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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061114010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906111401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906111401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-11
- Tag1906-11-14
- Monat1906-11
- Jahr1906
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t Bezuas-Prei- für Leipzig und Lororte: Ja der Hanpt- Eipedüion oder derra Au-gabestellea ab- gehvtt monatlich: Ausgaben (1 mal täglich) 70 Pf., «u-gabe ö <2 mal Uiglich) SO Pf., bei Zustellung in- Han- Au-gadr 80 Pf^ Ausgabe 8 1 Mark. Durch unser» aus wärtigen Ausgabestellen und durch dre Post bezogen (1 mal täglich) für Deutichland uad Oesterreich monatlich I Mark, für di« übrigen Länder laut Zeitunasprei-liste. Diese Nummer lostet aus ÄS» -N? allen Bahnhöfen und bet I II lltzl den Zritung«-BerkSuiern AetzaMov u»o vTvetzttto»; Johaanisgasj« d. Telephon Nr. IL3, Str. 222. Nr. N73. Berliner NevattionS-Vureau: Berlin XIV. 7, Prinz Loui- tzerdinand- Straße l. Telephon l. Nr. 927Ü. Morgen-Ausgabe 8. KiMerIagtblatt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeiqen'Preis die 6 gespaltene Pelitzeilr für Geschäft«» Inserate aas Leipzig unv Umgebung 2L Pf., Familien^ Wohnung-« u. Stellea-Anzeigen, sowie An- and Verkäufe 20 Ps„ finanzielle Anzeigen 30 Pf., für Inserate von auSwärt- 30 Ps. Reklamen 7b Ps„ au-wärtS I Mark. Brilage- aedüdr 4 Mark p. Tausend ezkl. Postgebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preis« erhöht. Rabatt nach Taris. Änzeigen-Annadille. AugnstnSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Exveditionen des In- und Auslandes. ür da- Erlcheiuen an bestimmten Tagen u llätzen wird keine Garantie übernommen Hautrt-Ftliale Berlin: Tar IDuu cke r, Herzgl-Bayr-Hosbuchhandlg. Lützowüraße lO lTelrphon VI. Nr. 4603). Ktlial-SrVe-ition.DreSden.MarienstrL4 Nr. 542. Mittwoch 1t. November 1906. 100. Jahrgang. Var Llicdtigrke vom rage, j * Der Kaiser und die Kaiserin verliehen gestern, abend München. Die Kaiserin fuhr um 11 Uhr 45 Min. ' nach Achern zum Besuch der Prinzessin Theodora von Schleswig-Holstein, während sich der Kaiser mit dem 12 Uhr zuge nach Donaueschingen zum Besuch des Fürsten von Jürstenberg begab. Prinz und Prinzessin Ludwig und Prinz Rupprecht geleiteten die Majestäten zum Bahnhof. * Der Reichskanzler bat sich bereit erklärt, beute im NeichS'ag eine Interpellation Basfermann über die auswärtige Politik zu beantworten. (S. DtschS. R.) * RegierungSrat Lip schütz aus Düsseldorf bielt gestern in Leipzig emen Vortrag über neue Grundsätze zur Volkspension und Privatbeamten-Versicherung. (S. 2. Beilage.) * Die serbische Äuleihe ist gestern abgeschlossen. (S. Ausland.) * Prinz Albert bat gestern in Brüssel den Sena toren eid abgeleistet. (S. AuSl.) Vie nationale vpporttion. Krisengerüchte, Schwarzseherei und Erörterungen über di« Schädlichkeit eines absolutistischen Regimes haben nun zur Genüge sich im Neigen geschwungen. Denn wenn das Wort wahr ist — und es ist, richtig verstanden, wahr — daß ohne eine Portion Optimismus nichts zustande gebracht werden kann, so darf der herrschende Pessimismus sich nicht zum Selbstzweck auswachsen. Als Uebergangsstadium war er notwendig Aber nun müssen