „Der Parteivorstand hat nicht die Ab sicht, gegenwärtig den politischen Massenstreik zu propa gieren, sollte derselbe aber propagiert werden müssen, so wird sich der Parteivorstand mit der Generalkommission zuvor ins Benehmen setzen." — Der Sinn des Punktes 2 paßt hierzu absolut nicht! Denn Punkt 2 lautet: „Wenn dennoch ein solcher Streik ausbrechen sollte, so müßte der selbe von der Partei geführt werden. . , . — Die Wendung „dennoch" und „ausbrechen" ist unvereinbar mit der Wendung „propagieren müssen", dagegen logisch völlig am Platze im Anschluß an die Formulierung des Punktes 1 durch Silberschmidt, welcher schrieb: „Der Parteivorstand hat nicht die Absicht, den politischen Massenstreik zu propagieren, sondern wird^ so weit es ihm möglich ist, einen solchen zu verhindern suchen." — Daß diese Fassung die richtige ist, beweist nicht nur der logische Zusammenhang, nicht nur das Schweigen Bebels, nicht nur das Schweigen des „Vorwärts", der keine Stellung nimmt, sondern auch die Erklärung des Partei vorstandes, jedem „Genossen" das Urteil darüber zu über lassen, ob die Generalkommission oder der Parteivorstand recht habe! Der Tank der deutschen Redakteure. Die deutschen Pressevertreter haben vor ihrer Abreise von London am Freitag folgende Adresse an das Anglo- German Friendship Committee gesandt: „Mchdem wir neun Tage eine großartige und herzliche Gastfreundschaft genossen haben, mochten wir Ihr schönes Land nicht verlassen, ohne dem Anglo-German Friendship Eommitte« gegenüber aufrichtigen Dank für die zahlreichen Aufmerksamkeiten zum Ausdruck zu bringen, deren Gegen stand wir in England gewesen find. Wir sind uns vollauf bewußt, daß diose Aufmerksamkeiten keinen rein privaten Charakter tragen, sondern dem Wunsche entspringen, die Be ziehungen zwischen England und Deutschland gegen alte Vorurteile und neue Mißverständnisse sicherzustellen. Eine auf gegenseitiger Achtung beruhende, die Inter essen des eigenen Landes ohne chauvinistische Uebertreibung verfolgende, den allgemeinen Bedürfnissen der Zivilisation gleichzeitig Rechnung tragende Freundschaft zwischen den blutsverwandten Völkern Englands und Deutschlands er scheint ebenso natürlich wie notwendig. Diese Ueber- zeuguna und die Absicht, ihr in Zukunft noch nachdrücklicher als bisher Ausdruck zu verleiben, haben unseren Besuch ver anlaßt, und der so außerordentlich befriedigende Verlaus der Veranstaltung hat gezeigt, daß die Voraussetzung zutraf, ein persönliches Sichnähertreten werde die freundschaftliche Verständigung wesentlich erleichtern. Wenn wir demnächst die Freude haben sollten, unsere englischen Gastsreunde auf deutschem Boden begrüßen zu dürfen, so hoffen wir ihnen den Beweis liefern zu können, daß auch England in Deutsch land in gleichem Maße aufrichtige Freunde besitzt. „Auf Wiedersehen in Deutschland!" Mit ausgezeichneter Hochachtung Das Komitee: E. Fitger, Präsident, Dr. Th. Barth, Friedrich Dernburg, Dr. Max Jänecke, Dr. S. v. Kupffer, Ernst Posse, H. Rippler." Die „Nordd. Allg. Ztg." kommt an der Spitze ihrer Wochenschau ebenfalls auf den Gesamteindruck des Jour- nalistenbefuchcs in England zu sprechen und äußert sich dabei unter anderem wie folgt: „Die während der letzten Woche in den Blättern er schienenen Depeschen und Berichte stellten einstimmig sest, daß die Empfänge überall durch vollkommen« Liebenswürdig keit ausgezeichnet waren, und die englischen Gastgeber ebenso vornehme wie herzliche Wirte zu machen wußten. Es wurden Ansprachen und Reden ausgetauscht, worin stets der