die Blicke sich aus das Positive richte». Mit anderen Worten: die Lage ist geklärt, alle Par teien von den Konservativen bis zur äußersten Linken sind sich einig über das Verderbliche der heutigen Negierungsmethode, bei der der verantwortliche Kanzler nur zum Verantworten, aber nicht zum Kanzlern kommt. Was soll geschehen, um dem zu steuern'? Es werden Stimmen laut, die sagen, daß doch alles vergeblich sei. Im Reichstage würden die Reden vielleicht eine schärfere oppositionelle Färbung bekommen. Aber das sei auch alles. Und im übrigen bleibe alles beim alten. Denn die Persönlichkeit, auf die es ankomme, sei nun einmal so, wie sie sei, werde sich weder durch ehrfurchtsvolle Vorstellungen, noch durch oppositionelles Gebaren beirren lasten. Wozu also der Lärm? Und wenn es wirklich so stände, hätten die Leute recht. Dann könnten wir nur die Hände in die Taschen stecken und mit einem Gemisch von Wehmut und Schadenfreude zuschen, wie der Reichskarren bergab saust. Dieser Art Pessimismus möchten wir nicht huldigen. Und fo liegen die Dinge auch nicht. Es ist schon ganz außerordentlich viel gewonnen, daß die Erkenntnis der Situation jo ziemlich Gemeingut der Nation geworden ist, daß das Aussprechen von dem, was ist, nicht mehr in die Ge fahr bringt, der heimlichen Reichsfeindschaft verdächtigt zu werden. Und auch das wollen wir nicht vergessen, daß uns in der Verfassung Handhaben genug geboten sind, um dem Ver langen des Volkes nach einer verantwortlichen Negierung Nachdruck zu geben. Ter Fehler ist bisher der gewesen, daß diese Hanichaden nicht oder nicht fest genug ergriffen worden sind. Nicht allein dem Parlament ist hierbei ein Sünden register vorzuhalten. Auch die verbündeten Regierungen haben wohl nicht immer in ihrem Reichsorgan, im Bundes- rat, alles getan, um den Charakter des Deutschen Reiches alS Föderativstaat zur Geltung zu bringen. Ausmunternd hat Fürst Bismarck auf dieses wichtige Mittel hingewiesen, freilich als er nicht mehr den Vorsitz im Bundesrat führte. Bedeutungsvolle Worte hat auch Prinz Ludwig von Bayern gesprochen, als er dazu ausforderte, die Verfassung zu stu dieren Aber bis jetzt haben wir es noch nicht erlebt, daß der Bundesrat seine eigentliche Aufgabe erfaßt und sich zum Regulator selbstherrlicher Neigungen entwickelt habe. Hier aus einzuwirken, dürfte recht schwer fallen — aus tausend und einem Grunde. Anders aber steht es mit dem anderen großen gesetz- und richtunggebenden Faktor des Reiches, dem Reichstage. Der Reichstag ist dem DundeSrat koordiniert, nicht subordiniert. Daß dies in Vergessenheit geraten ist, muß dem Parlament ins Schuldbuch geschrieben werden. Es ist so weit gekommen, daß eS ungläubiges Staunen hervorruft, wenn man den Reichstag als integrierenden Teil der Regierung selbst an- sprichr. Und doch gewährleistet die Verfassung dem Parla ment diese Stellung in unzweideutigen Worten. Wir wissen alle, wie es gekommen ist. Die überragende Persönlichkeii Bismarcks hat dem Reichstag in den Kinderjahren des Reiches d'e Stelle angewiesen, die er heute noch einnimmt. Das mochte damals nötig gewesen sein und auch unter einem BiSmarck hingenommen werden können. Aber es bat die böse Folge gehabt, dem Parlament ein gut Teil Initiative und Vertrauen auf sich selbst zu nehmen. Und das hat sich in den nachbismarckischen Zeiten bitter gerächt. Es ist gar kein Geheimnis, daß man in hohen Berliner Kreisen keine sehr ehrenvolle Meinung von den „Kerls" im Reichstage hegt. Und eS ist ebenso wahr, daß der Reichstag daS bisher ruhig hingenommen hat. Noch mehr. Er hat lein gutes Recht der Kritik an öffentlichen Handlungen und Kund gebungen Seiner Majestät deS Kaisers selbst beschnitten, hat das Versteckspiel gutgeheißen, daß nur im „Reichsanzeiger" abgedruckte kasterl'che Reden in den Kreis seiner Erörte rungen gezogen werden solle», hat sich über die auswärtige Politik nur unter stereotvper B«tonung seiner Laienschast -Mtz-spr^h« nie »iider den Stachel gelöst. Daß das Parlament sein Recht jetzt bester wahren will. Haden wir von den Führern der nationalen Parteien in den letzten Wochen mit erfreulicher Deutlichkeit vernommen. Und wir haben das Vertrauen, daß dies auch geschehen wird. Einmal ist es für uns ausgeschlossen, daß ernsthafte Männer und gute Patrioten ihr Wort verpfänden und es nicht ein- lösen. Das ist der persönliche Grund. Es gibt aber auch einen sachlichen. Tie Dinge sind einfach bis an die Grenze der Erträglichkeit gekommen, und die Gefährlichkeit unserer Situation ist zu offenkundig, als daß es diesmal bei Vor sätzen bleiben könnte. Deshalb muß die parlamentarische Aktion jetzt einsetzen. Es handelt sich nur mehr darum: Wie soll das geschehen? In einem freisinnigen Berliner Blatte wird eine Verständigung der Führer der Parteien unter- einander vorgeschlagen, aus daß eine gemeinschaftliche Aktion zustande käme, die etwa ausliefe in eine Adresse an die Krone. Wir gestehen gern zu, daß der Gedanke etwas Bestechendes Hal, glauben aber nicht recht an seine Durchführbarkeit. Wer einigermaßen Einblick hat in die Verworrenheit unserer Parteivcrhältnstse, in ihre kleinen und manchmal kleinlichen Differenzen und Eifersüchteleien, in ihre Sondcrbcstrebun- gen und chre Krippenpolitik, der wird mit uns zweifeln. Sollten wir uns verschätzt haben — taut roierrx. Notwendig wäre dazu aber vor ollem, daß die Rechte nicht versagte. Aber wo wäre wohl eine bessere Gelegenheit, um seine unentwegte Thronpfeilerrolle recht demonstrativ zu Gemüte zu führen alS beim Verweigern der Beihilfe zu solchem Beginnen! Ge wiß wäre es das Einfachste und Eindrucksvollste. Und viel leicht wäre auch hier die Möglichkeit, dem verantwortlichen StaatSmanne seine Aufgabe bis auf eine Handbewegung zu vereinfachen. Indessen, auch wenn es nicht zu der Adresse kommt, so sind doch damit die Mittel des Parlaments noch lange nicht erschöpft. Tas Wort ist bereits gesprochen wor den, und zwar in einem gut nationalen Blatte: „Dieser Re gierung keinen Pfennig neue Steuern mehr!" Fürst Bülow hat es einmal als eine Art Kinderei bezeichnet, so zu tun. als ob Steuern der Regierung und nicht dem Reiche bewilligt würden. Er hat damit unter der Voraussetzung normaler Verhältnisse recht. Aber die Verhältnisse sind nicht normal. Denn gerade darum geht der Streit, daß die Re gierung sich zu sehr einem Einzelwillen und zu wenig dem Volke verpflichtet glaubt. Und deshalb hat auch die scharfe Unterscheidung zwischen Regierung und Volk ihr Recht. Wenn überdies eine icharfe parlamentarische Kontrolle aller Regierungsmaßnahmen in der inneren wie der