Ge danke vorklang, daß die britische und deutsche Nation keinen ernsthaften Grund hätten, einander feindlich gesinnt zu fein, und daß das Erscheinen deutscher Journalisten in England, ihr Bekanntwerden mit dortigen maßgebenden Persönlich keiten, mit Einrichtungen und Anschauungen dazu beitragen möchte, die Wege zu ebnen, aus denen beide Völker einander näher kommen könnten. Aehnlichen Gedanken haben auch die meisten einflußreichen Organe der englischen Presse Ausdruck gegeben und di« deutschen Zeitnngsvertreter freundlich willkommen geheißen. Einigermaßen, abseits glaubte sich indessen die „Times" zu stellen und in einer reservierten Besprechung des Besuches hervorheben zu müssen, daß eine etwaige Annäherung Englands an Deutsch land nicht das freundschaftliche Verhältnis Großbritanniens zu Frankreich beeinträchtigen dürfe. Diese Besorgnis er- icheint uns höchst überflüssig. Weber die Urheber des Be- suches der deutschen Pressevertreter noch diese , selbst werden auch nur einen Augenblick willens gewesen sein, die ganze Veranstaltung so zu deuten, als solle sie die franko-britischen Beziehungen lockern. Sehr zutreffend sprach dies der deutsche Botschafter Graf Wolff-Metternich bei einem vom Lordmayor gegebenen Lunch aus, indem er hervorhob, daß, wenn man den Erfolg erreichte, beide Völker einander näher zu bringen, ein solches Resultat vielleicht die stärkste Ge währ für den europäischen Frieden bilden würde, ohne dabei im geringsten den Freundschaften Einhalt zu tun, welch« jeder von beiden Teilen mit anderen Völkern etwa geschlossen habe oder noch zu schließen wünsche." Deutsches Keich. Leipzig, 2. Juli. ' Heber eine politische Ausbeutung des Zarenbesuches wird der „Köln. Ztg." aus Petersburg berichtet: „In sonst ernsten politischen Kreisen wird mit Bestimmtheit behauptet, der Zar wolle sich jeder endgültigen Entschei dung in den innenpolitischen Fragen enthalten, bis er be: der bevorstehenden Zusammenkunft mit Kaiser Wilhelm sich mit diesem ausgesprochen habe. Diese Ausstreuung, die, wie bisher, so auch diesmal von einer ganz be stimmten Seite herrührt, bildet ein Glied in der Kette derjenigen Bestrebungen, die darauf abzielen, die Stellung Deutschlands zu den Vorgängen in der inneren Politik Rußlands in ein schiefes Licht zu rücken. Einer seits wünscht man die Zusammenkunft, damit man dann alle von der russischen Regierung unternommenen Maß nahmen deutschenEinflüssen in dieSchuhe schieben kann. Wenn aber andererseits die Zu sammenkunft, von der hier an zuständiger Stelle gar nichts bekannt ist, nicht stattfindet, so hofft man in der Lage zu sein, sie als gescheitert und als eine Schlappe der deutschen Politik bezeichnen zu können." * Keine Versöhnung der Lipper! Wir versahen vor wenigen Tagen die Nachricht, daß es gelegentlich eines gemeinsamen Badeaufenthaltes iu Norderney zwischen dem Fürsten von Bückeburg und dem von Det- mold-Lippe zur Aussöhnung kommen werde — mit einem Fragezeichen. Dies wird jetzt gerechtfertigt durch ein uns aus Bückeburg zugehendes Privattelegramm. Nach ihm hat der Fürst von Schaumburg-Lippe (Bücke- bürg) die offiziell festgesetzte Reise nach Norderney inhi bieren lassen, nachdem Fürst Leopold zu Lippe-Detmold in Norderney eingetroffen ist. * Aus der Kolonialabteilung. Die „Münch. N. N." hören, daß ein Vortragender Rat aus der Kolonialabtei lung bereits auSgeschieden und in ein anderes Amt ver setzt sei; zwei weitere derartige Maßnahmen seien in Vor bereitung. Dasselbe Blatte nennt als den Gewährs mann des Abgeordneten