äußeren Po litik zur Tatsache wird, wenn der verantwortliche Staats mann auch wirklich verantwortlich gemacht wird, wenn man sich von Herrn v. Tschirschky nicht mehr mit Redensarten abspeisen läßt — dann wird der Kanzler die Unmöglichkeit der Fortführung der Geschäfte aus die heutige Manier er kennen müssen. Dann kommt für ihn der große politische Moment seines Lebens, in dem er vor die Entscheidung ge stellt wird, das Regime zu ändern oder zu demissionieren. Vielleicht sehnt dieser kluge Kops gerade diese Gelegenheit herbei. Die Undankbarkeit seiner jetzigen Geschäftsführung muß ihm längst klar sein. Und es ist eine alte psychologische Erfahrung, daß gerade Kunktatorencharaktere nach dem Ueberwinden ihrer natürlichen Scheu zum plötzlichen Drauf gehen neigen. Wir würden es dem Fürsten Bülow gönnen und danken, wenn ihm das Geschick diese Heroenrolle Vorbe halten hätte. Eine Nolle, die selbst beim Mißlingen den dankbarsten Abgang garantiert. Var Rrbeiirprogramm cler italienircden sirgirrung. Die Rede des Schatzministers Majorana vor seinen Wählern und etwa 150 eigens zusammengeströmten mini- steriellen Kammerdeputierten und Senalvren, sowie in Gegenwart Tittonis und mehrerer anderer Mitglieder des Kabinetts Giolitti hat nichts Neues gebracht. Man lernt das Kabinett Giolitti als ein in jeder Hinsicht opportuni stisches kennen; man sieht, daß die glänzende Lage der Staatsfinanzen durchaus keine Gewissensbisse erregt ob des Fortbestandes eines allen Kriterien einer vernünftigen inneren Politik vielfach aufs schroffste widersprechenden Steuersystems; man erkennt eine gewisse Äußerlichkeit in dem Begriff der öffentlichen Einrichtungen, derzufolge Italien, das Land der vielen Analphabeten und Ignoranten, fortfahren wird, für das öffentliche Unter richtswesen weniger als die Hälfte der Staatseinnahmen aus zugeben. Indessen ist der Komplex der in der Rede an gekündigten Maßnahmen gewiß nicht zu unterschätzen, wofern man sich aus den Standpunkt des Staatsmannes ohne refor matorische Prätentionen stellt. Da bekommt jedes Ressort seine paar Millionen zugewiesen zur Ausbesserung seines Be triebes. Die Eisenbahnen, die heute so mangelhaft funktio nieren, erhalten sogar 500 Millionen auf einmal über wiesen, um Stationen, Gleise, rollendes Material zu ver vollkommnen und neu anzuschafsen; 500 Millionen übrigens, die der auf positive Bilanz der Staatsftnanzen bedachte Schatzminister durch Anweisungen auf die lausenden Ein nahmen aus den Eisenbahnen ielbst decken will., Ein paar Gesetzentwürfe, deren Tragweite auf dem Papiere größer scheint, während die Lässigkeit der Verwaltungspraxis sie recht bescheiden machen wird, kommen hinzu, um den Arbeils- eiser und den Liberalismus der Kaoinettsmitglieder -um Ausdruck zu bringen. Daß der Schatzminister und nicht der Ministerpräsident eine solche Rede gehalten hat, die dos Ganze der StaatS- und Netzierungsangeleoenhcit angeht, hat befremdet. Man hat vielfach geglaubt, daß Herr Giolitti seinen jungen, un gewöhnlich lebhafter und vieler Sympathien teilhaftigen Kollegen eigens beauftragt habe, damit das Land au? ibn all den der liberalen Majorität genehmen künftigen KabinettS- chef aufmerksam werde. DaS ist mir unwahrscheinlich, so sehr ich davon überzeuot bin, daß Majorana noch eine große