Erzberger den früheren Beamten Pöptan, über den im Reichstage in den Sitzungen vom 14. und 15. September ausführlich ver handelt worden ist. * Kolonialrat. Der im Vorjahre eingesetzte ständige Ausschuß des Kolonialratcs ist von drei auf sieben Mit glieder erhöht worden. Er besteht, nach der „Deutschen Kolonialzeitung", aus den Herren Berner, v. d. Heydt, v. Holleben, Dr. Scharlach, Paul Staudinger, Supf, Vohsen. Der Ausschuß soll mehr als bisher Gelegenheit haben, mit der Kolonialabteilung in Fühlung zu treten, um die Beratungen über koloniale Fragen und Etats vorzubereiten. * Altena-Iserlohn. Der „Rh.-Westf. Ztg." wird auS dem Wahlkreise geschrieben: „Die verhältnismäßig geringe Stimmenzunahme der Sozialdemokraten läßt die überall bestimmt auftretende Vermutung nicht von der Hand weisen, daß sie eine Kriegslist angewandt haben, indem sie eine Anzahl Genossen für das Zentrum ab kommandiert haben. Sie konnten dieses um so eher tun, als sie mit Bestimmtheit darauf rechnen konnten, in die Stichwahl zu gelangen. Außerdem war es den Sozial- demokraten zur Genüge bekannt, daß sie in der Stichwahl mit der Freisinnigen Volkspartei unterliegen würden, wie es im Jahre 1903 der Fall war, während sie in der Stichwahl mit dem Zentrum in diesem Wahlkreise be deutend mehr Aussicht auf Erfolg hätten." * Rationale Wohuungsfürsorge. Der Bund der Boden reformer beabsichtigt, dem preußischen Abgeordneten hause eine Massenpetition zu überreichen, in der es ge beten wird, unter Bezugnahme auf 8 16 deS Gesetzes, be treffend die Herstellung und den Ausbau von Wasser straßen, noch in dieser Session diejenigen Schritte zu unternehmen, welche geeignet sind, das an die neu zu er bauenden Kanäle angrenzende Land vor der Spekulation zu schützen und der Wohnungsfürsorge im sozialen Sinne dienstbar zu machen. Bis jetzt hat die Petition 76 000 Unterschriften gesunden, auf 100 000 wird sie mit Leichtig keit kommen. Die Bodenspekulation am Tcltowkanal ist enorm, die Preise sind ungeheuer in die Höhe getrieben. Feuilleton. Vie Well cker fertigen,ist nützlich; ckie Well cker Unfertigen jeckoch ist schön. Mlenderg. Neue» «der die Völkerschlacht bei Leipzig. Von Karl Bleibtreu (Berlin).*) I. Mit der größten Schlacht der Weltgeschichte beschäftigte üch bisher die Kriegshistorie ausfallend wenig Die Quellen beider Parteien fließen spärlich, alle älteren Werke, wie das von Aster, enthalten grobe . Irrtümer. Erst neuerdings lichteten Fou- cart und Fabry die alte Legende, das Korps Rey sei zwischen )w'i Schlacktfeldern am 16. hin und her spaziert. Eine strategische Studie des Majors Eamon stellte MarmontS und Macdonalds fehlerhaftes Verhalten klar. Dies sowie viel« neue Einzelheiten verwob BleibtreuS Schlachtbild „Napoleon bei Leipzig" in neuer Auslage. Auch hier gibt eS einzeln« Fehler. So wird neben Dombrowski am 18 ein Teil Compans genannt, statt der Brigade d'Albc vom Korps Ney. Anderseits, wenn wir die Hauptmasse von Compans iu der Ebene links von Scköneield annehmen, keoen wir Be- denken, ob eine andere Angabe richtiger sei, dort habe die Division Friederichs, dagegen Compans recht» von Schöne feld gestanden. Denn beide müßten dann ihre Stellung genau umgetaoscht haben, da am 16. CompanS links, Friede richs rechts stand. Immerhin können wir nicht umbin, unsere Darstellung für umfassender und gründlicher doku mentiert zu halten, als die soeben erschienene neueste in Major Friederich-' offiziösem Werk über den Herbstfeldzug *) Wir beginnen heute die angezeigte Reihe von sechs Artikeln, di« ia jedem -weiten Abendblatt erscheinen sollen. 