Rolle im italienischen StaatSleben spielen wird u»d -u spiele» verdient. Trotzdem hat Majorana nicht bloß im eigenen Namen gesprochen, sondern zweifellos die An schauungen uad di« WillenSrichtung d«S Kabinetts in durch aus verläßlicher Weise wiedergegeben. Tas gilt im be sonderen von seinen Angaben über die Militärforderunarn und über deren wie der gesamten politischen Orientierung wichtigste Voraussetzung, die auswärtige Politik. Wenn für das übermäßig mit Mängeln behaftete Militär- und Grenz schutzwesen nur 40 Millionen mehr als bisher und auch diese nur im Laufe eines Jahrzehnts ausgeaeben werden sollen, so will das zunächst deutlich besagen, daß die verantwortlichen Personen überzeugt sind und unbedingt wollen, daß Italien in absehbarer Zeit einen Krieg, sei es im eigenen Interesse und spontan, sei es in Verfolg von Bündnisverpflichtungen, nicht führe. In Anbetracht aller Umstände besagt das ferner, daß Italien beim Dreibunde verbleiben wird und be stimmt darauf rechnet, daß ebenso Oesterreich wie das Deutsche Reich weder Grund noch Neigung haben, vom Trer- bunde zu lassen. Daß aber Herr Majorana über das Bünd- ins und die auswärtige politische Orientierung keine Silbe gesagt, hingegen herausheben zu sollen geglaubt hat, daß Italien niemals eine Kriegsgefahr für sich gesehen habe, ge stattet die Annahme, daß Italien die Freiheit behalten wird, die militärischen Verbindlichkeiten aus dem Dreibunde so wohl England wie Frankreich gegenüber außer acht zu lasten. Ob Italien erst gegebenenfalls auf den absoluten Defensiv charakter des Dreibundes oder auf allerlei Staatsnotwendig- kciten den Ton legt, um den eains koeckeris sortzudiskutieren, oder ob es mit seinen Verbündeten von vornherein offenes Spiel haben und statt der militärischen nur moralische Ver bindlichkeiten übernehmen darf, wird sich in den nächsten Wochen Herausstellen. Da die militärischen Dispositionen Italiens ja nicht bloß seinen Verbündeten bekannt sind, so ist es, zumal der Dreibund auch so der Sache des Friedens einen erheblichen Dienst leisten kann, und nachgerade nie mand verpflichtet ist, nur ein Eisen im Feuer zu halten, wohl das beste, mit der moralischen Mission des verbündeten Italiens vorlieb zu nehmen. Solche moralische Mission be steht in diplomatischen guten Tienstey in Paris und London, sowie in der Bemühung um Ausschaltung von Konflikten auf dem Balkan. Was den Balkan betrifft, so hat Italien von einer friedlich-freund'chastlichen Vereinbarung mit Oester reich, wie sie nur bei einem Bundesverhältnis . zwischen beiden Staaten möglich ist, zuvörderst für sich selbst viel zu gewinnen; anderseits ist nicht zu verkennen und wird durch die bevorstehenden Besuche der Könige von Griechenland und Rumänien in Nom erneut offenbar, daß Italiens Geltung auf dem Balkan in vffler Hinsicht sehr hoch zu veranschlag:» ist. In Paris und London würde uns Italien freilich nur dann von Nutzen sein und sein können, wenn wir selbst es unseren Zwecken entsprechend diplomatisch zu dirigieren wissen. Wir wollen hoffen, daß unsere diplomatische Ver tretung in Rom solcher Aufgabe sich gewachsen zeige. Hairenage in München. Die kaiserliche Urkunde. Der Kaiser geruhte, wie sch"n kurz erwähnt, zur Feier der Eröffnung des Deutschen Museums und der Grund steinlegung seines endgültigen Baues für die Sammlungen des Museums die Stiftung des Schnittmodells eines im Bau befindlichen Kriegsschiffes mittels nachstehender Urkunde in Aussicht zu stellen: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg, Burg graf zu Nürnberg und Grat zu Hohcnzollern, entbieten dem Deutschen Museum in München zur Feier der Er öffnung und Grundsteinlegung seines endgültigen Baues Unseren Kaiserlichen Gruß und Glückwunsch. Ins Leben gerufen durch eine Reihe hervorragender Vertreter der deutschen Naturwissenschaft und Technik, hat das Museum unter der Obhut der fördernden Huld des bayeritchen Königshauses, tatkräftig unterstützt durch das Reich, das Königreich Bayern und die Haupt- und Residenzstadt München, dem hohen Ziele, eine alle Zweige der Natur wissenschaft und Technik umfassende vaterländische Samm lungsstätte zu werden, wirksam zugestrebt. Möge ihm auch fernerhin unter dem Gedeihen verbürgenden SchuNe<- von Reich und Staat die Teilnahme der das Geistes- und Wirtschaftsleben des Vaterlandes leitenden Kräfte er halten bleiben und es dadurch befähigt werden, der deut schen Arbeit reiche Anregung zuzusühren. Zum Ausdrucke Unserer neueren Kaiserlichen Huld und Fürsorge wollen wir dem Museum für die Sammlungen das Schnittmodell eines Unserer im Bau befindlichen Kriegsschiffe stiften als Merkzeichen der Errungenschaften deutschen Gewerbe fleißes und der im Reiche geeinigten Wehrkraft des deutschen Volkes." Besuch des Kaiserpaares. Am Nachmittag besuchte der Kaiser die Hosglasmalerei von Bvuchä, die Schack-Galerie und das neue National museum an der Prinzreqcnteu-Straße, in welchem er von 3 bis 414 Uhr weilte. Der Kaiser wurde hier gerührt von dem Direktor des Nationalmuseums, Dr. Graf, und den Konservatoren des Museums Von dem Museum aus fuhr der Kaiser noch hinaus zur Friedenssäule. In die Residenz zurückgekehrt, empfind der Kaffer die Deputationen der Innungen und Vereine Münchens, die ihm einen künst lerischen Pokal mit den Embleme-Anhängieln der beteiligten Korporationen überreichten. Die Kaiserin besuchte heute nachmittag das Gisela-Kinderspital und dann die evan gelische Diakonissenanstalt. Ministerkonferenze» Der Staatssekretär v. Tschirschky und Bögendorff stattete Montaa dem Staatsminister Freiherr» v. Pvdewfts einen längeren Besuch ab. Der bei dieser Gelegenheit ge pflogenen Besprechung folgte gestern eine längere Unter redung deS Ministers Freiherrn v. Podewils mit dem Staatssekretär Grafen v. Pojadowsky. Die Galatasel. Gestern abend 6 Uhr sanden sich in dem Ballsaale der Residenz gegen 250 Gäste zu großer Galatafel zusammen, welche der Prinzregent auS Anlaß des Besuches des deutschen Kaisers und der Grundsteinlegung zum Deutschen Muieum gab. Außer den Majestäten und den Prinzen und Prin- Hessinnen deS königlichen Hauses waren geladen eine große Anzahl bayerischer StandeSherren mit ihren Gemahlinnen, die Gcsandten der deutschen Bundesstaaten, die obersten Hof- ck>argen, die hier weilenden deutschen Minister, daS gesamte Gefolge, der Ehrendienst, zahlreiche hohe Beamte uad Ge lehrte, die Herren von der Vorstandschast deS Deutschen Museums, die Bürgermeister der Städte München, Nürn berg, Augsburg u. a. und der ganze Kreis der um daS Deutsche Museum verdienten Männer, die in