1813. Was Helsen die schönsten Karten, wenn überall Risse klaffen, Widersprüche ungelöst bleiben, alte Irrungen neu auslauchen! Das nach unserem eigenen, aber vor Friede richs' Werk erschienene Buch vom Stabsarzt Zelle konnte, weil es Len Gesamtfeldzua behandelt, die Leipziger Schlacht nicht so eingehend schildern, wie es dem besonders als Statistiker maßgebenden Verfasser wobl möglich gewesen wäre. Unparteilicher und genauer als die Leistung der Serie über die Befreiungskriege, welche Mittlers Generalstabs verlag betreibt, scheint uns Zelles Schilderung jedenfalls. Nach dem heutigen Stande wahrer Forschung verliefen die ersten Schlachttage folgendermaßen. Das große Auskundungsgefecht bei Liebertwolkwitz am 14 Oktober lieferte Murat nur mit dem Reiterkorps Pago! und Lauristons Division Maijon, wie die Verlustliste des vom Pariser Archivar herausgegevenen „Tableau toter und ver wundeter Offiziere während des ersten Kaiserreichs" er gibt. Wir bemerken voraus, daß man hierbei 20 Mann pro 1 Infanterie-, 10 pro 1 Kavallerieoffizier zu be- rechnen pflegt als Durchschnitt, der sich auch durch viele Einzelarigaben bewahrheitet. Pago! verlor 44, Mafton 23 Offiziere, außerdem wurden noch 8 Offiziere des Reiter korps Latour-Mauboura verletzt Da auch 2 der Garde reiterei bluteten, die bestimmt nicht sockt, so darf man an nehmen, daß dieser Verlust bloß von Kanonade herrührt. Keinesfalls setzte Murat mehr als höchstens eine Brigade LatourS ein. Die Angabe, er habe 8000 Reiter befehligt, ist daher unsinnig. Die 600 polnischen Reiter Poniatowskis scheinen nur geplänkelt zu haben. Dagegen waren verbün- deterseitS zuletzt 8000 Pferde zur Stelle, auch KlenauS Fuß- Volk hatte große Uebcrmacht Wenn Major Friederichs die längst aufgelöste Division Albert mitfechten läßt, ferner LauristonS Reiterbriga-e Dermoncourt, die er Dumon- court tauft, so ist dies ebenso irria, als wenn eine Studie des österreichischen Hauptmanns Kerchnawe von 97 Offi zieren als Verlust MuratS redet. Da die verbündete Reiterei bessere Pferd« hatte, am Schluß auch bedeutende Neber- legenheit an Geschütz wirkte, so erklärt nur MuratS über- legene Fübrung da- ihm günstige Abschneidea deS Gefechts. Daß die Franzosen Liebertwolkwitz behaupteten, sagt genug. Unfaßlich ist daher die parteiliche Darstellung, als ob ein Er folg d«r Verbündeten vorgewaltet habe. Der Flügeladjutant Hacke rapportierte dem Preußenkönig ausdrücklich: „Wir mußten das Gefecht abbrcchcn": dies ist Kunstausdruck für Rückzug. Ta preußische Kürassiere allein schon 36 (nicht 22, wie man überall liest) Offiziere verloren, Klenau selber 1000 Mann Verlust einaesteht, so überstieg der Blutverlust der Verbündeten sicher bedeutend denjenigen MuratS, der auf 1000 zu berechnen sein mag. Am 16. Oktober warfen Langerons Russen nach ziemlich mattem Gefecht (entgegen der üblichen Legende vom dor tigen Heldcnkampf der Polen) bei Wiederitzsch die schwache Division Dombrowski und zwölf französische Schwadronen Fourniers über den Hausen, wurden aber von Neys Division Telmas tapfer zurückgeschlagen. Sie verloren laut Aster 1800 Mann, Dclmas nur 11 Offiziere, Dombrowski 6, Fournier 5, im ganzen etwa 400 Tote und Verwundete, angeblich LOO Gefangene. Es ist russische Lüge, daß man L Kanonen und die Fahne des 125. Ligne erobert habe, das gar nicht da war. Bei Lindenau wehrten höchstens 5000, eigentlich nur 3000 Franzosen die 21000 Streiter GiulahS erfolgreich ab. Denn tatsächlich fochten nur drei Marschbataillone