diesen Tagen zu den Festlichkeiten nach München gekommen sind. Der Kaiser trug die Uniform seiner Bamberger Ulanen. Ter Prinzregeni und alle Prinzen, welche Im-aber der preu ßischen Regimenter sind, trugen preußische Unisorm. Bei der Tafel selbst führte der Prinzregent die Kaiserin und der Kaiser die Prinzessin Ludwig. Dem Kaffer und der Kaiserin gegenüber hatten der preu- ßische Gesandte Graf Pourtaläs, Oberhofmarschall Graf Seinsheim und Staatssekretär v. Tschirschky ihren Platz. Die Kaiserin hatte den Theresien-Orden angelegt, der Kaiser trug über der Ulanen-Unnorm den Hubertus-Orden. Wah rend der Tafel pflogen der Kaiser und der Prinzregenl, die nebeneinander saßen, eine überaus lebhaste Unterhaltung; ebenso unterhielt sich die Kaiserin mit dem neben ihr sitzen den Prinzen Ludwig auf das angeregteste. Gegen das Ende der Tafel erhob sich der P r i n z r e g e n t zu einem Trinkspruch, der folgenden Wortlaut hatte: ,,Es ist mir ein herzliches und wahres Bedürfnis, meinen kaiserlichen Gästen nochmals aufrichtigst zu danken für die Gnade, die sie hatten, meiner Einladung zu dem heutigen Feste Folge zu geben. Die Gegenwart Ihrer DLaiestäten verlieh dem an und für sich schönen Fest erhöhten Glanz und besondere Weihe. Ich er laube mir, auf das Wohl meiner kaiserlichen Gäste, Seiner Majestät des Deutschen Kaisers, meines teuren Freundes, und Ihrer Majestät der huldvollen Kaiserin, zu trinken. Ich fordere Sie nun auf, meine Gäste, mit mir einzustimmen in den Rus. Ihre Majestäten der Deutsche Kaiser, König von Preußen und Ihre Majestät die Deutsche Kaiserin leben hoch! hock! hock!" Tie Musik spielte die preußische National hymne. Unmittelbar darauf erhob sich derKaiser zu folgen der Erw.derung: „Euere Königliche Hoheit! Es fehlen mir die Worte, um den richtigen Ausdruck zu prägen für den herzlichsten Dank meiner Gemahlin und meiner selbst für den unvergleichlich schönen Aufenthalt, den Sie uns bereitet haben Ter heutige Tag reiht sich würdig an die Seite des Nürnberger Tages. Der Empfang seitens der Bevölkerung Eurer Königlichen Hoheit Residenz war getragen von einem großen nationalen Gedanken und spielte sich ab auf einem wunderbaren Hintergrund köstlicher Knifft. Ich bitte, meinen innigsten und herzlichsten Dank zu Füßen legen zu dürfen für die Begrüßung seitens Eurer Königlichen Hoheit und kür den Jubel und Enthusiasmus seitens der Münchener. Die schönste Weihe des Festes war aber für uns alle, daß wir Eurer Königlichen Hoheit erlauchte und erhabene Per son in so voller Frische dem Feste haben vorslehen sehen können, und ich glaübe aus dem Herzen eines jeden An wesenden, eines reden Bayern sprechen zu dürfe», wenn ich ruft: Ich bitte Gottes Segen auf das Haupt Eurer König lichen Hoheit und sein erlauchtes Hous. Seine Königffckft Hoheit der Prinzregent, er lebe hoch! hoch! hoch!" Die Musik spielte hierau» die bayerische Hymne. Festlichkeit beim Prinzen Ludwig. Den Abschluß der Festlichkeiten bildete um 9 Uhr eine Festlichkeit bei dem Prinzen und d:r Prinzessin Ludwm, zu der die Majestäten, die bayerischen Prinzen und Prin zessinnen und der gesamte hier versammelte Festkreis ge laden waren. Prinz und Prinzessin Ludwig empfingen ihre überaus zahlreichen Gäste in dem ersten der Prunk gemächer auf das liebenswürdigste. Der Kaiser und die Kaiserin, die sich in der Residenz von dem Prinzregenten auf das herzlichste verabschiedet hatten, wurden vom Prinzen und der Prinzessin Ludwig in den großen Saal geleitet. Hier hielt Professor Dr. Slaby-Cbarloktenburg den Festvor- trag, in dem er im wesentlichen ein Lebensbild des be rühmten Bürgermeisters von Magdeburg Otto v. Guericke entwarf, den er als den ersten deutschen Ingenieur und al? Mitbegründer der wissenschaftlichen Meteorologie bezeich nete. Nach dem Vortrag hielten die Majestäten und die prinzlichen Herrschaften Cercle ab. Später wurde das Souper eingenommen. Weitere Ordensverleihungen. Der Kaiser hat weitere Auszeichnungen verliehen, darunter den Roten Adlerorden 1. Klasse dem Generalleut nant v. Haag, den Kronenorden 1. Klaffe dem Generalleui» nant Freiherr» Kreß v. Kreffenstein, ^en Noten Adlerorden 3. Klaffe dem Generalmusikdirektor Mottl und den Roten Adlerorden 4. Klaffe dem preußischen Hauptmann Freiherrn v. Salmuth von der preußischen Gesandtschaft. prer-rtimmen r« lftübielslrir Rdgang. Obwohl ein großer Teil der Presse schon in den Auqusttazen, als nach der bekannten Notiz der „Nordd. Allgem. Zkg." der Abgang PodbielSkis unmittelbar bevorzustehen schien, ihm damals voreilig einen Nachruf widmete, ergibt sich auch heute noch eine ziemlich reiche Auslese, wo vaS Ereignis endlich eingetreteu ist. Boran zitieren wir das Posadowskysche Parteiblatt, die „Deui'chc TageSzig." Sie saßt ihr Urteil über Leu Mann ihres Vertrauens dahin zusammen: Ais Landwirtichaftsminister war er der recht» Mann am rechten Platze, — kein Theoretiker. sondern ein bewübrter und kundiger Praitiker, — ein Mann, der die Landwirtschaft von Grund au- kannte und der für sie und mit idr lebte. Unser Ideal war er freilich trotzdem nicht. Das haben wir niemals verschwiegen. Wir erinnern daran, dan er mehr als einmal da- Tischtuch zwilchen sich und unS zerschnitt, daS freilich nachher immer wieder ersreulicherweffe genäht werden konnte. Daß er aber in der Zeit des Fleifchnotrummel- trotz aller Widerlichkeiten und Gehässigkeiten, trotz aller sich auftürmenden Schwierigkeiten, trotz der Verkennung, die ihm nicht erwart blieb, die unerschütterliche Festigkeit und Standhaftigkeit gewahrt bat, dar wird ihm unver gessen bleiben, las sichert ihm »inen hervorragenden Platz in ker Geichichte des preußiichen Staate« und der Landwirtichask. Die deutschen Landwirte samt uad sonders, — auch dirjenigen, welche manchmal anderer Meinung waren al- er, — widmen ihm heute den Zoll treuen, herzlichen, dauernden Danke-. Die „Kreuzzeitung" aber lobsinget: Zieht man da« Fazit seiner über fünfjährige» Ministerjchaft, so springt vor ollem in- Auge, daß es endlich gelnnaen ist, der schwer ringenden heimischen Landwirftwait durch an-rrichendra Zollichutz und Sicherung gegra Seuchenrinschleppnng eine gesicherte Dasein-- Möglichkeit zu verichassen. Und schließt dann: Mit den weitesten konservativen Kreisen einigen wir na- in dem Wunsche, daß dem verehrten Minister Erholung i» seine» schweren kSrperlichen Leiden und recht bald wieder rin« rüstig« Tätigkeit, wenn nicht ander-, auf Le« Bode, der heimattiwe» nrörkischen Schsll« und 1» den damit zusammenhängenden Berus-tntrrrsseu be-
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