der Brigade Mario, ein badisches Bataillon, nur das 8. Leichte Ber- trands, den man fälschlich dort ganz fechtend erwähnt, und 6 Schwadronen Ouinette. Ihr Verlust betrug 55 Infan terie-, 5 Kavallerie-Offiziere, etwa 1200 Mann. Giulay ge stand für sich 2000 zu. Doch wurden 14 Geschütze Bertrands demontiert. Bei Möckern wog sich die Ueberzahl von 16000 Infan teristen Jorks gegen 14 000 MarmontS durch feste Stellung der Verteidiger auf, dagegen gaben 3500 preußische Reiter geaen 1500 MarmontS den Ausschlag, was in der von Na- voieon befohlenen rückwärtigen Stellung bei Gohlis unmög- lick gewesen wäre, da hier kein Raum zur Attacke war Nach völligem Verbluten seines Fußvolke- trieb Jork« Reiterfturm die durch schmähliches Auskneifen der Württemberger Reiter brigad« erschütterten Divisionen Lagrange und ComvonS in die Flucht dagegen deckte die Division Friedericks östlich im freien Gelände nnyebrvchen den Rückzug und brockte sogar die Division Hünerbein wiederholt zum Wanke«. Da Friedericks keine Marinetrupven bei sich hotte, wie La grange und CompanS, bat wohl ein mißverstandener Rap port MarmontS den Lsiier verleilel. vor» schlechter Hal tung der Marineregimenter zu reden. Da tat er ihnen un recht; das 1. Marineregiment (nicht da« 2., das überall als vernichtet ausgegeben wird) verlor allein 33 Offiziere: von 184 MarmontS, tot und verwundet, kamen 95 auf die Seeleute. Dies ergibt inkl. 8 Artillerie, 10 Kavallerie (Lorge, die Württemberger Reiter verloren nur 50 Mann!) einen Blutverlust von höchstens 4000 Mann. Da bei Bri gade Pellcvort sich nur ein Verhältnis 1:12 ergibt, wird feder zu hohe Verlustaniatz verdächtig. Be, 3000 Geia.,g^.i. n werden wohl auch noch viele Verwundete gewesen ' Hätte Marmont 6—7000 Mana tatsächlich eingcbüßt, wäre es vollends unbegreiflich, daß die gleichen Truppen am ld. nochmals mit womöglich noch größerer Hingebung sich opferten. Denn das Korps Jork trat umgekehrt aus Er schöpfung aller Kräfte in Reserve über. Ihm fehlten am anderen Tage 7698 Köpfe, objckon viele Leichtverwundete sich bei den Fahnen einstelllen. Die Preußen stritten mit wah rem Löwenmut, das Neißer Landwehroataillon Wedel erbat sich die Ehre des ersten Angriffs, und das schon bei Warten burg so brave 1.4. L.W. drang zuerst ins feindliche Zentrum ein, wie selbst Major Friederichs zuaibt. Im Dorfe hatten eigentlich nur dir Wchrmänner Erfolg. daS Herrenhaus er obernd. Sechs ihrer oberen Führer fanden de« Heldentod, nur drei der Linientruppcn. Die Hauptschlacht bei Wachau legte Navoleon nicht sür Zentrumsdurchbruch, wie man bisher glaubte, sondern für Umfassung der feindlichen Rechten an. Aber Macdonald verspätete sich dort ungebührlich, so daß Lauriston allein die dreifache Üebermacht der Kolonnen Klenau und Gortscha- kos bis Mittaoabwehren mußte, und Napoleon zwei kostbare Stunden mit Warten verlor. Der endlick eintreftende Mac» donald drängte nunmehr Klenau sehr weit zurück, abends den Eingang von Srisertshoin und den Wald bei Pößna er- obernd. Do er ober unbeareislickerweise nur Ledru und Charpentier einsrtzte, Division Gsrard und Marchand gar nickt, so reichte seine Stärke nicht au«, trotzdem sein Reiter korps Sebastian» fick tummelte. Drei österreichische Ge nerale waren schon außer Gefecht gesetzt, Macdonalds Ver lust war gering der Brigadegeneral Meunier verwundet. Recht« von ihm warfen Mortier- Junge Gorden (Divisionen Roquet und BarroiS) die Kolonne Gortschakof in d«n NmversuLttwaÜ kureL«, über
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite